Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen vom 20. Oktober 2000 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten in allen Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Mit der Behauptung, er sei schon vor der Zubilligung von Pflegegeld schwerpflegebedürftig gewesen und das beklagte private Kranken- und Pflegeversicherungsunternehmen habe es vertragswidrig unterlassen, ihn rechtzeitig auf die Möglichkeit früherer Inanspruchnahme von Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung (PPV) aufmerksam zu machen, verlangt der Kläger von der Beklagten Schadenersatz in Höhe des ihm von Mai 1997 bis Juni 1998 entgangenen Pflegegeldes der Stufe II.
Der Kläger ist am …1938 geboren; er war seinerzeit als niedergelassener Gynäkologe tätig. Mit Schreiben vom 31.8.1998 teilte ihm die Beklagte mit: inzwischen liege das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung vor; danach sei Pflegebedürftigkeit der Stufe II festgestellt worden; aus Tarif PVN (will heißen: ohne Anspruch auf Beihilfe) zahle sie ab dem 1.7.1998 ein monatliches Pflegegeld von 800.- DM; den Beginn habe sie auf den 1.7.1998 festgestellt, weil der Kläger am 17.7.1998 telefonisch den Antrag auf Pflegebedürftigkeit gestellt habe; wie dem Kläger "heute" telefonisch zugesagt, werde man den zZt nicht erreichbaren Kollegen befragen, ob er mit dem Kläger vor ca. 9 Monaten gesprochen und auf die Pflegeversicherung hingewiesen habe. Mit Schreiben vom 5.10.1998 ergänzte die Beklagte: nach Rücksprache mit dem Kollegen sei eine Vorverlegung des Leistungsbeginns nicht möglich; es sei für den Versicherer unstrittig, daß zum Zeitpunkt des Gesprächs mit Herrn Sch … in der Bezirksdirektion des Unternehmens eine Gehbehinderung und eine Armparese vorgelegen hätten; daraus ergäben sich aber keine eindeutigen Schlüsse auf das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit, denn dafür sei allein der Bedarf an fremder Hilfe entscheidend; wenn der Kläger den Anspruch weiter geltend machen wolle, müsse er dies gerichtlich tun; auf § 12 Abs 3 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) und § 17 MB/PPV (Musterbedingungen für die PPV = Bedingungsteil der Allgemeinen Versicherungsbedingungen – AVB) werde Bezug genommen.
Der Kläger antwortete mit Datum des 9.10.1998: die Ablehnung erstaune ihn, weil Frau Dr. B … Pflegestufe II seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus im Dezember 1996 bestätigt habe; er habe im November 1996 einen Hirninsult mit rechtsseitiger Komplettlähmung erlitten; nach Krankenhaus- und monatelangem Rehaaufenthalt habe er sich im Mai 1997 auf Krücken in die Zweigstelle der Versicherung in Münster geschleppt und dort mit dem Mitarbeiter Sch … über seine weitere finanzielle Lage gesprochen, da an einen weiteren Arbeitseinsatz in seiner Praxis nicht mehr zu denken gewesen sei; Herr Sch … habe ihn lediglich darauf aufmerksam gemacht, daß das Krankentagegeld nur noch bis Januar 1998 gezahlt würde; Herr Sch … habe aber mit keinem Wort erwähnt, daß er ein Recht auf Pflegegeld habe, was er als privat Versicherter auch nicht gewußt habe; Herr Sch … habe ihm nur mitgeteilt, daß die normalen Atteste und Rezepte im Rahmen der allgemeinen Krankenversicherung übernommen würden; Herr Sch … habe das Gespräch im September 1998 telefonisch bestätigt; erst im August 1998 habe ihn sein Therapeut darauf aufmerksam gemacht, daß ihm in seinem Zustand eine Pflegeversicherung zustehe; nach einem Anruf in der Zweigstelle Münster sei ihm die Berechtigung seiner Anfrage bestätigt worden; da seine Frau Tag und Nacht Pflegearbeit leiste, sei ihm die Einstellung der Versicherung unverständlich; andere Versicherungen hätten trotz andersartiger Bestimmungen bei späterer Antragstellung Nachzahlungen vorgenommen; sollte die Beklagte weiterhin nicht zahlen, würde der Fall im Deutschen Ärzteblatt zur Veröffentlichung kommen.
