1.Die Beklagte wird unter teilweiser Änderung des Bescheides vom 06. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2006 verurteilt, ab 01. Mai 2004 die Lebzeitenrente ihres verstorbenen Ehemannes Horst Wieczorek in voller Höhe, das heißt ohne Proratisierung hinsichtlich der im deutschen Steinkohlenbergbau unter Tage zurückgelegten Zeiten, zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2.Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 11. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. März 2006 verurteilt, Witwenrente in voller Höhe, das heißt ohne Proratisierung hinsichtlich der von ihrem verstorbenen Ehemann Horst X im deutschen Steinkohlenbergbau unter Tage zurückgelegten Zeiten, zu gewähren. 3.Die Beklagte hat der Klägerin drei Viertel ihrer außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die Beklagte verpflichtet ist, die bewilligte Lebzeitenrente bzw. Hinterbliebenenrente aufgrund der Folgen der Berufskrankheit (BK) entsprechend der Nr. 4111 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) zu gewähren hat.
Die Klägerin ist die Witwe des am 00.00.1943 geborenen und am 28.11.2004 verstorbenen Versicherten und als Flüchtling anerkannten Versicherten Horst X. Dieser war vom 11.08.1963 bis 20.07.1977 in Polen im dortigen Steinkohlenbergbau unter Tage angelegt, nach seiner Übersiedlung nahm er die Bergmannstätigkeit vom 19.01.1978 bis 19.01.1979 (letzte Schicht) im Westdeutschen Steinkohlenbergbau wieder auf. Nach seiner Abkehr hat der Kläger von 1981 bis zu seiner Berentung 1998 Tätigkeiten in einer Wäschereifabrik verrichtet.
Im Hinblick auf den am 25.11.2003 gestellten Antrag des Versicherten auf Feststellung einer BK im Sinne einer chronisch obstruktiven Bronchitis oder Emphysems errechnete der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten unter dem 30.07.2004 insgesamt 163,74 sogenannte Feinstaubjahre, davon fielen 5,68 auf die Zeit im Westdeutschen Steinkohlenbergbau unter Tage.
Mit Bescheid vom 06.07.2005 bewilligte die Beklagte Lebzeitenrente an die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin ab 01.01.1999 nach einer MdE um 40 v.H., ab 26.10.2000 nach einer solchen um 50 v.H. und ab 26.09.2002 bis zum Tod des Versicherten nach einer solchen um 60 v.H. ausgehend von einem Versicherungsfall vom 02.10.1997. Soweit es die Ansprüche vor dem 01.01.1999 anging, berief die Beklagte sich auf Verjährung. Die Verletztenrente wurde nur in Höhe von 6,51% der Gesamtleistung, dem Anteil der Tätigkeiten des Versicherten im Westdeutschen Steinkohlenbergbau unter Tage in zeitlicher Hinsicht, bewilligt.
Mit dem weiteren Bescheid vom 11.07.2005 gewährte die Beklagte der Klägerin in Höhe von 6,51 % Hinterbliebenenrente seit dem 28.11.2004 in Höhe von monatlich 54,53 Euro.
Die Klägerin erhob gegen beide Bescheide am 08.08.2005 Widerspruch, woraufhin die Beklagte die polnische Verbindungsstelle aufforderte, zur Entschädigungspflicht nach dortigem Recht Stellung zu nehmen. In der Antwort der ZUS, Sozialversicherungsanstalt, Büro für Auslandsrenten in Warschau, vom 04.10.2005 heißt es dazu, dass zwischen der ZUS und dem Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) bis heute nicht festgelegt worden sei, ob vergleichbaren Angelegenheiten das Deutsch-Polnische Sozialversicherungsabkommen (DPSVA) vom 09.10.1975 (75) oder die Vorschriften des DPSVA vom 08.12.1990 (90) angewendet werden sollen. Im Übrigen gebe es keine rechtlichen Grundlagen für eine Gewährung der Leistung durch die polnische Institution. Es wurde auf Art. 57 der Verordnung (VO) des Rates der Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) Nr. 1408/71 Bezug genommen, wonach Leistungen ausschließlich auf der Grundlage der Gesetzgebung des Staates zu bewilligen seien, in dem Versicherte oder ihre Hinterbliebenen Leistungen beantragen könnten. Die Möglichkeit der Bewilligung der Leistung nach polnischem Recht wäre nur entsprechend Art. 57 Abs. 5 der vorgenannten Verordnung im Falle einer sklerogenen Staublunge möglich. Aus den Unterlagen gehe jedoch hervor, dass beim Versicherten eine solche Krankheit nicht festgestellt worden sei.
