Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.11.2012 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Recht vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller ab dem Zeitpunkt der Anbringung des einstweiligen Rechtsschutzgesuchs bei Gericht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe des Regelbedarfs (374 Euro) befristet zu gewähren.
Im Rahmen der Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat, wie vom Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt, eine Folgenabwägung stattzufinden. Abzuwägen sind die Folgen, die auf der einen Seite entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch besteht, und auf der anderen Seite entstünden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich aber im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch nicht besteht. Lassen sich im einstweiligen Rechtsschutz die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren nicht oder nur ungenügend feststellen und ist damit ein späteres Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren nicht fernliegend, fällt eine Interessensabwägung jedenfalls dann zu seinen Gunsten aus, wenn eine Verletzung wesentlicher Grundrechte (hier: Verlust des Existenzminimums) droht.
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Maßstäbe ist die Entscheidung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden. Nach der dem Senat im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung bestehen hinreichende Erfolgsaussichten für das Hauptsacheverfahren. Nach Lage der Akten bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob der Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im Falle des Antragstellers Anwendung findet, so dass hier offen bleiben konnte, ob diese Regelung vollumfänglich mit europäischem Primärrecht vereinbar ist. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sieht einen Leistungsausschluss ausdrücklich nur dann vor, wenn das Aufenthaltsrecht des Ausländers sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. In der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 16/688, Seite 13) wird dazu ausgeführt: Dabei lehnt sich der Wortlaut von Satz 2 erste Alternative an § 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU an: Nur in den Fällen, in denen sich das Aufenthaltsrecht ausschließlich auf den Grund "zur Arbeitssuche" stützt, sind der EU-Bürger und seine Familienangehörigen vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen sind EU-Bürger, bei denen ein anderer Grund nach § 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU greift. Damit wird auch deutlich, dass beispielsweise Personen, die durch eine Vorbeschäftigung in Deutschland Arbeitnehmerstatus erlangt haben, (.) nicht vom Ausschluss erfasst werden.
Nach Lage der Akten ist nicht auszuschließen, dass eine derartige Verbindung des Antragstellers zum deutschen Arbeitsmarkt besteht. Ausweislich der Verwaltungsakten hat er im Inland von September 2011 bis Januar 2012 und vom 03.05. bis 11.09.2012 gearbeitet. Jedenfalls bei der letzten Arbeitsstelle handelte es sich auch nicht um ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis, denn der Antragsteller erzielte dort ein Bruttoeinkommen von ca. 850 Euro monatlich. Damit beträgt die Arbeitsdauer im Inland zwar nur ca. 10 Monate, gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 Freizügigkeitsgesetz/EU bleibt aber die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung bei unfreiwilliger und durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit auch nach weniger als einem Jahr Beschäftigung während der Dauer von sechs Monaten unberührt. Dem kann derzeit nicht entgegengehalten werden, es liege keine unfreiwillige Arbeitslosigkeit vor, weil der Antragsteller sein letztes Beschäftigungsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet habe. Unfreiwillige Arbeitslosigkeit in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn ein wichtiger Grund für die einvernehmliche Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses bestanden hat. Ein solcher ist hier vom Antragsteller mit der Behauptung geltend gemacht worden, er sei vom Arbeitgeber wiederholt zu Unrecht beschuldigt und beschimpft worden. Ob tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt, konnte vom Senat im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht geklärt werden, weil der Arbeitgeber als präsentes Beweismittel nicht zur Verfügung stand und eine Beweisaufnahme in einem für den Antragsteller zumutbaren zeitlichen Rahmen nicht durchzuführen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe war nicht erforderlich, weil mit diesem unanfechtbaren Beschluss der Antragsgegner zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im Beschwerdeverfahren verpflichtet worden ist. Damit ist – ähnlich einer leistungsbereiten Rechtsschutzversicherung – ein anderer Kostenträger vorhanden, wobei kein Ausfallrisiko besteht.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit einer Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar.
Erstellt am: 23.01.2013
Zuletzt verändert am: 23.01.2013