Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 05.08.1997 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Februar 1999.
Der 1955 in Bulgarien geborene Kläger durchlief dort eine dreijährige Berufsausbildung für Elektriker in industrieller Tätigkeit und besuchte eine als "Nachrichtentechnikum" bezeichnete Vollzeitschule, die er mit einem Diplom für Fernsehtechniker abschloss. Im Jahre 1979 legte der Kläger die Meisterprüfung ab und war bis 1986 im staatlichen Fernsehkundendienst tätig.
Nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1989 arbeitete er hier von Mai 1989 bis September 1990 als Montageelektriker bei einem Zeitarbeitsunternehmen. Am 17.01.1990 erlitt er einen Arbeitsunfall, für den er eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer MdE von 20 v.H. erhält. Von März 1991 bis Mai 1992 war der Kläger bei zwei Firmen in der Reparatur von Hifi- und Videogeräten tätig, wobei seine Kenntnisse, seine Bezahlung und die Merkmale der Tätigkeit nach Auskunft eines Arbeitgebers Facharbeiterniveau hatten, während ihm der zweite Arbeitgeber einen Mangel an Fachkenntnissen bescheinigte. In der Folgezeit war der Kläger, unterbrochen durch eine Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen von Mai 1994 bis April 1995 und selbständige Tätigkeiten als Inhaber eines Radio- und Fernsehgeschäftes von Mai 1996 bis August 1997 sowie März bis April 1999 arbeitslos.
Im Dezember 1993 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der von der Beklagten beauftragte Chirurg Dr. V … hielt den Kläger fähig für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen und gehobenen Arbeitsmarkt in wechselnder Körperhaltung ohne Zwangshaltung sowie ohne Heben und Tragen von Lasten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Elektriker bzw. Fernsehtechniker sei dem Kläger auf Dauer nicht mehr zumutbar.
Mit Bescheid vom 02.06.1994 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig zumindest leichte Arbeiten verrichten. Außerdem sei die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren bei Rentenantragstellung im Dezember 1993 nicht erfüllt, da der Kläger nur 51 mit Beitragszeiten belegte Monate aufweise.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger auf den Arbeitsunfall mit den hierbei erlittenen Unfallfolgen aufmerksam.
Die Beklagte zog die Akte des Klägers bei der Berufsgenossenschaft bei und holte weitere Arbeitgeberauskünfte ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.07.1995 wies sie den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück: Auch wenn der Kläger als Facharbeiter anzusehen sei, sei er immer noch nach seinem gesundheitlichen Leistungsvermögen verweisbar auf Tätigkeiten des gehobenen Arbeitsmarktes wie z. B. als Abnahmekontrolleur, Kleingeräteelektriker oder auf Reparaturarbeiten im Auftrag der Stadtwerke.
Mit der zum Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, erwerbs-, zumindest aber berufsunfähig zu sein, da er in seinem Beruf als Elektriker nicht mehr wettbewerbsfähig arbeiten könne. Dies sei Folge seines Arbeitsunfalls.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte und Unterlagen aus dem Verfahren des Klägers gegen die Berufsgenossenschaft eingeholt bzw. beigezogen und den Kläger durch den Orthopäden Dr. A … untersuchen lassen.
Dr. A … stellte in seinem Gutachten vom 20.01.1997 das Vorliegen folgender Erkrankungen beim Kläger fest:
– Halswirbelsäulensyndrom mit linksparavertebraler Muskelverspannung bei geringer Spondylose in den unteren Halswirbelsäulensegmenten und Spondylarthrose C 5/6
– lumbalgie- und ischialgieforme Beschwerden links bei Bruch der Lendenwirbelkörper 3 und 4 ohne wesentliche Höhenminderung
– Spondylose im Segment L 3/4, Protrusion L 4/5 und Bandscheibenvorfall L 5/S 1
– rechtsseitige Sensiblitätsminderung der Stirnhaut nach Stirnhöhlenoperation, nach Schilderung des Untersuchten
– Nachtblindheit
– Übergewicht.