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch der Klägerin, mit der sie eine ungekürzte Lebzeitenrente und Witwenrente begehrte, mit den Bescheiden vom 23.03.2006 als unbegründet zurück. Aus der grenzüberschreitenden Verursachung der streitgegenständlichen BK folge die Anwendung des Art. 12 DPSVA 90, wonach einerseits die Gefährdungszeiten im polnischen Bergbau zu berücksichtigen seien, andererseits der Leistungsträger nur den Teil zu erbringen habe, der dem Verhältnis der Dauer der im Gebiet des einen Vertragsstaates ausgeübten zur Dauer des im anderen Vertragsstaat zu berücksichtigen Beschäftigung entspreche. Diese sogenannte Proratisierung erfolge immer, also unabhängig vom Bestehen oder der Durchsetzbarkeit eines Rentenanspruchs im polnischen Rechtssystem. Daher sei die Rentenzahlung entsprechend der Gefährdungsanteile in Deutschland auf 6,51% beschränkt worden. Ein interner Lastenausgleich zwischen Deutschland und Polen sei im DPSVA 90 nicht vorgesehen. Mit dem Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union (EU) zum 01.05.2004 sei grundsätzlich Art. 57 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 anzuwenden. Diese Regelung benachteilige aber insbesondere die Staaten, die auch Erkrankungen entschädigten, die der andere Staat nicht vornehme. Nur hinsichtlich der sklerogenen Pneumokoniosen erfolge nach Art. 57 Abs. 5 dieser VO ein Ausgleich der entstehenden Rentenlasten, hierzu zählten z.B. Silikosen und Asbestosen, nicht aber die chronisch obstruktive Bronchitis oder das Lungenemphysem. Sie folge deswegen der Empfehlung des Hauptverbandes der Gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) als Spitzenverband der gesetzlichen Unfallversicherungsträger in den Fällen, in denen der beteiligte EU-Staat generell keine Entschädigung vorsehe und eine Lastenteilung nicht möglich sei im Sinne einer restriktiven Anwendung des Art. 57 Abs. 1 der VO mit der Folge einer ebenfalls proratisierten Rentenzahlung. Das DPSVA 75 könnte zwar zu einer vollen Rentenleistung führen, sei aber wegen der Übergangsbestimmung in Art. 27 DPSVA 90 nicht anwendbar. Die vom Versicherten in Polen zurückgelegten Expositionszeiten von 1963 bis 1977 erfüllten das Tatbestandsmerkmal "Ansprüche und Anwartschaften" bei einem erst Jahre später in Deutschland eingetretenen Versicherungsfall vom 02.10.1997 nicht.
