I. Der Bescheid vom 19. November 2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 4. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 2010 wird aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene zu 1.) beim Kläger nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Der Streitwert wird auf 2.668,44 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1 vom Kläger sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Der Kläger ist Inhaber des Gästehauses A. in A-Stadt. Die Betriebsnummer lautet. Mitte 2009 fand eine Betriebsprüfung beim Kläger statt. Prüfzeitraum war vom 01.01.2005 bis 31.05.2009. Hierbei wurde festgestellt, dass die Beigeladene zu 1 in der Zeit vom 01.09.2007 bis 31.05.2009 die dortige Tätigkeit als "Reinigungskraft für Gästezimmer" nicht im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit verrichtete, sondern als abhängig Beschäftigte. Mit Bescheid vom 19.11.2009 wurden deshalb insgesamt 2.804,80 EUR Sozialversicherungsbeiträge nachberechnet.
Die Beklagte hatte die Unterlagen der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit B-Stadt, beigezogen. Danach wurde der Beigeladenen zu 1 ein Existenzgründungszuschuss nach § 421l Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) bewilligt. Der Beginn der selbstständigen Tätigkeit und die Zahlung des Existenzgründungszuschusses wurden auf den 01.09.2004 festgestellt. Das voraussichtliche Ende der Förderung bei maximaler Förderdauer von 3 Jahren wurde auf den 31.08.2007 festgesetzt. In ihrem Antrag auf Gewährung eines Existenzgründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit gab die Beigeladene zu 1 an, dass sie ab 01.09.2004 einen Roomservice/Hauswirt- schaftshilfe in A-Stadt anbieten werde. Es handle sich um Erledigung von Aufträgen im Haushalt wie Waschen, Bügeln, Kochen, Reinigung der Wohnung und im Bedarfsfall Einkaufen und Tierpflege. Sie verneinte, dass sie in die Organisation eines Auftraggebers eingebunden sei. Am 09.08.2004 meldete sie ein Gewerbe bei der Gemeinde A-Stadt an. In einem Antrag auf Weitergewährung gab die Beigeladene zu 1 an, dass sie ca. 50 Wochenstunden für ihre Tätigkeit aufwende. Von September 2004 bis Juni 2005 betrugen die Einnahmen aus der selbstständigen Tätigkeit laut Bescheinigung des Steuerberaters G. vom 20.06.2005 12.300 EUR. Hiervon waren Ausgaben in Höhe von 2.739 EUR abzuziehen. Der Überschuss betrug danach 9.561 EUR. Mit Bewilligungsbescheid vom 22.07.2005 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit weiterhin den Existenzgründungszuschuss. Von September 2005 bis Juni 2006 betrug der steuerliche Überschuss laut Bescheinigung vom 12.07.2006 14.020,32 EUR. Ausgaben in Höhe von 2.984,68 EUR wurden hierbei abgezogen.
Der gegen den Bescheid vom 19.11.2009 eingelegte Widerspruch wurde damit begründet, dass die Beigeladene zu 1 ein eigenes Gewerbe angemeldet habe. Darüber hinaus sei eine Eintragung ins Handelsregister veranlasst worden. Die Beigeladene zu 1 habe als selbstständige Unternehmerin eigene Krankenkassenbeiträge in voller Höhe abgeführt. Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 1 einen Existenzgründungszuschuss erhalten habe. Dieser sei über die mögliche Gesamtförderungsdauer von 3 Jahren vollumfänglich ausgeschöpft worden. Die Beigeladene zu 1 habe ab 2004 mehrere Auftraggeber gehabt. In dem Zeitraum 01.09.2007 bis 31.05.2008 habe die Beigeladene zu 1 vom Gästehaus A. Einnahmen von 4.575 EUR zu verzeichnen gehabt. Es wurden die Aufstellungen der Beigeladenen zu 1 über die Einkünfte für die Jahre 2004 bis 2008 vorgelegt.
