Urteil des BSG hat Urteil des LSG aufgehoben und zurückverwiesen. Neues Az = L 10 VS 5/04.
erledigt durch übereinstimmende Erledigungserklärung
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 25.05.2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten einer zu Gunsten des Klägers am …1999 im …,Schweiz vorgenommenen Überkreuz-Nierentransplantation in Höhe von ca. 80.000 Schweizer Franken. Hierzu spendete die Ehefrau des Klägers eine ihrer Nieren der schweizerischen Staatsangehörigen Frau B Zugleich wurde dem Kläger vom Ehemann der Frau B eine Niere übertragen. Eine Lebendspende jeweils auf Seiten der Ehepaare war an Blutgruppeninkompatibilität gescheitert.
Der am …1936 geborene K1äger diente vom …1957 bis …1960 als Soldat auf Zeit bei der Bundeswehr. Auf seinen im Oktober 1997 gestellten Antrag auf Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) erkannte die Beklagte durch Bescheid vom 12.03.1999 die Gesundheitsstörungen "Dialysebedürftige Niereninsuffizienz bei chronisch membranoproliferativer Glomerunephritis im Gefolge eines chronifizierten Streptokokkeninfektes" als durch schädigende Einwirkung im Sinne des § 80 SVG verursacht an und gewährte Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert.
Die Niereninsuffizienz und eine hochgradige Fettstoffwechselstörung indizierten bei dem Kläger eine Nierentransplantation.
Wegen der besseren Erfolgsaussichten einer Lebendspende gegenüber einer postmortalen Spende hatten sich der Kläger und seine Ehefrau seit 1996 mit der Möglichkeit einer Überkreuzlebendspende unter Ehepaaren befaßt und sich im In- und Ausland um eine derartige Transplantationsmöglichkeit bemüht. Nachdem abzusehen war, dass in Deutschland wegen des geplanten Transplantationsgesetzes eine derartige Transplantation nicht durchgeführt werden konnte, wandten sich der Kläger und seine Ehefrau an ausländische Kliniken, u.a. an das Kantons-Spital in Basel. Außerdem ließ sich der Kläger im Oktober 1998 für eine postmortale Nierenspende auf die Warteliste von Eurotransplant in Leiden/Niederlande setzen.
Am 05.11.1997 verabschiedete der Deutsche Bundestag das am 01.12.1997 in Kraft getretene Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz – TPG -). Im November 1998 erhielten der Kläger und seine Ehefrau vom Transplantationszentrum in Basel die Nachricht, dass ein blutgruppenkompatibles Ehepaar gefunden sei. Der Kläger beantragte daraufhin bei der zu 1) beigeladenen Krankenkasse am 29.12.1998, die auf ihn entfallenden Kosten in Höhe von 80.000 Schweizer Franken zu übernehmen. Die Beigeladene zu 1) lehnte mit Bescheid vom 08.04.1999 eine Kostenübernahme unter Hinweis auf eine von ihr eingeholte Stellungnahme des Bundesversicherungsamtes ab, weil die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG nicht erfüllt seien. Zur Begründung seines Widerspruchs trug der Kläger vor, es sei zwar zutreffend, dass § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG die Lebendspende nur unter Personen zulasse, die "offenkundig" eine besondere persönliche Verbundenheit aufwiesen. Er selbst habe zwar das Merkmal "offenkundig" verneint. Inzwischen habe sich das geändert. Die Ehepaare fühlten sich inzwischen auf ganz natürliche Weise einander stark persönlich verbunden. Sie hätten sich rein zufällig bei der Suche nach Spendern gefunden. Diese Konstellation habe nichts mit Organhandel zu tun und berühre damit den Schutzzweck des § 8 TPG nicht. Das Gesetz sei im übrigen formell verfassungswidrig. Es fehle an einem Hinweis auf den Eingriff in Art. 2 Grundgesetz (GG). Auch materiell sei es verfassungswidrig. § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG verstoße gegen das in Art. 2 Abs. 1 GG garantierte Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Durch die beabsichtigte Überkreuz-Spende hätten zwei Menschen die Möglichkeit, ihre Gesundheit wieder herzustellen. § 8 TPG verbiete ohne Not eine lebenserhaltende, wenn nicht sogar eine lebensnotwendige Transplantation. Damit sei der Wesensgehalt des Art. 2 GG derart eingeschränkt, dass das einfache Gesetz den Grundrechtsschutz aushebele. Auch wirtschaftlich gesehen sei die Transplantation sinnvoll. Die bei ihm dreimal wöchentlich durchgeführte Dialyse verursache einen wöchentlichen Kostenaufwand von mehreren 1.000,– DM für die Versichertengemeinschaft. Mit der Transplantation bestehe die Hoffnung, dass eine Dialyse für die Zukunft nicht mehr erforderlich sei und sich die Transplantationskosten innerhalb weniger Monate amortisieren würden. Zum Nachweis der offenkundigen persönlichen Verbundenheit übersandte der Kläger den Brief der Eheleute B vom 20.02.1999 an ihn und seine Ehefrau. Ferner verwies er auf ein Schreiben der Bundestagsabgeordneten U … S …, Aachen, vom 27.03.1999, in dem die Schilderung eines Treffens zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau mit den Eheleuten B im Dezember 1998 in Basel wiedergegeben ist.
Einen am 19.05.1999 beim Sozialgericht Aachen gestellten Antrag auf eine einstweilige Anordnung gegen die Beigeladene zu 1) auf Übernahme der Transplantationskosten nahm der K1äger zurück, weil die Vorfinanzierung der für den 26.05.1999 in Basel geplanten Transplantation inzwischen sichergestellt war (S 6 KR 4/99 ER).
Die Geschäftsstelle Aachen der Beigeladenen zu 1) hat am 17.03.1999 vom Anerkennungsbescheid des Versorgungsamtes (12.03.1999) Kenntnis erlangt und diesen am 12.05.1999 an ihre Hauptstelle in Wuppertal weitergeleitet. Diese hat den Widerspruch sogleich (12.05.1999) unter Hinweis auf § 18 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) an das Landesversorgungsamt weitergereicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.06.1999 hat das Landesversorgungsamt den Widerspruch gegen den Bescheid der beigeladenen Krankenkasse zurückgewiesen.
Mit seiner am 05.07.1999 beim SG Aachen erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Übernahme der Operationskosten durch den Beklagten oder hilfsweise die Beigeladene zu 1) weiter verfolgt. Er hat sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren vertieft und geltend gemacht, der Schutzzweck des § 8 TPG stehe einer Kostenübernahme nicht entgegen. Es habe sich vorliegend nicht um einen kommerziellen Organhandel gehandelt. Soweit der Gesetzgeber auch den lebenden Spender schützen wolle, sei auch dieser Schutzzweck nicht berührt, denn der Lebenspartner müsse hiervon ausgenommen werden. Von einer offenkundigen engen Verbundenheit des Klägers und seiner Ehefrau mit den Eheleuten B könne ausgegangen werden. Sie hätten vor den Operationen eine Schicksalsgemeinschaft gebildet und seien wechselseitig aufeinander angewiesen gewesen. Die enge Verbundenheit bestehe auch jetzt noch. Selbst für den Fall, dass § 8 TPG einschlägig sei, bestehe ein Anspruch auf Kostenübernahme. Es liege eine einfachgesetzliche Kollision zweier Normen vor. Nach dem BVG sei der Beklagte verpflichtet, die Gesundheit der Beschädigten zu erhalten. Dieser Grundsatz stehe in Konflikt mit dem Wortlaut des § 8 TPG. Soweit sich der Beklagte darauf berufe, dass die Dialyse ebenfalls eine gesundheitserhaltende Maßnahme sei, treffe dies nicht zu. Denn bei der Dialyse werde das Blutbild durch die Zerstörung roter Blutkörperchen derart angegriffen, dass das Rückenmark auf kurz oder lang keine hinreichende Zahl von Erythrozyten mehr bilden könne. Das führe unweigerlich zum Tode. Das Grundrecht auf Gesundheit und Leben könne nicht einer einfachgesetzlichen Vorschrift weichen, namentlich dann nicht, wenn – wie hier – der Schutzzweck der Norm nicht tangiert werde. Den zwischenzeitlich ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11.08.1999 – 1 BvR 2181/98 -, wonach § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG mit dem Grundgesetz vereinbar sei, halte er für unrichtig
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Beigeladenen vom 08.04.1999 in der Form des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamtes vom 09.06.1999 zu verurteilen, die Kosten für die an den Kläger am 26.05.1999 in der Schweiz vorgenommene Nierentransplantation zu übernehmen, hilfsweise, die Beigeladene hierzu zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die Entscheidung des BVerfG vom 11.08.1999. Auch vorliegend gehe es um die altruistische Lebendspende eines Organs unter Fremden. Die sogenannte Überkreuz-Lebendspende sei sogar noch gravierender, weil vier operative Eingriffe erforderlich seien.
Die Beigeladene zu 1) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ebenfalls auf die Entscheidung des BVerfG vom 11.08.1999 verwiesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.05.2000 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten, die ihm durch die Überkreuz-Spende in Basel entstanden seien. Den Krankenkassen und Versorgungsbehörden sei es untersagt, Überkreuz-Lebendspenden zu erbringen oder die Kosten zu erstatten. Überkreuz-Lebendspenden seien gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG unzulässig und nach § 18 TPG unter Strafe gestellt. Diese Regelungen seien nach dem verbindlichen Beschluss des BVerfG vom 11.08.1999 nicht verfassungswidrig. § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG sei an gesichts des Gesetzeszwecks und der Materialien eng auszulegen. Das von dieser Vorschrift geforderte "offenkundige besondere persönliche Verbundenheitsverhältnis" könne im Fall einer Überkreuz-Lebendspende bei Ehepaaren, deren Verbindung erst aus Anlass der Organspende entstanden sei, niemals vorliegen. Über dies habe das BVerfG in Kenntnis der Problematik der Überkreuz-Lebendspende ausgesprochen, dass mit § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG jeder Form des Organhandels, also auch dem Tauschhandel vorgebeugt werden solle. Einer Einzelfallprüfung stehe auch entgegen, dass dies zu Ungerechtigkeiten führen könne. Das Näheverhältnis sei umso unwahrscheinlicher, je kürzer vor der Operation die Ehepaare sich kennenlernen würden. Ziel des TPG sei es im übrigen auch, Transplantationstourismus zu verhindern. Das treffe auf den Kläger zu. Selbst wenn noch Raum für eine Einzelfallprüfung bleiben sollte, lägen die Voraussetzungen für das geforderte "besondere Näheverhältnis" nicht vor. Die Situation habe zwar schicksalverbindend gewirkt und im Nachhinein zu einer tiefempfundenen Freundschaft und Verbundenheit geführt. Im Zeitraum bis zur Operation habe jedoch das Hoffen um ein Gelingen der Transplantation im Vordergrund gestanden.
Gegen das ihm am 20.06.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.07.2000 Berufung eingelegt. Er trägt vor: Der Beschluss des BVerfG sei nicht nach § 31 BVerfGG bindend. Die Ausführungen des Gerichts zur Überkreuz-Lebendspende hätten allenfalls die Qualität eines "obiter dictum". Sozialwissenschaftlich sei kaum zu begründen, dass das vom Gesetz geforderte "offenkundige besondere Näheverhältnis" den in § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG genannten anderen Fällen vergleichbar sein müsse, denn die offensichtlich stärksten Bindungen seien bereits in den anderen Fallgruppen des Gesetzes genannt. Wollte man die diesen Fällen eigene Bindungsnähe auf andere menschliche Beziehungen übertragen, wären die restlichen Personengruppen ausgeschlossen. Sinnvoll könne daher nur eine Einzelfallentscheidung sein, die sich an den tatsächlichen Gegebenheiten orientiere. Es treffe zu, dass sich die Beteiligten der Nierentransplantation erst anläßlich der Planung kennengelernt hätten. Durch die finanziellen Schwierigkeiten des Klägers habe sich die geplante Transplantation zeitlich verzögert, so dass es zu weiteren Kontakten gekommen sei. Man stehe auch heute noch in enger Verbundenheit zu dem Schweizer Ehepaar. Die Chance, eine Konstellation vorzufinden, dass zwei Ehepaare überkreuz- kompatible Werte hätten, läge bei weniger als eins zu einer Millionen. Sowohl er – der Kläger – und seine Frau als auch das schweizerische Ehepaar hätten keine wirtschaftlichen Interessen an dieser Transplantation gehabt, sondern jeweils nur das Interesse an einem Weiterleben. Die so gezeigte Verbundenheit sei greifbarer und erklärbarer als das nicht nachprüfbare Verhältnis zu einem Dritten, den ein möglicher Empfänger bereits seit Jahren kenne. Sinn des TPG sei, unlauteres Handeltreiben im Bereich der Lebendspende zu verhindern. Wegen der enorm hohen Unwahrscheinlichkeit einer kompatiblen Überkreuz-Konstellation könne diese nicht zum Gegenstand krimineller Machenschaften gemacht werden. Der Kläger hat ergänzend auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 17.07.2000 an den Deutschen Bundestag verwiesen, an den er eine Petition gerichtet hatte, und hierzu vorgetragen: Das BMG habe hierin die Auffassung geäußert, dass nicht bereits vor der Operation das "offenkundige besondere Näheverhältnis" vorliegen müsse; ausreichend sei es, wenn das "Näheverhältnis" durch die Operation hervorgerufen und anschließend nicht jeder Kontakt wieder aufgegeben werde. Im Fall einer Überkreuz-Lebendspende liege eindeutig kein Organhandel im Sinn der §§ 17, 18 TPG vor. Ein Verzicht auf gegenseitige Ansprüche sei ein Indiz für das vom Gesetz geforderte "Näheverhältnis".
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 25.05.2000 abzuändern, und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Beigeladenen zu 1) vom 08.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 09.06.1999 zu verurteilen, die Kosten für die am 25.05.1999 bei ihm vorgenommenen Nierentransplantation zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 25.05.2000 zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auch wenn nach Auffassung des BMG das "besondere Näheverhältnis" bereits dann gegeben sei, wenn sich die Beziehung zwischen Spender und Empfänger aus der Anbahnung des Spendenvorganges herausgebildet habe, komme es nach dem Wortlaut des Gesetzes zusätzlich darauf an, dass die sehr enge Beziehung offenkundig sein müsse, d.h. vergleichbar der zwischen den in § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG ausdrücklich genannten Personen, nämlich Verwandten ersten und zweiten Grades, Eheleuten und Verlobten. Das sei hier nicht der Fall. Selbst wenn eine Überkreuz-Lebendspende nicht als Organhandel zu verstehen sei, bleibe sie daher wegen § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG nicht unzulässig.