Gegen diese Widerspruchsbescheide richtet sich die am 04.04.2006 erhobene Klage, mit der die Klägerin ihr Begehren auf ungekürzte Auszahlung sowohl der Lebzeitenrente als auch der Hinterbliebenenrente weiter verfolgt. Ihrer Auffassung nach könne es keinen Unterschied machen, in welchem Mitgliedsstaat der EU der Vesicherungsfall eingetreten sei. Dass der Großteil der schädigenden Einflüsse auf die polnische Beschäftigungszeit zurückzuführen sei, könne nicht zu ihren Lasten bzw. ihres verstorbenen Ehemannes gehen, insbesondere unter der Anwendung europarechtlicher Vorschriften auch im Hinblick auf den Grundsatz der Freizügigkeit. Eine eindeutige klare Regelung im Siebten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VII) fehle hierzu. Der Umstand, dass bislang keine Regelungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Polen über einen internen Lastenausgleich bestünden, könne ebenfalls nicht zu ihren Lasten gehen. Sie habe einen Anspruch auf die Gewährung der vollen Rentenleistungen, es sei Sache der Beklagten, sich ggf. im Rahmen eines internen Lastenausgleichs an den polnischen Rentenversicherungsträger zu wenden. Die Klägerin nimmt auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08.12.2005 (B 13 RJ40/04 R) Bezug.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 06.07.2005 und 11.07.2005 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 21.03.2006 zu ändern und ihr ab 01.01.1999 die Leistungen sowohl hinsichtlich der Lebzeitenrente als auch der Witwenrente in der bewilligten Höhe in vollem Umfang ohne Proratisierung zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt zur Klageerwiderung auf die Begründung in den Widerspruchsbescheiden Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und den der BK-Akten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 06.07.2005 erweist sich teilweise, der Bescheid vom 11.07.2007 insgesamt als rechtswidrig, die Klägerin wird hierdurch insoweit beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -), als ihr seit dem 01.05.2004 nur sogenannte proratisierte und nicht die vollen Lebzeitenrenten- bzw. Hinterbliebenenleistungen, letztere seit dem 28.11.2004 mit dem Tod ihres Ehemannes, gewährt worden ist, bzw. werden.
Soweit die Beklagte der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) aufgrund des Bescheides vom 06.07.2005 lediglich die proratisierte Lebzeitenrente bis zum 30.04.2004 in Höhe von 6,51% der Gesamtleistung gewährt hat, erweist sich der Bescheid vom 06.07.2005 hingegen als rechtmäßig, ohne dass die Klägerin hierdurch beschwert wird.
Die von der Beklagten zunächst bewilligte Leistung, nämlich die Verletztenrente (Lebzeitenrente) gem. §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII in Verbindung mit der Nr. 4111 der Anlage zur BKV vom 01.01.1999 – vom 02.10.1997 bis 31.12.1998 war der Anspruch gem. § 45 SGB I verjährt, was die Klägerin nicht beanstandet – bis 30.04.2004, ist unter der Geltung der Bestimmungen des DPSVA.90 (BGBl. 1991 II S. 743) zu prüfen und nicht an Hand derjenigen des DPSVA 75 (BGBl. II 1976 S. 396). Zwar ist der Versicherte, der verstorbene Ehemann der Klägerin, noch unter der Gültigkeit des DPSVA 75, nämlich am 19.09.1977, in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt und unter dem 11.10.1977 als Flüchtling anerkannt worden. Jedoch ist das DPSVA 75 wegen Art. 27 Abs. 1 Satz 1 des DPSVA 90 nicht mehr anwendbar, weil das letztere bezogen auf Arbeitsunfälle und eingetretene Berufskrankheiten nach dem 31.12.1990 gilt und somit auf das außer Kraft getretene DPSVA 75 nicht mehr zurückgegriffen werden kann.
Die BK entsprechend der Nr. 4111 ist nämlich nach dem Stichtag des 31.12.1990 in die Anlage zur BKV eingefügt worden, und zwar durch die Verordnung zur Änderung der BKV vom 31.10.1997 mit Wirkung zum 01.12.1997 (BGBl. I: S. 2623) für Versicherungsfälle seit dem 01.01.1993 (§ 6 Abs. 2 BKV). Aufgrund dessen konnten erst seitdem im Hinblick auf den beim verstorbenen Versicherten angenommenen Versicherungsfall vom 02.10.1997 Leistungen wegen der BK 4111 bewilligt werden. Damit liegt sowohl der Versicherungsfall als auch der Zeitpunkt der Einfügung dieser BK in die BKV nach dem Stichtag des 31.12.1990 gem. Art. 27 Abs. 1 Satz 1 des DPSVA 90, so dass die von der polnischen Verbindungsstelle ZUS und der Klägerin aufgeworfenen Frage, ob unter der Geltung des DPSVA 75 ungekürzte bzw. nicht proratisierte Leistungen zu bewilligen sind, dahinstehen kann.