Mit Abhilfebescheid vom 04.06.2010 wurde der Bescheid vom 19.11.2009 aufgehoben und die Nachforderung auf 2.668,44 EUR festgesetzt. Im Kalenderjahr 2009 sei zu Unrecht die Mehrwertsteuer im beitragspflichtigen Entgelt berücksichtigt worden. Die Beigeladene zu 1 teilte mit Schreiben vom 20.06.2010 mit, dass sie auch den neuen Bescheid für unrichtig halte. Die Bevollmächtigte des Klägers überreichte die Abrechnungsbelege im Zeitraum vom 02.09.2007 bis 31.05.2009 zur Einsicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.08.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 sei innerhalb eines vom Kläger vorgegebenen Zeitfensters zu verrichten. Die Beigeladene zu 1 beschäftige keine eigenen Arbeitnehmer. Der Kläger sei nach deren eigener Aussage ein "fester Kunde". Der Kläger stelle des Weiteren der Beigeladenen zu 1 die Gerätschaften kostenfrei zur Verfügung, die diese für die Ausführung ihrer Tätigkeit benötige. Die Abrechnung erfolge nach einem Stundensatz in Höhe von 10 EUR mit "Wochenrechnungen". Angebote des Klägers könnten auch abgelehnt werden. Die Beigeladene zu 1 trage kein unternehmerisches Risiko, da von ihr keine eigenen Arbeitsmittel angeschafft und eingesetzt wurden und damit kein eigenes Kapital für die Aufnahme und/oder die Durchführung der Arbeit investiert wurde. Die Beigeladene zu 1 habe die Gewähr gehabt, das vereinbarte Honorar zu erhalten, wenn die Arbeitskraft für die vereinbarte Anzahl an Arbeitsstunden zur Verfügung gestellt worden sei. Die Beigeladene zu 1 sei zwar für zahlreiche "Auftraggeber" tätig, jedoch sei vorliegend die Tätigkeit für den Kläger gesondert zu betrachten, da diese in anderen Ablaufstrukturen und mit fremden Betriebsmitteln verrichtet werde als die anderen Tätigkeiten.
Hiergegen legte der Kläger am 01.09.2010 Klage beim Sozialgericht Augsburg ein. Die Beigeladene zu 1 sei als selbstständig einzustufen. Sie habe im Jahr 2004 ein eigenes Gewerbe angemeldet. Auch habe sie eine Eintragung ins Handelsregister veranlasst. Sie sei darüber hinaus freiwillig krankenversichert. Auch habe sie von 2004 bis 2006 einen Existenzgründungszuschuss von der Bundesagentur für Arbeit erhalten. In den Jahren 2004 bis 2009 sei sie für verschiedene Arbeitgeber tätig geworden. Die Beklagte wies auf einen Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18.02.2010 hin. Die Bevollmächtigte des Klägers wies darauf hin, dass die Beigeladene zu 1 Dienstleistungen schwerpunktmäßig im hauswirtschaftlichen Bereich anbiete. Betriebsmittel würden folglich gar nicht benötigt. Auch die Frage, ob ein Unternehmen über Angestellte verfüge, dürfte nicht von primärer Relevanz sein. Ansonsten wäre eine sog. "Ich-AG" gerade kein Unternehmen, was mit den gesetzlichen Vorschriften nicht in Einklang zu bringen sei. Es wurde ein Schreiben des Hauswirtschaftsservice A-Stadt, Inhaberin C., vom 22.11.2009 vorgelegt. Danach habe sie insgesamt 6 feste Kunden, woraus sich 25 feste Aufträge in der Woche ergäben. Hiervon entfalle auf die Firma des Klägers etwas mehr als 1/4.
Die Beklagte wies nochmals darauf hin, dass sich die Reinigungskraft nach dem vom Kläger vorgegebenen Zeitfenster zu richten habe. Auch der Arbeitsort sei vorgegeben.
Die Bevollmächtigte des Klägers wies erneut darauf hin, dass die Beigeladene zu 1 den festen Willen gehabt habe sich selbstständig zu machen. Deshalb habe sie z.B. auch den Existenzgründungszuschuss beantragt und über 3 Jahre bezogen. Des Weiteren wurden zwei Rechnungen aus dem Jahr 2007 an den Kläger vorgelegt.
Die Beklagte wies darauf hin, dass auch sog. Abrufkräfte nicht allein wegen der Abrufmöglichkeit selbstständig seien, sondern abhängig beschäftigt blieben. Viele Auftraggeber sprächen weder für noch gegen ein Beschäftigungsverhältnis. Allein die Vielzahl ihrer Arbeitgeber mache die Beigeladene zu 1 nicht zu einer selbstständigen Unternehmerin. Auf die Wünsche und Vorstellungen der Beteiligten komme es nicht an. Entscheidend sei vielmehr die tatsächliche Ausgestaltung.
In der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2012 legte die Bevollmächtigte des Klägers weitere Rechnungen aus dem Jahr 2008 vor. In der mündlichen Verhandlung wurde die Zeugin A., Ehefrau des Firmeninhabers, vernommen. Wegen der Einzelheiten ihrer Aussage wird auf die Niederschrift verwiesen.
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 19.11.2009 in der Gestalt des Abänderungsbescheides vom 04.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010 aufzuheben.
Vorsorglich wird der Antrag gestellt, dass die Beigeladene zu 1 nicht versicherungspflichtig beim Kläger beschäftigt wird.
Der Vertreter der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten und die Verwaltungsakte der Beigeladenen zu 3 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig und begründet. Die Beigeladene zu 1 ist beim Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Der Bescheid der Beklagten vom 19.11.2009 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 04.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.08.2010 wird aufgehoben, da er nicht der Rechtslage entspricht. Die Beigeladene zu 1 ist in ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft für Gästezimmer nicht abhängig beschäftigt, so dass Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht zu entrichten sind.