Die Beklagte entgegnete mit Schreiben vom 21.10.1998: sie könne Leistungen nicht ungeprüft, sondern nur nach Maßgabe der vertraglichen Vereinbarungen erbringen, nämlich nach § 6 Abs 1 AVB ab Antragstellung; daran könne auch der Besuch des Klägers in der Bezirksdirektion im Mai 1997 nichts ändern; daß die Lebensversicherung des Klägers anders handle, liege an den andersartigen vertraglichen Vereinbarungen; es habe auch keinen Anlaß zu früheren Hinweisen gegeben; eine auch für den Mitarbeiter sichtbare körperlich Behinderung lasse noch nicht auf Pflegebedürftigkeit schließen; gerade die Tatsache, daß der Kläger in der Lage gewesen sei, selbst zu kommen, habe nach außen hin eher den Eindruck erweckt, daß Pflegebedürftigkeit nicht vorliege.
Mit Schreiben vom 28.10.1998 meldeten sich die Bevollmächtigten für den Kläger bei der Beklagten und trugen vor: davon, daß der Kläger im November 1996 einen Hirninfarkt erlitten habe, sei die Versicherung unterrichtet gewesen, was sich daraus ergebe, daß sie die Behandlungskosten gezahlt habe; schon zu diesem Zeitpunkt habe die Versicherung den Kläger auf die Antragstellung in der Pflegeversicherung hinweisen müssen; bei dem Gespräch mit Herrn Sch … habe es sich um ein umfangreiches Beratungsgespräch über alle Aspekte und Leistungspflichten aus dem Versicherungsvertrag gehandelt; man sei sogar sicher, daß damals schon Pflegestufe III vorgelegen habe; unstreitig sei der Kläger nicht zuvor auf die Möglichkeiten der Pflegeversicherung hingewiesen worden; die Verletzung der Beratungspflicht durch die Versicherung führe zu Schadenersatzansprüchen des Versicherungsnehmers aus "culpa in contrahendo" oder positiver Vertragsverletzung; der Schaden belaufe sich auf 15.200 DM – monatlich 800 DM für die Zeit vom 1.12.96 bis zum 30.6.1998.
Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 18.11.1998 erneut eine Zahlung abgelehnt hatte, haben die Bevollmächtigten des Klägers am 30.11.1998 Klage gegen die Beklagte beim Landgericht (LG) Essen auf Zahlung von 11.200 DM erhoben, die o.a. Schreiben im Doppel zu den Akten gereicht und erklärt: es handle sich um eine Klage gegen die eigene Krankenversicherung des Klägers; der Versicherungsvertrag sei 1970 abgeschlossen worden; es sei eingehender Beratungsbedarf bei dem Gespräch mit Herrn Sch … gegeben gewesen; der Kläger habe nämlich den Insult während seiner Tätigkeit als frei praktizierender Facharzt erlitten; er sei von einem auf den anderen Tag aus seinem Berufsleben herausgerissen worden, sodaß umfangreicher Beratungsbedarf bestanden habe; er habe seinen Beruf nicht mehr ausüben können, sodaß er eine umfangreiche Beratung über die Inanspruchnahme von Leistungen aus der Krankenversicherung gewünscht habe; Krücken, Gangbehinderung, rechtsseitige Lähmung und Unfähigkeit, die rechte Hand zur Begrüßung auszustrecken, seien unübersehbar gewesen; eine Beratung über die Möglichkeiten der Pflegeversicherung habe sich geradezu aufgedrängt; obwohl sich der Zustand des Klägers nach Mai 1997 eher gebessert habe, habe er dann, von anderer Seite aufgeklärt, den Antrag auf Pflegegeld gestellt.