Die Beigeladene zu 1) schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
Durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung in Nordrhein-Westfalen vom 09.05.2000 (2. ModernG) ist das Landesversorgungsamt mit Wirkung vom 01.01.2001 aufgelöst und sind dessen Aufgaben der Bezirksregierung Münster übertragen worden. Sie werden in einer eigenen Abteilung wahrgenommen. Angesichts des § 71 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat mit Beschluss vom 11.12.2000, abgeändert durch den Beschluss vom 13.12.2000, die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA), beigeladen (Beigeladene zu 2).
Die Beigeladene zu 2) stellt keinen Antrag.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Gerichtsakte, die Akte S 6 KR 40/99 ER (SG Aachen) sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des Beigeladenen zu 1). Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 08.04.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.06.1999 beschwert den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), denn dieser Bescheid ist rechtmäßig.
I.
Der Senat kann in der Sache entscheiden. Der Rechtsstreit ist nicht gem. § 202 SGG iVm § 241 Abs. 1 ZPO unterbrochen. Das beklagte Land ist ungeachtet der Auflösung des Landesversorgungsamtes und Übertragung von dessen Aufgaben auf die Bezirksregierung Münster prozessfähig. Zwar verstoßen die dem zugrundeliegenden landesrechtlichen Vorschriften gegen bundesrechtliche Vorgaben. Die Bezirksregierung Münster ist weder das Landesversorgungsamt im Sinn des Gesetzes über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung (ErrG) noch des § 71 Abs. 5 SGG. Eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung führt aber dazu, dass die Bezirksregierung Münster – ungeachtet ihrer Benennung – den Anforderungen des § 71 Abs. 5 SGG noch genügt.
1.
Durch Art. 1 § 3 Satz 2 des gem. Art. 37 Abs. 2 zum 01.01.2001 in Kraft getretenen 2. ModernG (GVBl. NRW S. 412 ff.) ist das Landesversorgungsamt als Landesoberbehörde mit Wirkung zum 01.01.2001 aufgelöst worden. Gleichzeitig wurden die dem Landesversorgungsamt durch Gesetz und Rechtsverordnung zugewiesenen Aufgaben auf die Bezirkregierung Münster übertragen. Sie werden nunmehr in einer eigenen Abteilung wahrgenommen. Mit Beschluss vom 28.11.2000 hat die Landesregierung entschieden, dass diese Abteilung den Zusatz "Soziales und Arbeit, Landesversorgungsamt" trägt. In der Folge hat das Innenministerium (IM) des Landes Nordrhein-Westfalen durch Runderlaß vom 13.12.2000 – V A 3 – 33.00/36.00 – das Inhaltsverzeichnis zum Mustergeschäftsverteilungsplan für die Bezirksregierungen u.a. dahin geändert, dass die Abteilung 10 den Namen "Soziales und Arbeit, Landesversorgungsamt" erhält. Ferner hat es hiermit den Organisationsplan und die Geschäftsordnung für die Bezirksregierungen angepaßt. Die Bezirksregierung Münster ist als Landesmittelbehörde und nachgeordnete Behörde des IM (§§ 7 Abs. 2, 8 Landesorganisationsgesetz (LOG)) für die nach Art. 1 § 3 Satz 1 des 2. ModernG übertragenen Aufgaben für das gesamte Landzuständig (§ 7 LOG). Die 11 Versorgungsämter sind der Bezirksregierung Münster nachgeordnet (Art. 1 § 3 Satz 2 des 2. ModernG). Die Dienstaufsicht über die Bezirksregierung Münster übt das IM aus (§ 12 Abs. 2 LOG). Lediglich für die Beamten der Bezirksregierung, die Fachaufgaben im Geschäftsbereich des Ministerium für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie (MASQT) wahrnehmen und hierfür eine spezielle Ausbildung besitzen, ist diese oberste Landesbehörde gleichzeitig die oberste Dienstbehörde, dies allerdings nur in den Grenzen des § 3 Abs. 1 Landesbeamtengesetz (LBG) (Art. 11 § 1 Abs. 1 2. ModernG). Ferner übt das MASQT die Dienstaufsicht in diesem Sinn über die aus dem Landesversorgungsamt übernommenen Beamten des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes und vergleichbare Angestellte für eine Übergangsfrist von fünf Jahren nach Inkrafttreten des 2. ModernG aus (Art. 11 § 2 2. ModernG) Die Fachaufsicht über die Abteilung 10 der Bezirksregierung liegt beim MASQT (§ 13 LOG). Ausgehend von dieser landesrechtlichen Gesetzeslage obliegt es der Prüfung des erkennenden Senates, ob das Land seit 01.01.2001 noch prozessfähig ist.
2.
Das Land ist beteiligungsfähig (§ 70 Nr. 1 SGG), indessen als juristische Person nicht prozessfähig (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, § 62 Rdn. 6). In Angelegenheiten der sog. Kriegsopferversorgung wird das Land durch das Landesversorgungsamt vertreten (§ 71 Abs. 5 SGG). Die Vertretungsregelung des § 71 Abs. 5 SGG ist zwingend. Sie beruht auf der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Gebiet des gerichtlichen Verfahrens (Art. 74 Nr. 1 GG). Die Länder können hiervon nicht abweichen (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, 1997, § 71 Rdn 7b; Peters/Sautter/Wolf, SGG, 4. Auflage, § 71 Anm. 3). Deren Gesetzgebungszuständigkeit ist verdrängt (Art. 70, 72 GG). Durch § 71 Abs. 5 SGG sind dem Landesversorgungsamt die Zuständigkeiten für sämtliche Prozeßhandlungen übertragen (BSGE 27, 259).
3.
Mittels allgemeiner Verweisungen in einzelnen Teilgebieten des Sozialen Entschädigungsrechts (SER) wird geregelt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (zB § 88 Abs. 7 Satz 1 SVG; § 51 Abs. 3 Satz 1 ZDG, § 7 Abs. 1 Satz 1 OEG, § 61 Abs. 2 Satz 1 BSeuchG, § 10 Abs. 3 Satz 1 HHG, § 25 Abs. 5 Satz 1 StrRehaG, § 16 VwRehaG). Darüberhinaus ordnenspezielle Bezugnahmen an, dass besondere Vorschriften des SGG für die Kriegsopferversorgung auch in Rechtsstreitigkeiten nach diesen Gesetzen gelten (§ 7 Abs. 1 Satz 2 OEG, § 61 Abs. 2 Satz 1 BSeuchG, § 10 Abs. 3 Satz 2 HHG, § 25 Abs. 5 Satz 2 StrRehaG, § 16 VwRehaG). Damit ist § 71 Abs. 5 SGG in nahezu allen Bereichen des SER anzuwenden. Lediglich im SVG und Zivildienstgesetz (ZDG) fehlt eine spezielle Bezugnahme. Hierin ist jeweils nur geregelt, dass die Vorschriften des SGG entsprechend anzuwenden sind (§ 88 Abs. 7 Satz 1 SVG; § 51 Abs. 3 Satz 1 ZDG). Hingegen hat der Gesetzgeber nicht bestimmt, dass die für die Kriegsopferversorgung geltenden besonderen Bestimmungen des Sozialgerichtsgesetzes (hierzu die Aufzählung in Kunz/Zellner, OEG, 4. Auflage, 1999, § 7 Rdn. 3) auch für Streitverfahren nach dem SVG und ZDG gelten.
Die Vorschrift des § 71 Abs. 5 SGG ist dennoch auch in derartigen Streitverfahren anzuwenden, wenn das Land Hauptbeteiligter ist. Das ist dann der Fall, sofern – wie hier – Entscheidungen streitbefangen sind, die von zur Durchführung des BVG zuständigen Behörden getroffen worden sind. Denn nach diesen Gesetzen obliegt nur ein Teil der Versorgung der Versorgungsverwaltung (§ 88 Abs. 1 SVG, § 51 Abs. 1 ZDG). Im übrigen lässt der Bund diese Gesetze durch eigene Behörden ausführen (z.B Wehrbereichsverwaltung, § 88 Abs. 1 Satz 1 SVG). Eine spezielle Bezugnahme (vergleichbar zB § 7 Abs. 1 Satz 2 OEG) auf § 71 Abs. 5 SGG in Streitverfahren nach dem SVG bzw. ZDG wäre mithin mindestens überflüssig, wohl auch rechtlich fehlerhaft. Demgemäss ist in den SER-Teilbereichen des SVG und ZDG aus der jeweiligen allgemeinen Verweisungsnorm (hier § 88 Abs. 7 SVG) herzuleiten, dass die Vertretungsregelung des § 71 Abs. 5 SGG jedenfalls dann gilt, wenn es um die Beschädigtenversorgung nach § 88 Abs. 1 Satz 2 SVG geht.
4.
Für die rechtliche Prüfung, ob die Bezirksregierung Münster bzw. deren Abteilung 10 ab dem 01.01.2001 den Anforderungen des § 71 Abs. 5 SGG genügt, ist zunächst vom Wortlaut auszugehen. Denn die Auslegung einer Vorschrift hat sich prinzipiell innerhalb des möglichen Wortsinns zu halten (vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre 3. Auflage, 1980, S. 60); ein eindeutiger, ggf. durch Auslegung zu ermittelnder Wortlaut ist bindend (vgl. BVerfGE 87, 48, 69; LSG NRW vom 20.03.1996 – L 11 Ka 132/95 -). Der Wille des Gesetzgebers kann bei der Auslegung nur berücksichtigt werden, wenn er in dem Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (BVerfGE 59,128 ff). Die Entstehungsgeschichte einer Vorschrift hat für ihre Auslegung nur insofern Bedeutung, als sie die Richtigkeit einer Wortlautsauslegung bzw. Auslegung nach dem Sinnzusammenhang bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg nicht ausgeräumt werden können (Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 9. Auflage, 1999, Vorb. vor Art. 70 Rdn. 2)
a)
Unter Zugrundelegung des insoweit unmißverständlichen Wort lauts des § 71 Abs. 5 SGG ist das Land ab 01.01.2001 nicht mehr prozessfähig, denn der Landesgesetzgeber hat das Landesversorgungsamt aufgelöst (Art. 1 § 3 Satz 2 des 2. ModernG). Soweit der Landesgesetzgeber ergänzend bestimmt hat, dass die Aufgaben des Landesversorgungsamtes auf die Bezirksregierung Münster übertragen werden, ändert sich hieran zunächst nichts. Dies bedeutet nur, dass nunmehr die Bezirksregierung die bisherigen Aufgaben des Landesversorgungsamtes ausübt, nicht jedoch, dass die Bezirksregierung das Landesversorgungsamt ist. Ob der Landesgesetzgeber das Landesversorgungsamt aus organisationsrechtlichen Gründen (so Schreiben des IM vom 06.12.2000 – V A 3 – 32.10/36.10/50.20 – ) aufgelöst hat, oder ob dies (auch) deswegen erfolgt ist, um Beamte ggf. ohne deren Zustimmung in ein anderes Amt derselben oder einer gleichwertigen Laufbahngruppe mit geringerem Endgrundgehalt zu versetzen (§ 28 Abs. 2 Satz 3 LBG), ist dabei belanglos. Entscheidend ist allein, dass die Auflösung den völligen Wegfall der Behörde bedeutet, deren Aufgaben erlöschen oder – wie hier – auf eine andere Behörde übergehen (Korn, Kommentar zum LBG § 28 Rdn. 2.2; vgl. auch Peters in Kasseler-Kommentar, SGB V, § 152 Rdn. 3; vgl. auch BVerwGE 95, 53 ff zu einer Auflösung nach §§ 9, 11 WGG).
b)
Auch aus den Konstruktionen "Funktionsnachfolge" oder "Gesamtrechtsnachfolge" ergibt sich die Prozessfähigkeit des Landes nicht.
Bei Änderung der Verwaltungsorganisation (z.B Behörde wird aufgelöst oder ihre Funktion geht ganz oder teilweise auf die neue Behörde über) kommt zwar grundsätzlich ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes mit der Folge in Betracht, dass das Verfahren dann nicht unterbrochen oder ausgesetzt wird (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, 1997, § 94 Rdn. 10; BSG vom 09.12.1987 – 10 RKg 5/85 – in E 62, 269; BSG vom 14.07.1993 – 6 RKa 71/91 – in E 73, 25). Eine Funktionsnachfolge im Verhältnis der Bezirksregierung Münster zum vormaligen Landesversorgungsamt liegt jedoch nicht vor. Der Begriff "Funktionsnachfolge" wird in der Rechsprechung nicht einheitlich verstanden. Soweit von gesetzlicher Funktionsnachfolge gesprochen wird (BSG vom14.07.1993 – 6 RKa 71/91 – in E 73, 25), folgt der Senat dem nicht. Ein solcher Fall könnte zwar vorliegen, indessen wird dabei die rechtliche Bedeutung und der Inhalt des Begriffs "Funktionsnachfolge" verkannt. Diese Konstruktion hat durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) seit langem eine feststehende Bedeutung im Sinn einer generellen Funktionsnachfolge gefunden; im Rahmen der Haftung neuer Rechtsträger für Verbindlichkeiten aus der Zeit der DDR hat der BGH auf dieses von Rechtsprechung und Literatur nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches entwickelte Institut zurückgegriffen und entscheidend darauf abgestellt, ob der neue Rechtsträger die gleiche oder doch überwiegend gleiche Funktion wie die frühere Einrichtung ausübe (so BVerwGE 102, 223 ff mwN; vgl. auch LSG Niedersachsen in Breithaupt 1959, 1049, 1052). Demgemäss ist hiermit grundsätzlich eine nur tatsächliche Übernahme von Kompetenzen eines weggefallenen oder auch handlungsunfähigen Trägers auf den neuen Träger der Kompetenzen gemeint (vgl. Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, 10. Auflage, 1994, § 41 Rdn. 17; vgl. auch Zeihe, SGG, 7. Auflage, vor § 54 Anm. 2 A VIII; Meyer-Ladewig aa0 Rdn. 10). Voraussetzung ist, dass eine Rechtsnachfolge nicht ein getreten ist (Wolff/Bachof aaO mwN; einschränkend BVerwG NVwZ-RR 1992, 428), denn das Institut der Funktionsnachfolge dient geradezu dazu, eine Rechtsnachfolge zwecks Haftung zu begründen (vgl. BVerwG vom 15.12.1999 – 3 C 12/98 -; eingehend BGHZ 128, 140 ff; vgl. auch BSG vom 12.06.1989 – 2 RU 53/87- sowie BSG vom 14.12. 1995 – 2 RU 40/94 -; OLG Rostock vom 13.05.1993 – 1 U 247/92 -). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Funktionsnachfolge im Verhältnis Bezirksregierung zu Landesversorgungsamt nicht eingetreten, denn Art 1 § 3 Satz 1 des 2. ModernG ordnet eine vollständige Aufgabenübertragung im Sinn einer Rechtsnachfolge (so auch das IM im Schreiben vom 06.12.2000) an. Selbst wenn eine gesetzliche Funktionsnachfolge im Sinn der insoweit unzutreffenden Auffassung des 6. Senates des BSG (BSGE 73, 25) eingetreten wäre, ergäbe sich im Ergebnis nichts anderes. Dann wären zwar die Rechte und Pflichten auf die Bezirksregierung übergegangen. Ein den bundesrechtlichen Vorgaben genügendes Landesversorgungsamt wäre die Bezirksregierung dennoch nicht (dazu unten). Diese Defizite lassen sich auch durch ein unzutreffendes Verständniss der Funktionsnachfolge nicht beheben.