Der Kläger könne noch körperlich leichte und geistig einfache bis mittelschwere Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen ohne längere oder häufig einseitige Körperbelastungen und Zwangshaltungen, nicht im Knien, Hocken oder Bücken, nicht auf Gerüsten oder Leitern, draußen nur unter Witterungsschutz mit betriebsüblichen Pausen in voller Schicht leisten. Die Beschwerden des Klägers, die mit Veränderungen der Halswirbelsäule und der Bandscheibendegeneration im lumbalen Bereich zusammenhingen, seien nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Bei Ausschluss der unfallfremden, insbesondere der ischialgieformen Beschwerden wären auch mittelschwere Tätigkeiten noch zumutbar.
Mit Urteil vom 05.08.1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Mit seinem Leistungsvermögen sei der Kläger nicht berufs- und erst recht nicht erwerbsunfähig, da er doch als Abnahme- und Funktionskontrolleur in der Kleingeräte- und Elektroindustrie arbeiten könne, darüber hinaus auch noch auf die Tätigkeiten eines Schalttafelwärters in einem Kraftwerk oder in einer Schaltanlage verweisbar sei.
Gegen das am 12.08.1997 abgesandte Urteil richtet sich die am 03.09.1997 eingegangene Berufung des Klägers, mit der er annimmt, er sei zu keiner der genannten Verweisungstätigkeiten gesundheitlich in der Lage.
Nachdem der Kläger unter Berücksichtigung des Sozialversicherungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bulgarien vom 17.12.1997 die allgemeine Wartezeit für einen Rentenanspruch ab In-Kraft-Treten des Abkommens zum 01.02.1999 erfüllt, beantragt er nunmehr, das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 05.08.1997 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 02.06.1994 und 20.07.1995 zu verurteilen, ihm ab 01.02.1999 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keine Anträge.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Gutachten von dem Chirurgen Dr. V … sowie auf Antrag gemäß § 109 SGG von dem Orthopäden Prof. Dr. K … Zum Ergebnis dieser Untersuchungen wird auf den Inhalt der schriftlichen Gutachten vom 22.02.1999 (Dr. V …, Bl. 329 f. PA) und Prof. Dr. K … (Bl. 482 f.), zu weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft und der Arbeitsverwaltung Bezug genommen. Die genannten Unterlagen sind ebenso Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen wie die den Beteiligten bereits zuvor übersandten berufskundlichen Gutachten bzw. gutachtlichen Äußerungen der Sachverständigen Dipl.-Ing. D. und Dipl.-Ing. B. aus dem Verfahren L 8 RJ 180/99 – LSG NRW -.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, nicht einmal auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit (§§ 44 Abs. 2, 43 Abs. 2 SGB VI), weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt sind.
Die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist nämlich nicht infolge von Krankheiten oder Behinderungen auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken, wie es § 43 Abs. 2 SGB VI bereits für den weniger gravierenden Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit voraussetzt.
Für die Zeiten der selbständigen Tätigkeit des Klägers schließt bereits allein dieser Umstand einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Im Übrigen hat der Kläger deshalb keinen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente und dementsprechend erst recht nicht auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, weil er unter Berücksichtigung der bei ihm nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehenden Gesundheitsstörungen (I.) über ein auf dem Arbeitsmarkt grundsätzlich verwertbares gesundheitliches Leistungsvermögen verfügt (II.), das ihm die Aufnahme von Tätigkeiten erlaubt, die ihm sozial zumutbar sind (III.):
I. Die Gesundheit des Klägers ist im Wesentlichen auf orthopädischem Fachgebiet eingeschränkt.
Nach dem Gutachten von Prof. Dr. K … von August 2000 bestehen beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen: – Zustand nach folgenlos ausgeheilten Knochenbrüchen des 3. und 4. Lendenwirbelkörpers
– folgenlos ausgeheilter Knochenbruch des rechten Schulterblattes
– chronisch rezidivierendes Cervikalsyndrom bei altersentsprechenden degenerativen Veränderungen zwischen dem 4. und 5. und dem 5. und 6. Halswirbelkörper ohne neurologische Ausfälle
– chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen des Bewegungssegmentes L 4/5 und L 5/S 1 ohne sensomotorische Ausfälle
– Narbe im Stirn/Augenbereich rechts mit Gefühlsstörungen des angrenzenden Hautgebietes.
