Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 31.08.2010 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Gewährung einer höheren Altersrente beanspruchen kann. Dabei ist insbesondere umstritten, ob die Beklagte verpflichtet ist, mit Bescheid vom 13.08.1998 vorgemerkte Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung vom 01.12.1961 bis 26.06.1965 rentensteigernd zu berücksichtigen.
Der am 00.00.1940 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit dem 01.12.2004 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (Bewilligungsbescheid vom 15.09.2004).
Mit Vormerkungsbescheid vom 13.08.1998 stellte die Beklagte u.a. Tatbestände von Anrechungszeiten wegen schulischer Ausbildung auf Grund des Schul- und Hochschulbesuchs des Klägers fest. Im Haupttext des Bescheides wurde die Zeit vom 10.09.1957 (Vollendung des 17. Lebensjahres) bis zum 30.05.1958 sowie vom 01.09.1959 bis zum 30.11.1961 als Ausbildungs-Anrechungszeiten festgestellt. In dem diesem Bescheid als Anlage 2 beigefügten Versicherungsverlauf, der zum Bestandteil des Bescheides erklärt wurde, ist darüber hinaus die Zeit vom 01.12.1961 bis zum 26.06.1965 als Hochschulausbildung genannt, wobei diese Zeit mit dem Vermerk "Höchstdauer überschritten" versehen ist. Die Anerkennung der Zeit vom 01.09.1956 bis zum 09.09.1957 als Anrechnungszeit wegen Schulausbildung werde abgelehnt, weil die Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt wurde. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten werde erst bei der Feststellung einer Leistung entschieden. Die Zeiten vom 04.08. bis zum 31.12.1958, vom 01.01. bis zum 01.06.1959 sowie die Monate Juli 1960 und Juli 1961 sind zugleich mit Pflichtbeiträgen belegt.
Mit Bescheid vom 15.09.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 01.12.2004. Bei der Berechnung dieser Rente berücksichtigte die Beklagte im Rahmen der (hier maßgeblichen) Vergleichsbewertung für die Zeit vom 10.09.1957 bis zum 30.05.1958, vom 01.09.1959 bis zum 30.06.1960, vom 01.08.1960 bis zum 30.06.1961 sowie vom 01.08.1961 bis zum 30.11.1961 als Anrechnungszeit wegen Schul-, Fach- oder Hochschulausbildung 0,0625 Entgeltpunkte pro Monat, so dass sich für die gesamte Zeit 2,1250 Entgeltpunkte ergaben. Für die von dem Kläger in der Zeit vom 10.09.1957 bis zum 30.11.1961 zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten und beitragsgeminderten Zeiten wurden ebenfalls Entgeltpunkte berechnet. Für nach dem 30.11.1961 zurückgelegte Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung sind keine Entgeltpunkte berücksichtigt worden. Bei der Berechnung des belegungsfähigen Gesamtzeitraums brachte die Beklagte 79 Monate Ausbildungsanrechnungszeiten in Ansatz.
Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 13.10.2004 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch des Klägers. Er machte – neben anderen, nicht mehr streitbefangenen Beanstandungen – geltend, dass er im Hinblick auf die verbindlichen Feststellungen durch Bescheid vom 13.08.1998 Anspruch auf die rentensteigernde Berücksichtigung der Zeit vom 01.12.1961 bis zum 26.06.1965 als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung habe. Eine entsprechende Aufhebung des Bescheides vom 13.08.1998 enthalte der Rentenbewilligungsbescheid vom 15.09.2004 nicht.
Durch Bescheid vom 19.01.2006 berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers ab 01.12.2004 wegen der Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten und höherer Bruttoarbeitsentgelte unter Abhilfe des Widerspruchs des Klägers neu.
Nach vorangegangener Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Bescheid vom 15.09.2006 ihren Bescheid vom 13.08.1998 hinsichtlich der Vormerkung der Zeit vom 01.09.1956 bis zum 09.09.1957 als Anrechnungszeit wegen Schulausbildung mit Wirkung ab 01.09.2006 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X – auf, weil Zeiten der Schulausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres nach § 58 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI – in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.09.1996 mit Wirkung ab 01.01.1997 nicht mehr als Anrechnungszeit zu berücksichtigen seien. Unter Berücksichtigung der hierdurch bedingten Änderung der Gesamtleistungsbewertung berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers durch Bescheide vom 04.10.2006 und 13.11.2006 für die Zeit ab 01.12.2004 neu. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2007 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15.09.2006 zurückgewiesen. Die Aufhebung der Vormerkung der Zeit vom 01.09.1956 bis zum 09.09.1957 als Anrechnungszeit wegen Schulausbildung einschließlich Übergangszeit mit Wirkung zum 01.09.2006 sei nicht zu beanstanden.