Die damaligen Bevollmächtigten der Beklagten haben vor dem LG vorgetragen: der Kläger berufe sich anscheinend sogar darauf, nicht gewußt zu haben, daß für ihn ein Pflegeversicherungsvertrag abgeschlossen war; das bedeute, daß er offensichtlich grob fahrlässig auch nicht die AVB zur Kenntnis genommen habe, die Gegenstand des Vertrags seien (Muster der MB/PPV 1996 anbei); neben den AVB habe der Kläger im November 1994 einen Versicherungsschein vom 29.10.1994 bekommen, der den Beginn des Versicherungsschutzes zum 1.1.1995 ausweise, ein ausführliches Anschreiben "November 1994" mit Erläuterungen (Muster anbei), sowie ein Merkblatt zur Pflege-Pflichtversicherung (Muster anbei); der Kläger könne auch aus dem Gespräch mit Herrn Sch … weitere Ansprüche nicht herleiten; das Gespräch habe zunächst gar nicht im Mai, sondern am 13. August 1997 stattgefunden; in dem Gespräch sei es ausschließlich um die Auswirkungen der Erkrankung des Klägers auf seine Krankentagegeldversicherung gegangen, deren Beendigung wegen eingetretener Berufsunfähigkeit sowie um die vertraglich vereinbarte Weiterzahlung des Krankentagegeldes für einen Übergangszeitraum.
Mit Beschluss vom 23.3.1999 hat das LG Essen (16 O 812/98) den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das zuständige SG Gelsenkirchen verwiesen.
Die Beklagte hat das Gutachten zu den Akten gereicht, das zur Zuerkennung des Pflegegeldes geführt hat (Gutachten von Dr. B … – medicproof – vom 14.8.1998). Sie war in der mündlichen Verhandlung beim SG nicht vertreten.
Das SG Gelsenkirchen hat die Beklagte mit Urteil vom 20. Oktober 2000 nach dem Antrag des Klägers verurteilt, an diesen 11.200 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21.11.1998 zu zahlen; es hat der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers und dem Kläger die durch Anrufung des unzuständigen LG entstandenen Kosten auferlegt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, wenn der Versicherungsnehmer sich in einer solchen Situation an die Versicherung wende, dürfe er umfassende Information und den Hinweis auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten erwarten; vorliegend ergebe sich die Beratungspflicht der Beklagten daraus, daß der Kläger sich mit einem konkreten Anliegen an die Beklagte gewandt habe, da er nach seinem Schlaganfall und der damit verbundenen Aufgabe seines Berufs als frei praktizierender Facharzt für Gynäkologie spezifische Informationen über seine finanzielle Zukunft gewünscht habe; aufgrund der Tatsache, daß dem Mitarbeiter der Beklagten die gesundheitliche Vorgeschichte des Klägers bekannt gewesen sei, habe es nahegelegen, auch auf die Möglichkeit hinzuweisen, einen Antrag aus der Pflegeversicherung zu stellen. Auf die Gründe des Urteils im übrigen wird Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen das Urteil – ihr zugestellt am 2.11.2000 – am 29.11.2000 Berufung eingelegt und gerügt, die Ausführungen des SG seien in sich widersprüchlich; zu Unrecht ziehe das SG Parallelen zu den Pflichten öffentlich-rechtlicher Träger, die sie als privates Versicherungsunternehmen nicht träfen; mit keinem Wort gehe das SG darauf ein, daß sie bestritten habe, daß der Kläger vorgesprochen habe, um sich wegen seiner finanziellen Lage beraten zu lassen; es sei nur um die Krankentagegeldversicherung gegangen; die Beklagte bestreite nach wie vor, daß vor Juli 1998 Pflegebedürftigkeit iS der AVB vorgelegen habe; daß das Beratungsgespräch mit Herrn Sch … erst am 13.8.1997 stattgefunden habe, belege die nun im Doppel vorgelegte Gesprächsnotiz des Herrn Sch … vom selben Tage.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des SG Gelsenkirchen vom 20. Oktober 2000 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Er hält die Ausführungen des SG für überzeugend.
In der mündlichen Verhandlung am 22.5.2002 hat das erkennende Gericht den Kläger zur Sache und die Ehefrau des Klägers, I.R., sowie den Mitarbeiter der Beklagten Sch … – unbeeidigt – als Zeugen zum Beratungsgespräch im Jahre 1997 gehört. Insoweit wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze in beiden Rechtszügen und die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen (Versicherungsscheine vom 25.11.1994, 30.10.1995 und 10.6.1996 sowie "Gutachterliche Stellungnahme" des Dr. N … vom Neurologischen Therapiecentrum der Universität D … vom 27.2.1997 zur Frage der Berufsunfähigkeit des Klägers).