Damit fasst Prof. Dr. K … im Rahmen seines Gutachtens die wesentlichen Beeinträchtigungen zusammen, die bereits der Vorgutachter Dr. V … festgestellt hatte: Nach dem Gutachten von Dr. V … vom 22.02.1999 bestanden beim Kläger geringe Verschleißveränderungen der Halswirbelsäule bei Streckfehlhaltung mit geringer Teilfunktionsstörung sowie HWS Schulter-Arm-Syndrom links, eine knöchern stabil ausgeheilte Bruchverletzung des 3. und 4. Lendenwirbelkörpers mit Deckplatten und Vorderkantenbeteiligung und geringer, nach ventral gerichteter keilförmiger Höhenminderung sowie minimalem dorsalen Achsenknick L 3/L 4, eine leichtgradige Verschleißveränderung der Lendenwirbelsäule vom 2. Lendenwirbelkörper bis zum 1. Kreuzbeinwirbel mit flacher Bandscheibenvorwölbung L 4/5 und einem kleinen, alten, verkalkten, linkslateralen Bandscheibenvorfall L 5/S 1, eine Streckfehlhaltung der Lendenwirbelsäule, einen leichten Schiefstand des Kreuzbeines, Anomalie des Querfortsatzes des 5. Lendenwirbelkörpers rechts, LWS-Syndrom mit ischialgieformen linksseitigen Beschwerden und endgradiger Teilfunktionsstörung der Lendenwirbelsäule, eine Narbe im Stirn/ Augenbrauenbereich rechts nach alter Verletzung mit nachfolgender Stirnhöhlenoperation, eine leichte Achsenfehlstellung beider Beine im Kniegelenksbereich im X-Sinne, leichte Fußzehende formierung beiderseits, Zehennagelmycose beidseits, Übergewicht.
Diese Beschreibungen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers sind miteinander uneingeschränkt vereinbar und stehen im Übrigen auch im Einklang mit den zeitlich vorgehenden Feststellungen des vom Sozialgericht beauftragten Gutachters Dr. A … Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen bzw. Ermittlungen auf anderen medizinischen Fachgebieten ergeben sich nicht, so dass mit den beschriebenen Gesundheitsstörungen die leistungsrelevanten Erkrankungen des Klägers verlässlich festgestellt sind.
II. Auch unter Beachtung dieser Gesundheitsstörungen verfügt der Kläger noch über ein auf dem Arbeitsmarkt grundsätzliches verwertbares Leistungsvermögen. Er ist nämlich nach dem Ergebnis der medizinischen Beweiserhebung, insbesondere der insoweit vollständig übereinstimmenden Einschätzung aller Gutachter noch in der Lage zu vollschichtig ausgeübten, zumindest leichten Tätigkeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen in geschlossenen und beheizten Räumen ohne Arbeiten in Zwangs- oder einseitigen Körperhaltungen, ohne Arbeiten auf Gerüsten oder Leitern, an laufenden Maschinen, ohne Gefährdung durch Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen, Nässe und Lärm. Dr. V … nimmt in seinem Gutachten vom 22.02.1999 darüber hinaus noch eine Fähigkeit des Klägers zu kurzfristig auch mittelschweren Arbeiten an, ohne dass es hierauf für die Entscheidungsfindung ankommt.
Die Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit ergibt sich schlüssig – und auch insoweit stimmen alle gerichtlichen Sachverständigen überein – aus den teils unfallabhängigen, überwiegend jedoch verschleißbedingten Wirbelsäulenschädigungen des Klägers.
Die Wegefähigkeit des Klägers für die täglichen Arbeitswege ist trotz der festgestellten Gesundheitsbeeinträchtigungen ohne Einschränkungen gegeben.
