NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10. November 2005 wird zurückgewiesen, soweit es die Heranziehung des Klägers zu Krankenversicherungsbeiträgen betrifft. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die rückwirkende Beitragseinstufung des in der Zeit vom 01.05.2000 bis zum 31.12.2001 freiwillig bei der Beklagten gegen Krankheit versicherten Klägers streitig.
Dieser war bis zum 30.11.1999 im Q-Zentrum in E versicherungspflichtig beschäftigt. Während der vorübergehenden Arbeitslosigkeit ohne Arbeitslosengeld-/-hilfebezug bis zum 30.04.1999 war er freiwillig bei der Beklagten in der Beitragsklasse 701 (Stellenlose) versichert und zahlte Beiträge zur Krankenversicherung (KV) in Höhe von 423 DM. Zum 01.05.2000 nahm er eine selbständige Tätigkeit als Autohändler auf. Mit schriftlicher Erklärung vom 29.08.2000, eingegangen bei der Beklagten am selben Tag, teilte er dies auf entsprechende Rückfrage der Beklagten mit und beantragte eine freiwillige Weiterversicherung in der einkommensabhängigen Beitragsklasse 805. Er gab an, er habe ein Brutto-Einkommen durch Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit als Autohändler in Höhe von ca. 3.360 DM monatlich. Dies entsprach der Höhe nach der monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) im Jahr 2000. Das vom Kläger ausgefüllte, unterschriebene und bei der Beklagten eingereichte Formular "Einkommenserklärung" enthält folgende vorgedruckte Passage: "Als Grundlage für das oben angegebene Brutto-Einkommen dient regelmäßig der letzte Einkommensteuerbescheid, soweit nicht anderweitige Nachweise die Einkommensverhältnisse aktueller widerspiegeln (z. B. Rentenanpassungsmitteilung). Ausnahmen hiervon sind nur dann zulässig, wenn etwa eine selbständige Tätigkeit neu aufgenommen wurde und nur deshalb kein entsprechender Steuerbescheid vorliegt. Ich versichere hiermit, mein gesamtes Einkommen nach bestem Wissen genannt zu haben. Veränderungen werde ich der BARMER sofort mitteilen. Ein aktueller Einkommensteuerbescheid kann nur deshalb nicht vorgelegt werden, weil die selbständige Tätigkeit neu aufgenommen wurde (Hinweis: Bitte fügen Sie in diesem Fall – soweit vorhanden – den Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheid bei)."
Nachweise fügte der Kläger der Erklärung nicht bei. Mit Bescheid vom 30.08.2000 nahm die Beklagte ab dem 01.05.2000 eine Beitragseinstufung in Beitragsklasse 805 (ohne Krankengeldanspruch) lediglich unter Vorbehalt vor, da die Angaben zum voraussichtlichen Einkommen des Klägers auf einer Schätzung beruhten. Die Beitragshöhe werde überprüft, sobald zu der selbständigen Tätigkeit der erste Einkommensteuerbescheid vorliege. Sollte sich aus dem Steuerbescheid ein höheres als das geschätzte Einkommen ergeben, würden Beiträge nacherhoben. Bei geringeren Einkünften würden Differenzbeträge erstattet. Der Einstufung seien allerdings mindestens beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 75 % der monatlichen Bezugsgröße (im Jahre 2000 3.360 DM) zugrunde zu legen. Sobald ihm ein entsprechender Einkommensteuerbescheid vorliege, solle der Kläger diesen sogleich vorlegen. In der Beitragsklasse 805 betrage der Beitrag zur KV 440,16 DM. Der Gesamtbeitrag (einschließlich der Beiträge zur Pflegeversicherung -PV-) in Höhe von 497,28 DM werde entsprechend der vorliegenden Einzugsermächtigung abgebucht.
Dementsprechend veranlasste die Beklagte in der Folgezeit regelmäßig monatliche Abbuchungen in Höhe der Beiträge zur KV und PV vom Konto des Klägers. Zum 01.01.2002 schied dieser wegen Krankenkassenwechsels als Mitglied bei der Beklagten aus. Steuerliche Unterlagen legte der Kläger der Beklagten in der Folgezeit trotz mehrfacher Aufforderungen der Beklagten nicht vor, da er nach eigenen Angaben keinen Einkommensteuerbescheid erhalten habe. Auf ein Auskunftsersuchen der Beklagten hin teilte das zuständige Finanzamt Bielefeld-Innenstadt unter dem 26.05.2003 mit, der Kläger habe im Jahre 2000 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 95.628 DM sowie im Jahre 2001 in Höhe von 77.645 DM erzielt.