Am 22.02.2007 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Köln Klage gegen den Bescheid vom 15.09.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19.01.2007 erhoben und nachfolgend ergänzend geltend gemacht, er habe Anspruch auf rentensteigernde Berücksichtigung der durch Bescheid vom 13.08.1998 vorgemerkten Anrechnungszeiten wegen Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung. Er habe bereits in seinem gegen den Bescheid vom 15.09.2004 eingelegten Widerspruch darauf hingewiesen, dass die Beklagte an die Feststellung des Bescheides vom 13.08.1998 gebunden sei, weil die maßgeblichen Gesetzesänderungen zum Umfang der rentensteigernden Berücksichtigung von Ausbildungsanrechnungszeiten schon vor Erlass des Bescheides vom 13.08.1998 in Kraft getreten seien und der Bescheid vom 15.09.2004 den Vormerkungsbescheid vom 13.08.1998 nicht aufhebe. Der Rentenneuberechnungsbescheid vom 13.11.2006 sei im Übrigen deshalb rechtswidrig, weil er abweichend von den vorangegangenen Rentenbescheiden für die Zeit vom 01.08. bis zum 30.11.1961 keine Entgeltpunkte mehr berücksichtige.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Nach § 149 Abs. 5 SGB VI sei bei Änderung der dem Feststellungsbescheid zugrunde liegende Vorschriften der Feststellungsbescheid durch einen neuen Feststellungsbescheid oder im Rentenbescheid für die Vergangenheit aufzuheben. Die Aufhebung des Bescheides vom 13.08.1998 nach § 48 SGB X sei nicht zu beanstanden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Änderung des § 58 SGB VI durch das WFG, wonach eine Anerkennung von Anrechnungszeiten wegen Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung nur noch ab Vollendung des 17. Lebensjahres in Betracht komme, bereits zum 01.01.1997 und damit vor Erlass des vorgenannten Bescheides in Kraft getreten sei, denn bis zum 31.12.2000 habe die Übergangsregelung des § 252 Abs. 4 SGB VI einer Aufhebung entgegengestanden. Danach seien Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung bei einem Rentenbeginn vom 01.01.1997 bis zum 31.12.2000 von Monat zu Monat anteilsmäßig abgeschmolzen worden. Somit sei die Vormerkung entsprechender Ausbildungsanrechnungszeiten ohne Begrenzung im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 13.08.1998 gerechtfertigt gewesen. Im Übrigen sei in dem Bescheid vom 13.08.1998 ausführlich darauf hingewiesen worden, dass über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten erst bei der Feststellung einer Leistung entschieden werde. Dies sei durch Erlass des Bescheides vom 15.09.2004 geschehen.
Durch Bescheid vom 17.08.2007 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15.09.2004 zurückgewiesen, soweit ihm nicht durch die Bescheide vom 19.01. und 13.11.2006 abgeholfen worden sei. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 31.08.2010 unter Abänderung des Bescheides vom 15.09.2004 in der Fassung der Bescheide vom 19.01.2006, 13.11.2006 und 04.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2007 verurteilt, die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung der im Bescheid vom 13.08.1998 vorgemerkten Hochschulausbildungszeiten zu berechnen und auszuzahlen. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 04.10.2010 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 03.11.2010 Berufung eingelegt.