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten
gegen das Urteil des SG Gelsenkirchen vom 20. Oktober 2000 ist begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch weder als Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung noch auf anderer Rechtsgrundlage zu. Er hat vor Zuerkennung des Pflegegeldes im Juli 1998 einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung nicht gestellt, und die Beklagte hatte auch nicht annähernd Anlaß, ihn zuvor auf die Möglichkeit eines Leistungsbezugs aus der PPV hinzuweisen.
I.
Sinnidentisch mit dem in der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) geltenden § 33 Abs 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) V bestimmt § 6 Abs 1 S. 1 – 3 der hier maßgeblichen MB/PPV (1995 wie 96), daß die Leistungen der Pflegeversicherung bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen grundsätzlich ab Antragstellung, frühestens aber – bei verspäteter Antragstellung – ab Beginn des Monats der Antragstellung erbracht werden, wie dies die Beklagte dem Kläger zugebilligt hat. Allerdings könnte der Kläger seinen nunmehrigen Bekundungen vor dem Senat nach, schon bei dem Beratungsgespräch mit dem Zeugen Sch … im Jahre 1997 mit der Frage "Gibt es auch Pflege?" einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung gestellt haben. In diesem, noch zu erörternden Punkt und auch in anderen Teilen erscheinen dem Senat indes die Ausführungen des Zeugen Sch … überzeugender und die Erklärungen des Klägers unglaubwürdig.
II.
Für Mängel in der Beratung der Versicherten der SPV (§ 14 SGB I) stellt das Sozialrecht den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zur Verfügung (vgl. Bogs in Festschrift für das Bundessozialgericht (BSG) Bd. 1 S. 149 ff). Für Mängel bei der Beratung der PPV-Versicherten durch den Versicherer hat dieser nach dem hier anzuwendenden Privatrecht für Verschulden bei oder nach Vertragsschluß nach den Rechtsinstituten von "culpa in contrahendo" bzw. "positiver Forderungs- oder Vertragsverletzung" unter Umständen Schadenersatz zu leisten (vgl. Prölss/Martin, VVG, Vorbem II Rdn 11 ff). Ungeachtet der Frage hier nicht bedeutsamer Unterschiedlichkeiten in SPV und PPV im übrigen gilt hier wie dort: Eine spontaneHinweis- und Beratungspflicht der Versicherungsträger und Versicherer besteht nicht. Andererseits steht es zur Überzeugung des Senats fest, daß es dem privaten Versicherer als Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag wie einem Träger der Sozialen Sicherheit (vgl. BSG Urt.v. 25.4.78 5 RJ 18/77 = BSGE 46, 124 mwN) obliegt, den Versicherten bei konkretem Anlaß (der sich normalerweise aus einem entsprechendem Antrag oder einer Anfrage des Versicherten ergibt) auf solche Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die klar zu Tage getreten sind, also für den Versicherer erkennbar geworden sind, und zweckmäßigerweise von jedem vernünftigen Versicherten genutzt werden; dabei gilt auch im Bereich der PPV entsprechend die Erwartung, daß der Versicherer die ihm anvertrauten Interessen des Prämienzahlers behutsam wahrt und ihm zu Rechten, insbesondere zu Leistungen verhilft, die von ihm nach den gegenseitigen vertraglichen Beziehungen in Anspruch genommen werden können.
Ein Verstoß der Beklagten gegen diese oder andere Pflichten aus dem zwischen den Beteiligten bestehenden Versicherungsvertrag ist auch nicht annähernd auszumachen, von der Klägerseite in erster Instanz nicht einmal schlüssig vorgetragen und vom SG – ausgehend von keiner anderen Rechtsauffassung – gleichwohl angenommen, aber durch konkrete Tatsachen nicht belegt worden.
III.