Eine (Gesamt)rechtsnachfolge eines Trägers öffentlicher Verwaltung in alle Verpflichtungen und Berechtigungen eines anderen ist nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zulässig (hierzu Wolff/Bachof aaO § 41 Rdn. 17). Ein solches Gesetz liegt mit Art 1 § 3 Satz 1 des 2. ModernG zwar vor, dennoch wird auf diesem Weg die Bezirksregierung nicht zum Landesversorgungsamt im Sinn des § 71 Abs. 5 SGG. Da der Landesgesetzgeber das Landesversorgungsamt aufgelöst hat, würde dies bedeuten, dass letztlich das Land bestimmt, durch welche Behörde es im gerichtlichen Verfahren vertreten wird. Hierzu ist das Land nicht befugt, da der Bund von seiner verdrängenden Gesetzgebungskompetenz (Art. 74 Nr. 1 GG) Gebrauch gemacht hat (vgl. auch Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 71 Anm. 4). Nötigenfalls müßte der Rechtsstreit unter diesem Gesichtspunkt nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden (dazu unten). Eine wirksame – bundesgesetzwidrige – Vertretung lässt sich über das Institut der Gesamtrechtsnachfolge jedenfalls nicht begründen.
Der Senat hält insoweit fest: Eine Identität oder auch auch nur Teilidentität zwischen dem vormaligen Landesversorgungsamt und der Bezirksregierung Münster besteht infolge Auflösung der Behörde nicht. Ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes auf der Grundlage einer Funktionsnachfolge ist nicht eingetreten. Die vom Land an geordnete Rechtsnachfolge ist nicht geeignet, die Bezirksregierung zum Landesversorgungsamt im Sinn des § 71 Abs. 5 SGG zu machen.
c)
Ausgehend vom Wortlaut des § 71 Abs. 5 SGG bleibt die Prozeßfähigkeit des Landes damit nur dann erhalten, wenn entweder die Abteilung 10 der Bezirksregierung oder aber die Bezirksregierung selbst – konstitutiv – das allein vertretungsberechtigte Landesversorgungsamt im Sinn des § 71 Abs. 5 SGG geworden ist.
aa)
Die Namensgebung ist dabei unerheblich. Die Bezirksregierung wird entgegen den Vorstellungen der Landesregierung (Beschluss vom 28.11.2000) nicht allein dadurch zum Landesversorgungsamt, dass deren Abteilung 10 nunmehr den Zusatz "Arbeit und Soziales, Landesversorgungsamt " trägt. Entscheidend ist nicht die Benennung sondern die Behördenstruktur. Grundvoraussetzung dafür, dass der gesetzliche Vertreter das prozeßunfähige Land vertreten kann, ist dessen Behördeneigen schaft. Dabei kommt es nicht auf den funktionellen Behördenbegriff des § 1 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, 10. Buch, Verwaltungsverfahren (SGB X) oder den zu §§ 28 LBG bzw. § 28 Bundesbeamtengesetz (BBG) entwickelten beamtenrechtlichen Behördenbegriff (hierzu BVerwGE 87, 310 ff) an. Im Zusammenhang mit § 71 Abs. 5 SGG ist auf den prozeßrechtlichen Behördenbegriff abzustellen, der an das organisationsrechtliche Verständnis anknüpft (hierzu Erichsen in Erichsen/Martens, 11. Auflage 1998, § 12 II 2 Rdn. 13 ff). Organisationsrechtlich ist unter Behörde eine in den Organismus der Staatsverwaltung eingeordnete, organisatorische Einheit von Personen und sächlichen Mitteln zu verstehen, die mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestattet und dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder von ihm geförderter Zwecke tätig zu sein (BVerfGE 10, 21 ff, 48 ; vgl. auchWolff/Bachof aa0 § 45 Rdn. 20).
bb)
Diesen Anforderungen genügt die Abteilung 10 nicht. Sie ist weder befugt, unter eigenem Namen nach außen eigenständig Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen, noch verfügt sie über eine (gewisse) organisatorische Selbständigkeit. Dies folgt unmissverständlich aus der Geschäftsordnung (GO) für die Bezirksregierungen in der Fassung vom 28.11.2000. Nach § 4 Abs. 3 GO ist die Bezirksregierung gemäß § 8 Abs. 2 LOG eine Bündelungsbehörde und bildet eine Einheit. Die Abteilung 10 ist daher schon denklogisch ein unselbständiger Teil der Behörde "Bezirksregierung". Auch verwaltungsprozeßrechtlich ist die Abteilung 10 keine Behörde. Sie ist nicht in der Lage, selbständig und eigenverantwortlich Verwaltungsakte zu erlassen (hierzu Rudolf in Erichsen/Martens aa0 52 Rdn. 31 mwN auf BVerwGE 9,172, 177 f.), denn die Aufgaben des Landesversorgungsamtes im Sinn des § 1 ErrG sowie Art 1 § 3 des 2. ModernG übernimmt die Bezirksregierung Münster (§ 4 Abs. 4 Satz 3 GO). Losgelöst hiervon läßt sich dies auch aus der sozialgerichtlichen Rechsprechung zu § 147 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) bzw. des § 245 Reichsversicherungsordnung (RVO) herleiten. Für die Abgrenzung zwischen selbständigem Betrieb und unselbständigem Betriebsteil ist danach wesentlich, ob ein selbständiger Leitungsapparat vorhanden ist, dem hinsichtlich der Gesamtheit der eingesetzten Arbeitsmittel wesentliche, für die Führung des Betriebs typische Entscheidungsspielräume belassen sind (BSG vom 11.12.1990 – 1 RR 3/89 – NJW 1991, 746-748; Peters in Kasseler Kommentar zum SGB V, 1997, § 147 Rdn. 8 mwN). Die Geschäftsordnung für die Bezirkregierungen vom 28.11.2000 belegt in den Abschnitten A bis F, dass die Abteilung 10 diese Vorgaben nicht erfüllt.
cc)
Auch die Bezirksregierung Münster ist nicht das Landesversorgungsamt im Sinn des § 71 Abs. 5 SGG, der (ursprünglich als § 71 Abs. 4) seit Inkrafttreten des SGG vom 03.03.1953 (BGBl I 1953, 1239, 1248) gilt. Das ErrG hingegen datiert bereits vom 12.03.1951 (BGBl. I S. 169). Konsequenterweise hat der Gesetzgeber des SGG auf die bereits vorhandenen Regelungen des ErrG zurückgegriffen. Hieraus folgt, dass das Landesversorgungsamt im Sinn des § 71 Abs. 5 SGG bei wortgetreuer Auslegung wesentlich auch durch bundesrechtliche Vorgaben bestimmt wird.
Nach § 1 des ErrG a. F. waren die Länder verpflichtet, Versorgungsämter und Landesversorgungsämter als besondere Verwaltungsbehörden zu errichten. In der Begründung zum Errichtungsgesetz vom 28.12.1950 (Drucks Nr. 1729) heißt es hierzu, dass die Landesversorgungsämter den Landesfiskus im Spruchverfahren vertreten sollen. Unter Geltung des § 1 ErrG a.F. wäre die Auflösung des Landesversorgungsamtes und Übertragung von dessen Aufgaben auf die Bezirksregierung Münster ersichtlich rechtswidrig gewesen (vgl. auch S. 91 des Berichts über die Zukunft der bayerischen Verwaltung für Versorgung und Familienförderung vom März 1997), denn die Bezirksregierung Münster ist die allgemeine Vertretung der Landesregierung im Bezirk (§ 8 Abs. 1 LOG NRW), mithin keine "besondere Verwaltungsbehörde" im Sinn des § 1 ErrG a.F.
Die Neufassung des § 1 ErrG ändert hieran im Ergebnis nichts. Der Wegfall der Verpflichtung, Landesversorgungsämter als "besondere Verwaltungsbehörden" zu errichten, bedeutet nicht, dass die bisherigen Aufgaben nunmehr von einer allgemeinen Verwaltungsbehörde durchgeführt werden können. Hierfür gibt weder der Wortlaut des § 1 ErrG n.F. noch ein Rückgriff auf die Materialien oder die Gesetzessystematik etwas her.
Lediglich ein vordergründiger Vergleich des Inhalts von § 1 ErrG a.F. mit § 1 ErrG n.F. kann die Auffassung rechtfertigen, dass den Ländern nunmehr die Möglichkeit eingeräumt ist, das Landesversorgungsamt auch als allgemeine Verwaltungsbehörde zu organisieren. Der Wortlaut des § 1 ErrG n.F. belegt dies indes schon nicht, denn der klarstellende Zusatz "allgemeine" ist hierin gerade nicht enthalten. Dies allerdings wäre angesichts der Entstehungsgeschichte des § 1 ErrG n.F. und der Regelung des § 3 ErrG zwingend gewesen. Der Senat folgert hieraus, dass das Landesversorgungsamt allenfalls in eine andere Sozialbehörde oder sonstige Sonderbehörde, die den Anforderungen der §§ 3,4 ErrG genügt, eingegliedert werden kann. (1) Das 2. Zuständigkeitslockerungsgesetz (ZLG) beruht auf einer Initiative des Bundesrates. Ursprüngliches Ziel war es, die Verwaltungsreform in den Ländern zu erleichtern und den Verwaltungsaufwand beim Vollzug von Bundesgesetzen zu vermindern (BT-Drucks. 14/640). Nach Artikel 33 des Entwurfs sollte das Errichtungsgesetz ersatzlos aufgehoben werden. Die Bundesregierung hat dem widersprochen (BT-Drucks. 14/640 Nr. 19 S. 19 f). Als Ergebnis der Beratungen ist Artikel 33 des Entwurfs entfallen (vgl. BT-Drucks. 14/2797 S. 4). Auf Veranlassung des Berichterstatters der Koalitionsfraktion des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ist in den Bericht des Innenausschusses ausdrücklich aufgenommen worden (BT-Drucks. 14/2797 S. 14):" Aufgrund des Verzichts auf besondere Verwaltungsbehörden in Artikel 25 (neu) ZLG besteht die Gefahr einer fachlichen Angliederung der Versorgungsverwaltung an andere Behörden, die keine Sozialbehörden mehr sein müssen. Ferner wäre die Dienstaufsicht durch fachfremde andere oberste Landesbehörden anstelle des Sozialministeriums möglich, wobei auf Dauer der Bestand einer hochqualifizierten Fachverwaltung nicht mehr gewährleistet wäre."
Dem entnimmt der Senat, dass der Bundesgesetzgeber allenfalls eine Aufgabenübertragung der Versorgungsverwaltung, also der Versorgungsämter und des Landesversorgungsamtes, auf eine andere Sozialbehörde als gerechtfertigt ansieht. Auch die Stellungnahme der Bundesregierung zu Art. 33 des Gesetzesentwurfs des Bundesrates zur Aufhebung des ErrG belegt dies. Darin wird ausdrücklich auf Organisations- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen der Versorgungsverwaltung, insbesondere in Bayern, verwiesen, aus denen folge, dass im Bereich des SER (und des Schwerbehindertengesetzes) eine Aufgabenverlagerung auf die Regierungen/Kreise weder bei den Personal- noch bei den Sachkosten günstiger sei, vielmehr neben rechtlichen und organisatorischen Bedenken anstelle von Einsparungen erhebliche Kosten verursacht würden (BT-Drucks. 14/640 S. 20). Zwar sind die rechtlichen Bedenken (hierzu S. 91 des Berichts über die Zukunft der bayerischen Verwaltung für Versorgung und Familienförderung vom März 1997) durch die Änderung des § 1 ErrG ausgeräumt, indessen gelten die von der Bundesregierung geäußerten organisatorischen und kostenmäßigen Bedenken weiter. Auch wenn das Land nur das Landesversorgungsamt, und nicht auch die Versorgungsämter, aufgelöst und nur dessen Aufgaben auf die Bezirksregierung Münster übertragen hat, dürften sich die von der Bundesregierung geäußerten Bedenken auch auf eine solche Situation beziehen.
Zutreffend verweist das zu 2) beigeladene BMA ferner darauf, dass die Änderung inhaltlich der aufgrund des Einigungsvertrags bestehenden Rechtslage in den neuen Bundesländern entspricht, in denen von vornherein auf die Errichtung besonderer Verwaltungsbehörden verzichtet worden ist, um den Aufbau multifunktionaler Landessozialbehörden zu fördern (hierzu Einigungsvertrag vom 31.08.1990, BGBl. II S. 889, Anlage I, Kapitel VIII 2 a). Zwar findet sich dieser Gedanke weder im Gesetzeswortlaut noch in den Materialien wieder, indessen ist dem Senat kein anderer Grund als die Angleichung an die in den neuen Bundesländern seither geltende Rechtslage ersichtlich.