Nach Anhörung des Klägers nahm die Beklagte daraufhin mit Bescheid vom 28.05.2003 in der Gestalt der Bescheide vom 20.06.2003, 28.08.2003, 28.10.2003 und 22.01.2004 auf der Grundlage des bescheinigten Einkommens und unter Berücksichtigung der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze die endgültige Beitragseinstufung vor. Danach ergab sich für die Zeit vom 01.05.2000 bis zum 31.12.2001, ausgehend von berücksichtigungsfähigen beitragspflichtigen monatlichen Einnahmen in Höhe von 6.450 DM bzw. 6.470,42 DM und Beitragsklasse 605 bzw. 665, ein Monatsbeitrag zur KV in Höhe von 844,96 DM für das Jahr 2000 sowie in Höhe von 844,00 DM für 2001. Es errechnete sich (ohne die nicht streitgegenständlichen Beiträge zur PV – diesbezüglich hat der Senat mit Beschluss vom 18.07.2006 das Verfahren abgetrennt und dem insoweit zuständigen 6. Senat des LSG NRW zur weiteren Bearbeitung zugeleitet -) ein Gesamtbeitrag in Höhe von 16.887,68 DM im Verhältnis zu dem vom Kläger gezahlten Betrag in Höhe von 8.803,20 DM, mithin eine Nachforderung in Höhe von 8.084,48 DM entsprechend 4.133,53 EUR. Zugleich nahm die Beklagte den Bescheid vom 30.08.2000 gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurück.
Mit dem dagegen gerichteten Widerspruch machte der Kläger über seinen Bevollmächtigten geltend, aus § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i. V. m. der Satzung der Beklagten rechtfertige sich nur eine Beitragsanpassung ex nunc, nicht ex tunc. Da er Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001 bis zum 31.12.2001 jedoch nicht vorgelegt habe, scheide eine Beitragsanpassung für die Zeit vom 01.05.2000 bis zum 31.12.2001 aus. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 30.08.2000 handele es sich ohnehin um ein einseitiges Vertragsgebot, das er, der Kläger, jedenfalls nicht angenommen habe. Er könne sich nicht erinnern, das Anschreiben gesehen oder erhalten zu haben. Mangels Vertragsschlusses bestehe kein Anlass, vom Grundsatz der beitragsabhängigen Einstufung erst nach Vorlage des jeweiligen Einkommensteuerbescheides abzuweichen.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 30.03.2004 als unbegründet zurück. Die Beitragserhebung sei zu Recht gemäß § 240 SGB V i. V. m. § 22 Abs. 4 ihrer Satzung auf der Grundlage der durch das Finanzamt bescheinigten, tatsächlich erzielten Bruttoeinnahmen, begrenzt durch die Beitragsbemessungsgrenze, erfolgt. Der nachträglichen Änderung der Einstufung stehe der Bescheid vom 30.08.2000 nicht entgegen, denn dieser sei ausdrücklich gemäß § 32 SGB X unter den Vorbehalt des Widerrufs für den Fall einer sich aus Einkommensteuerbescheiden nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ergebenden Änderung der Einkommensverhältnisse gestellt worden. Der Vortrag, der Kläger habe diesen Bescheid nicht erhalten, sei als bloße Schutzbehauptung zu werten. Es sei nicht plausibel, dass dieser über einen Zeitraum von 20 Monaten Abbuchungen seitens der Beklagten hingenommen habe, ohne Rückfragen bezüglich deren Höhe zu stellen. Unterstellt, der Vortrag des Klägers treffe zu, handele es sich bei der nun festgestellten Beitragshöhe jedenfalls um einen rechtlich zulässigen Erstbescheid. Die tatsächliche Bezahlung der Beiträge bzw. deren Einzug ersetze eine von der Krankenkasse vorzunehmende Einstufung durch Bescheid nicht.
Mit der am 30.04.2004 zum Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat sich der Kläger auf seinen bisherigen Vortrag bezogen und ergänzend vorgetragen, eine rückwirkende Beitragsnachforderung passe nicht in die Gesetzessystematik, die eine Anpassung der Beitragshöhe jeweils erst ab Bekanntwerden geänderter Einkommensverhältnisse, in der Regel nach Vorlage eines Einkommensteuerbescheides, für die Zukunft vorsehe. Nur bei einer Beitragsänderung ex nunc könne der Selbständige die Beiträge steuerlich berücksichtigen lassen und in seine Kalkulation einbeziehen.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28.05.2003 in der Gestalt der Bescheide vom 20.06.2003, 28.08.2003, 28.10.2003 und 22.01.2004 und des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2004 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid als rechtmäßig erachtet.