1. Mit dem Kläger ist das SG davon ausgegangen, daß sich das Gespräch des Klägers mit dem Zeugen Sch …, bei dem dieser seine Beratungspflicht verletzt haben soll, im Mai 1997 und nicht später stattgefunden hat. Für den Kläger wie für das SG steht dies fest, weil die Beklagte selbst in ihrem Schreiben vom 21.10.1998 erklärt hat, " …daran könne auch der Besuch des Klägers in der Bezirksdirektion im Mai 1997 nichts ändern". Dieser Schluß ist – darin ist der Beklagten beizupflichten – ungeeignet, zu belegen, daß das Gespräch tatsächlich im Mai 1997 stattgefunden hat, weil die Beklagte die nämliche Wendung in ihrer Antwort vom 21.10.1998 ersichtlich – ohne eigene Prüfung und ohne sich den Zeitpunkt zu eigen machen zu wollen – lediglich aus der vorangegangen Eingabe des Klägers vom 9.10.1998 aufgenommen hatte, mit der der Kläger die Besprechung in den Mai 1997 "gelegt" hatte. Von der Richtigkeit dieser Angabe konnte sich der Senat nicht überzeugen. Zur Überzeugung des Senats steht es vielmehr mit an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, daß die streitige Besprechung, wie von der Beklagten schon im Verfahren beim LG vorgetragen, am 13. August 1997 stattgefunden. Hätte man noch das Erinnerungsvermögen des Zeugen Sch … in Frage stellen und bezweifeln können, ob die in der Berufungsinstanz vorgelegte Gesprächsnotiz vom 13.8.1997, wie vom Zeugen Sch … vor dem Senat bestätigt, tatsächlich am 13.8.1997 von ihm gefertigt worden ist, so scheinen Zweifel an der Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen ausgeschlossen jedenfalls, nachdem die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat das Schreiben des Zeugen vom 20.6.1997 an den Kläger zu den Akten gereicht hat, in dem ausdrücklich Bezug genommen ist, auf die Besprechung vom 13.8.1997. Der Kläger hat dies Schreiben zwar oder auch bezeichnenderweise nicht mit der Klage im Doppel vorgelegt, aber auch nicht bestritten, es bekommen zu haben. Letztlich ist jedenfalls auch kaum vorstellbar, daß das Schreiben lediglich zur Vorlage in der mündlichen Verhandlung gefertigt sein sollte. Da der Kläger aber nach eigenem Bekunden nur einmal mit dem ihm im übrigen unbekannten Herrn Sch … zusammengetroffen ist, an den er sich bei der Besprechung auch nur gewandt hatte, weil dieser die Schreiben der Beklagten an ihn in Sachen seiner Krankenversicherung unterzeichnet hatte, konnte nur davon ausgegangen werden, daß die Besprechung am 13.8.1997 stattgefunden hat, daß mithin die Darstellung des Klägers schon in diesem eher nebensächlichen und nur für die Höhe des geltend gemachten Schadens erheblichen Punkt zweifelhaft ist. Das erscheint angesichts des Schreibens vom 20.6.1997 und des Aktenvermerks des Zeugen Sch … vom 13.8.1997 so eindeutig, daß eine andere Betrachtung nicht schon deshalb möglich war, weil die Ehefrau des Klägers, deren Angaben dem Senat im übrigen durchaus glaubhaft erschienen, in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, sie sei sich sicher, dass das Gespräch mit Herrn Sch … nicht im August 1997 stattgefunden habe; es sei früher gewesen, weil ihr Mann langsam unruhig geworden sei, wie es mit der Praxis weitergehe.
2. Ohne Erfolg rügt der Kläger alsdann zunächst, Herr Sch … habe bei der Besprechung mit keinem Wort erwähnt, daß er ein Recht auf Pflegegeld habe, was er als privat Versicherter auch nicht gewußt habe. Gleichviel ob dem Kläger – was die Beklagte vermutet und der Kläger vor dem Senat bestritten hat – nicht einmal bewußt war, daß er pflegeversichert war, und gleichviel, ob ihm die Regelungen des ordnungsgemäß verkündeten SGB XI nicht schon nach dem Grundsatz der formellen Publizität von Gesetzen als Normadressat als bekannt galten (vgl. BSG Urt.v. 25.10.90 12 RK 29/88), so hatte der Zeuge bei der Besprechung im Jahre 1997 schon deshalb nicht den geringsten Anlaß, den Kläger über sein Recht auf Pflegegeld aus der Versicherung zu belehren, weil die Beklagte ihren Versicherten und so unstreitig auch dem Kläger zu Beginn der gesetzlichen Pflegeversicherung 1994/95 durch Übersendung ihrer AVB-MB/PPV und der weiteren o.a. Aufklärungs- und Hinweisschreiben hinreichend Gelegenheit gegeben hatte, sich über alle Leistungsrechte aus der Versicherung umfassend zu informieren. Ein Verschulden der Beklagten bei Vertragsabschluß und mithin Ansprüche des Klägers aus "culpa in contrahendo" schieden ersichtlich aus, und es bedarf auch keiner weiteren Erörterungen, ob dem Kläger nicht tatsächlich bereits aus der Presse und vielleicht auch aus seiner Praxis als niedergelassener Arzt nicht bekannt war oder bekannt sein mußte, daß aus der neu geschaffenen Pflegeversicherung "auch Pflege" in Form von Sach- oder Geldleistungen beansprucht werden kann.
