I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Gewährung einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation.
Die 1953 geborene Klägerin hat ihren letzten Beitrag aus sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit im August 1976 geleistet. Es folgten Sprachstudien sowie nebenberufliche Dozententätigkeiten bis 1987. Zwischen 1984 und 1991 erfolgten u. a. die Ausbildung in Qui Gong, sowie zur Familientherapeutin. Seit 1992 ist sie selbstständig tätig. Am 09.06.2000 erlitt sie einen Verkehrsunfall. Nach ihren Angaben leidet sie an den Folgen dieses Ereignisses bis heute. Die zivilrechtliche Klärung der Ansprüche aus diesem Unfall dauert noch an.
Am 01.04.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 25.07.2005 ab, da nicht zu erwarten sei, dass die Klägerin bis zum Erreichen der Altersgrenze nochmals eine versicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen werde. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 15.01.2007 zurück. Sie blieb bei ihrer Einschätzung, dass bei der Klägerin auch künftig von der Fortführung einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen sei und daher kein Anspruch auf medizinische Rehabilitation zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe. Ein zuvor bei Dipl. med. B. eingeholtes Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass das zeitliche Leistungsvermögen als Dozentin für Naturheilverfahren täglich 3 bis unter 6 Stunden betrage.
Hiergegen richtet sich die Klage. Nach richterlichem Hinweis, dass die begehrte Leistung nicht aus medizinischen, sondern aus rechtlichen Gründen abgelehnt worden sei, hat die Klägerin u. a. vorgetragen, dass sie auch bereit sei, im Angestelltenverhältnis tätig zu sein.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2007 zu verpflichten, ihr eine Maßnah- me der medizinischen Rehabilitation zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass der letzte Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung vor mehr als 30 Jahren geleistet wurde. Die von der Klägerin nun behauptete theoretische Möglichkeit einer versicherungspflichtigen Arbeitsaufnahme sei nicht ausreichend für eine Leistungsgewährung.
Beigezogen waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Sie waren ebenso wie die Gerichtsakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Beklagte ist somit nicht verpflichtet, der Klägerin zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation zu leisten.
Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig und insbesondere seitens der Beklagten nicht bestritten, dass die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Leistungserbringung gemäß § 11 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), also die Wartezeit von 15 Jahren im Zeitpunkt der Antragstellung, erfüllt und außerdem Ausschlussgründe gemäß § 12 SGB VI nicht vorliegen. Nach dem im Widerspruchsverfahren von der Beklagten bei Dipl. med. B. eingeholten Gutachten verfügt die Klägerin derzeit auch nur über ein vermindertes Leistungsvermögen mit Indikation zur Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme für den zuletzt ausgeübten Beruf. Gleichwohl hat die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Leistung.
Zwar haben das Sozialgericht (SG) Aurich (Urteil vom 03.02.2004, Az.: S 5 RJ 62/03) und ihm folgend (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen Bremen (Urteil vom 27.10.2004, L 2 RJ 48/04) die Auffassung vertreten, dass ein Versicherter, der die versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen für eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation erfüllt, nicht jegliche Rechte auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung verliert, wenn er zuletzt drei Jahre als selbstständiger Schrotthändler ohne Leistung freiwilliger Beiträge tätig war. Es sei gerade nicht Voraussetzung für die Gewährung von Teilhabeleistungen innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der geminderten Erwerbsfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen zu können.
Dieser Rechtsauffassung folgt die Kammer nicht. Zum einen unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung bereits in tatsächlicher Hinsicht von den Umständen, die dem Urteil des SG Aurich zugrunde lagen. Dort hatte der Kläger lediglich die letzten drei Jahre vor Antragstellung eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Vorliegend hat die Klägerin demgegenüber den letzten Beitrag aus versicherungspflichtiger Tätigkeit im August 1976, und damit knapp 30 Jahre vor Antragstellung, geleistet. Ohne den Kontakt zur gesetzlichen Rentenversicherung durch Leistung freiwilliger Beiträge aufrechtzuerhalten hat sie sich also definitiv mit Beginn der selbstständigen Tätigkeit 1992 vom System der gesetzlichen Rentenversicherung abgewandt.