Soweit der Beklagte dem entgegenhält, dass eine Legaldefinition des Begriffs "Sozialbehörde" nicht bekannt sei (S. 9 des Schriftsatzes vom 22.10.2001), trifft dies zwar zu, trägt seine Auffassung aber nicht. Der Begriff " Sozialbehörde" ist gebräuchlich (vgl. nur BT-Drucks. 14/640 S. 19; BT-Drucks. 14/2797 S. 14) und findet sich in einer Vielzahl von gerichtlichen Entscheidungen (Juris – Sozialrecht, Stand 12/1999: 55 Treffer, zB OLG Köln 13.08.1999 – 2 W 165/99 -, OLG Koblenz 09.06.1994 – 11 UF 700/93 -: BSHG; BVerfG vom 07.06.1993 – 1 BvR 68/89 -: Versorgungsamt). Im übrigen bedarf es einer Legaldefinition nicht, denn dieser Begriff lässt sich aus dem Zusammenhang des § 1 ErrG mit § 3 ErrG sowie den Vorschriften des 1. Abschnitts des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB I) hinreichend konkretisieren.
In funktionaler Betrachtung ist eine Sozialbehörde eine solche, die dazu dient, die Erfüllung der in § 1 SGB I genannten Aufgaben mittels der in den §§ 3 ff SGB I bezeichneten sozialen Rechte sicherzustellen. Das Landesversorgungsamt ist hiernach eine Sozialbehörde (§ 5 SGB I; vgl. auch BVerfG vom 07.06.1993 – 1 BvR 68/89 – zum Versorgungsamt), die Bezirksregierung Münster hingegen nicht (§ 8 Abs. 1 LOG). Soweit der Beklagte einwendet, die Bezirksregierung nehme seit jeher auch soziale Aufgaben wahr, was insbesondere im Dezernat 37 – Sozialwesen – zum Ausdruck komme, greift dies zu kurz. Abgesehen davon, dass den Sachgebieten des Dezernats 37 laut Geschäftsverteilungsplan der Bezirksregierung eine Reihe von Aufgaben zugeordnet sind, die keinen Bezug zu den in §§ 3 ff SGB I aufgeführten sozialen Rechten haben, handelt es sich um ein Dezernat unter insgesamt 63 Dezernaten. Bezogen auf das gesamte Aufgabenspektrum der Bezirksregierung ist es mithin von untergeordneter Bedeutung und kann es nicht rechtfertigen, die Bezirksregierung nunmehr als Sozialbehörde anzusehen. Auch die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von dem Beklagten geäußerte Auffassung, angesichts der Vielzahl der der Bezirksregierung übertragenen Aufgaben, sei diese keine allgemeine Verwaltungsbehörde, vielmehr im jeweiligen Tätigkeitsbereich als "besondere Verwaltungsbehörde" zu verstehen, führt nicht weiter. Der Senat versteht den Begriff "allgemeine Verwaltungsbehörde" in Abgrenzung zum Begriff "besondere Verwaltungsbehörde" im Sinn von § 1 ErrG a.F … Die "besondere Verwaltungsbehörde" wird durch einen speziellen Aufgabenbereich und Fachressortierung bestimmt. Die Bezirksregierung hingegen ist zuständig für alle Aufgaben der Landesverwaltung, die nicht ausdrücklich anderen Behörden übertragen sind (§ 8 Abs. 3 LOG). Zutreffend wird die Bezirksregierung deswegen dahin beschrieben, dass sie die Funktion einer all gemeinen Verwaltungsbehörde in der Mittelinstanz hat (Erichsen/Martens aa0, Anlage 3 -Aufbau der Landesverwaltung in NRW – Fn. 4).
Die von dem Beklagten und der Beigeladenen zu 2) vertretene Auffassung, es genüge den formalen Anforderungen des § 1 ErrG n.F., das Landesversorgungsamt als eigenständige Behörde aufzulösen und dessen Aufgaben einem unselbständigen Teil (Abteilung) einer Behörde der allgemeinen Verwaltung zu übertragen, zeigt im übrigen in aller Deutlichkeit, dass Landesrecht mit Bundesrecht kollidiert. Mit dieser Argumentation könnten auch die Versorgungsämter als eigene Behörde aufgelöst und deren Aufgaben auf andere Landesunterbehörden übertragen werden. Dass eine solche "Verwaltungsmodernisierung" erkennbar dem Willen des Bundesgesetzgebers widersprechen würde, sieht der Senat nicht als erörterungswürdig an.
(2)
Die Bezirksregierung Münster genügt auch nicht den Anforderungen des § 3 ErrG. Aus dieser Regelung ist herzuleiten, dass das Landesversorgungsamt bzw. die Behörde, die dessen Aufgaben wahrnimmt, jedenfalls eine Sonderbehörde (zum Begriff vgl. Wertenbruch in von Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, 4. Auflage, 1976, S. 372) sein muß. Denn hiernach muß das Landesversorgungsamt im Sinn des § 1 ErrG, ungeachtet seiner Behördenbezeichnung, der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde unterstehen. Dieses ist in Nordrhein-Westfalen ausweislich der Anordnung des Ministerpräsidenten vom 01.09.1999 (GV. NRW. vom 12.03.1999 S. 52 f) das Ministeriumfür Arbeit, Soziales, Stadtentwicklung, Kultur und Sport bzw. nunmehr das Ministerium für Arbeit, Soziales, Qualifikation und Technologie.
Aus der Verwendung des Begriffs "unterstehen" und mangels anderer gesetzlicher Vorgaben lässt sich bereits herleiten, dass die für die Kriegsopferversorgung zuständige oberste Landesbehörde sowohl die Dienst- als auch die Fachaufsicht ausübt. Auch die Begründung zu § 3 ErrG ist unmissverständlich. Danach soll die Unterstellung der übergeordneten Behörde die Möglichkeit geben, sowohl fachliche Weisungen zu erteilen als auch die Dienstaufsicht auszuüben (BT-Drucks. 1949, Nr. 1729). Die seinerzeit lediglich klarstellende Änderung des § 3 Satz 2 ErrG wurde ausdrücklich damit begründet, aus Gründen der einheitlichen Organisation der Bundesversorgungsverwaltung sei es notwendig, die Dienstaufsicht über die Verwaltungsbehörden und die nach § 2 ErrG einzurichten den Stellen in sämtlichen Ländern von dem für das Versorgungswesen zuständigen Ministerium wahrnehmen zu lassen (BT-Drucks. 1949, Nr. 1729). Soweit das Landesversorgungsamt oder die Behörde, die dessen Aufgaben wahrnimmt, auch andere Aufgaben ausführt, die ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich des für die Angelegen heiten der Kriegsopferversorgung zuständigen Ministeriums fallen, wie in einigen Bundesländern geschehen, ist dies mit § 3 ErrG vereinbar. Durch die Aufgabenzuweisung wird die Aufsicht im Sinn des § 3 ErrG nicht tangiert.
Zutreffend verweist die Beigeladene zu 2) darauf, dass es eine bundesgesetzliche Legaldefinition des Begriffs "Dienstaufsicht" nicht gibt. Dies ist indessen unschädlich, denn die organisationsrechtliche Dienstaufsicht bezieht sich nach allgemeiner Meinung auf den Aufbau, die innere Ordnung, die allgemeine Geschäftsführung und die Personalangelegenheiten (Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht II., 4. Auflage, § 77 II. 4. ff zum Begriff der Organaufsicht und der Dienstaufsicht; Schenker in Stein, Besonderes Verwaltungsrecht, 4. Auflage, 1992, II H Rdn. 167). Dem entsprechen die Legaldefinitionen des § 12 Abs. 1 LOG NRW, § 21 LVG Baden-Württemberg, § 10 LOG Brandenburg und §§ 15,16 LVwG Schleswig-Holstein.
Ausgehend von dem organisationsrechtlich allgemein anerkannten und in § 12 Abs. 1 LOG NRW legal definierten Begriff der Dienstaufsicht ist dem MAQST die Dienstaufsicht rechtlich nur für einen rudimentären Rest verblieben. Von den vier Komponenten der Dienstaufsicht sind drei nunmehr uneingeschränkt dem IM zugewiesen, nämlich die Aufsicht über den Aufbau, die Organisation und die innere Ordnung (§ 12 Abs. 2 LOG). Auf dieser Grundlage beruht der Erlaß des IM vom 13.12.2000 – V A 3 – 33.00/36.00 -, der Aufbau, innere Ordnung und Organisation der Bezirksregierungen regelt. Dem MAQST verbleibt lediglich die Fachaufsicht sowie nach § 12 Abs. 3 LOG die Aufsicht im Sinn des § 3 Abs. 1 LBG hinsichtlich eines begrenzten Personenkreises. Die vom MASQT ausgeübte Dienstaufsicht i.S. v. § 3 LBG entspricht damit nicht dem Begriff der Dienstaufsicht nach § 12 Abs. 2 LOG. § 3 LBG regelt die Dienstaufsicht im engeren Sinn, also die personalrechtliche (zB beamtenrechtliche) Aufsicht über die Pflichterfüllung des Amtsträgers im Innenverhältnis zu seinem Dienstherrn (Deutsches Rechtslexikon, 2. Auflage, 1992, 335). Das MASQT hat nur noch die personalrechtliche Dienstaufsicht über die Beamten des mittleren und gehobenen Dienstes und vergleichbare Angestellte insoweit inne, als sie in der Abteilung "Arbeit, Soziales und Landesversorgungsamt" versorgungsfachliche Aufgaben wahrnehmen und eine spezielle Ausbildung besitzen (Art. 11 § 1 Abs. 1 des 2. ModernG), sowie über die aus dem Landesversorgungsamt übernommenen Beamten des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes und vergleichbaren Angestellten für eine Übergangsfrist von fünf Jahren (Art. 11 § 2 des 2. ModernG). Die Dienstaufsicht erstreckt sich nicht auf Bedienstete in der Abteilung, die sog. Querschnittsaufgaben (Organisations-, Personal- und Haushaltsangelegenheiten, Registratur-, Schreib- und Fahrdienst) wahrnehmen, sowie auf Beamte des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes oder vergleichbare Angestellte, sofern sie in der Abteilung "Arbeit, Soziales und Landesversorgungsamt" eingesetzt sind und zuvor nicht beim Landesversorgungsamt tätig waren. Auch die Ernennung und Bestellung von Bediensteten der Leitungsfunktionen innerhalb dieser Abteilung – Abteilungsleiter, Hauptdezernenten, Dezernenten – obliegt dem IM, wobei hinsichtlich des Abteilungsleiters und der Hauptdezernenten lediglich ein Einvernehmen mit dem MAQST herzustellen ist (§ 17 Abs. 2 und § 18 Abs. 6 GO in der Fassung vom 28.11.2000). Aus dem Wortlaut des § 3 ErrG sowie den übrigen Bestimmungen des ErrG ist eine solch weitgehende Beschränkung der Aufsichtsbefugnisse der für die Kriegsopferangelegenheiten zuständigen obersten Landesbehörde nicht herzuleiten.
Der Beklagte hält dem entgegen, dass das IM bei einer Vielzahl von Entscheidungen das Einvernehmen mit dem Fachressort herstellen muß. Das trifft zwar zu (zB § 8 Abs. 4 Satz 2 LOG, § 17 Abs. 2 GO), lässt aber nicht die Schlußfolgerung zu, dass insoweit auch das Fachressort die Dienstaufsicht hat. Verlangt das Gesetz die Herstellung des Einvernehmens, kann die fragliche Entscheidung nur mit Zustimmung der mitwirkungsberechtigten Stelle erlassen werden (Badura in Erichsen/Martens, § 37 II Rdn. 33). Durch das Einvernehmenserfordernis wird indessen die Entscheidungszuständigkeit als solche nicht berührt (BSG vom 14.05.1992 – 6 RKa 41/91 -). Deswegen ist es auch mißverständlich, von einem "gemeinsamen" Verwaltungsakt zu sprechen (Badura aa0). Von einer gemeinsamen Ausübung der Dienstaufsicht in den Teilbereichen, die nunmehr dem IM zugeordnet sind, kann bei dieser Sachlage keine Rede sein.
Soweit der Beklagte meint, die Vorschriften des ErrG seien länderfreundlich auszulegen, trägt das die gegen den Wortlaut des ErrG verstoßenden landesrechtlichen Regelungen nicht. Der Begriff "länderfreundlich" ist im Verhältnis Bundesrecht zu Landesrecht nicht bekannt (Juris On-line: Null-Treffer). Lediglich in einer gerichtlichen Entscheidung wird dieser Begriff im Zusammenhang mit kommunaler Rechtssetzung dahingehend verwandt, dass die Kommunen den Grundsatz des bundesfreundlichen und länderfreundlichen Verhaltens nicht verletzen dürfen (OVG Rheinland-Pfalz DVBl. 1988, 796 ff). Der Beklagte meint denn auch etwas anderes, nämlich dass Bundes- und Landesgesetzgeber Rücksicht auf die gegenseitigen Interessen nehmen müssen (BVerfGE 4,140; Schmidt-Bleibtreu/Klein, vor Art. 70 Rdn. 2). Unzutreffend ist vor diesem Hintergrund die von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerte Ansicht, infolge einer Änderung der Verhältnisse (zB Verringerung der Zahl der Kriegsopfer) müsse das ErrG heute anders als 1950 interpretiert werden. Eine solche Auslegungsmethode ist dem Senat nicht bekannt. Aufgabe des Bundesgesetzgebers wäre es, das ErrG gewandelten Verhältnissen oder Anschauungen anzupassen. Geschieht dies nicht bzw. nur in einem Teilbereich durch Neufassung des § 1 ErrG, bringt der zuständige Bundesgesetzgeber klar zum Ausdruck, dass er der Versorgung der dem SER unterfallenden Geschädigten weiterhin eine besondere Bedeutung beimißt. Dies hat die Bundesregierung in ihrer Stellung nahme zu Art 33 des Entwurfs des Bundesrates (Streichung des ErrG) unmissverständlich deutlich gemacht. Danach gelten die Gründe, die zur Errichtung von besonderen Landesverwaltungen für die Versorgung der Kriegsopfer geführt haben, weiterhin (BT-Drucks. 14/60 S. 19).