Sie macht geltend, der Kläger habe keinen Anspruch auf Berechnung und Auszahlung der ihm mit Bescheid vom 15.09.2004 bewilligten Altersrente unter Berücksichtigung der durch Bescheid vom 13.08.1998 vorgemerkten Hochschulausbildungszeiten. Diese Zeiten seien nach der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts nicht nur anzurechnen, was zutreffend sei und der Gesetzeslage im Zeitpunkt des Rentenbeginns entsprochen habe, sondern sie seien nach Auffassung des Sozialgerichts auch mit Entgeltpunkten zu bewerten. Dies sei in Anwendung der im Zeitpunkt des Rentenbeginns anzuwendenden Fassung des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI i.V.m. § 74 SGB VI rechtswidrig. Nach der erstgenannten gesetzlichen Bestimmung seien Zeiten der schulischen Ausbildung in einem Umfang von bis 8 Jahren als Anrechnungszeiten anzuerkennen gewesen. Sie hätten jedoch nur bis zu 3 Jahren bewertet werden dürfen. Dem stehe nicht entgegen, dass in dem nach § 149 Abs. 5 SGB VI ergangenen Bescheid vom 13.08.1998 Hochschulausbildungszeiten über den 30.11.1961 hinaus vorgemerkt worden seien. Über die Anrechnung und Bewertung der in diesem Bescheid enthaltenen Daten werde erst bei Feststellung einer Leistung entschieden. Hierauf sei in dem Bescheid vom 13.08.1998 ausdrücklich hingewiesen worden. Einer Aufhebungsentscheidung für im Leistungsfall angerechnete, also für die Rentenberechnung relvante rentenrechtliche Zeiten, die wegen einschlägiger gesetzlicher Bestimmungen allerdings nicht bewertbar seien, bedürfe es nicht. Die Bewertung der Anrechnungszeiten sei zutreffend in Anwendung des § 74 Satz 4 SGB VI in der zum Rentenbeginn geltenden Fassung durchgeführt worden. Dies ergebe sich aus der Anlage 4, Seiten 3 und 4 des Rentenbescheides vom 04.10.2006. Dort werde ausgeführt, dass die Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung, die über 3 Jahre hinaus gingen, keine Entgeltpunkte erhielten. Mit Entgeltpunkten seien 34 Monate Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung sowie weitere 2 Monate Beitragszeiten mit Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung (beitragsgeminderte Zeiten) bewertet worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 31.08.2010 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er macht geltend, er habe Anspruch auf die mit Bescheid vom 13.08.1998 vorgemerkten Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung und Hochschulausbildung über den 30.11.1961 hinaus in einem Umfang von insgesamt 79 Monaten. Da dieser Bescheid weder durch einen weiteren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ergangenen Bescheid noch durch den Bescheid vom 15.09.2004 oder danach ergangene Bescheide aufgehoben worden sei, mit denen die Rente des Klägers neu berechnet wurde, sei die Beklagte an ihre in dem Bescheid vom 13.08.1998 getroffenen Feststellungen gebunden. Das von der Beklagten angefochtene Urteil des Sozialgerichts sei rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten betreffend den Kläger Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 31.08.2010 ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide zu Recht verurteilt, die dem Kläger ab 01.12.2004 gezahlte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit unter Berücksichtigung der von ihm vom 01.12.1961 bis zum 26.06.1965 zurückgelegten Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung (neu) zu berechnen und entsprechend höhere Geldbeträge ab Rentenbeginn zu zahlen.
Die um den vorgenannten Streitgegenstand erweiterte Klage des Klägers ist aus den zutreffenden Gründen des Urteils des Sozialgerichts zulässig. Die Klage ist auch begründet. Der Rentenbewilligungsbescheid der Beklagten vom 15.09.2004 sowie die nachfolgend ergangenen Renten-Neuberechnungsbescheide vom 04.02.2005, 19.01.2006, 04.10.2006, 13.11.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2007 sind insoweit rechtswidrig, als die Beklagte die von dem Kläger während des vorgenannten Zeitraums zurückgelegten Anrechnungszeiten nicht in dem gebotenen Umfang bei der Rentenberechnung berücksichtigt hat. Die von dem Kläger ab Vollendung seines 17. Lebensjahres am 10.09.1957 bis zum 26.06.1965 in einem Umfang von insgesamt 79 Kalendermonaten zurückgelegten Ausbildungs-Anrechnungszeiten sind entgegen der Rechtsansicht der Beklagten über ihre Berücksichtigung im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung hinaus in vollem Umfang mit Entgeltpunkten zu bewerten. Die vorgenannten Bescheide verstoßen damit gegen § 64 SGB VI und verletzen dadurch das Recht des Klägers auf zutreffende Feststellung der Höhe der ihm bewilligten Altersrente.