III. Mit dem beschriebenen Leistungsvermögen kann der Kläger auf dem Arbeitsmarkt in ausreichender Anzahl verfügbare Tätigkeiten wie beispielsweise als Prüffeld-, Montage- und Verdrahtungselektrikter körperlich wie sozial zumutbar verrichten.
Der Senat geht zu Gunsten des Klägers davon aus, dass dem Kläger der Berufsschutz eines Facharbeiters, d.h. auf dem Ausbildungsniveau eines anerkannten Ausbildungsberufes mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren, zusteht.
Dies ist zu rechtfertigen, weil bei allen Unsicherheiten zum Ausbildungsstand des Klägers, die sich aus seiner Ausbildung in Bulgarien und der fraglichen Vergleichbarkeit des dortigen und des hiesigen Ausbildungssystems und vom Wert der vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten ergeben, zumindest einer der beiden Arbeitgeber, bei dem der Kläger in der Bundesrepublik Radio- und Fernsehgeräte repariert hat, bescheinigt hat, dass die Tätigkeiten des Klägers nach dem Niveau seiner Kenntnisse, dem Inhalt der Tätigkeiten selbst wie auch der Bezahlung Facharbeitertätigkeiten waren.
Der Berufsschutz des besonders hochqualifizierten Facharbeiters bzw. des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion als der höchsten Stufe des in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes entwickelten Mehrstufenschemas für Arbeiterberufe (hierzu: Kasseler Kommentar Niesel, Rdnr. 35 f. zu § 43 SGB VI m.w.N.) steht dem Kläger dagegen nicht zu. Dies gilt auch in Anbetracht der Angaben des Klägers, wonach er in Bulgarien als Absolvent einer Meisterausbildung sowie eines Nachrichtentechnikums Vorgesetzter zahlreicher Mitarbeiter gewesen sein will. Denn die im Ausland erworbenen Kenntnisse und der im Ausland erworbene Status in der Arbeitswelt können zwar den qualitativen Wert einer im Inland ausgeübten Tätigkeit indizieren. Entscheidend jedoch bleibt die qualitative Bewertung der im Inland ausgeübten Tätigkeiten (u.a. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 102 S. 313). Hier ist der Kläger seit seinem Aufenthalt in Deutschland jedoch nicht annähernd derart qualifiziert beschäftigt gewesen.
Ausgehend von dem Berufsschutz als Facharbeiter gibt es auf dem Arbeitsmarkt zugängliche Tätigkeiten wie beispielsweise als Prüffeld-, Montage- und Verdrahtungselektriker, die dem Kläger zumutbar sind.
Zumutbar im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind dabei bundesweit verfügbare Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen (objektive Zumutbarkeit) und die ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (subjektive Zumutbarkeit). Beide Kriterien (BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 75) sind vorliegend erfüllt.
Beiden Tätigkeiten der Prüffeld-, Montage- und Verdrahtungselektriker handelt es sich nach den vom Senat in das Verfahren eingeführten und den Beteiligten zugängig gemachten berufskundlichen Unterlagen um dem Kläger objektiv zumutbare, d.h. seinem körperlichen Leistungsvermögen entsprechende und in einer Anlernzeit von weniger als drei Monaten auf dem Hintergrund seiner Vorqualifikation und der vorhandenen Kenntnisse erlernbare Tätigkeiten.
