Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.10.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 15.12.2005), ist unbegründet.
Das SG hat zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Der Senat nimmt zur Begründung Bezug auf die Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung, denen er sich nach eigener Überzeugung und Überprüfung der Sach- und Rechtslage weitestgehend anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Im Beschwerdeverfahren haben sich keine anderen Gesichtspunkte gezeigt, die zu einer anderen Beurteilung führen können. Nach wie vor sind weder der Anordnungsanspruch und insbesondere ein Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht in der erforderlichen Weise glaubhaft gemacht.
Hinsichtlich des Anordnungsanspruchs kann auch zur Überzeugung des Senats dahinstehen, ob der Antragsteller, seine Ehefrau und deren Söhne I und D eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 36 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) mit der Folge der Vermutung der gegenseitigen Bedarfsdeckung bilden. Zwar spricht nach der in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Prüfungsdichte mehr für ein gemeinsames Wirtschaften. Der Antragsteller selbst hat nämlich zu keiner Zeit bestritten, mit den genannten Personen in einer Wohnung zu leben. Noch im Jahre 2003 wurde im Rahmen des Antrages auf Bewilligung von Wohngeld ausdrücklich ausgeführt, der Antragsteller und seine Familie bewohnten gemeinsam eine 108 m² große Wohnung. Dass zuvor und in der Folgezeit die Angaben des Antragstellers zur Größe der gemeinsam genutzten Wohnung und auch der den einzelnen Familienmitgliedern zuzuordnenden Wohnanteile differierten, ist ohne Belang. Insbesondere unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin im Rahmen der Wohnungsbegehung vom 26.08.2005 erhobenen tatsächlichen Umstände sind die Angaben des Antragstellers im Rahmen einer persönlichen Anhörung vom 28.06.2005, in der Wohnung bestünden abgeschlossene (eigene) Wohn- und Schlafbereiche, nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, jedenfalls aber nicht geeignet, die Vermutung der Bedarfsdeckung des § 36 SGB XII zu entkräften, zumal zahlreiche weitere Umstände für ein gemeinsames Wirtschaften sprechen (Abwicklung sämtlicher Angelegenheiten der Verwaltung des Hausgrundstücks durch den Antragsteller, das Eingehen vertraglicher Verpflichtungen in diesem Zusammenhang durch den Antragsteller und seine Ehefrau etc., die Finanzierung besonderer Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel durch die Söhne). Entgegen der Ankündigung des Antragstellers vom 29.10.2005, ab dem 01.01.2006 mit seiner Ehefrau aus der gemeinsam mit seinen Söhnen bewohnten Wohnung auszuziehen, hat sich angesichts der Neuvermietung der zum 31.12.2005 frei gewordenen Wohnung nichts an den Wohnverhältnissen geändert.
Die im Beschwerdeverfahren vorgelegte Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben der Söhne des Antragstellers dürfte die Vermutung des § 36 SGB XII derzeit nicht widerlegen. Ob angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Söhne Leistungen an den Antragsteller erwartet werden können, kann und muss aber ebenso wie die abschließende Klärung der Wohnverhältnisse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Das SG hat nämlich mit zutreffender Begründung dargelegt, dass der Antragsteller (und seine Ehefrau) ihren jeweiligen Bedarf (Regelsatz von 345 EUR bzw. 276 EUR, Mehrbedarfe von 58,65 EUR – Schwerbehinderung und Merkzeichen – sowie Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung des Antragstellers in Höhe von 51,13 EUR) aus der Altersrente der Ehefrau (396,63 EUR) und den aus dem Nießbrauch gezogenen Früchten (der Miete in Höhe von 660 EUR bis zum 31.12.2005, 330 EUR im Januar 2006 und 650 EUR ab Februar 2006) decken können.