Die Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung knüpft an die entgeltliche Beschäftigung an (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V -, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – SGB VI -, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI -, § 24 Abs. 1 SGB III). Nichtselbstständigkeit ist das rechtlich entscheidende Merkmal, das die Arbeit zur Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung macht. Hauptmerkmal der Nichtselbstständigkeit ist die persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten. Diese stellt sich hauptsächlich so dar, dass der Beschäftigte in einen fremden Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer und Ort der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (BSGE 55, 199). Andererseits kennzeichnet vornehmlich das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit eine selbstständige Tätigkeit. Anhaltspunkte dafür, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt oder nicht, sind die Unterwerfung des Beschäftigten unter das Direktionsrecht des Vertragspartners, inwieweit Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer, Ort und sonstige Modalitäten des Vertragsverhältnisses geregelt und vom Vertragspartner beeinflusst sind. Maßgebend hat das Gesamtbild der jeweiligen Arbeitsleistung unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu sein (Bundessozialgericht – BSG – aaO). Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben Letztere den Ausschlag.
Nach den Gesamtumständen ist die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 zur Überzeugung der Kammer als selbstständige Tätigkeit zu qualifizieren. Entscheidend ist, dass die Beigeladene zu 1 vom Kläger persönlich nicht abhängig ist. Eine persönliche Abhängigkeit wäre gegeben, wenn die Beigeladene in den Betrieb des Klägers eingegliedert wäre und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen würde. Insgesamt kann von einer Beschäftigung stets gesprochen werden, wenn der Arbeitende in einem Arbeitsorganismus tätig werden oder wenigstens "funktionsgerecht" dienen muss. Maßgebend ist insoweit das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen.
Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1 wurden keine schriftlichen Vereinbarungen geschlossen. Nach der Zeugenaussage der A. in der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2012 wurde die Beigeladene zu 1 über einen anderen Pensionsbetreiber an den Kläger empfohlen. Dort war die Beigeladene zu 1 als selbstständige Reinigungskraft tätig. Die Beigeladene zu 1 war neben einer 400-EUR-Kraft als Reinigungskraft tätig. Zunächst kam sie nur einmal in der Woche. Später wurde dies mehr.
Die Beigeladene zu 1 trägt entgegen den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid ein unternehmerisches Risiko. Die Beigeladene zu 1 hält ihre Arbeitsmittel bereit in der Erwartung von Erwerbsmöglichkeiten. Wenn sie keine Aufträge erhält, lässt sich diese Erwerbserwartung nicht realisieren. Dass die Beigeladene zu 1 nur ihre eigenen Putzmittel verwendet, wurde durch die Zeugenaussage bestätigt. Auch wenn es sich hierbei um keine großen Investitionen handelt, trägt die Beigeladene zu 1 ein unternehmerisches Risiko, da sie für die Aufnahme und Durchführung der Arbeit investiert hat. Durch die Zeugenaussage wurde damit ein wesentliches Argument des Widerspruchsbescheids widerlegt.
Auch eine Auftragsgarantie kann hier nicht festgestellt werden. Ein neuer Auftrag wurde vom Kläger nur dann erteilt, wenn Bedarf bestand. Dieser richtete sich nach der Auslastung der Gästezimmer. Die Beigeladene zu 1 hatte entgegen den Ausführungen im Widerspruchsbescheid gerade nicht die Gewähr dafür, ein Honorar zu erhalten, wenn die Arbeitskraft für die vereinbarte Anzahl an Arbeitsstunden zur Verfügung gestellt wird. Eine solche vereinbarte Anzahl von Arbeitsstunden ist nämlich nicht bewiesen. Vielmehr wurde die Beigeladene zu 1 wie bereits oben ausgeführt nach Bedarf angefordert. Dies war mal mehr mal weniger, wie sich aus den vorgelegten Belegen unschwer ergibt. Die Beigeladene zu 1 sieht zu Recht als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit, dass der Betroffene den Umfang seiner Tätigkeit weitgehend selbst bestimmt. Dies trifft auf die Beigeladene zu 1 zu.
Die weiteren Ausführungen zu Arbeitnehmern, die auf Abruf arbeiten, ändern hieran nichts. Es mag Arbeitgeber geben, die ihr Beschäftigungsverhältnis aus welchen Gründen auch immer so gestalten, dass sie es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall abnimmt. Dass Arbeitgeber in der Vertragsgestaltung zumindest rein theoretisch frei sind, führt jedoch nicht dazu, dass die Beigeladene zu 1 im hiesigen Fall abhängig beschäftigt ist.
