Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.11.2002 wird zurückgewiesen. Die vor dem Berufungsgericht erhobene Feststellungsklage wird als unzulässig abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Dem Kläger werden Verschuldenskosten i. S. v. § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz i. H. v. 225,00 Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger führt eine Untätigkeitsklage gegen die Beklagte.
Im Verfahren L 1 AL 3/01 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) stritt der Kläger mit der Bundesanstalt für Arbeit über eine Rückzahlung. Daneben wandte er sich gegen eine Einbehaltung aus nachzuzahlendem Übergangsgeld i.H.v. 20.860,40 DM durch die jetzige Beklagte zugunsten der Bundesanstalt für Arbeit. Im Berufungsverfahren erläuterte ihm der Vorsitzende des ersten Senats hierzu, wegen des letzteren Streitpunktes handele es sich im Rahmen des Verfahrens gegen die Bundesanstalt für Arbeit um eine unzulässige Klageänderung. Der Kläger könne jedoch insofern einen Überprüfungsantrag bei der Landesversicherungsanstalt stellen.
Der Kläger beantragte daraufhin in jenem Verfahren sogleich am 19.09.2001 zu Protokoll des Landessozialgerichts bei der jetzigen Beklagten, "die Rechtmäßigkeit der Einbehaltung eines Betrages von 20.860,40 DM aus der Nachzahlung des Übergangsgeldes für die Zeit vom 01.04.1990 bis 22.11.1991 zugunsten der Bundesanstalt für Arbeit festzustellen, den einbehaltenen Betrag an ihn auszuzahlen und die bisher unterbliebene rentenrechtliche Anrechnung dieser Zeitspanne zu überprüfen." Das damalige Berufungsverfahren L 1 AL 3/01 sah er als erledigt an.
Am 26.03.2002 hat der Bruder des Klägers, B T, "Untätigkeitsklage" beim Verwaltungsgericht Köln mit der Begründung erhoben, trotz mehrmaliger Erinnerungen durch das LSG sei die Beklagte dem Antrag auf Feststellung der Rechtmäßigkeit der Einbehaltung von 20.860,40 DM nicht nachgekommen. Er hat in Kopie ein Schreiben an die Beklagte vom 28.11.2001 vorgelegt, in dem er darauf aufmerksam machte, bislang noch nichts von der Beklagten gehört zu haben.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Verwaltungsgericht Köln mit Beschluss vom 23.04.2002 zuständigkeitshalber den Rechtsstreit an das Sozialgericht Köln verwiesen.
Der Bruder des Klägers hat mit Schriftsatz vom 04.06.2002 eine Prozessvollmacht des Klägers wegen der "Untätigkeitsklage E T – LVA Rheinprovinz" vorgelegt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte solle dem Gericht bescheinigen, ob, wann und wer die 20.860,20 DM überwiesen und erhalten hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat bereits am 28.03.2002 den im Verfahren L 1 AL 3/01 beantragten Überprüfungsbescheid erlassen. Darin hat sie ausgeführt, der Überprüfungsantrag sei nicht begründet. Zum einen bestehe von Vornherein dann kein Überprüfungsanspruch, wenn die Rücknahme des Verwaltungsaktes keine Auswirkungen mehr haben könne, wenn – wie hier – die Vierjahresfrist des § 44 Abs. 4 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abgelaufen sei. Zum anderen sei dem Kläger bereits mit Bescheid vom 03.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.1996 mitgeteilt worden, dass das Arbeitsamt Bergisch Gladbach einen Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X habe, der i.H.v. 20.860,40 DM befriedigt worden sei. Die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides sei durch Urteil des Sozialgerichts Köln vom 03.06.1998 (S 3 RJ 134/96) sowie im nachfolgenden Berufungsverfahren L 3 RJ 156/98 mit Urteil des LSG vom 21.01.2000 rechtskräftig bestätigt worden. Auch sei im Petitionsverfahren über das Landesversicherungsamt Nordrhein-Westfalen bereits eine Überprüfung vorgenommen worden. Die rentenrechtliche Anrechnung der Zeit vom 01.04.1990 bis 22.11.1991 sei zu Recht unterblieben. § 75 Sechstes Buch Sozialgesetzbauch (SGB VI) bestimme den Endzeitpunkt für die Ermittlung von Entgeltpunkten; bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit werde auf den Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung abgestellt (§ 75 Abs. 2 SGB VI). Für Beitrags- und Anrechnungszeiten, die nach Eintritt der Erwerbsminderung liegen, würden somit Entgeltpunkte für den entsprechenden Leistungsfall nicht mehr ermittelt. Im Falle des Klägers sei die Erwerbsminderung (Berufsunfähigkeit) am 08.03.1990 eingetreten; bei der erstmaligen Rentenberechnung hätten somit nur bis zum 31.03.1990 Entgeltpunkte ermittelt werden können. Diese Regelung gelte auch bei der Berechnung der Rente nach den bis zum 31.12.1991 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO); es hätten auch hier nur die bis zum Eintritt des Versicherungsfalles zurückgelegten Versicherungs- und Ausfallzeiten angerechnet werden können. Eine Ausnahme bilde § 75 Abs. 1 SGB VI, wonach Entgeltpunkte für Zeiten nach Beginn der zu berechnenden Rente lediglich für eine Zurechnungszeit ermittelt würden; dies sei auch im Falle des Klägers geschehen. Entgeltpunkte für rentenrechtliche Zeiten nach Eintritt der Erwerbsminderung könnten erst bei einem nachfolgenden Leistungsfall ermittelt werden.