Der Rechtswidrigkeit des Altersrentenbescheides vom 15.09.2004 steht nicht entgegen, dass dieser der im Zeitpunkt seines Erlasses bestehenden materiellen Rechtslage entspricht. Nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI in der Fassung des RV- Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.07.2004 sind bei einem Rentenbeginn ab 01.08.2004 Anrechnungszeiten solche Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule- oder Hochschule besucht haben. Dabei werden 3 Jahre als bewertete und bis zu 8 Jahre als unbewertete Anrechungszeiten berücksichtigt (§ 74 Satz 4 SGB VI). Dieser Gesetzeslage entspricht der Bescheid der Beklagten vom 15.09.2004, denn er weist in seiner Anlage die Zeit vom 10.09.1957 bis zum 30.05.1958 sowie vom 01.09.1959 bis zum 30.11.1961 und damit 34 Monate Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung sowie weitere 2 Monate aus, die mit gleichzeitig zurückgelegten Beitragszeiten und mit Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung (beitragsgeminderte Zeiten) belegt sind und hierfür entsprechend errechnete Entgeltpunkte aus.
Gleichwohl ist der Rentenbescheid der Beklagten vom 15.09.2004 – ebenso wie die nachfolgend ergangenen Neuberechnungsbescheide – rechtswidrig, denn die Beklagte war bei der Feststellung der Summe der Entgeltpunkte bei Rentenbeginn für die Ausbildungs-Anrechnungszeiten an die insoweit in dem Vormerkungsbescheid vom 13.08.1998 zum Umfang der Ausbildungs-Anrechnungszeiten getroffenen verbindlichen Feststellungen gebunden. Sie hat jedoch mit ihrem Rentenbescheid vom 15.09.2004 und den nachfolgend ergangenen Renten-Neuberechnungsbescheiden lediglich von dem Kläger in der Zeit vom 10.09.1957 bis zum 30.11.1961 zurückgelegten 34 Monate Anrechnungszeit wegen Schul- und Hochschulausbildung und nicht die darüber hinaus von dem Kläger bis zum 26.06.1965 zurückgelegten Anrechnungszeiten wegen Hochschulbesuchs mit Entgeltpunkten bewertet.
Nach den rechtserheblichen Feststellungen in dem nach § 149 Abs. 5 SGB VI ergangenen Bescheid der Beklagten vom 13.08.1998, an den die Beklagte gebunden ist, hat der Kläger Ausbildungs-Anrechnungszeiten über den 30.11.1961 hinaus bis zum 26.06.1965 nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI zurückgelegt. Der vorgenannte Vormerkungsbescheid ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, dessen Sinn und Zweck sich nicht in der abstrakten Feststellung von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten ohne jeglichen Bezug zur späteren Rentenwertfeststellung erschöpft. Vielmehr trifft der Vormerkungsbescheid auf der Grundlage des bei seinem Erlass geltenden Rechts Feststellungen über Tatbestände einer rentenversicherungsrechtlich relevanten Vorleistung, die grundsätzlich in den späteren Rentenbescheid und damit auch in den Rentenwert (Rentenhöhe) eingehen (vgl. BSGE 58, 49, 51; Urteil vom 30.03.2004 – B 4 RA 46/02 R -; vgl. auch Urteile vom 13.11.2008 – B 13 R 43/07 R und 77/07 R -). Hierdurch wird im Interesse der Versicherten Klarheit über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Zeiten rentenversicherungsrechtlicher Bedeutung geschaffen (vgl. BSGE 42,159; 56.165; 58,49;). Durch den Vormerkungsbescheid werden also rechtserhebliche Tatbestände von beitragsfreien Zeiten für die jeweiligen Bezugsmonate verbindlich festgestellt mit der Folge, dass diese Zeiten als sogenannte beitragsfreie Zeiten im Leistungsfall grundsätzlich zu berücksichtigen sind. In dem Vormerkungsbescheid wird somit sowohl der Rechtscharakter der rentenrechtlichen Zeit (hier der beitragsfreien Ausbildungs-Anrechnungszeiten) als auch deren zeitlicher Umfang und damit bestimmt, ob ein behaupteter Anrechnungstatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen mit dem im Zeitpunkt des Erlasses des Vormerkungsbescheides geltenden