Die Bewilligung einer lediglich proratisierten Lebzeitenrente seit dem 01.01.1999, also der Bewilligung einer anteiligen Leistung für die Zeit schädigender Feinstaubeinflüsse während der Untertagetätigkeit des verstorbenen Versicherten im Deutschen Stein-kohlenbergbau unter Tage vom 19.01.1978 bis 19.01.1979 im Verhältnis zur Gesamtzeit einschließlich der im polnischen Bergbau unter Tage verbrachten Zeit vom 11.02.1963 bis 20.07.1977 auf 6,51% der Gesamtleistung entgegnet wegen Art. 12 Abs. 1 Satz 3 erster Halbsatz DPSVA 90 keine Bedenken. Danach ist zwischen den Vertragschließenden vereinbart worden:
"Besteht nach den Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates Anspruch auf Rente, so hat der Träger nur den Teil zu erbringen, der dem Verhältnis der Dauer der im Gebiet des eigenen Vertragsstaates ausgeübten zur Dauer der nach dem ersten Satz zu berücksichtigenden Beschäftigungen entspricht."
Die Beklagte hat dementsprechend zu Recht die Gesamtzeit von 5560 Tagen untertägiger Steinstaubbelastung im Verhältnis gesetzt zu den 5198 Tagen im polnischen Bergbau und den 362 Tagen im deutschen Steinkohlenbergbau und dabei zugleich Art. 12 Abs. 1 Satz 1DPSVA 90 berücksichtigt, wonach die in beiden Vertragsstaaten ausgeübten Tätigkeiten zu berückichtigen sind, wenn es um die Frage geht, welche Tätigkeiten in zeitlicher Hinsicht geeignet sind, eine BK, hier die etwa 100 Feinstaubjahre im Sinne der Nr. 4111 der Anlage zur BKV zu erreichen. Die lediglich teilweise Gewährung von Leistungen ist mit dem DPSVA 90 vereinbar, in ihm ist keine Ausgleichsregelung für den Fall vorgesehen, dass nur einer der vertragschließenden Staaten, nämlich die Bundesrepublik Deutschland, für eine bestimmte BK Leistungen gewährt, während die Republik Polen bis heute noch nicht diese BK in ihren Leistungskatalog aufgenommen hat. Ausgleichszahlungen des die Leistung gewährenden Staates, hier der Bundesrepublik Deutschland, sind in diesem Abkommen nicht vorgesehen.
Die aufgrund des DPSVA 90 lediglich zu gewährende, proratisierte Leistung beschränkt sich aber nur auf die Zeit bis zum 30.04.2004. Bis dahin war die Republik Polen nicht der EU beigetreten, so dass nur die oben erwähnten bilateralen Vereinbarungen (DPSVA 75 90) angewendet werden konnten. Dies hat sich mit dem Beitritt Polens zur EU seit dem 01.05.2004 geändert, weil seitdem nicht mehr die zwischenstaatlichen Vereinbarungen Gültigkeit haben, sondern das Europäische Gemeinschaftsrecht gilt, vorliegend die EWG-VO 1408/71 vom 14.06.1971 (ABL der Europäischen Gemeinschaft Nr. L149 vom 05.07.1971 in der Fassung vom 08.02.1999 (ABL Nr. L38 S. 1). Diese sieht in Art. 57 Abs. 4 eine Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DPSVA vom 08.12.1990 vergleichbare Regelung der Berücksichtigung schädigender Einflüsse im Rahmen von Berufskrankheiten in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten vor. In § 57 Abs. 1 der VO ist abweichend von Art. 12 Abs. 1 Satz 3 DPSVA 90 vorgesehen, dass Leistungen ausschließlich nach den Rechtsvorschriften des letzten dieser Mitgliedstaaten gewährt werden, also der der Bundesrepublik Deutschland, in dem sich der verstorbene Versicherte zuletzt aufgehalten hat. Eine Proratisierung, wie sie das DPSVA 90 vorsieht, ist in Art. 57 Abs. 5 der VO nur für die Fälle sklerogener Pneumokoniosen, also beispielsweise