Den hiergegen anwaltlich eingelegten Widerspruch des Klägers vom 11.04.2002 hat die Beklagte, nachdem dieser trotz Erinnerungen nicht begründet worden ist, mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.2002 zurückgewiesen.
Mit Urteil vom 27.11.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Untätigkeitsklage sei unzulässig, weil die Beklagte inzwischen tätig geworden sei; nach Erlass des entsprechenden Widerspruchsbescheides sei mittlerweile ja auch der weitere Rechtsstreit S 3 RJ 218/02 anhängig. Da sich die Hauptsache durch Tätigwerden der Beklagten erledigt habe und ihretwegen zudem ein weiterer Rechtsstreit anhängig sei, bestehe keinerlei weiteres Rechtsschutzbedürfnis des Klägers zur Fortführung auch des vorliegenden Verfahrens. Dies sei zwar ausgiebig mit dem Kläger erörtert worden; insbesondere sein Bevollmächtigter (B T) habe jedoch darauf bestanden, auch die Untätigkeitsklage fortzuführen. Eine Kostenerstattung komme nicht in Betracht; schon wegen der vom Kläger und seinem Bruder verursachten Verwirrungen und Verzögerungen lasse sich ein schuldhaftes Zögern der Beklagten nicht erkennen.
Gegen das am 11.12.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.12.2002 Berufung eingelegt. Er trägt vor, der Vertreter der Beklagten habe zum wiederholten Male keine richtige Akte mitgehabt. Die Beklagte solle dem Gericht bescheinigen, ob, wann und wer die 20.860,40 DM überwiesen und erhalten habe. Da sie keine Stellungnahme zu dem zu Unrecht einbehaltenen Übergangsgeld abgebe, behaupte er, dass dieses Geld veruntreut worden sei; er habe deshalb beim Justizministerium Nordrhein-Westfalen Strafantrag wegen Betruges im Amt gestellt.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte kein Recht hatte, dem Arbeitsamt den Betrag in Höhe von 20.860,40 DM zuzusenden, weil es sich um eine Versicherungsleistung gehandelt hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen; er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt insoweit nach § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren eine Feststellungsklage erhoben hat, ist diese unzulässig. Dies ergibt sich schon aus der Subsidiarität einer Feststellungsklage; soweit eine Rechtsverfolgung durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgt werden kann, ist eine Feststellungsklage wegen anderweitiger Rechtsschutzmöglichkeit nicht zulässig (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7. Aufl., München 2002, § 55 Rz. 243; ferner BSG 43, 150; 46, 82; 57, 184; 58, 153; 73, 147; allg. M.). Der Kläger hat die Rechtmäßigkeit der Erstattung des Betrages von 20.860,40 DM an die Bundesanstalt für Arbeit jedoch bereits in der Vergangenheit in einer zulässigen – freilich unbegründeten – vorrangigen Klageart gerichtlich prüfen lassen können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Auferlegung von Verschuldenskosten erfolgt nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden in einem Termin die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht sein Vertreter oder Bevollmächtigter gleich (Satz 2).
Dass eine Untätigkeit seit Erlass des zwei Tage nach Klageerhebung vor dem Verwaltungsgericht ergangenen Bescheides vom 28.03.2002 nicht mehr vorliegt, ist unmittelbar einsichtig. Der Kläger hat diesen Bescheid ja auch durchaus zur Kenntnis genommen, denn er hat ihn im weiteren Klageverfahren SG Köln S 3 RJ 218/02 = LSG NRW L 8 RJ 88/03 wiederum angefochten. Die materiellen Fragen des Klägers wurden deshalb, für ihn als Verfahrensbeteiligtem ohne Weiteres erkennbar, in diesem anderen Verfahren behandelt. Die Missbräuchlichkeit des Gleichwohl-Weiterbetreibens des vorliegenden Verfahrens wegen Untätigkeit liegt damit auf der Hand und ist dem Kläger in der mündlichen Verhandlung auch noch einmal vom Vorsitzenden erläutert worden. Der Vorsitzende hat ihn in diesem Zusammenhang auch auf die Möglichkeit der Auferlegung von Verschuldenskosten hingewiesen. Gleichwohl hat der Kläger – im Einverständnis mit seinem Bevollmächtigten – das Verfahren fortgeführt.
Hinsichtlich der Höhe der Verschuldenskosten hat sich der Senat mit 225,00 EUR auf die Mindesthöhe nach § 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 184 Abs. 2 SGG beschränkt.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Erstellt am: 07.05.2004
Zuletzt verändert am: 07.05.2004