materiellen Recht erfüllt ist (vgl. BSG-SozR 3-2600 § 149 Nr. 6; BSG Urteile vom 29.04.1997 – B 4 RA 25/96 -, 16.121997 – B 4 RA 56/96 – und vom 30.03.2004 – B 4 RA 46/02 R -). Gegenstand des Vormerkungsbescheides ist hingegen nicht die abschließende Entscheidung über die Anrechnung und Bewertung dieser Zeiten. Die in einem Vormerkungsbescheid enthaltenen einzelnen Verwaltungsakte mit den oben genannten Regelungen über Rechtscharakter und zeitlichen Umfang der rentenrechtlichen Zeiten, hier der Anrechnungszeiten wegen Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung, sind nach § 77 SGG in der Sache für die Beteiligten bindend geworden. Der Kläger konnte somit davon ausgehen, dass diese Verwaltungsakte Bestand haben, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben werden oder sich durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigen (§ 39 Abs. 2 SGB X). An einem die Vormerkung insoweit aufhebenden Verwaltungsakt fehlt es jedoch, weil weder der Rentenbewilligungsbescheid vom 15.09.2004 noch die nachfolgend ergangenen Renten-Neuberechnungsbescheide eine Regelung zu einer Aufhebung des Bescheides vom 15.09.2004 enthalten. Ein dahingehender Bescheid der Beklagten ist auch nicht während des anhängigen Widerspruchsverfahrens ergangen. Der Vormerkungsbescheid vom 13.08.1998 entfaltet auch insoweit keine Begrenzungswirkung, als der ihm beigefügte und zu seinem Gegenstand erklärte Versicherungsverlauf den Vermerk "Höchstdauer überschritten" enthält. Dieser Vermerk beinhaltet für einen objektiven Erklärungsempfänger keine Regelung im Sinne des § 31 SGB X, sondern lediglich ein Datum, das für eine denkbare spätere Feststellung und Erbringung von Leistungen erforderlich ist (BSG Urteil vom 30.03.2004 – B 4 RA 46/02 R -). Der Vormerkungsbescheid hat sich auch nicht ganz oder teilweise auf andere Weise unmittelbar kraft Gesetzes erledigt. Zwar wurde der Umfang der Ausbildungs-Anrechnungszeiten durch das Wachstums-Beschäftigungsförderungsgesetz zum 01.01.1997 und nachfolgend durch das Altersvermögens-Ergänzungsgesetz mit Wirkung zum 01.01.2002 und das RV-Nachhaltigkeitsgesetz mit Wirkung zum 01.06.2004 geändert. Die jeweiligen Höchstdauerregelungen sind jedoch keine sich selbst vollziehende Gesetze, die bindende Verwaltungsakte außer Kraft setzen. Vielmehr erfordern sie eine Umsetzung durch Verwaltungsakt über das, was im Einzelfall zwischen Rentenversicherungsträger und dem Versicherten konkret verbindlich gelten soll. § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI stellt demgemäß klar, dass (auch) bei Gesetzesänderungen die mit der materiellen Rechtslage nicht mehr übereinstimmenden Feststellungen im Vormerkungsbescheid über Tatbestände rentenrechtlicher Bedeutung mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben sind. § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI verdrängt insoweit als spezialgesetzliche Regelung § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X.
Da somit in dem die Altersrente bewilligenden Bescheid vom 15.09.2004 die in dem Vormerkungsbescheid vom 13.08.1998 bindend festgestellten Tatbestände von Ausbildungs-Anrechnungszeiten von der Beklagten zu Unrecht nicht in dem gebotenen Umfang berücksichtigt wurden, war die Rentenhöhe in dem Rentenbescheid vom 17.09.2004 einschließlich der nachfolgend ergangenen Renten-Neuberechnungsbescheide rechtswidrig und diese damit insoweit aufzuheben. Bei der Bestimmung der Rentenhöhe sind daher über die in dem Rentenbescheid ausgewiesenen 34 Kalendermonate hinaus, die mit Entgeltpunkten bewertet sind, die mit dem Vormerkungsbescheid vom 13.08.1998 verbindlich festgestellten Kalendermonate vom 01.12.1961 bis zum 26.06.1965 mit Entgeltpunkten zu bewerten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 27.10.2011
Zuletzt verändert am: 27.10.2011