Silikosen und Asbestosen, vorgesehen. Bei der BK 4111, der chronisch obstruktiven Emphysembronchitis oder Lungenemphysem handelt es sich aber nicht um eine sklerogene Pneumokoniose in diesem Sinne (vgl. dazu Fuchs, Kommentar zum Europäischen Sozialrecht, RdNr. 10 zu I.57 m.w.H.). Dies hat zur Folge, dass die Beklagte als deutscher Unfallversicherungsträger nicht nur eine Teilleistung, sondern die ungekürzte, nicht proratisierte Leistung zu gewähren hat, weil das Gemeinschaftsrecht der EU keine Aufteilung in diesem Sinne vorsieht, wenn nur einer der Mitgliedsstaaten der EU für die streitbefangene BK Leistungen vorsieht. Dass die Republik Polen für die chronisch obstruktive Emphysembronchitis (C-BE) keine Leistungen vorsieht, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, die Auskunft der ZUS vom 04.10,2005 hat dies noch einmal bekräftigt.
Für die über den 01.05.1004 hinaus gewährte, lediglich proratisierte Lebzeitenrente bis zum Tod des Versicherten am 28.11.2004 vermag die Beklagte keine ins Gewicht fallenden Argumente einzubringen. Ihr Hinweis, die Mitgliedsstaaten der EU mit einem ausgedehnterem BK-Leistungsrecht treffe eine zu hohe Entschädigungslast auch für Zeiträume mit schädigenden, arbeitsbedingten Einwirkungen, die in einem anderen Mitgliedsstaat zurückgelegt worden sind, mag für sich gesehen zutreffend sein. Es ist aber keine rechtlich bedeutsame Einwendung bzw. kein rechtlich beachtliches Argument für eine eingeschränkte Leistungsgewährung. Soweit die Beklagte sich dabei auf eine Empfehlung des HVBG bezieht, hat diese keine Rechtsverbindlichkeit. Es handelt sich dabei nur um eine von ihr, der Beklagten, eigenständig auf ihre Plausibilität zu überprüfende Auslegung der Rechtsanwendung europäischen Gemeinschaftsrechts ohne jegliche Bindungswirkung für die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit.
Letztlich gibt es für die Beklagte nur folgende Möglichkeiten, mit denen eine Verringerung ihrer Entschädigungslast erreicht werden kann:
1.Änderung und Modifikation des Europäischen Gemeinschaftsrechts, insbesondere der EWG-VO Nr. 1408/71 (s. auch die Regelung in Art. 57 Abs. 6, wonach der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig beschließt, auf welche weiteren Berufskrankheiten die proratisierende Gewährung gem. Art. 57 Abs. 5 erstreckt wird.
2.Die Republik Polen erweitert ihren BK-Leistungskatalog um eine der BK 4111 entsprechende BK.
3.Bilateraler Ausgleich zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen im Hinblick auf Mehrleistungen wegen einer breiter gefächerten BK-Liste.
Solange diese Alternativen nicht Platz greifen, ist die Beklagte zur uneingeschränkten Leistungsgewährung verpflichtet, also auch zur Gewährung einer ohne Proratisierung ungekürzten Witwenrente seit dem 28.11.2004.
Der Bescheid vom 11.07.2005 erweist sich insoweit als fehlerhaft und die Beklagte war demensprechend zu einer höheren Leistungsgewährung zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie berücksichtigt, dass die Klägerin sich mit dem für sie bedeutsameren Klagebegehren, nämlich der Gewährung einer ungekürzten, vom zeitlichen Umfang länger dauernden Witwenrente, in vollem Umfang, aber hinsichtlich der zeitlich beschränkten Lebzeitenrente nur zu einem geringeren Teil hat durchsetzen können.
Erstellt am: 23.05.2007
Zuletzt verändert am: 23.05.2007