Mit Urteil vom 10.11.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, weder dem Grunde noch der Höhe nach bestünden Bedenken gegen die nachträgliche Festsetzung der Beiträge. Zwar sei die Beklagte für den Zugang des Bescheides vom 30.08.2000 beweispflichtig und könne einen Zugangsnachweis nicht erbringen, so dass bis zum Erlass der streitgegenständlichen Bescheide zu keinem Zeitpunkt eine wirksame Einstufung in eine Beitragsklasse erfolgt sei. Die Beklagte habe die Beiträge jedoch zu Recht gemäß § 240 SGB V i. V. m. § 22 Abs. 4 ihrer Satzung – erstmals – mittels der angefochtenen Bescheide nachträglich geltend gemacht. Insbesondere stehe der Anwendbarkeit der Norm nicht der tatsächliche Einzug der Beiträge vom Konto des Klägers auf der Grundlage der von diesem erteilten Einzugsermächtigung entgegen. Wie das LSG Berlin (Neue Zeitschrift für Sozialrecht -NZS- 2003, 36, 37) zutreffend entschieden habe, stelle der Beitragseinzug keinen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S. 1 SGB X dar. Die Forderung der Beklagten sei auch weder verjährt noch verwirkt. Diese habe zu keiner Zeit den Eindruck erweckt, sie wolle ihr Recht auf Beiträge, die das tatsächlich erzielte Einkommen des Klägers berücksichtigen, nicht ex tunc geltend machen.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 17.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.12.2005, einem Montag, Berufung eingelegt. Zur Begründung bezieht er sich auf sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10.11.2005 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 28.05.2003 in der Gestalt der Bescheide vom 20.06.2003, 28.08.2003, 28.10.2003 und 22.01.2004 und des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2004 aufzuheben, soweit es die Heranziehung des Klägers zu Krankenversicherungsbeiträgen betrifft …
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10.11.2005 insoweit zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil als rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Beratung und Entscheidung waren.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Da die Berufsrichter des Senats übereinstimmend dieser Auffassung sind und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich erachten, macht der Senat nach entsprechendem Hinweis an die Beteiligten im Anschluss an einen Erörterungstermin von der Möglichkeit Gebrauch, die Berufung im Beschlussverfahren (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) zurückzuweisen.
Das Sozialgericht hat zu Recht mit dem angefochtenen Urteil vom 10.11.2005 die Klage (hier: hinsichtlich der Krankenversicherungsbeiträge) abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 28.05.2003 in der Gestalt der Bescheide vom 20.06.2003, 28.08.2003, 28.10.2003 und 22.01.2004 sowie des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2004 ist – jedenfalls insoweit – rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht dem Grunde und der Höhe nach rückwirkend die Beiträge zur freiwilligen KV für die Zeit vom 01.05.2000 bis zum 31.12.2001 entsprechend den tatsächlich erzielten und vom zuständigen Finanzamt bescheinigten Bruttoeinnahmen, soweit diese die Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigen, abweichend von der zuvor erfolgten Beitragseinstufung festgesetzt.
Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder richtet sich seit Inkrafttreten des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) am 1. Januar 1989 nach § 240 SGB V. Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt (Abs. 1 S. 1), wobei sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (Abs. 1 S. 2). Die Satzung muss mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen sind (Abs. 2 S.1). Nach § 240 Abs 4 Satz 2 und 3 SGB V (in der hier anzuwendenden, seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung, angefügt durch Art 1 Nr 137 Buchst c des Gesundheitsstrukturgesetzes -GSG- vom 21. Dezember 1992 -BGBl I 2266-) gelten für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße (S. 2). Veränderungen der Beitragsbemessung können auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden (S. 3).
Die Beklagte war berechtigt, mit Bescheid vom 28.05.2003 in der Gestalt der Bescheide vom 20.06.2003, 28.08.2003, 28.10.2003 und 22.01.2004 und des Widerspruchsbescheides vom 30.03.2004 die Beitragshöhe rückwirkend ab 01.05.2000 festzusetzen. Dem stand nicht entgegen, dass sie bereits mit Bescheid vom 30.08.2000 über die Höhe der für die Zeit ab 01.05.2000 zu zahlenden Beiträge entschieden hatte. Dabei kommt es vorliegend nicht auf die Frage an, ob die beklagte Krankenkasse berechtigt gewesen ist, die Höhe der Beiträge eines in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten, der hauptberuflich selbstständig tätig ist, bei Beginn seiner selbstständigen Tätigkeit durch einen einstweiligen Bescheid zu regeln, wenn Nachweise für eine Prognose der zukünftigen Einnahmen noch nicht vorgelegt werden können (bejahend: Bundessozialgericht -BSG-, Urt. vom 22.03.2006, Az.: B 12 KR 14/05 R, www.jurisweb.de); denn der Kläger bestreitet bereits den Zugang des o. g. Vorbehaltsbescheides. Das Sozialgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Bescheid mangels Bekanntgabe an den Kläger – die Beklagte für den Zugang des Bescheides beweispflichtig geblieben – als nicht existent zu behandeln ist.
