Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 29.05.2013 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die statthafte (s. dazu u.v.a. Beschlüsse des Senats vom 24.09.2012 – L 11 U 416/12 B – und vom 22.10.2012 – L 11 AS 1240/12 B -) Beschwerde der Klägerin ist nicht begründet, denn das Sozialgericht Dortmund hat deren gegen Richterin am Sozialgericht G. gerichtetes Befangenheitsgesuch zu Recht zurückgewiesen. Der Senat verweist auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 29.05.2013 (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und führt ergänzend aus:
Der Hinweis im Schreiben vom 09.04.2013, dass die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 28.03.2013 Behauptungen / Angaben getätigt habe, die geeignet seien, den Tatbestand strafrechtlicher Ursachen zu erfüllen, kann aus objektiver Sicht keine Besorgnis der Befangenheit begründen. Dem erkennenden Richter ist als Organ der Rechtspflege grundsätzlich zuzubilligen, dass er bei ausreichend belegbarem Verdacht einer durch einen Prozessbeteiligten begangenen strafbaren Handlung die Sache an die Ermittlungsbehörden weiterleitet. Voraussetzung ist aber, dass der Richter zuvor die vorhandenen Verdachts- und Entlastungsmomente sorgfältig geprüft und abgewogen, dabei einen nicht von der Hand zu weisenden Verdacht geschöpft und dem Beteiligten, der durch die Strafanzeige dem Verdacht ausgesetzt wird, eine Straftat begangen zu haben, Gelegenheit zur Stellungnahme dazu gewährt hat (Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, Beschlüsse vom 09.01.1984 – 12 W 257/83 – und vom 28.07.1986 – 2 W 23/86 -; Hanseatisches OLG, Beschluss vom 28.07.1989 – 12 WF 72/89 -, Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 27.05.1997 – 1 W 14/97 -, OLG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 02.06.2005 – 10 W 26/05 – m.w.N.). Genau diese Gelegenheit zur Stellungnahme, mithin auch Gelegenheit zur Besinnung und Richtigstellung wurde der Klägerin mit dem Schreiben vom 09.04.2013 gewährt. Ihr Vorbringen im Schriftsatz vom 28.03.2013 kann nämlich durchaus von strafrechtlicher Relevanz sein, weil sich dem unbefangenen Betrachter der Eindruck aufdrängt, dass die Klägerin den gerichtlichen Sachverständigen ungeachtet ihrer polemischen Ausdrucksweise auch durch unwahres Vorbringen zu desavouieren sucht. Der Vortrag der Klägerin, der Sachverständige habe sie in empörender Weise behandelt, er habe sie extrem unfreundlich und feindselig angeherrscht, er habe sich ungehörig benommen, er habe sich befremdlich geäußert, er habe sie angepfiffen, er habe möglicherweise keine Ahnung von dem, was er tue, beschreibt für einen gerichtlich bestellten Sachverständigen derart außergewöhnlich unübliche Vorgehens- bzw. Handlungsweisen, dass dem sich damit aufdrängenden Verdacht der Unwahrheit des Vorbringens zunächst durch gerichtlichen Hinweis und damit verbunden Gelegenheit zur Stellungnahme seitens der Klägerin nachzugehen war.
Auch der Vortrag der Klägerin, die von der abgelehnten Richterin beabsichtigte weitere Sachverhaltsaufklärung durch Befragung u.a. von Arbeitgeber und Mieter sei nicht nachvollziehbar, führt nicht weiter. Das Ablehnungsverfahren dient nicht der Überprüfung richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- bzw. Verfahrensfehler. Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sind grundsätzlich mit dem Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache geltend zu machen. Die Rüge von Rechts- bzw. Verfahrensverstößen kann allenfalls dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das mögliche Fehlverhalten auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne Weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn der abgelehnte Richter die seiner richterlichen Tätigkeit gesetzten Schranken missachtet und Grundrechte verletzt hat oder wenn in einer Weise gegen Verfahrensregeln verstoßen wurde, dass sich bei dem Beteiligten der Eindruck der Voreingenommenheit aufdrängen konnte (vgl. Bundesfinanzhof, Beschluss vom 27.09.1994 – VIII B 64-76/94 pp – m.w.N.; Beschlüsse des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.04.2006 – L 10 AR 42/06 und L 10 AR 43/06 – und des Senats vom 25.11.2009 – L 11 AR 117/09 AB -, vom 20.01.2010 – L 11 AR 129/09 AB und L 11 AR 130/09 AB-, vom 17.05.2010 – L 11 SF 102/10 AB -, vom 19.07.2010 – L 11 SF 108/10 AB – und vom 30.03.2011 – L 11 SF 44/11 AB -).
Für eine derartige unsachliche Einstellung der abgelehnten Richterin oder für Willkür bestehen indes keine Anhaltspunkte; sie sind auch von der Klägerin nicht dargetan. Ungeachtet, dass es grundsätzlich dem zur Entscheidung berufenen Richter obliegt, den nach seiner Auffassung entscheidungserheblichen Sachverhalt mittels nach seiner Auffassung geeignete Beweismittel aufzuklären, entspricht das Vorgehen der abgelehnten Richterin durchaus auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Danach kann das Unterlassen der Vernehmung von Zeugen z.B. zur Frage des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen oder zum funktionalen Zustand eines behinderten Menschen sogar einen Verfahrensfehler begründen (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 07.04.2011 – B 9 SB 47/10 B – m.w.N.).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 02.10.2013
Zuletzt verändert am: 02.10.2013