Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 10.05.2012 wird als unzulässig verworfen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Am 31.12.2011 hat der nach dem verwendeten Briefkopf als Arbeitsvermittler tätige Kläger bei dem Sozialgericht Klage erhoben, die das Sozialgericht nach vorheriger Anhörung durch Gerichtsbescheid vom 10.05.2012 abgewiesen hat. In der Rechtsmittelbelehrung zu diesem Gerichtsbescheid wird darauf hingewiesen, er könne innerhalb eines Monats nach seiner Zustellung angefochten werden.
Gegen den am 12.05.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers vom 03.07.2012, mit der er beantragt,
den Beklagten zur Zahlung einer Vermittlungsvergütung von 2.000,00 EUR für die Vermittlung des Arbeitnehmers H T sowie sämtlicher Verzugsschäden z.B. Verzugszinsen zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Berufung sei wegen Verspätung unzulässig.
Mit an die Geschäftsstelle des Senats gerichtetem Fax vom 24.09.2012, 09:51 Uhr, hat der Kläger mitgeteilt: "Bezugnehmend auf mein soeben geführtes Telefonat mit Herrn H und ziehe hiermit meine Berufung im obigen Verfahren zurück. Voraussetzung ist, dass dies einer erneuten Klage, nämlich einer Untätigkeitsklage nicht im Wege steht. Ansonsten bitte ich das Missverständnis zu entschuldigen und einen neuen Termin festzusetzen. Ich danke für Ihr Verständnis und Ihre Bemühungen."
Am 24.09.2012, 14:15 Uhr, hat der Kläger erneut angerufen und mitgeteilt, er möchte die Sache nun doch verhandeln. Mit Fax von 14:55 Uhr hat er ausgeführt: "Ergänzend zu meinem Fax von heute Vormittag möchte ich nochmals ausdrücklich anmerken, dass ich die Sache verhandeln möchte und bitte um Anberaumung eines neuen Kammertermins, da ich offensichtlich irrtümlicherweise davon ausgegangen bin, dass ich meine Ansprüche durch eine erneute Untätigkeitsklage vorm Sozialgericht Duisburg geltend machen könnte. Dies erscheint mir aber zweifelhaft. Auf Grund meines starken Interesses bitte ich alles Erforderliche zu veranlassen."
Zu Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet auch angesichts der Erklärung des Klägers per Fax vom 24.09.2012, 09:51 Uhr durch Urteil, da diese keine wirksame Rücknahmeerklärung im Sinne von § 102 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) darstellt. Hiernach kann der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.
Zweifel an einer wirksamen Rücknahmeerklärung durch dieses Schreiben bestehen bereits im Hinblick darauf, dass es eine (echte) Bedingung enthalten könnte, die nicht zulässig wäre; jedenfalls unwirksam ist die Erklärung vom 24.09.2012, 09:51 Uhr, weil sie nicht eindeutig ist.
Die Rücknahmeerklärung ist bedingungsfeindlich in dem Sinne, dass sie wie andere Prozesshandlungen nicht wirksam ist, wenn die erklärte Rechtsfolge an eine sog. echte, d.h. auf ungewisse Umstände außerhalb des prozessualen Rahmens abstellende Bedingung geknüpft wird (BSG, Beschluss vom 04.02.2003 – B 11 AL 5/03 R zur Revisionseinlegung; Urteil des Senats vom 12.09.2011 – L 19 AS 38/10 m.w.N. zu einem Ablehnungsgesuch; Urteil des Senats vom 30.01.2012 – L 19 KG 1/11 mit weiteren Hinweisen zur Auslegung einer von vorheriger Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemachten Berufungseinlegung).
In seinem Fax vom 24.09.2012, 09:51 Uhr, hat es der Kläger zur Voraussetzung seiner Berufungsrücknahme gemacht, dass sie einer erneuten Klage, nämlich einer Untätigkeitsklage, nicht im Wege stehe. Dies ist grundsätzlich eine Bedingung. Zweifel daran, dass diese Bedingung der Wirksamkeit der Berufungsrücknahme entgegenstehen könnte, ergeben sich daraus, dass diese Bedingung von einer jederzeit beantwortbaren, das prozessuale Geschehen selbst betreffenden Rechtsfrage abhängen und daher keine "echte" Bedingung im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung darstellen könnte (vgl. hierzu insbesondere Urteil des Senats vom 30.01.2012 m.w.N.).
Jedenfalls unwirksam ist die Erklärung per Fax vom 24.09.2012, 09:51 Uhr, weil sie nicht eindeutig ist. Insoweit gilt, dass Rücknahmen eines Rechtsmittels eindeutig erklärt werden müssen, um Wirksamkeit zu erlangen. Zur Feststellung der Eindeutigkeit sind sie ggf. auszulegen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 102 Rn. 7b).
Die Erklärung des Klägers per Fax vom 24.09.2012, 09:51 Uhr, ist schon in sich nicht eindeutig, insofern der Kläger zum einen die Berufungsrücknahme zu erklären scheint, zum anderen um Festsetzung eines neuen Termins bittet, was bei vorheriger Rücknahme seiner einzigen beim Senat anhängigen Berufung widersinnig erscheint.
Das Ergebnis dieser Auslegung wird bestätigt durch das weitere Geschehen am Terminstag insofern der Kläger per Fax von 14:55 Uhr angegeben hat, er möchte "nochmals" ausdrücklich anmerken, dass er die Sache verhandeln möchte und bitte um Anberaumung eines neuen "Kammertermins". Dies bestätigt die Annahme fehlender Eindeutigkeit und damit Unwirksamkeit der per Fax von 09:51 Uhr erklärten Berufungsrücknahme.
Die Berufung ist wegen verspäteter Einlegung unzulässig und zu verwerfen.
Nach § 158 Satz 1 SGG ist eine nicht in der gesetzlichen Frist eingelegte Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Die Berufung des Klägers ist nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat ab Zustellung eines Gerichtsbescheides (§§ 105 Abs. 1 S. 3, 151 Abs. 1, 2 SGG) eingelegt worden.
Der Kläger hat gegen den ihm ausweislich der Postzustellungsurkunde am 12.05.2012 zugestellten Gerichtsbescheid erst am 03.07.2012 und damit deutlich nach Ablauf der Berufungsfrist Berufung eingelegt. Die Entscheidung enthielt eine korrekte Rechtsmittelbelehrung.
Gründe zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i.S.v. § 67 SGG sind weder vom Kläger dargelegt worden noch sonst ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und trägt dem Misserfolg des Klägers Rechnung.
Gründe zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Erstellt am: 19.12.2012
Zuletzt verändert am: 19.12.2012