Weiter ist das Sozialgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte dadurch, dass sie im Abbuchungsverfahren die Beiträge zur KV eingezogen hat, keinen Verwaltungsakt erlassen hat; denn sie hat keine Regelung im Sinne von § 31 S. 1 SGB X getroffen. Eine solche Regelung liegt vor, wenn die Behörde eine verbindliche Rechtsfolge gesetzt, das heißt, durch eine Maßnahme ohne weiteren Umsetzungsakt Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte abgelehnt hat (Bundessozialgericht -BSG- Sozialrecht -SozR- 3-4100 § 116 Nr. 2; von Wulffen-Engelmann, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 31 RdNr. 24). Verbindliche Rechtsfolgen, dass nämlich der Kläger Mitglied der Beklagten sei, Beiträge in bestimmter Höhe entsprechend einer bestimmten Beitragsklasse, ausgehend von einem bestimmten Einkommen zu zahlen habe und bezüglich der Beitragshöhe eine endgültige Feststellung vorliege, hat die Beklagte durch die bloße Abbuchung des Monatsbeitrages zur KV nicht gesetzt. Ob eine Erklärung oder ein Handeln einer Behörde im Sinne sogenannter Realakte (von Wulffen-Engelmann, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 31 RdNr. 55; Schroeder-Printzen, SGB X, 3. Aufl. 1996, § 31 RdNr. 29 f.) als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S. 1 SGB X zu qualifizieren ist, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. grundlegend in Sozialrecht -SozR- 5755 Art. 2 § 1 Nr. 3, SozR 3-2500 § 224 Nr. 2), der der Senat folgt, danach, wie der Empfänger die Erklärung/Handlung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls vor und bei Tätigwerden einer Behörde zu deuten hatte. Ausnahmsweise sind Realakte in Form sog. "Schalterakte" – Barauszahlung von Krankengeld – als Verwaltungsakte angesehen worden (von Wulffen-Engelmann, a. a. O.; Schroeder-Printzen, a. a. O.). Die Abbuchung der Beiträge vom Konto des Klägers ist dem nicht vergleichbar. Anders als bei den Schalterakten konnte der Kläger nicht von einer gängigen Praxis ausgehen, dass dem Realakt keine schriftliche, an ihn als Adressaten gerichtete Entscheidung zugrunde liegen werde. Unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien vermag der Senat in der konkreten Beitragseinziehung durch die Beklagte vielmehr keine Regelung zu erkennen. Die Beklagte hatte – für den Kläger erkennbar – in der von diesem ausgefüllten Erklärung zu seinen Einkommensverhältnissen deutlich zu erkennen gegeben, dass für die Höhe der zu entrichtenden Beiträge die tatsächlichen Einkommensverhältnisse, wie sie sich auf der Grundlage eines vom Finanzamt erlassenen Einkommens- oder Vorauszahlungsbescheides darstellen, maßgeblich sei. Dass sie sich zu Beginn einer selbständigen Tätigkeit mit einer Schätzung der Einkommensverhältnisse endgültig zufrieden geben wolle, hat sie in keiner Weise zum Ausdruck gebracht. Auch hat die Beklagte das Versicherungsverhältnis des Klägers jeweils mittels eines schriftlichen Bescheides abgewickelt. Der Kläger konnte mit der Abgabe des Einkommensbogens nicht sein, dass die Beklagte seinem Antrag, auch bezüglich der Beitragsklasse, entsprechen werde. Auch hat der Kläger keineswegs vorgetragen, bei der Abgabe des Einkommensfragebogens alle Fragen – Beitragsklasse, Beitragshöhe, Zeitpunkt der Umstellung des Versicherungsverhältnisses – abschließend mündlich geklärt zu haben. Mit dem vom Sozialgericht zitierten, jedoch nicht näher begründeten Auffassung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin (a. a. O.) geht der Senat auch im vorliegenden Fall davon aus, dass die tatsächliche Einziehung von Beiträgen zur KV einem Beitragsbescheid nicht gleich steht und nicht als Verwaltungsakt gemäß § 31 S. 1 SGB X zu qualifizieren ist.
Bezüglich der zutreffenden Anwendung der Regelungen des § 240 SGB V i. V. m. § 21 der Satzung der Beklagten bestehen ebenfalls keine Bedenken. Insoweit nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage anschließt.
Von der Verhängung von Kosten gemäß § 192 SGG hat der Senat im Hinblick auf das dem Kläger drohende Insolvenzverfahren abgesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG hat nicht bestanden.
Erstellt am: 19.04.2007
Zuletzt verändert am: 19.04.2007