Bezüglich des Nießbrauchsrechts teilt der Senat die Auffassung des SG, der Antragsgegnerin und zuletzt auch des Antragstellers, dass dieses dem Antragsteller und seiner Ehefrau wirksam eingeräumt wurde. Ausweislich des aktenkundigen Grundbuchauszuges des Amtsgerichts Leverkusen für Opladen besteht es weiterhin. Dass bei Einräumung des Nießbrauchs die Verpflichtungen des Antragstellers und seiner Ehefrau als Nießbrauchnehmer nach § 1047 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abbedungen wurden (Ergänzung des Übertragungsvertrages vom 14.10.1996 durch notariellen Vertrag vom 30.12.1997: "alle Betriebs- und Nebenkosten sind vom Erwerber bzw. Eigentümer zu tragen"), ist unstreitig. Welche Motive ursprünglich mit dieser Regelung verfolgt werden sollten, ist unmaßgeblich. Neben der Absicherung des seit 1995 im Sozialhilfebezug stehenden Antragstellers, der im Übrigen – collorandi causa – als ehemaliger Eigentümer bereits zu diesem Zeitpunkt und bis heute fortdauernd die (komplette) Verwaltung des Objekts innehatte und hat (etwa incl. Mitgliedschaft im Haus- und Grundbesitzerverein), und seiner Ehefrau erscheint es nahe liegend, dass das Grundstück dauerhaft für die Söhne gesichert und eine (wirtschaftliche) Verwertung zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit verhindert werden sollte. Die mietvertraglichen Verpflichtungen dienten in diesem Fall dann letztlich der Teilfinanzierung (ggf. bestehender Rest- aber auch nach Eigentumsübergang neu begründeter Verbindlichkeiten) durch Leistungen des Sozialhilfeträgers, der vom Eigentumsübergang auf die Söhne im Übrigen erst Jahre nach erfolgter Grundbuchänderung Kenntnis erlangte.
Der Senat braucht auch nicht abschließend darüber zu entscheiden, ob die vom Antragsteller vorgelegten Mietverträge überhaupt rechtliche Verpflichtungen zwischen den Vertragsparteien entfalten sollten und überhaupt Bestand haben können. Jedenfalls handelt es sich bei der Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Mietzinses angesichts der beschriebenen dinglichen Absicherung nicht um nach § 29 SGB XII zu erstattende angemessene Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Im Übrigen hätte der Antragsteller seiner Verpflichtung zur Selbsthilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) längst durch Kündigung des Mietvertrages Rechnung tragen können. Denn zur Selbsthilfe gehört auch, dass der Hilfe Suchende Ausgaben vermeidet, welche die ihm zur Verfügung stehenden und in erster Linie für die Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes einzusetzenden Mittel mindern könnten. Unnötige Verpflichtungen sind so schnell wie möglich rückgängig zu machen und freiwillig eingegangene Verpflichtungen nicht zu erfüllen (vgl. Brühl in: LPK-SGB XII, 7. Auflage, RdNr. 11 m.w.N.). Die Rechtsauffassung des Antragstellers, es könne nicht zu seinem Nachteil gereichen, dass er nicht mit einem Dritten, sondern mit seinen Söhnen einen Mietvertrag abgeschlossen habe, verfängt daher nicht. Auch des Abschlusses eines Mietvertrages mit einem Dritten hätte es angesichts des eingeräumten Nießbrauchrechts nämlich nicht bedurft.
Die bei Nießbrauch üblichen mietähnlichen Pauschalzahlungen haben die Nießbrauchnehmer gerade nicht zu leisten. Dies entspricht dem Interesse der Vertragsbeteiligten insoweit, als offenbar beabsichtigt war und ist, die Früchte (Mietzahlungen für die übrigen Wohnungen) zur Tilgung der von den Söhnen übernommenen Verbindlichkeiten einzusetzen.
Dem Antragsteller wird im Übrigen im Hauptsacheverfahren – auch seinem Interesse an einer zügigen Klärung Rechnung tragend – Gelegenheit haben, die zahlreichen weiteren Ungereimtheiten – von der Antragsgegnerin etwa im Widerspruchsbescheid vom 20.10.2005 dargestellt – aufzuklären (etwa durch Vorlage sämtlicher Kontoauszüge, des von ihm verwalteten "Vermieterkontos" seines Sohnes I über einen längeren Zeitraum, Angabe weitere Konten, Ermöglichung einer erneuten Wohnungsbegehung, Vorlage sämtlicher Vereinbarungen und Mietverträge mit seinen Söhnen seit Eigentumsübergang etc.). Auch die zeugenschaftliche Vernehmung der Söhne des Antragstellers und dessen Frau wird ggf. – abhängig vom weiteren Vortrag – zu erwägen sein.
Schließlich fehlt es auch weiterhin an einem Anordnungsgrund. Trotz der angespannten finanziellen Situation auch der Söhne des Antragstellers hält der Senat unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation der gesamten Haushaltsgemeinschaft mit dem SG ein Abwarten der Entscheidung der Hauptsache für zumutbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 23.03.2006
Zuletzt verändert am: 23.03.2006