(3)
Das vom Bundesrecht abweichende Landesrecht wird im übrigen von einer diametral anderen Interessenlage bestimmt. Mit der Integration des Landesversorgungsamtes sollen "wichtige landespolitische Ziele" verfolgt werden, nämlich eine straffere, transparentere, zukunftssichere Behördenstruktur auf der mittleren Verwaltungsebene, Verbesserung der Effektivität und Effizienz sowie die Schaffung einer auch in der Zukunft bezahlbaren Verwaltung (Schriftsatz des IM vom 22.12.2000). Die Bundesregierung hat zu Art. 33 des BR-Entwurfs (Streichung des ErrG) demgegenüber die Auffassung vertreten, dass das geltende Errichtungsgesetz einer Fortentwicklung der Organisationsstrukturen und einer Optimierung der Verfahrensabläufe nicht entgegensteht, vielmehr Verschlankungen, Stelleneinsparungen und Rationalisierungen (Zusammenlegung von Versorgungsämtern und Errichtung gemeinsamer Landesversorgungsämter) ermöglicht (BT-Drucks. 14/640 S. 19,20 ). Darüber hinaus hat die Bundesregierung die Bedeutung einer fachkompetenten Versorgung durch moderne Landessozialbehörden ausdrücklich betont (BT-Drucks. 14/640 S, 19). Dass sich an dieser Einschätzung im nachfolgenden, zu § 1 ErrG n.F. führenden Gesetzgebungsverfahren nichts Grundlegendes geändert hat, belegt die Stellungnahme des Berichterstatters der Koalitionsfraktion im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zu Art. 25 ZLG (BT-Drucks. 14/2797 S. 14, vgl. bereits oben). Bei dieser Sachlage besteht keine Möglichkeit, das ErrG länderfreundlich zu "reduzieren". Im Gegenteil: Hieraus wird umsomehr deutlich, dass das Landesrecht gegen Bundesrecht verstößt.
Der in den Materialien zum ErrG benutzte Begriff der Dienstaufsicht (BT-Drucks. 1949, Nr. 1729) ist inhaltlich auch nicht anders zu verstehen, als nunmehr in § 12 Abs. 1 LOG legal definiert. Zwar findet sich die Definition des § 12 Abs. 1 LOG in der dem Senat zugänglichen Literatur des Allgemeinen Verwaltungsrechts aus der damaligen Zeit nicht wieder. Teilweise wurde nur die Funktion der Dienstaufsicht beschrieben (vgl. Nebinger, Verwaltungsrecht AT, 2. Auflage, 1949, S. 301; Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts AT, 3. Auflage, 1953, S. 413), teilweise wurde sie aber auch dahin interpretiert, dass im Gegensatz zur Fachaufsicht nicht nur die sachliche Tätigkeit, sondern die gesamte Betätigung des Personals der Behörde der Aufsicht der höheren Behörde unterliegt (Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 48). Dies eher allgemeine Verständnis entspricht der Konkretisierung, die nunmehr im Verwaltungsorganisationsrecht üblich ist und u.a. in § 12 Abs. 1 LOG ihren Niederschlag gefunden hat. Die "Dienstaufsicht" im Sinn der Materialien zu § 3 ErrG entspricht daher der landesrechtlichen Legaldefinition in § 12 Abs. 1 LOG.
Dies ergibt sich überdies aus folgendem: In der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Änderungsvorschlägen des Deutschen Bundesrates vom 01.12.1950 zum ErrG wird ausdrücklich darauf hingewiesen, es sei selbstverständlich, dass die zuständige oberste Landesbehörde die Leitung des Versorgungswesens habe und dies nicht besonders gesagt zu werden brauche (Anlage 3 zum Schreiben des Bundeskanzlers vom 28.12.1950 an den Bundestag; BT. Drucks. Nr. 1729). Hieraus folgt im Zusammenhang mit den in Bezug genommen Änderungsvorschlägen des Bundestages (Anlage 2 aa0), dass Fach- und Dienstaufsicht als Wesensmerkmale der aufsichtlichen Leitung auch nach § 3 ErrG uneingeschränkt und damit mit allen nunmehr in § 12 Abs. 1 LOG aufgeführten Komponenten bei der obersten Landesbehörde liegen sollten.
5.
Der Senat faßt zusammen: Art. I § 3 des 2. ModernG verstößt insofern gegen § 1 des ErrG, als die Aufgaben des Landesversorgungsamtes nicht einer Landessozialbehörde, oder einer den Anforderungen des § 3 ErrG genügenden sonstigen Sonderbehörde übertragen worden ist. § 12 Abs. 2 und Abs 3 LOG NRW iVm Art. II §§ 1, 2 ModernG verstoßen insofern gegen § 3 ErrG, als dem MASQT nur eine personalrechtliche Dienstaufsicht in Teilbereichen verbleibt. Aufgabe der Beigeladenen zu 2) ist es, den Beklagten mit dem Instrumentarium der Art. 83 ff GG zu rechtmäßigem Handeln anzuhalten.
Zur Überzeugung des Senates steht damit fest, dass bei wortgetreuem Verständnis des § 71 Abs. 5 SGG weder die Bezirksregierung Münster noch die – unselbständige – Abteilung 10 das Landesversorgungsamt im Sinn dieser Vorschrift ist. Wegen Wegfalls des gesetzlichen Vertreters des prozeßunfähigen Landes wäre der Rechtsstreit daher ab dem 01.01.2001 unterbrochen (§ 202 SGG iVm § 241 ZPO). Der Kläger könnte die Unterbrechung beenden, indem er dem Gericht die Absicht anzeigt, das Verfahren fortzusetzen. Das scheitert vorliegend aber daran, dass das Gericht die Anzeige dem Gegner zustellen muß, was solange nicht möglich ist, wie der Gegner prozeßunfähig ist. Angesichts des Justizgewährungsanspruchs des Klägers (hierzu BVerfG NJW 2001, 214 ff) müßte der Senat daher in entsprechender Anwendung des § 72 SGG (hierzu Peters/Sautter/Wolff § 72 Anm. 2; Meyer-Ladewig § 72 Rdn. 2) zunächst einen besonderen Vertreter für das Land bestellen.
6.
Angesichts dieser Rechtslage hat der Senat erwogen, den Rechtsstreit dem Bundesverfassungsgericht gem. Art. 100 Abs. 1 GG vorzulegen. Das wäre auch im Falle einer gerichtlichen Zwischenentscheidung über die Frage, ob das Verfahren unterbrochen ist, möglich und ggf. notwendig (hierzu BVerfGE 63, 1 ff). Der Senat sieht hiervon indes aus nachfolgenden Gründen ab.
Nach Art. 100 Abs. 1 GG müßte der Senat landesrechtliche Regelungen für verfassungswidrig halten. Das setzt subjektiv die Über zeugung von der Ungültigkeit der Norm voraus. Zweifel oder bloße Bedenken reichen nicht aus (hierzu Maunz-Dürig, GG, Art. 100 Rdn. 35). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Senat ist nach ein gehender rechtlicher Prüfung davon überzeugt, dass die landesrechtlichen Regelungen – wie dargestellt – gegen bundesrechtliche Vorgaben verstoßen und damit rechtswidrig sind; die Vorlage ist jedoch nicht unerläßlich im Sinn von BVerfGE 63, 1, 23. In einer sich vom Wortlaut des § 71 Abs. 5 SGG lösenden Auslegung hält es der Senat für noch vertretbar, diese Vorschrift dahin zu interpretieren, dass es ausreicht, wenn für das Land fachkompetente Bevollmächtigte im Sinn von § 4 ErrG auftreten.
a)
§ 71 Abs. 5 SGG beruht auf dem wortgleichen § 20 Abs. 4 SGG in der Fassung des SGG vom 03.09.1953. Die dem zugrundeliegende Begründung enthält zur Frage, warum die Sonderregelung geschaffen werden soll, keine Hinweise (BT- Drucks Nr. 4357 S. 25). Lediglich der Begründung zu § 1 des ErrG ist zu entnehmen, dass das Landesversorgungsamt den Landesfiskus im Spruchverfahren vertreten soll (BT-Drucks. Nr. 1729). Wiederum fehlen jegliche weiter führenden Hinweise. Hieraus erschließt sich aber immerhin, dass der Bundesgesetzgeber bei Schaffung des ErrG im Jahre 1950 bereits die Vorstellung hatte, das in § 1 ErrG ausdrücklich genannte Landesversorgungsamt solle den Landesfiskus vertreten. Gleichwohl war es vor dem Inkrafttreten des SGG im Jahre 1953 strittig, ob im Versorgungsrecht der Bund oder das in Betracht kommende Land zu verklagen sei; hier sollte § 71 Abs. 5 Klarheit schaffen (so Peters/Sautter/Wolff, SGG, § 71 Anm 4; hierzu auch BSG vom 17.11.1967 – 10 RV 501/64 – SozR § 71 SGG Da 2). Insoweit hat der Bundesgesetzgeber bei Schaffung des SGG nur auf die im Gesetzgebungsverfahren zum ErrG selbst aufgestellte Vorgabe zurückgreifen müssen, das Landesversorgungsamt als gesetzlichen Vertreter des Landes zu bestimmen. Das wiederum spricht dafür, dass das Landesversorgungsamt im Sinn des § 71 Abs. 5 SGG inhaltlich-funktional durch die Regelungen des ErrG (mit)bestimmt wird. Demnach wäre ein Landesversorgungsamt oder eine dessen Aufgaben wahrnehmende Behörde ungeachtet der formalen Bezeichnung nur dann geeignet, das Land zu vertreten, wenn es den Anforderungen der §§ 1 ff ErrG genügt. Das ist – wie ausgeführt – derzeit nicht der Fall.
b)
Die Frage nach Sinn und Zweck des § 71 Abs. 5 SGG ist hiermit indes nicht vollends beantwortet. Ist Inhalt dieser Vorschrift nur die Klarstellung, dass das Land und nicht der Bund zu verklagen ist, bleibt es dem Land – insoweit – unbenommen, die organisationsrechtliche und aufsichtsrechtliche Struktur des gesetzlichen Vertreters landesrechtlich zu regeln (Art. 83 GG). Verstößt die landesrechtliche Regelung – wie hier – gegen bundesrechtliche Vorgaben, ist der Normzweck des § 71 Abs. 5 SGG hiervon nicht berührt. Es verbleibt weiterhin dabei, dass das Land, vertreten durch eine die Aufgaben des Landesversorgungsamtes wahrnehmende, möglicherweise anders bezeichnete Behörde, legitimiert ist. Auch wenn die Regelung des § 71 Abs. 5 SGG lediglich auf ein Bedürfnis nach Koordination der Versorgungsverwaltung der einzelnen Länder zurückgehen sollte (so LSG Bremen Breithaupt 1954, 985, 989), ergibt sich nichts anderes. Im Zusammenhang mit der Frage, wer das Land gesetzlich vertritt, war und ist es für den Bund belanglos, wie die vertretende Behörde landesrechtlich strukturiert bzw. organisiert ist. Einem etwaigen Koordinationsbedürfnis ist hinreichend Rechnung getragen, wenn sichergestellt ist, dass das Land von einer Behörde vertreten wird, die die Aufgaben des Landesversorgungsamtes ausübt. Hierfür spricht im Ergebnis auch § 4 ErrG. Darin hat der Gesetzgeber aus drücklich angeordnet, dass die Beamten und Angestellten der Versorgungsverwaltung für ihre Aufgaben besonders geeignet sein sollen. Dies gilt auch für das Landesversorgungsamt. Durch die Anordnung, dass das Land durch das Landesversorgungsamt vertreten wird, hat der Bundesgesetzgeber mithin zum Ausdruck gebracht, dass die Prozeßführung von besonders fachkompetenten Beschäftigten betrieben werden soll. Das hat die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu Art 33 ZLG (Streichung des ErrG) mittelbar aufgenommen, indem sie auf eine schwierige und differenzierte Rechtsmaterie verwiesen hat, die eine zentrale Koordination der Aufgabenerledigung mit umfassender Fachkompetenz verlangt (BT-Drucks. 14/640 S. 19). Dann aber kommt es auf innere Struktur und Organisation der vertretenden Behörde nicht an, solange diese nur – wie hier – die Aufgaben des Landesversorgungsamtes ausüb und sichergestellt ist, dass die Prozeßführung fachkompetent betrieben wird. Das ist – jedenfalls derzeit – der Fall. Der Sitzungsvertreter des Beklagten, Regierungsvizepräsident Wirtz, hat dies dem Senat in der mündlichen Verhandlung zugesagt.
Damit ist der Rechtsstreit ungeachtet dessen, dass die bezeichneten landesrechtlichen Regelungen des 2. ModernG gegen das bundesrechtliche ErrG verstoßen, nicht unterbrochen. In einer vom Senat für noch vertretbar gehaltenen Auslegung des § 71 Abs. 5 SGG reicht es aus, wenn das Land durch eine Behörde vertreten wird, die die Aufgaben der vormaligen Landesversorgungsamtes ausübt und gewährleistet, dass die Prozeßführung in den Händen fachkompetenter Mitarbeiter im Sinn des § 4 ErrG liegt.
II.
In der Sache hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg.
1.
Zutreffend hat der Kläger die Klage gegen das Land NRW und nicht gegen die Beigeladene zu 1) gerichtet. Zwar hat diese den angefochtenen Bescheid vom 08.04.1999 erlassen. Das verfahrensrechtliche Streitprogramm wird indes, ungeachtet der Frage, ob und inwieweit das Verwaltungsverfahren formell korrekt abgelaufen ist (dazu nachfolgend), durch den Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes vom 09.06.1999 bestimmt (§ 95 SGG). Hierdurch hat der Beklagte über einen Anspruch im Rahmen des Versorgungsrechtsstreits zwischen dem Land und dem Kläger entschieden. Die Krankenkasse war notwendig beizuladen (§ 75 Abs. 2 SGG).