Nach den schriftlichen Erkundigungen des Sachverständigen B., an dessen Kenntnis des Industriebereichs und der maßgeblichen potentiellen Arbeitsplätze schon wegen seiner Stellung als Verbandsingenieur des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie Köln keine Zweifel bestehen, gibt es Arbeitsplätze mit leichten körperlichen Tätigkeiten sowohl in der Montage wie auch im Prüfbereich beispielsweise bei der Firma L. GmbH in K. und bei der Firma M. GmbH in B … Der Senat gibt den Darlegungen des Sachverständigen B. eindeutig den Vorzug gegenüber den Erklärungen des Sachverständigen D … Dieser hatte in einer Vernehmung vor dem 8. Senat des LSG NRW am 22.03.2000 – L 8 RJ 180/99 – unter Würdigung der Ausführungen eines weiteren berufskundlichen Gutachters (Dipl.-Ing. D.) generelle Zweifel an dessen These geweckt, es seien für leistungsgeminderte Elektriker noch Verweisungstätigkeiten z.B. als Verdrahtungselektriker oder Abnahme- und Funktionskontrolleur in der Kleinelektroindustrie in nennenswerter Anzahl vorhanden. Diese Zweifel sind nach den aktuellen Ermittlungen des Sachverständigen B. aber nicht gerechtfertigt. Vielmehr gibt es mehrere Firmen, die über Arbeitsplätze verfügen, die auch hier durchaus in Betracht zu ziehen sind. Im Einzelnen:
Die bei der Firma L. GmbH, die elektronische sowie elektrische Geräte für den Schulunterricht herstellt, in Kleinserie herzustellenden Geräte wiegen bis maximal 5 kg und werden an einer handelsüblichen Werkbank verdrahtet. Die Mitarbeiter können die Arbeiten im Sitzen oder Stehen aus üben. Über Schulterhöhe muss nicht gearbeitet werden. Die Einarbeitungszeit beträgt ca. zwei bis drei Monate. Die Abnahme der bei der Firma L. GmbH hergestellten Geräte erfolgt an separaten Arbeitsplätzen im sogenannten Prüffeld. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um leichte Tätigkeiten, da hier die elektrischen Geräte nach einer Prüfanweisung durchgeprüft werden.
Bei der Firma M. GmbH werden Niederspannungsschaltgeräte hergestellt, die aus Schützen, Schaltelementen, Spulen und sonstigen elektrischen Teilen bestehen. Bei dieser Firma gibt es auch Arbeitsplätze, an denen in Kleinserien Spulen auf einer Ein- oder Zweispindel-Wickelmaschine hergestellt werden. Die Spulen werden in einer frei programmierbaren CNC-Maschine aufgesteckt, danach findet der eigentliche Wickelvorgang statt. Darüber hinaus gibt es auch noch die Kleinstserien, in denen Sonderspulen gewickelt werden.
Die einfachen Prüfungen erfolgen am Arbeitsplatz, die Baugruppen werden allerdings an speziell hierfür hergerichteten Arbeitsplätzen geprüft. Die Baugruppen wiegen bis zu maximal 2 kg. Für die Prüfung wurden spezielle Prüfeinrichtungen geschaffen.
In seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2000 in dem Verfahren L 8 RJ 180/99 vor dem Senat hat der Sachverständige B. diese Einzelauskünfte bestätigt und zudem darauf hingewiesen, dass er bei der Vorbereitung der schriftlichen Auskunft bereits eine Selektion auf Arbeitsvorgänge und Produktionsbereiche vorgenommen habe, die lediglich körperlich leichte Anforderungen stellten. Die Arbeitsplätze der benannten Bereiche seien durchweg körperlich leichter Art.
Gemessen an dem oben unter II. beschriebenen verbliebenen körperlichen Leistungsvermögen des Klägers sind ihm Arbeiten als Prüffeld-, Verdrahtungs- und Montageelektriker, bei spielsweise bei den genannten Firmen, gesundheitlich daher objektiv zumutbar.
Objektiv zumutbar sind ihm die beispielgebend benannten Tätigkeiten auch unter dem Gesichtspunkt seiner Vorqualifikation und Kenntnisse. In dieser Hinsicht sind Verweisungstätigkeiten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, die auch der Senat seiner Rechtsprechung zugrunde legt, nur Tätigkeiten, wenn die für sie notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erworben werden können (BSGE 44, 288, 290 f., SozR 2200 § 1246 Nr. 23).