Unstreitig ist auch, dass die Beigeladene zu 1 für zahlreiche Auftraggeber tätig geworden ist. Der Beklagten ist insoweit zuzustimmen, dass jede Tätigkeit hierbei gesondert zu betrachten ist, da diese in anderen Ablaufstrukturen und mit fremden Betriebsmitteln verrichtet werden kann als die anderen Tätigkeiten. Auch hieraus lässt sich jedoch im Umkehrschluss nicht ableiten, dass gerade bei der Beigeladenen zu 1 die Tätigkeit beim Kläger nicht selbstständig ist. Die Beklagte führt selbst wesentliche Aspekte auf, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. So konnte die Beigeladene zu 1 Angebote ablehnen und Arbeitszeiten frei bestimmen. Diese Freiheit endete mit Annahme eines Auftrages. Allerdings ist dem Gericht nicht klar, wie sich eine Reinigungstätigkeit bei fremden Zimmern anders gestalten lassen sollte. Die Gäste haben sich an bestimmte Zeiten zu halten, in denen sie zum Beispiel bei Abreise das Zimmer zu verlassen haben. Logischerweise kann erst dann die Reinigungskraft tätig werden. Die Reinigung eines Zimmers kann auch nur vor Ort durchgeführt werden. Es ist auch nachvollziehbar, dass die Zeugin der Reinigungskraft Zeitvorgaben hinsichtlich der Reinigung eines Zimmers macht. Es kann nicht der Reinigungskraft überlassen werden, wie viel Zeit sie für ein Zimmer benötigt. Da die Reinigung des Zimmers mit in den Mietpreis einfließt, sind die Zeiten hierfür vorzugeben, wenn die betriebswirtschaftliche Berechnung des Preises stimmen soll.
Zwar ist die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses nicht per se bindend dafür, dass es sich um eine selbstständige Tätigkeit handelt. Während der Gewährung des Existenzgründungszuschusses jedoch galt die Fiktion des § 7 Abs. 4 SGB IV in der Fassung bis 30.06.2009. Insoweit war von Selbstständigkeit auszugehen. Allerdings kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beigeladene zu 4 eine Fehlentscheidung hinsichtlich des Existenzgründungszuschusses getroffen hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 4 die Voraussetzungen für die Gewährung des Existenzgründungszuschusses sorgfältig geprüft hat.
Dass die Beigeladene zu 1 keine weiteren Arbeitnehmer beschäftigt, kann nicht dazu führen, dass die Selbstständigkeit zu verneinen ist. Wie die Bevollmächtigte des Klägers zu Recht ausführt, könnten sonst "Ich-AGs" gerade keine Unternehmen sein. Diese sind jedoch vom Gesetzgeber so gewollt.
Auch der von der Beklagten zitierte Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen im Einstweiligen Rechtsschutz kann zu keiner anderen Beurteilung führen. In dem dortigen Verfahren war die Reinigungskraft zunächst als Arbeitnehmerin beim selben Arbeitgeber beschäftigt. Dieser Arbeitsvertrag wurde gekündigt und die Reinigungskraft sollte fortan die neuen Kanzleiräume eigenverantwortlich und selbstständig auf Erfolgs- und Werksvertragsbasis reinigen und pflegen. In diesem Fall und im einstweiligen Rechtsschutz ging das Gericht davon aus, dass die betroffene Reinigungskraft nicht selbstständig tätig ist. Dieser Fall unterscheidet sich jedoch vom hier zu entscheidenden Fall insbesondere dadurch, dass die Beigeladene zu 1 beim Kläger nie als abhängig Beschäftigte tätig war. Vielmehr wurde sie von einem anderen Auftraggeber empfohlen. Erst dann wurde sie für den Kläger tätig. Wie die Beklagte auch zutreffend ausgeführt hat, ist jeder Einzelfall gesondert zu bewerten. Ein Präjudiz, dass jede Reinigungskraft abhängig beschäftigt ist, ist nicht zulässig.
Gerade für einen Kleinunternehmer wie die Beigeladene zu 1 ist es nahezu überlebenswichtig, einen Auftraggeber wie den Kläger zu haben. Somit ist der Grundstock für ihre Aufträge und ihr monatliches Einkommen gelegt. Wenn der Auftraggeber wegfällt, kommt das unternehmerische Risiko voll zum Tragen.
Somit liegt hier eine selbstständige Tätigkeit vor. Auch wenn die Tätigkeit einer Reinigungskraft ihrer Art nach grundsätzlich sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch in selbstständiger Tätigkeit ausgeübt werden konnte, ist vorliegend im Hinblick auf das äußere Erscheinungsbild die Selbstständigkeit zu bejahen. Die Bescheide der Beklagten waren deshalb aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Erstellt am: 03.02.2017
Zuletzt verändert am: 03.02.2017