Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 13.08.2019 wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige, insbesondere in Anbetracht der begehrten Herabsetzung der Vergütung um 300,59 Euro auf 781,12 Euro nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 JVEG statthafte Beschwerde der Staatskasse, über die der Senat mangels besonderer Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art oder grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache durch den Vorsitzenden und Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet (§ 4 Abs. 7 Satz 1 und 2 JVEG), ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Vergütung des Beschwerdegegners zu Recht auf 1.081,71 Euro festgesetzt.
Nachdem das Sozialgericht für den Arbeitsschritt "Diktat und Korrektur" nicht, wie vom Beschwerdegegner begehrt, 3 Stunden, sondern entsprechend der im Schriftsatz vom 16.07.2018 von der beschwerdeführenden Staatskasse vertretenen Auffassung 2,12 Stunden berücksichtigt hat und hinsichtlich des anzusetzenden Zeitaufwandes für die Arbeitsschritte "Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten" und "Abfassung der Beurteilung" (vgl. zu den Arbeitsschritten, in die der Vergütungsanspruch eines Sachverständigen nach der ständigen Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zu gliedern ist, z.B. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 25.02.2005 – L 4 B 7/04 -, juris Rn. 22 ff. m.w.N.) sowie hinsichtlich der anzusetzenden Honorargruppe M2 zwischen den beteiligten Konsens bestand, ist im Beschwerdeverfahren nur noch streitig, ob der Sachverständige einen Zeitaufwand von 4 Stunden für aufwändige Literaturrecherche bei der Prüfung der Kodierrichtlinien und für die Anwendung des sogenannten Groupers ansetzen kann. Dies hat das Sozialgericht im Ergebnis zu Recht bejaht.
Es trifft zwar zu, dass die Zeit für ein allgemeines Literaturstudium und ein punktuelles Nachschlagen von Literaturstellen grundsätzlich nicht zu vergüten ist, weil von einem Sachverständigen zu erwarten ist, dass er sich laufend mit dem für seinen Fachbereich bedeutsamen Schrifttum beschäftigt (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 28.10.2003 – L 4 B 5/03 -, juris Rn. 3 m.N.). Von diesem Grundsatz ist jedoch eine Ausnahme zu machen, soweit es um die Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien und das Grouping bei der Feststellung eines Vergütungsanspruchs eines Krankenhauses nach dem DRG-System geht und ein medizinischer Sachverständiger in der gerichtlichen Beweisanordnung ausdrücklich danach gefragt wird, ob die von dem Krankenhaus gewählte Verschlüsselung nach dem Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) in Übereinstimmung mit den Deutschen Kodierrichtlinien erfolgt ist und/oder welche DRG anzusetzen ist. In diesem Fall ist insoweit der Fachbereich eines medizinischen Sachverständigen gar nicht betroffen, denn bei der Anwendung und Auslegung der Kodierrichtlinien handelt es sich um Rechtsfragen und nicht um Tatfragen, die allein nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 402, 323 ZPO dem Sachverständigenbeweis unterliegen. Der automatisierte Subsumtionsvorgang des Groupings und damit die Ermittlung der DRG ist einem medizinischen oder informationstechnischen Sachverständigengutachten ohnehin nicht zugänglich (zum Ganzen BSG, Urt. v. 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R -, juris Rn. 20, 27). Wird ein medizinischer Sachverständiger in einer Beweisanordnung ausdrücklich dazu befragt, welcher OPS zu verschlüsseln und/oder welche DRG einschlägig ist, wird er mithin verfahrensrechtlich unzulässig, in jedem Fall aber fachfremd befragt. Konsequenterweise muss einem medizinischen Sachverständigen, der dem gerichtlichen Auftrag nachkommt und sich mit den Deutschen Kodierrichtlinien sowie mit dem Grouping befasst, der hierfür erforderliche Zeitaufwand einschließlich einer notwendigen Literaturrecherche vergütet werden. Dies ist ein Gebot der Fairness, denn ein entsprechend beauftragter medizinischer Sachverständiger wird durch das Gericht dazu veranlasst, sich über sein Fachgebiet hinaus zur Erleichterung der Arbeit des Gerichts mit Fragen zu befassen, die ihm als Mediziner nicht geläufig sein müssen.
Nach diesen Grundsätzen ist dem Beschwerdegegner der erforderliche Zeitaufwand für die Literaturrecherche zu den Deutschen Kodierrichtlinien und die Anwendung des Groupers zu vergüten. In der Beweisfrage 12 b) der Beweisanordnung vom 29.01.2018 wurde der Sachverständige ausdrücklich dazu befragt, welche Behandlungsverfahren sich nach dem OPS verschlüsseln ließen, und aufgefordert, dies anhand aller relevanten Merkmale zu begründen. Darüber hinaus wurde er in der Beweisfrage 14 danach gefragt, welche DRG sich danach zuordnen lasse. Dass der Sachverständige zur Beantwortung dieser Fragen umfangreich Literatur recherchieren und den Grouper anwenden musste, ist ohne weiteres plausibel. Auch der angesetzte Zeitaufwand ist nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG, § 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Erstellt am: 04.02.2020
Zuletzt verändert am: 04.02.2020