Die Beigeladene zu 1) hat durch ihre Hauptverwaltung mit Bescheid vom 08.04.1999 den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten der bei ihm vorzunehmenden Nierentransplantation abgelehnt. Am 17.03.1999 (Eingangsstempel) ist ihrer Geschäftsstelle Aachen der Anerkennungsbescheid des Versorgungsamtes Aachen vom 12.03.1999 zugegangen und von dort am 12.05.1999 per Fax an die Hauptverwaltung weitergeleitet worden. Damit war der Hauptverwaltung im Zeitpunkt der Bescheiderteilung vom 08.04.1999 der Bescheid des Versorgungsamtes vom 12.03.1999 nicht bekannt. Der Bescheid der Hauptverwaltung beruht infolgedessen auf dem Versicherungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Krankenkasse (§ 2 SGB V iVm §§ 11 ff. SGB V) und betrifft nicht das Versorgungsrechtsverhältnis des Klägers zum Land. Die Krankenkasse ist damit nicht nach § 18c Abs. 2 Satz 1 BVG für die Verwaltungsbehörde tätig geworden. Demgemäss bezieht sich der Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes nicht auf einen Verwaltungsakt, der im Rahmen der Leistungserbringung von einer Krankenkasse erlassen worden ist (§ 18c Abs. 2 Satz 2 BVG). Die beigeladene Krankenkasse wollte im Versicherungsverhältnis entscheiden und hat das auch getan.
Das Landesversorgungsamt ist funktionell nur befugt, solche Bescheide einer Krankenkasse zu überprüfen, die diese im Auftragsverhältnis auf der Grundlage von § 18c Abs. 2 Satz 2 BVG erlassen hat. Zur Entscheidung über Widersprüche gegen Bescheide der Krankenkasse aus Krankenversicherungsrecht ist hingegen allein die von der Vertreterversammlung der Krankenkasse bestimmte Stelle zuständig (§ 85 Abs. 2 Nr. 2 SGG). Gleichwohl ist der Widerspruchsbescheid nicht aus diesem Grunde wegen absoluter Unzuständigkeit gem. § 40 Abs. 1 SGB X aufzuheben (hierzu BSG vom 11.12.1987 – 12 RK 22/86 – E 62, 281-298, BSG vom 15.12.1988 – 4/11a RLw 6/87 – USK 88207; LSG Niedersachsen 14. 09.1994 – L 5 Ka 47/93 -). Das Landesversorgungsamt hat im Gegensatz zur Krankenkasse auf der Grundlage des Versorgungsrechtsverhältnisses entschieden. Im Ergebnis beruht damit der Widerspruchsbescheid auf dem Versorgungsrechtsverhältnis, überprüft aber einen krankenversicherungsrechtlichen Bescheid der beigeladenen Krankenkasse. Das ist kein Fall der absoluten Unzuständigkeit. Der Rechtsfehler liegt allein darin, dass kein von der Krankenkasse im Wege der Auftragsverwaltung erlassener Bescheid nach § 18c Abs. 2 BVG vorliegt. Ob dieser Mangel nach § 41 Abs. 1 SGB X geheilt ist, oder ob dem der in § 41 Abs. Nr. 5 SGB X (Mitwirkung einer anderen Behörde) zugrundeliegende Rechtsgedanke entgegensteht, kann offen bleiben. Denn jedenfalls kann der Kläger die Aufhebung des Widerspruchsbescheides nicht wegen dieses Verfahrensmangels verlangen, da eine andere Entscheidung in der Sache (dazu unten) nicht in Betracht kommt (§ 42 SGB X). Soweit auch die vorgeschriebene Abhilfeprüfung (§ 85 Abs. 1 SGG) unterblieben ist, macht auch dieser Mangel den Bescheid nicht aufhebbar (§ 42 SGB X).
2.
Der vor dem SG und dem erkennenden Senat gestellte Klageantrag ist daher so zu verstehen, dass es dem Kläger vorrangig um die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 09.09.1999 und Verurteilung des Landes zur Leistung (§ 54 Abs. 4 SGG), hilfsweise um Aufhebung des Bescheides vom 08.04.1999 und Verurteilung der beigeladenen Krankenkasse zur Leistung (§ 54 Abs. 4, § 75 Abs. 2 SGG) geht. Bezogen auf den Bescheid der Krankenkasse fehlt zwar ein Widerspruchsbescheid. Die Klage war aber dennoch nicht unzulässig, denn die Klageerwiderung ersetzt den Widerspruchsbescheid (Meyer-Ladewig § 78 Rdn. 3c mwN; str.).
Nach § 18c Abs. 3 Satz 1 bzw. Abs. 4 Satz 1 BVG sind die Kosten nur in "angemessenem" Umfang zu erstatten. Darin liegt keine Ermächtigung, das Ermessen auszuüben mit der Folge, dass insoweit ein Bescheidungsantrag zu stellen wäre. Die Regelungen wollen vielmehr ausdrücken, dass die Kosten für einen notwendige Behandlung in angemessenem Umfang zu erstatten sind, d.h. dass sie gem. § 12 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen (vgl. Fehl in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Auflage, 1992, § 18 Rdn. 15; im Ergebnis wohl auch: LSG Schleswig-Holstein vom 18.11.1996 – L 2 V 36/96 – Breithaupt 1997, 263 ff).
3.
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BVG wird Beschädigten Heilbehandlung für Gesundheitsstörungen, die als Folge einer Schädigung anerkannt sind, unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen gewährt. Zur Heilbehandlung rechnet u.a. die ambulante ärztliche Behandlung sowie die Krankenhausbehandlung (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5 BVG). Diese wird nur als Sachleistung erbracht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Das stellt § 18 Abs 1 BVG idF durch das KOV-Strukturgesetz (KOVStruktG) 1990 vom 23. März 1990 (BGBl I 582) ausdrücklich klar.
a)
Der Kläger hat keine Sachleistung des Versorgungsträgers oder der Krankenkasse in Anspruch genommen. Denn er hat sich nicht auf Kosten der Leistungsträger behandeln lassen, sondern die Krankenbehandlung selbst durchgeführt, indem er sich privatrechtlich gegenüber dem Krankenhausträger zur Zahlung der Kosten verpflichtet und diese inzwischen auch gezahlt hat. Die Sachleistungsverpflichtung des Beklagten ist damit durch anderweitige Zweckerreichung erloschen. Eine Kostenerstattung kommt allerdings nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen für die Sachleistung erfüllt sind und die selbstbeschaffte Leistung weiteren Anforderungen genügt. Denn beim Kostenerstattungsanspruch handelt es sich um einen vom Sachleistungsanspruch abgeleiteten Anspruch (§ 13 Abs. 1 SGB V). Ob an die Stelle des Sachleistungsanspruchs ein Kostenerstattungsanspruch getreten ist, bestimmt sich nach § 18 Abs.3 BVG bzw. § 18 Abs. 4 BVG. Da der Kläger die Operation (26.05.1999) nach Anerkennung der Schädigungsfolgen (Bescheid vom 12.03.1999) hat durchführen lassen, ist § 18 Abs. 4 BVG maßgebend. Danach sind die Kosten einer vom Berechtigten nach Anerkennung selbst durchgeführten Heil- und Krankenbehandlung in angemessenem Umfang zu erstatten, wenn unvermeidbare Umstände die Inanspruchnahme der Krankenkasse oder der Verwaltungsbehörde unmöglich gemacht haben. In Anlehnung an die Rechtsprechung auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. dazu BSG SozR 2200 § 182 Nr. 86; BSGE 73, 271, 273 ff.; BSGE 77, 102, 106 f.) ist auch im Versorgungsrecht ein Anspruch auf Kostenerstattung zu bejahen, wenn die Verwaltungsbehörde eine unaufschiebare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine beantragte Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (BSG 05.11.1997 – 9 RV 10/96 – SozR 3- 3100 § 18 Nr. 4; BSGE vom 09.04.1997- 9 RV 23/95 – SozR 3 – 3100 § 11 Nr.2). Unaufschiebare Leistungen liegen insbesondere bei Notfällen ( § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder Systemstörungen vor (BSG vom 06.03.1996 – 9 RV 11/95 – SozR 3 – 3100 § 18 Nr. 3). Bei einem Auslandsaufenthalt ruht der Sachleistungsanspruch allerdings (§ 16 SGB V). Auch eine Kostenerstattung wegen eines Auslandsaufenthaltes ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Peters in Kasseler – Kommentar § 16 Rdn. 6; BSG vom 06.03.1996 – 9 RV 11/95 – SozR 3 – 3100 § 18 Nr. 3). Dennoch führte der Aufenthalt des Klägers in der Schweiz nicht zum Ruhen seines Sachleistungsanspruchs. Durch das Zweite Zusatzabkommen vom 02.03.1998 (BGBl. 1989 II S. 892) der Zusatzvereinbarung vom 02.03.1998 sowie des Gesetzes vom 21.11.1989 ( BGBl. 1989 II S.890)ist die gesetzliche Krankenversicherung in das dem SGB V vorgehende Abkommensrecht mit der Schweiz (Abkommen vom 25.02.1964, BGBl. 1965 II S. 1293) einbezogen worden.
b)
Die Organtransplantation ist grundsätzlich als Sachleistung zu erbringen. Sie ist Teil der Heilbehandlung für den Organempfänger (BSGE 35, 102 f). Die Leistung muß ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Leistungen, die nicht notwendig sind oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Medizinisch mögliche, rechtlich allerdings verbotene, unzulässige oder ethisch-sittlich zu mißbilligende Leistungen können niemals wirtschaftlich sein. Die Krankenkasse darf diese Leistungen nicht erbringen.
c)
Sonach bestünde kein Sachleistungsanspruch und damit auch kein hiervon abgeleiteter Kostenerstattungsanspruch, wenn die Überkreuzspende durch das TPG generell verboten oder im Einzelfall unzulässig wäre. Das Gesetz differenziert. Nach § 17 Abs. 1 TPG ist es verboten, mit Organen, die einer Heilbehandlung zu dienen bestimmt sind, Handel zu treiben. Flankierend stellt § 18 Abs. 1 TPG den auch als Auslandsstraftat verfolgen Organhandel (§ 5 Nr. 15 StGB) unter Strafe. Ergänzend legt § 8 Abs. 1 TPG fest, unter welchen Voraussetzungen Organentnahmen bei lebenden Organspendern zulässig sind. In Satz 1 regelt das Gesetz die allgemeinen Voraussetzungen; in Satz 2 werden verschärfte Voraussetzungen für nicht regenerationsfähige Organe aufgestellt. § 9 TPG wiederum bestimmt, wann eine Organübertragung zulässig ist. Verstöße hiergegen werden als Ordnungswidrigkeit geahndet (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 TPG).
4.
Die Überkreuzspende wäre danach verboten und unter Strafe gestellt, wenn sie als "Handeltreiben" im Sinn des § 17 Abs. 1 TPG zu verstehen sein sollte. Ist sie nicht verboten, bleibt sie dennoch unzulässig, wenn nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG vorliegen.
a)
Das Tatbestandsmerkmal "Handeltreiben" im Sinn von § 17 Abs. 1 TPG bzw. § 18 Abs. 1 TPG erfasst eine Überkreuzspende nicht. Der Wortlaut beider Vorschriften deutet allerdings unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien auf das Gegenteil hin. Eine Legaldefinition des "Handeltreibens" fehlt im TPG. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist die Überkreuzspende einem Ringtausch vergleichbar (hierzu Palandt, BGB, 60.Auflage, 2001, § 515 Rdn 2b; zum Ringtausch vgl. auch Anfrage der Abgeordneten Reichard, CDU/CSU Fraktion, in BT-Drucks. 14/868 S. 20 sowie Dufkova in MedR 2000, 408 ff). Im Verhältnis der Ehepaare wird eine Niere jeweils nur gespendet, weil als Gegenleistung eine andere Niere gegeben wird ("do ut des"). Die Ehefrau des Klägers hat die Frage des SG, ob sie sich vorstellen könne, ihre Niere zuerst der akutbedürftigen Frau B zu spenden, verneint. Bei einer Vorabspende ihrerseits könne man ja nicht wissen, ob Herr B dann einen Rückzieher mache. Demgemäss läge ein "Handeltreiben" im Sinn von Tauschhandel vor. Die Vorschriften über den Kauf (§ 433 ff BGB) wären entsprechend anzuwenden.
Auch die Gesetzesbegründung zu § 17 TPG (entsprechend § 16 des Entwurfs), spricht für die Auffassung, eine Überkreuzspende als Organhandel aufzufassen. Zur Auslegung des Begriffs "Handeltreiben" solle auf die umfangreiche Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG) und des Bundesgerichtshofs (BGH) zurückgegriffen werden, die der Gesetzgeber im Bundesbetäubungsmittelgesetz (BtMG) aufgegriffen habe; unter Handeltreiben sei danach jede eigennützige, auf Güterumsatz gerichtete Tätigkeit zu verstehen, selbst wenn es sich nur um eine gelegentliche, einmalige oder vermittelnde Tätigkeit handele (BT-Drucks. 13/4355 S. 30 sowie BR-Drucks. 875/94 S. 8 f. zu § 298 StGB E; hierzu zB BGH NJW 1986, 2584). Ein eigennütziges Handeln in diesem Sinn liege nicht nur vor, wenn ein Gewinn erzielt werden soll, sondern auch wenn sonstige Vorteile (zB sexuelle Leistungen) erstrebt werden (BGH NJW 1988, 1333; vgl. auch BGH NJW 1986, 2584, 2585; BGH NStZ-RR 1996, 20; einschränkend: BGH NJW 1993, 76). Das Begriffsmerkmal "Umsatz" ist zu bejahen, wenn einvernehmlich "Dinge" übertragen werden sollen. Danach ist weder erforderlich, dass Leistung und Gegenleistung den Handeltreibenden zufließen, noch dass ein Geldbetrag fließt (Schroth in MedR 1999, 67).
Ausgehend hiervon wäre das Tatbestandsmerkmal "Handeltreiben" in §§ 17 f. TPG erfüllt. Daß bei der Überkreuzspende ein "Umsatz" in vorgenanntem Sinn erfolgt, bedarf keiner Vertiefung. Der "sonstige Vorteil" für Frau K liegt darin, dass Herr B im Anschluss an ihre Vorleistung bereit ist, seine Niere auf den Kläger übertragen zu lassen. Der "sonstige Vorteil" für den Kläger ist darin zu sehen, dass ihm das Organ einer lebenden Person zur Lebenserhaltung übertragen wird. Demnach wäre die Überkreuzspende nicht nur verboten (§ 17 TPG), die Eheleute K hätten zudem den Straftatbestand des § 18 Abs. 1 TPG verwirklicht (zum Strafbarkeitsrisiko bei einer Überkreuzlebendspende vgl. Teubner in Ärzteblatt Thüringen, 11 (2000) 4, Seite 210).