Als (nicht versicherungspflichtig tätige) selbstständige Unternehmerin ist die Klägerin nach den Vorschriften des SGB VI nicht gegen das Risiko der teilweisen bzw. vollen Erwerbsminderung gesichert (Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 16.11.2993, 4 RA 37/93). Einen Anspruch auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation nach § 10 Abs. 1 Nr. 2a SGB VI zur Abwendung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE), also zur Vermeidung einer eventuellen Rentenzahlung deswegen, hat die Klägerin folglich nicht.
§ 10 Abs. 1 Nr. 2b SGB VI sieht die Erbringung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation bei geminderter Erwerbsfähigkeit auch dann vor, wenn dadurch die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Es ist dem LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 13.12.1999, L 16 KR 118/98) in seiner Auffassung zu folgen, dass diese Regelung einschränkend dahin ausgelegt werden muss, "dass nur solchen Erwerbsminderungen begegnet werden soll, die der zukünftigen Ausübung einer versicherten Tätigkeit entgegenstehen und mit diesem Ziel vom Rehabilitanden in Anspruch genommen werden".
Aufgrund der angestellten Ermittlungen aber auch der Einlassung der Klägerin insbesondere in der mündlichen Verhandlung ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin die medizinische Rehabilitation primär zur Fortsetzung der unversicherten selbstständigen Tätigkeit begehrt. Dafür sprechen insbesondere folgende Umstände: Es ist aus den Akten nirgends ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen, dass sie sich irgendwann seit dem Unfallereignis von 2000 bei den zuständigen Behörden, also der Agentur für Arbeit, um die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Tätigkeit bemüht hat. Das von ihr 1992 gegründete Unternehmen besteht fort. Eine Liquidation wurde nicht durchgeführt und ist nicht erkennbar beabsichtigt. Von der gesetzlichen Möglichkeit einer geringfügigen Beschäftigung als Familientherapeutin (ggf. unter Verzicht auf die Versicherungsfreiheit) wurde kein Gebrauch gemacht.
Schriftsätzlich und auch in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin nun vorgetragen, dass sie auch bereit sei, eine versicherungspflichtige Tätigkeit insbesondere als Familientherapeutin auszuüben. Sie sei deswegen auch in Kontakt mit verschiedenen Ärzten.
Die Kammer bezweifelt nicht, dass die Klägerin an einer Erwerbstätigkeit interessiert und dazu motiviert ist. Das Gericht konnte sich aber nicht von der Ernsthaftigkeit der Bereitschaft der Klägerin zur Rückkehr in die Solidargemeinschaft der rentenversicherten Personen überzeugen. Deutlich machte sie gleich zu Beginn der mündlichen Verhandlung, dass sie primär auf der Suche nach einem Kostenträger für eine auch von ihrer Ärztin für notwendig gehaltene stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme ist. Sie gab an, dass die Krankenkasse die Leistungserbringung bereits abgelehnt habe und der Zivilprozess zur Regelung der Haftungsansprüche aus dem Unfall von 2000 nur langsam vorankäme. Die Erklärung, zur Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nach Abschluss der Maßnahme der medizinischen Rehabilitation bereit zu sein, ist nach Auffassung der Kammer somit zweifelsfrei zielorientiert und überzeugt nicht. Schließlich hat die Klägerin bei einer persönlichen Vorsprache am 15.07.2005 in der Auskunft- und Beratungsstelle der Beklagten noch erklärt, dass sie schon wieder ihre selbstständige Tätigkeit aufnehmen möchte. Wäre es ihr wirklich ernst mit einer versicherungspflichtigen Beschäftigung hätte sie Gelegenheit gehabt, dies spätestens seit Erhalt des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2007 durch entsprechende Maßnahmen und Aktivitäten unter Beweis zu stellen. Den entsprechenden Nachweis ist sie aber schuldig geblieben.
Zusammenfassend steht für die Kammer fest, dass die Klägerin die begehrte medizinische Rehabilitation begehrt um in die Lage versetzt zu werden, ihre unversicherte Tätigkeit als selbstständige Unternehmerin fortzusetzen. In einem solchen Fall besteht keine Leistungsverpflichtung der Beklagten als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Erstellt am: 14.07.2008
Zuletzt verändert am: 14.07.2008