3. Es kann auch nicht den Bevollmächtigten des Klägers darin gefolgt werden, die Kasse habe Anlaß zum Hinweis auf die Möglichkeit des Bezugs von Pflegegeld schongehabt, als sie die Rechnungen aus Anlaß der Behandlung des Klägers wegen des im November 1996 erlittenen Insults bezahlt habe. Diese Sicht erhellt vielmehr, daß die Klägerseite sich bis heute keine Klarheit darüber verschafft hat, unter welchen Voraussetzungen Pflegegeld gewährt werden kann. Pflegegeld wurde und wird in der PPV (§ 1 MB/PPV 96) gleichermaßen wie in der SPV (§ 37 iVm §§ 14 ff SGB XI) nur dann gewährt, wenn der Versicherte der Hilfe bei in Gesetz und Vertrag aufgeführten "Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens" (§ 1 Abs 5 MB/PPV 96 – § 14 Abs 4 SGB XI) und nur dabeiin bestimmter Häufigkeit (§ 1 Abs 6 MB/PPV – § 15 Abs 1 SGB XI) und in bestimmtem zeitlichen Umfang (§ 1 Abs 8 MB/PPV – § 15 Abs 3 SGB XI) bedarf, wobei dem Hilfebedarf im Bereich der Grundpfleged.h. im Bereich der Körperpflege, der Ernährung (ohne Kochen) und im Bereich der Mobilität (im Grundsatz nur der im Hause und nur, soweit zur Bewältigung der Grundpflege erforderlich – vgl. dazu schon BT/Drucks 12/5262 S. 97, alsdann BSG Urt.v. 24.6.98 B 3 P 4/97 R = NZS 98,87, Urt.v. 6.8.98 B 3 P 13/97 R). Danach ist selbst das Vorliegen schwerster Erkrankungen nicht gleichbedeutend mit auch nur erheblicher Pflegebedürftigkeit iS des Rechts der Pflegeversicherung, und allein aus der Tatsache, daß dem Zeugen bekannt war, daß der Kläger 1996 einen Insult erlitten hatte, und daß er nun sah, daß der Kläger sich noch im August 1997 mit Mühe an Krücken fortbewegen mußte, konnte dem Zeugen kein Anlaß sein, das Vorliegen erheblicher Pflegebedürftigkeit iS der vertraglichen Bestimmungen beim Kläger zu vermuten. Mit Recht weist die Beklagte daraufhin, daß der Mitarbeiter im Gegenteil aus der Tatsache, daß der Kläger in der Lage war, allein bei ihm vorzusprechen, eher hätte schließen können, daß der Kläger, wenn auch mit Mühe, allein und jedenfalls ohne erheblichen Hilfebedarf in der Lage sein würde, etwa zu Tisch oder zur Toilette zu gehen oder auch unter die Dusche zu gelangen. Lediglich die Armparese, das Ausbleiben einer Begrüßung mit der Hand und die Notwendigkeit dem Kläger, die Türen zu öffnen, hätte dem Zeugen überhaupt Anlaß sein können, über die Frage einer Pflegebedürftigkeit des Klägers iS der vertraglichen Bestimmungen nachzudenken. Es kam aber insoweit nicht darauf an, daß dem Zeugen dieser Teil der Folgen des Insults nach seinen Bekundungen vor dem Senat bei der Besprechung nicht so deutlich geworden ist, wie der Kläger dies schildert, denn auch das Vorliegen einer Halbseitenlähmung war lediglich ein Anhaltszeichen für eine mögliche Behinderung bei der Grundpflege, nicht aber dafür, daß diese Behinderung mit Wahrscheinlichkeit zu einem Bedarf an Hilfe bei Bewältigung der Verrichtungen der Grundpflege von wenigstens 45 Minuten täglich geführt haben würde. Der