Der Senat hält dieses Ergebnis allerdings für verfehlt. Die Regelungen der §§ 17, 18 TPG sind teleologisch zu reduzieren. Der Gesetzgeber war von einem widersprüchlichen Willen getragen (Schroth in MedR 1999, 67). Die Begründung des Entwurfs zu § 16 TPG belegt, dass der Gesetzgeber mit §§ 17, 18 TPG die kommerzialisierte Organvergabe ausschließen wollte (BT-Drucks. 13/4355 S. 29 sowie BR-Drucks. 875/ 94 S. 3 zu § 98 StGB E). Gleichwohl hat er an den Begriff des Handeltreibens im Sinn des BtMG angeknüpft, das eine völlig andere Zielrichtung verfolgt. Die Rechtsvorschriften des BtMG sollen vornehmlich das Rechtsgut der Volksgesundheit schützen (BGH NJW 1991, 307, 309; BGH NJW 1983, 692). Der Individualschutz ist nachrangig. Insgesamt geht es den Strafvorschriften des BtMG darum, eine weitestgehende Lückenlosigkeit der Bestrafung zu erreichen (vgl. BGH NJW 1979, 1259; Paul in MedR 1999, 214). Das Schutzobjekt des § 17 Abs. 1 TPG ist demgegenüber "neben der körperlichen Integrität der Lebenden auch die Menschenwürde, die über den Tod hinaus Schutzwirkung entfaltet, und das Pietätsgefühl der Allgemeinheit" sowie der Schutz gegen "wucherische Ausbeutung gesundheitlicher Notla gen" (BT-Drucks. 13/4355 S. 29). Die Rechtsgüter der postmortalen Menschenwürde und des Pietätsgefühls der Allgemeinheit sind nicht geeignet, für den Bereich des TPG eine weite Auslegung des Begriffs "Handeltreiben" zu rechtfertigen (Paul aaO S. 215). Dem steht die gesetzgeberische Wertung in den §§ 167a, 168 und 189 StGB entgegen, diese Rechtsgüter nicht als abstrakte Gefährdungs- sondern als Erfolgsdelikte zu schützen. Für den gesetzgeberischen Zweck "Schutz vor Ausbeutung gesundheitlicher Notlagen" gilt nichts anderes. Nach § 291 StGB ist ein Erfolg, zumindest aber eine konkrete Vermögensgefährdung erforderlich. Zudem gibt die geringe Strafandrohung keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Schutz nunmehr weit in den Bereich der abstrakten Vermögensgefährdung vorverlagert werden müßte (Paul aa0). Auch das Individualrechtsgut "körperliche Integrität" rechtfertigt es nicht, den Begriff "Handeltreiben" dermaßen weit auszulegen, wie es die Gesetzesbegründung nahelegt. Gegen eine Gleichsetzung dieses Rechtsgutes mit der Volksgesundheit des BtMG spricht schon die Begründung zum TPG, die das Rechtsgut Leben nicht erwähnt, während die Volksgesundheit für die Strafvorschriften des TPG als vorgelagertes Rechtsgut sowohl das Leben als auch die körperliche Unversehrtheit bezeichnet wird (so zutreffend Paul aa0 S. 215; vgl. BGH NJW 1991, 307, 308).
Die Gesetzesbegründung legt damit die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber zwar auf den betäubungsmittelrechtlichen Begriff des "Handeltreibens" zurückgreifen wollte, dessen weiten Inhalt jedoch nicht vollends erkannt hat. Auch die Antwort des BMG vom 17.07.2000 (S. 9) an den Deutschen Bundestags auf die Petition des Klägers deutet auf ein solch verkürztes Verständnis hin. Davon, dass es bei der Überkreuz-Lebendspende "eindeutig" an einem eigennützigen, auf das Erzielen von Güterumsatz gerichteten Verhalten fehlt (so das BMG aaO) kann – wie dargestellt – keine Rede sein (vg. auch Schroth aaO und Paul aaO). Der Senat leitet aus der Gesetzesbegründung allerdings die Vorstellung des Gesetzgebers her, es liege keine Umsatzförderung und damit kein Handeltreiben vor, wenn zB ein Kranker Körpersubstanzen lediglich zur Übertragung auf ihn selbst erwirbt (BT-Drucks. 13/4355 S. 30). Mit der oben dargestellten Definition des Begriffs "Umsatz" lässt sich dies jedoch schwerlich in Einklang bringen. Anderer seits hat der Gesetzgeber hiermit zumindest angedeutet, dass er die Überkreuzspende weder verboten hat noch verbieten wollte. Denn der an dieser Stelle in der Gesetzbegründung als vorrangig herausgestellte Regelungszweck (Schutz des Organempfängers vor wucherischer Ausbeutung einer gesundheitlichen Notlage) greift ersichtlich nicht ein. Vollends deutlich wird dies aus der Antwort der seinerzeitigen Staatssekretärin im BMG Nickels auf die Anfrage der Abgeordneten Reichert (Fraktion der CDU/CSU). Danach können die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG bei der Überkreuz-Lebendspende im Einzelfall erfüllt sein (BT-Drucks. 14/868 S. 22). Auch der damalige Bundesminister Seehofer scheint davon ausgegangen zu sein, dass die Überkreuz-Spende jedenfalls nicht verboten ist (hierzu Schreiben des BMG vom 17.07.2000 Fn. 16). Der Senat verkennt nicht, dass nachgängige Äußerungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen oder Institutionen zur Frage, was der Gesetzgeber geregelt haben wollte, im Rahmen der Gesetzesauslegung nur sehr eingeschränkt berücksichtigt wer den können. Die Interpretation eines in Kraft getretenen Gesetzes obliegt mittels der herkömmlichen Auslegungsprinzipien allein dem Gericht (LSG NRW vom 29.07.1998 – L 11 B 32/98 KA -). Dennoch können die Motive und Vorstellungen der Mitglieder gesetzgeberischer Körperschaften bei der Gesetzesauslegung jedenfalls dann berücksichtigt werden, wenn sie – wie hier – im Gesetz einen ausreichenden Niederschlag gefunden haben (BFH NVwZ 2000, 599). Der Senat hält fest: Aufgrund teleologischer Reduktion des vom Gesetzgeber zu weit verstandenen Tatbestandsmerkmals "Handeltreiben" in §§ 17, 18 TPG ist die Überkreuz-Spende jeden falls nicht generell verboten.
b)
Ob die Überkreuzspende allerdings zulässig ist, macht der Gesetzgeber von den in § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 TPG sowie § 9 TPG genannten Voraussetzungen abhängig. Streitig ist davon nur, ob die über § 8 Abs. 1 Satz 1 TPG hinausgehenden Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen. Hiernach ist die Entnahme von Organen, die sich nicht wieder bilden können, nur zulässig zum Zwecke der Übertragung auf Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, Verlobte oder andere Personen, die dem Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen.
aa)
Die Auffassung des Klägers, die durchgeführte Überkreuzspende sei eine mittelbare Spende unter Ehegatten, so dass es auf das besondere Näheverhältnis nicht ankomme, teilt der Senat nicht. Für diesen rechtlichen Ansatz streiten zwar Meinungen im Schrifttum (zB Koch in Zentralblatt für Chirurgie 124, S. 718 ff). Einem solchen Verständnis steht indes der eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen. Zwar gibt es keine Legaldefinition des Begriffs "Ehegatten". Ausgehend von dem zivilrechtlich geprägten Begriff der Ehe (hierzu Palandt, BGB, 60. Auflage, 2001, Einl. vor § 1297 Rdn. 1 ff), lässt sich dem das Verhältnis zwischen den Eheleuten K und B ersichtlich auch bei weitestem Verständnis des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG nicht zuordnen. Soweit ein "mittelbares Ehegattenverhältnis" konstruiert wird, um Überkreuzspenden nicht scheitern zu lassen, dient dies ersichtlich nur dazu, die Restriktionen des Gesetzgebers zu unterlaufen.
bb)
Zu klären ist damit, ob das von § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG geforderte "besondere Näheverhältnis" vorliegt. Aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt, dass es hierzu allein darauf ankommt, ob sich der Kläger als Empfänger und Herr B als Spender in besonderer persönlicher Verbundenheit offensichtlich nahestehen. Ob ein solches Näheverhältnis zwischen den Ehepaaren existiert, ist nicht relevant. Die Vorschrift regelt zudem nur, unter welchen Voraussetzungen die Organentnahme zulässig ist. Sie betrifft weder den Übertragungsakt noch die Implantation. Dem Kläger ist jedoch keine Niere entnommen, sondern von Herrn B übertragen worden. Die Organentnahme bei Herrn B unterfällt nicht § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG, weil sie einen Schweizer Staatsangehörigen betrifft und in der Schweiz von einem dortigen Operateur auf der Grundlage der schweizerischen Rechtslage durchgeführt worden ist. Zulässig ist ferner die Übertragung des Organs. § 9 TPG bestimmt zwar, dass die Übertragung nur in einem dafür zugelassenen Transplantationszentrum (hierzu § 10 TPG) durchgeführt werden darf. Normadressat ist indes nicht der Kläger als Empfänger des Organs sondern der die Übertragung durchführende Arzt (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 2 TPG – Ordnungswidrigkeit -). Der Übertragungsvorgang in der Schweiz durch einen Schweizer Operateur unterfällt diesem Verbot nicht. Die Regelungsreichweite des TPG wird durch das Territorialitätsprinzip begrenzt. Unter welchen Voraussetzungen eine Organimplantation zulässig ist, regelt das TPG hingegen nicht. Lediglich wenn diese mit einem Organhandel einhergeht, ist ein "sich übertragen lassen" strafbar (§ 18 Abs. 1 TPG). Dennoch trägt dies den vom Kläger geltend gemachten Anspruch nicht. Dieser scheitert daran, dass im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs lediglich zu prüfen ist, ob der Kläger einen Anspruch darauf hat, dass die ärztliche Behandlung als Sachleistung zu erbringen ist. Das ist nicht der Fall. Hätte er die Implantation in Deutschland durchführen lassen, wären weder die Krankenkasse noch die Versorgungsverwaltung zur Leistung verpflichtet. Die Organübertragung wäre nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 und § 9 TPG erfüllt sind. Ist das – wie hier – zu verneinen (dazu unten), darf die Leistung nicht als Sachleistung erbracht werden. Das kann der Kläger nicht dadurch umgehen, dass er die Transplantation im Ausland vornehmen läßt und die Kosten im Wege des Erstattungsanspruchs geltend macht.
Auch auf § 18 Abs. 1 SGB V kann der Kläger seinen Anspruch nicht stützen. Hiernach kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung der Krankheit nur im Ausland möglich ist. Eine Leistungspflicht der Krankenkasse nach § 18 Abs. 1 SGB V besteht jedoch nicht, wenn der Versicherte sich im Ausland einer Behandlung unterzieht, die im Inland wegen ethisch-moralischer Bedenken nicht durchgeführt wird. Der Versicherte hat beispielsweise keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die er für die Transplantation eines gegen Bezahlung gespendeten Organs aufgewendet hat (BSG vom 15. 04. 1997- 1 RK 25/95 – NJW 1997, 3114 ff; BSG vom 16.7.1996 – 1 RK 15/95 – BSGE 79, 53-57). So liegt es hier. Der Kläger hat die Behandlung in der Schweiz durchführen lassen, weil sie im Inland aus Rechtsgründen unzulässig wäre. Dann ist es ihm verwehrt, die ihm hierfür entstandenen Kosten nunmehr als Erstattungsanspruch geltend zu machen.
cc)
Für die Prüfung, ob zwischen dem Kläger und Herrn B das von § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG geforderte "besondere Näheverhältnis" vor liegt, ist ausweislich des Wortlauts der Vorschrift auf den Zeitpunkt der Operation (26.05.1999) abzustellen. Unschädlich ist, wenn das Näheverhältnis infolge der beabsichtigten Operation entstanden ist; es muß aber im Zeitpunkt der Operation vorhanden und auf Dauer angelegt sein. Die Aufzählung der in Betracht kommenden Beziehungen – Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, Verlobte -, bei denen sich typischerweise die Vermutung aufstellen läßt, dass der Entschluß zur Organspende aufgrund sittlicher Verbundenheit, also ohne äußeren Zwang und frei von finanziellen Erwägungen getroffen wurde, deutet darauf hin, dass die Beziehung "Näheverhältnis" eine ähnliche Qualität haben muß (BVerfG vom 11.08.1999 – 1 BvR 2181/98 – MedR 2000, 28 ff; BT-Drucksache 13/4355, S. 20; a.A. Seidenath in MedR 1998, 253, 254). Die Annahme des Gesetzgebers, im familiären Bereich könne typischerweise von Freiwilligkeit ausgegangen werden, wird zwar bezweifelt (Seidenath in MedR 2000, 34), angesichts des dem Gesetzgeber eingeräumten weiten Beurteilungsspielraums ist dessen Wertung indes vertretbar und damit nicht zu beanstanden.
dd)
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf muß die "besondere persönliche Verbundenheit" sowohl durch innere als auch regelmäßigäußere Merkmale gekennzeichnet sein. Eine derartige Verbundenheit kann zwischen Partnern einer auf Dauer angelegten, d.h. nicht nur befristeten oder zufälligen häuslichen Lebensgemeinschaft, entstehen, deren Grundlage in der Regel einer gemeinsame Lebensplanung mit einer Bindung ist. Ein vergleichbares enges persönliches Verhältnis mit gemeinsamer Lebensplanung und innerer Bindung kann auch zwischen in räumlicher Trennung lebenden Personen bestehen, wenn die Bindung über einen längeren Zeitraum gewachsen ist, z. B enges Freundschaftsverhältnis mit häufigen persönlichen Kontakten über einen längeren Zeitraum (BT-Drucksache 137/4355, S. 20 f.). Persönliche Verbundenheit setzt ein Zusammengehörigkeitsgefühl voraus; Schicksalsgemeinschaft oder sonstiges Näheverhältnis reicht hiernach nicht (Schroth in MedR 1999, 68; a.A. Seidenath MedR 1998, 253). Die besondere persönliche Verbundenheit muß zudem offenkundig, d.h. für jeden ersichtlich oder erkennbar sein (Schroth in MedR 1999, 67). Die Freiwilligkeit der Spende muß aufgrund des Näheverhältnisses zwischen Spender und Empfänger vermutet werden können. Offenkundigkeit schließt aus, dass die Feststellung, ob eine solche Verbundenheit vorliegt, erst nach entsprechenden Erkundigungen und Ermittlungen getroffen werden kann. Eine derart enge Beziehung wird im Falle einer Überkreuz-Lebendspende in der Regel nicht in Betracht kommen (vgl. Nickels BT-Drucks. 14/868 S. 22; a.A. Seidenath MedR 1998, 256).
ee)
Im Zeitpunkt der Organentnahme standen sich weder Frau K und Frau B noch die Eheleute K zu den Eheleuten B in besonderer persönlicher Verbundenheitoffenkundig nahe. Die Ehepaare haben sich erstmalig am 16.12.1998 im Kantons-Spital Basel anläßlich der Voruntersuchungen und Vorbesprechungen getroffen. Eine längere Unterhaltung war damals wegen des Gesundheitszustandes von Frau B nicht möglich. Den Eheleuten B ging es damals um die Einstellung des K und seiner Ehefrau zum Leben und zum Glauben. Im übrigen haben sie sich über die Dialyse und deren Probleme unterhalten. Der Senat wertet dies als "Kennenlernphase", die typischerweise an die erste Kontaktaufnahme jedenfalls dann anschließt, wenn die Beteiligten – wie hier – wissen, dass sie zeitweise aufeinander angewiesen sind. Die Qualität eines in besonderer persönliche Verbundenheit einander offenkundigen Nahestehens ist in diesem Stadium nicht erreicht.