Nach der schriftlichen Angabe des Sachverständigen B. beträgt die Einarbeitungszeit auf den bei der Firma L. GmbH in der Produktion anzutreffenden Arbeitsplätze zwei bis drei Monate. Auch in der mündlichen Vernehmung vor dem 8. Senat hat der Sachverständige keine Bedenken geäußert, dass dem dortigen Kläger als gelerntem Elektriker die genannten Tätigkeiten bei den Firmen L. GmbH und M. GmbH erst nach längerer als drei monatiger Einarbeitung zugänglich wären.
Die beschriebenen Tätigkeiten als Prüffeld-, Montage- und Verdrahtungselektriker sind dem Kläger auch sozial zumutbar. Sozial zumutbar verweisbar ist der Kläger als Facharbeiter nach der auch insoweit vom Senat zugrundegelegten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes nur auf Tätigkeiten seiner eigenen Qualifikationsgruppe und der nächstniederen Gruppe des Mehrstufen-Schemas mit dem Leitberuf des Angelernten. Die Verweisungstätigkeit muss also zu den sonstigen staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehören oder aber eine echte betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern oder wegen ihrer Qualität tariflich wie ein sonstiger Ausbildungsberuf bewertet werden (BSGE 43, 243, 245 f. = SozR 2200 § 1246 Nr. 16; SozR a.a.O. Nr. 21, 109, 147).
Die beispielgebend angeführten Arbeitsplätze sind dem Kläger schon aufgrund ihrer tariflichen Einstufung zumutbar:
Nach den Auskünften des Sachverständigen B. bei seiner Vernehmung am 08.11.2000 bewegt sich die tarifliche Einstufung der Arbeitsplätze im Verdrahtungsbereich bei der Firma L. GmbH zwischen den Gruppen sechs und sieben, die Einstufung der in Prüffeldbereich beschäftigten Mitarbeiter zwischen fünf und sechs.
Die Mitarbeiter an Prüfarbeitsplätzen bei der Firma M. GmbH werden nach den Tarifgruppen 4 und 5 bezahlt, die in der Montage von Niederspannungsschaltgeräten eingesetzten Mitarbeiter sind tariflich eingruppiert in die Gruppen 6 und 7 (jeweils: Tarifvertrag der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen, für das Jahr 1999 in der Fassung des Lohnabkommens vom 25.02.1999).
Bei diesem Tarifvertrag handelt es sich um einen Tarifvertrag, der eine Gruppe mit anerkannten Facharbeiterberufen enthält und sich daher zur Einstufung nach beruflicher Qualität eignet (BSGE 73, 159, SozR 3 2200 § 1246 Nr 37).
Innerhalb des genannten Tarifvertrages gibt es nach dem Lohnrahmenabkommen in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 26.09.1957 nach dem Stand vom 10.02.1975 mit Geltung ab dem 01.01.1975 10 Lohngruppen, unter denen die Lohngruppe 7 die Eingangsgruppe für Facharbeiter darstellt. Nach dem Lohngruppenschlüssel in § 3 des genannten Abkommens ist die Gruppe 7 vorgesehen für Arbeiten, deren Ausführung ein Können voraussetzt, das erreicht wird durch eine entsprechende ordnungsgemäße Berufslehre (Facharbeiten). Zugleich gilt diese Gruppe für Arbeiten, deren Ausführung Fertigkeiten und Kenntnisse erfordert, die Facharbeiten gleichzusetzen sind.
Nach der Lohngruppe 7 bezahlte Arbeiten sind dem Kläger daher ohnehin zumutbar, da er, gemessen an ihrer tarifvertraglichen Bewertung und ausgehend von seinem Berufsschutz als Facharbeiter, keinerlei Herabstufung in Kauf nehmen müsste.
Auch nach der Lohngruppe 6 eingestufte Tätigkeiten sind dem Kläger ohne weiteres zuzumuten. In diese Gruppe eingestuft werden Arbeiten, die eine abgeschlossene Anlernausbildung in einem anerkannten Anlernberuf oder eine gleich zu bewertende betriebliche Ausbildung erfordern.