Kläger verkennt dabei, daß der wesentliche Teil der Hilfen, derer er aus Anlaß der Folgen des Insults bedurft hat, etwa bei der Bewegung außer Haus, weil nicht verrichtungsbezogen, für die Frage der Bezugs von Pflegegeld auch nur der Stufe I ohne Belang ist. Der Zeuge hätte, weil es entscheidend auf den beschriebenen Hilfebedarf und nicht auf das Vorliegen der Gesundheitsstörungen ankommt, selbst dann keinen Anlaß gehabt, dem Kläger die Stellung eines Antrags auf Pflegeleistungen nahezulegen, wenn ihm die krankenversicherungsrechtlichen Unterlagen nicht nur bekannt gewesen wären, sondern vorgelegen hätten. Daß in diesen über die Belange der Krankenversicherung hinaus ein iS der vertraglichen Bestimmungen relevanter Pflegebedarf beschrieben worden wäre, hat auch der Kläger nicht behauptet und ist dem Zeugen jedenfalls bei der Besprechung im August 1997 nicht erinnerlich gewesen. Bei all dem kam es nicht darauf an, inwieweit der Mitarbeiter der Beklagten nicht ohnehin davon ausgehen konnte, daß der Kläger aufgrund des Inhalts der ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und aufgrund allgemeiner Presseverlautbarungen schon selbst wissen werde, ob es angezeigt sei, Pflegeleistungen zu beantragen. Eine Hirnbeeinträchtigung als Folge des Insults hat jedenfalls unstreitig nicht vorgelegen. Daß erst Recht kein Anlaß bestand, schon bei der Bezahlung der Rechnungen über die ärztliche Behandlung auf die Möglichkeiten der Pflegeversicherung hinzuweisen, bedarf danach keiner weiteren Erläuterungen.
IV.
Wenn nun das SG im angefochtenen Urteil dafürhält, "in einer solchen Situation" habe Beratung nahegelegen, der Kläger habe sich mit einem "konkreten Anliegen an die Beklagte gewandt" und um "spezifische Informationen über sein finanzielle Zukunft nachgesucht", so erscheint dies zunächst so unspezifisch und wenig konkret wie das gesamte Vorbringen des Klägers vor seiner Anhörung durch den Senat, mit dem er vorgetragen hat, er habe mit Herrn S … "über seine weitere finanzielle Lage gesprochen" (Schreiben vom 9.10.1998), "ein umfangreiches Beratungsgespräch über alle Aspekte und Leistungspflichten geführt" (Schreiben vom 28.10.1998), "eine umfangreiche Beratung über die Inanspruchnahme von Leistungen aus der Krankenversicherung gewünscht" (Klageschrift). Wenn es dem Kläger in Zusammenhang mit dem Eintritt seiner Berufsunfähigkeit um eine Beratung durch die Krankenversicherung ging, konnte es, so wie die Beklagte das behauptet und der Zeuge das bestätigt hat, eigentlich nur und ausschließlich um die Krankentagegeldversicherung gehen, denn die Bezahlung von Behandlungskosten war offensichtlich nicht streitig und für weitere Folgen der Berufsunfähigkeit steht weder die Krankenversicherung noch die Pflegeversicherung ein. Es ist nicht nachvollziehbar, daß der Kläger um eine Beratung wegen seiner gesamten finanziellen Situation als berufsunfähiger niedergelassener Arzt bei seiner Krankenversicherung nachgesucht haben soll.
Wenn der Kläger nun erstmals bei seiner Anhörung durch den Senat behauptet, er habe bei dem Beratungsgespräch mit den Worten "Gibt es nicht auch Pflege?" ausdrücklich auch die Leistungen aus der Pflegeversicherung angesprochen, vom Zeugen die Antwort bekommen "es bleibt alles wie bisher" und es dabei belassen, so erscheint dies dem Senat zweckgerichtet und unglaubwürdig. Für die Richtigkeit dieses Vortrags spricht nichts, gegen die Richtigkeit sprechen die Tatsachen – daß dies hier erstmals behauptet worden ist
– daß der Kläger den Zweck des Besuchs bis dahin eher im allgemeinen beschrieben hat, obwohl es ihm nach seiner jetzigen Darstellung speziell auch auf die Pflegeversicherung ankam
– die Bemerkung des Klägers vom 9.10.1998, Herr Sch … habe mit keinem Wort erwähnt, daß er ein Recht auf Pflegegeld habe, was er als privat Versicherter nicht gewußt habe
– die Tatsache, daß die Ehefrau des Klägers, die ihren Mann zur Bezirksdirektion der Beklagten gebracht und vor dem Haus gewartet hatte, nicht zu berichten wußte, man habe damals zuvor oder hernach auch über die Pflegeversicherung gesprochen
– die Behauptung des Klägers, er habe sich mit der ggf. völlig unverständlichen Antwort des Herrn Sch … begnügt
– und vor allem natürlich die Bekundung des Zeugen Sch …, daß damals von der Pflegeversicherung auch nicht andeutungsweise die Rede gewesen sei und daß er, wäre dies der Fall gewesen, damals sofort, weil nur für die Krankenversicherung zuständig, einen Fachmann für die Pflegeversicherung hinzugezogen hätte.
Der Senat hat keinen Anlaß, den Angaben des Herrn Sch … nicht zu folgen, dafür diesen eigene Interessen nicht auf dem Spiel standen. Nicht einmal, daß der Zeuge sich bei seinem Arbeitgeber hätte unbeliebt machen können, stand zu vermuten, hatte die Beklagte doch anfangs durchaus angeboten, die Frage der Beratung mit dem Zeugen zu erörtern, d.h. ggf. wohl auch den Leistungsbeginn vorzuverlegen.
Die entgegenstehenden Angaben des Klägers kann der Senat umso weniger zur Grundlage seiner Entscheidung machen als der Kläger nicht nur wegen der Frage des Zeitpunkts des Termins der Besprechung, wegen des Zwecks des Aufsuchens des Herrn Sch … und mit seiner neuerlichen Darstellung zweifelhafte Äußerungen gemacht hat. So hat der Kläger zudem anfangs dezidiert behauptet, "erst im August 1999 habe ihn sein Therapeut darauf aufmerksam gemacht, daß ihm bei seinem Zustand eine Pflegeversicherung zustehe" (Schreiben vom 9.10.1998) bzw. "obwohl sich sein Zustand nach Mai 1997 eher gebessert habe, habe er dann, von anderer Seite aufgeklärt, den Antrag auf Pflegegeld gestellt" (Klageschrift), um dem Senat nunmehr vorzutragen, bei dem Beratungsgespräch sei er durch den Therapeuten M. schon von den Möglichkeiten der Pflegeversicherung informiert gewesen, was wiederum die Ehefrau des Klägers, als Zeugin gehört, nicht bestätigen konnte, sondern im Gegenteil der Meinung war, von den Möglichkeiten der Pflegeversicherung sei ihr Mann erst nach dem Gespräch mit dem Zeugen Sch … durch den Therapeuten unterrichtet worden. (Wäre der Kläger, wie nun vorgetragen, schon vor dem Beratungsgespräch vom Therapeuten auf die Möglichkeiten der Pflegeversicherung hingewiesen worden, wäre das Unterbleiben einer notwendigen Beratung durch den Zeugen Sch …, ohnehin nicht ursächlich gewesen für den Eintritt des vom Kläger geltend gemachten Schadens).
War mit dem Zeugen Sch … davon auszugehen, daß die Belange der Pflegeversicherung bei der Besprechung mit dem Kläger im August 1997 weder angesprochen wurden noch evident geworden sind, so konnte weder von einer früheren Antragstellung noch von einem Beratungsfehler durch die Beklagte ausgegangen werden, und es konnte offenbleiben, ob der Kläger im streitigen Zeitraum über haupt erheblich pflegebedürftig iS der vertraglichen Vereinbarungen war. Das Urteil des SG konnte daher keinen Bestand haben und die Klage mußte abgewiesen werden.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 Abs 1 SGG und § 17 b Abs 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG).
Es bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen, denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch weicht das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) ab und beruht auf dieser Abweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Erstellt am: 10.08.2003
Zuletzt verändert am: 10.08.2003