Ebenfalls noch zumutbar wären, ohne dass es für die Entscheidung dieses Rechtsstreites hierauf ankäme, noch nach der Lohngruppe 5 bezahlte Tätigkeiten. Nach dem a.a.O. auf geführten Lohnschlüssel werden nach der Lohngruppe 5 bezahlt Arbeiten, die ein Anlernen von drei Monaten erfordern. Es handelt sich daher auch bei dieser Lohngruppe um eine dem Kläger zumutbare Lohngruppe für angelernte Arbeiter, in die schon Versicherte einzustufen sind, deren Qualifikation durch eine betriebliche Ausbildung von nur drei Monaten gekennzeichnet ist (Kasseler Kommentar Niesel, § 43 SGB VI Rdnr. 45 m.w.N.). Die Beispielstätigkeiten sind dem Kläger daher nach ihrem an der tarifvertraglichen Einstufung gemessenen qualitativen Wert sozial zumutbar.
Es handelt sich schließlich bei den Tätigkeiten der Prüffeld,- Montage- und Verdrahtungselektriker auch um auf dem Arbeitsmarkt verfügbare Tätigkeiten.
Denn diese Tätigkeiten werden nicht ausschließlich betriebsintern vergeben und sind auf dem Arbeitsmarkt auch in einem ihre Benennung als Verweisungstätigkeit ermöglichendem Umfang vorhanden.
Zwar ist es im Rahmen der Überprüfung einer Verweisbarkeit grundsätzlich unerheblich, ob dem Versicherten im jeweiligen Antragszeitraum ein geeigneter, freier Arbeitsplatz angeboten werden kann, wie viele Bewerber der absoluten Zahl der vorhandenen Arbeitsplätze gegenüberstehen oder ob die Arbeitsplätze vom Versicherten ohne Umzug täglich in angemessener Zeit erreicht werden können. Zur Abwendung einer die Arbeitswirklichkeit ignorierenden Verweisung auf "Phantasieberufe" ist jedoch zu fordern, dass sich das Vorhandensein einer nennenswerten Anzahl existierender Arbeitsplätze der als Verweisungstätigkeit herangezogenen Art feststellen lässt, mithin kein "Seltenheitsfall" vorliegt. Von Arbeitsmarktgängigkeit eines Berufes ist bei in abhängiger Beschäftigung ausgeübten Berufen, die es in der Arbeitswelt gibt, die also "vorhanden sind", grundsätzlich und im Regelfall auszugehen.
Ausnahmsweise kann dies anders sein, wenn die Arbeitsplätze, an denen dieser Beruf verrichtet wird, generell nur an Betriebsangehörige vergeben werden (BSG, SozR 3 2600 § 43 Nr. 13). Dies ist nach den Darlegungen des Sachverständigen B. für die benannten Tätigkeiten bei den Firma L. GmbH und M. GmbH jedoch nicht der Fall mit der einen – hier nicht ins Gewicht fallenden – Einschränkung, dass die Arbeitsplätze für Prüffeldelektriker bei der Firma L. nur zu etwa 20 % extern besetzt werden.
Eine Arbeitsmarktgängigkeit von in abhängiger Beschäftigung ausgeübten Berufen kann darüber hinaus auch dann nicht angenommen werden, wenn sie nur in ganz geringer Zahl vorkommen, d.h. so selten über den Arbeitsmarkt angeboten, besetzt und wiederbesetzt werden, dass sie praktisch dort nicht vorkommen und deswegen als Vergleichsberufe ausscheiden, weil die verbliebene Fähigkeit des Versicherten, in einem seiner Berufskompetenz entsprechenden Beruf erwerbswirtschaftlich tätig zu sein, an ihnen mangels konkret feststellbarer Nachfrage nicht gemessen werden kann (BSG a.a.O.).
Dies ist wiederum bei in einem Tarifvertrag erfassten Berufen grundsätzlich auszuschließen (BSG Urt. v. 08.09.1982 – 5b RJ 28/81 -; BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 82, 86). Tariflich erfasst ist in diesem Sinne eine Tätigkeit auch in einer Lohnordnung mit abstrakter Gruppendefinition (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 45), wenn die Zuordnung zur Lohngruppe anhand der von den Vertragsparteien bestimmten Kriterien einwandfrei möglich ist (BSG Urt. v. 08.09.1982 – 5b RJ 28/81 -). In diesen Fällen besteht kein Anlass, überhaupt Feststellungen zur Zahl der vorhandenen Arbeitsplätze zutreffen (BSG, a.a.O.).
Die hier in Frage stehenden Verweisungstätigkeiten sind jedoch im oben beschriebenen Tarifvertrag nicht genannt bzw. hinreichend konkret erfasst, so dass dieser Rückschluss verwehrt ist.
Doch auch in den übrigen Fällen fehlender konkreter tariflicher Erfassung gibt es keine für alle Verweisungsberufe gleiche absolute "Mindestzahl" von Arbeitsplätzen, ab deren Unterschreitung von einem Seltenheitsfall auszugehen wäre.
Das Bundessozialgericht (a.a.O. sowie Urt. v. 21.02.1985 – 4 RJ 29/84 -) hat es der Beurteilung durch die Tatsachen instanzen überlassen, in Abhängigkeit vom geprüften Berufsfeld und den empirischen Grundlagen der Betrachtung bei freier Beweiswürdigung Feststellungen zu treffen, ob oder ob nicht eine ganz geringe Anzahl von Arbeitsstellen (noch) vorhanden ist. So sind – je nach Tätigkeitsfeld – 60 Arbeitsplätze (BSG Urt. v. 04.08.1981 – 5a/5 RKn 22/79 -), 100 Einsatzstellen (BSG Urt. v. 08.09.1982 – 5b RJ 28/81 -), 50 Arbeitsplätze im Großraum Stuttgart, "hochgerechnet auf das (damalige) Bundesgebiet" (BSG Urt. v. 21.02.1985 – 4 RJ 29/84 -) als ausreichend erachtet worden.
Auch die diesen Betrachtungen zugrundeliegende Beweiswürdigung, insbesondere unter Relativierung der Zahl der Arbeitsplätze zur Anzahl der Versicherten, die den dort gestellten Anforderungen genügen, wird dann entbehrlich, wenn sich aus der absoluten Größe der Zahl feststellbarer Tätigkeiten, die sich als Verweisungstätigkeiten eignen, der Schluss ergibt, dass Verweisungstätigkeiten in nicht nur geringer Anzahl vorhanden sind. Diesen Schluss hat das Bundessozialgericht bei einer Anzahl festgestellter Arbeitsplätze von 300 bei einem Arbeitgeber für berechtigt gehalten (BSG 4 RA 60/94, SozR 3 2600 § 43 Nr. 13).
Nach diesen Maßstäben liegt hinsichtlich der Tätigkeiten von Prüffeld-, Montage- und Verdrahtungselektrikern bereits nach den vom Sachverständigen B. in dem Verfahren L 8 RJ 180/99 genannten Beispielen, die sich auf Nordrhein-Westfalen beschränken, auf dem relevanten bundesweiten Arbeitsmarkt kein "Seltenheitsfall" vor. Denn allein die Firma L. GmbH beschäftigt ca. 260 Mitarbeiter, die Filiale B. der Firma M. GmbH 250 Mitarbeiter bei weiteren 200 Mitarbeitern in der Filiale U. und weiteren 350 Mitarbeitern in der Filiale H … Bei diesen Mitarbeiterzahlen bei nur zwei beispielgebend genannnten Unternehmen und in der zusätzlichen Annahme, dass es bundesweit eine Vielzahl weiterer Betriebe mit ähnlichen Arbeitsplätzen und unbekannten, jedenfalls in der Summe beträchtlichen Mitarbeiterzahlen gibt, lässt sich daher nicht feststellen, dass Tätigkeiten von Prüffeld-, Montage und Verdrahtungselektrikern in der Arbeitswirklichkeit nur selten oder ganz selten anzutreffen wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160 SGG besteht nicht.
Erstellt am: 11.08.2003
Zuletzt verändert am: 11.08.2003