In der Zeit bis zur Transplantation (26.05.1999) haben die Ehepaare öfter miteinander telefoniert. Besuche kamen aufgrund der finanziellen Verhältnisse beider Parteien und der dreimal wöchentlichen Dialysebehandlung des Klägers nicht in Betracht. Im Brief der Eheleute B vom 20.02.1999 wird zwar von einem "großen Einklang unserer Lebensgefühle" und einer "großen Harmonie und Übereinstimmung der Gefühle und Gedanken" und der Überzeugung gesprochen, dass die "Idee der Überkreuz-Operation unter den guten Harmonieumständen nicht daneben gehen kann". Zu dieser Einstellung ist Ehepaar B aufgrund des Treffens mit dem Kläger und sei ner Ehefrau im Dezember 1998 gekommen. Der Brief wurde geschrieben, nachdem der erste Operationstermin am 01.02.1999 verschoben werden mußte, weil der Kläger damals die Kosten der Transplantation nicht aufbringen konnte. Im Brief kommt auch die Hoffnung des Ehepaares B zum Ausdruck, dass der neue Termin stattfinden werde, weil Frau B wohl eine erneute Absage nicht würde verkraften können.
Die zwischen den Ehepaaren bestehende Beziehung wird u. a. durch die Hoffnung geprägt, dass die Operation im Mai durchgeführt wird und bis dahin nicht noch gesundheitliche Probleme eintreten, die eine Operation verhindern bzw. dass die Operation auch erfolgreich verlaufen wird. Hierbei handelt es sich um eine "eigennützige" Zielsetzung, nämlich jeweils gerichtet auf das Gelingen der Operation. Dies belegt auch die verneinende Antwort von Frau K auf die Frage des SG, ob sie sich auf eine Vorabspende eingelassen hätte. Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende, tiefe freundschaftliche Verbundenheit kann der Senat – bezogen auf den Zeitpunkt der Transplantation – nicht feststellen. Auch der Umstand, dass die Ehepaare eine wechselseitige Verzichtserklärung bzgl. eventuell sich aus der Transplantation ergebender Ausgleichsforderungen abgegeben haben, kann nicht als Indiz für das Vorliegen einer offenkundigen besonderen persönlichen Verbundenheit herangezogen werden. Zwar wird dadurch verhindert, dass die Organspende nachträglich zum Gegenstand materieller Interessen wird; wechselseitige Verzichtserklärung sind jeweils aber wesentlich auch durch Eigeninteresse geprägt. Schließlich ist auch das vom Kläger dem Senat in der mündlichen Verhandlung überreichte Schreiben der Eheleute vom 28.12.2000 nicht geeignet, ein offenkundiges besonderes Näheverhältnis zu belegen. Der von den Eheleuten B mitgeteilte Inhalt der Telefonate konkretisiert zwar ein gewisses Näheverhältnis im Sinne einer gegenseitigen Verbundenheit. Allerdings machen erst Zusammengehörigkeitsgefühle aufgrund gemeinsamer Lebensplanung aus einer Verbundenheit eine besondere persönliche Verbundenheit (vgl. Schroth aa0 S. 67). Eine gemeinsame Lebensplanung mit innerer Bindung ist jedoch nicht feststellbar.
ff)
Einer Vernehmung der Ehefrau des Klägers oder der Eheleute B bedurfte es bei dieser Sachlage nicht. Angesichts des Begriffs "offenkundig" kommt eine Beweisaufnahme zur Frage, ob ein besondere Näheverhältnis dieser Qualität vorliegt, schon aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Im Gegenteil: Etwaige Überlegungen, die behauptete Offenkundigkeit durch Zeugeneinvernahmen zu beweisen, belegen, dass das Näheverhältnis gerade nicht offenkundig ist. Allenfalls lässt sich mit einer Zeugeneinvernahme beweisen, dass ein besonderes Näheverhältnis vorliegt. Dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich, denn selbst wenn ein solches durch Vernehmung von Frau K oder den Eheleuten B festgestellt werden könnte, fehlt es an der Offenkundigkeit.
c)
Die Transplantation von Herrn B auf den Kläger als Teil einer Überkreuzspende wäre allerdings zulässig, wenn § 8 TPG verfassungswidrig wäre. Bis zum Inkrafttreten des TPG gab es keine speziellen gesetzlichen Vorschriften, die Transplantationen geregelt haben. Allenfalls Strafvorschriften des StGB (zB Körperverletzung, Wucher) entfalteten in Grenzbereichen Schutzwirkung. Allerdings sollten nach dem Transplantationskodex der Deutschen Transplantationszentren Lebendspenden grundsätzlich nur zwischen Verwandten stattfinden (vgl. BT-Drucks. 13/4355 S. 14). Das BVerfG hat mit Beschluss vom 11.08.1999 – 1 BvR 2181/98 – (MedR 2000, 28 ff) die Regelungen des TPG zur Organentnahme bei lebenden Organspendern als verfassungsgemäß angesehen. Entgehend der Auffassung des Sozialgerichts hat diese Entscheidung keine Bindungswirkung, denn sie hat sich lediglich mit der Annahme der Verfassungsbeschwerde befaßt (§ 93 a BVerfGG) und diese wegen fehlender grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung abgelehnt (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG). Sie wurde nicht von einem Senat des BVerfG sondern von einer Kammer des 1. Senates gefällt. Entscheidungen der Kammer (vor 1985: Richterausschüsse) binden nicht im Sinne des § 31 BVerfGG (BVerfGE 53, 336 ff., 348 und BVerfGE 23, 191 ff., 206 f.; Clemens/Umbach, BVerfGG, § 93 b Anm. 29, § 31 Anm. 70; Lechner/Zuck, BVerfGG, 4. Auflage, 1996, § 31 Anm. 28).
Der erkennende Senat schließt sich der verfassungsrechtlichen Beurteilung des BVerGG nach eigener Überprüfung und Überzeugung an und bemerkt ergänzend: Zwar lag der verfassungsgerichtlichen Überprüfung ein Fall der anonymen altruistisch-fremdgerichteten Spende zugrunde, während es vorliegend um eine "offene" Überkreuzspende geht. Dieser Sachverhaltsunterschied rechtfertigt indes keine andere rechtliche Beurteilung. Denn die Zulässigkeit beider Spendenarten richtet sich nach § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG. Das BVerfG hat nicht überprüft, ob eine anonyme altruistische Spende zulässig ist; die Entscheidung befaßt sich hiermit nur mittelbar. Prüfgegenstand war vielmehr die Frage, ob die dies abstrakt regelnde Norm des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG verfassungsrechtlichen Ansprüchen genügt. Das BVerfG hat dies bejaht. Änderungen im Sachverhalt (hier: Überkreuzspende) führen zu keiner anderen verfassungsrechtlichen Einschätzung des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG.
Die Entscheidung des BVerfG ist allerdings im Schrifttum kritisiert worden. Vornehmlich beziehen sich diese Äußerungen darauf, dass das BVerfG den Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG als verhältnismäßig im engeren Sinn angesehen hat. Das BVerfG meint, für Empfänger und Spender streiten hohe Rechtsgüter, dem Gemeinwohlbelange von hoher Bedeutung entgegenstehen. Um den Lebensschutz zu sichern, solle die Bereitschaft zur Organspende langfristig gefördert werden; hierzu müsse in einem sensiblen Bereich wie der Transplantationsmedizin ein Höchstmaß an Seriosität und Rechtssicherheit hergestellt werden. Die Lebendspende sei in der Regel für den Organempfänger nicht das einzige Mittel der Lebenserhaltung oder Gesundheitsverbesserung (postmortale Spende). Der Gesetzgeber dürfe Aspekte des Gesundheitsschutzes auch auf seiten des Organspenders berücksichtigen (Schutz des Organspenders vor sich selbst).
Dem wird entgegengehalten, der Gesetzgeber, bestätigt vom BVerfG, habe den Organbedarf bei Nieren falsch eingeschätzt und sei hier durch zu einer zu restriktiven Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG gelangt; das Verbot der Überkreuzspende beruhe auf einer unzureichenden Tatsachenbasis (vgl. Dufkova in MedR 2000, 408 ff). Die sen Überlegungen steht indes entgegen, dass sie auf einer unzutreffenden Prämisse beruhen. Der Gesetzgeber hat die Überkreuzspende – wie dargestellt – gerade nicht verboten. Dufkova meint aus der Antwort der Staatssekretärin im BMG Nickels auf die Anfrage der Abgeordneten Reichert herleiten zu können, dass nach Auffassung der Bundesregierung Überkreuzspenden verboten bleiben sollen. Die Wiedergabe von Frage und Antwort (vom 23.04.1999) in der BT-Drucks 14/868 (S. 21, 22) belegt das Gegenteil. Danach hat die Staatssekretärin geäußert, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG bei der sogenannten Überkreuzspende im Einzel fall erfüllt sind, wenn sich aus dem Anlass der möglichen wechselseitigen Lebendspende bis zum Zeitpunkt der Spende jeweils zwischen dem (möglichen) Spender und dem (möglichen) Empfänger eine regelmäßig über einen längeren Zeitraum gewachsene, auf Dauer angelegte besondere persönliche Verbundenheit entwickelt hat. Dass der damalige Bundesminister Seehofer 1997 erklärt hat, bei der "Cross-over-Spende" sei nicht von einer persönlichen Bindung zwischen Spender und Empfänger auszugehen (Schreiben des BMG vom 17.07.2000 Fn 16), ändert hieran nichts. Der Gesetzgeber hat die Überkreuzspende nicht verboten, faktisch allerdings wird sie in der Regel daran scheitern, dass das offenkundige Näheverhältnis nach § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG nicht vorliegen wird.
Gleichermaßen wird gegen die Auffassung des BVerfG, der Eingriff sei verhältnismäßig im engeren Sinn, eingewandt, das Vertrauen der Bevölkerung in die Transplantationsmedizin leide jedenfalls dann nicht, wenn die Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit einer Lebendspende auch unter nahen Personen erwiesen sei (Seidenath MedR 2000, 34 ff). Dieses Argument – als zutreffend unterstellt – ist nicht geeignet, § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG als verfassungswidrig anzusehen. Der Gesetzgeber hat einen weiten Spielraum zur Einschätzung der Lage und der zukünftigen Entwicklung sowie der Zwecktauglichkeit des Mittels (vgl. BVerfGE 30, 250,262 f. m.w.N.; E 50, 57, 102; E 55, 28, 30; BVerfG NJW 1999, 2512 ff; BVerfG vom 29.03.1996 – 1 BvR 1238/95 -). Im einzelnen hängt die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers von Faktoren vielfältiger Art ab, im besonderen von der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs (vgl. BVerfGE 50, 290, 332 f.). So liegt es hier. Gegenstand des TPG ist eine hochkomplexe Regelungsmaterie. Das Gesetzgebungsverfahren belegt zudem, dass der Gesetzgeber eine äußerst differenzierte medizinische, juristische und moralisch-ethische Werteabwägung vorgenommen hat (hierzu BT-Drucks. 13/4355 S. 10 ff) und auf dieser Grundlage das Gesetz in der der zeitigen Fassung entstanden ist. Ihm ist damit ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt. Der Gesetzgeber überschreitet seinen Gestaltungsspielraum nur dann, wenn seine Erwägungen offensichtlich fehlsam sind, so dass sie als Grundlage einer Regelung ausscheiden (BVerfGE 77, 84, 107 f). Daran fehlt es. Dem Gesetzgeber geht es vorrangig darum, die Bereitschaft der Bevölkerung zu postmortalen Spenden zu fördern (BT-Drucks. 13/4355 S. 14), während er die Organspende unter Lebenden grundsätzlich nur als "letzte Möglichkeit" (BT-Drucks. 13/4355 S. 20) und deswegen nur unter den engen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 TPG als zulässig ansieht. Daß auch andere Lösungen aufgrund einer anderen Werteabwägung in Betracht kommen, mag sein, kann indessen nicht die Auffassung rechtfertigen, die Erwägungen des Gesetzgebers seien offensichtlich fehlsam. Auch soweit das TPG seit seinem Inkrafttreten die optimistischen Erwartungen hinsichtlich der postmortalen Organspende angesichts von derzeit ca. 2000 Nierentransplantationen jährlich bei 11000 transplantationsbedürftigen Patienten mit einer Wartezeit von durchschnittlich vier Jahren nicht erfüllt haben sollte (Sperschneider in Ärzteblatt Thüringen, 11 (2000) 4, Seite 190), ergibt sich keine andere Beurteilung. Gerade prognostische Entwicklungen unterliegen einem weiten gesetzgeberischen Beurteilungspielraum. Ob für den Gesetzgeber zukünftig Handlungsbedarf entsteht, ist nicht zu entscheiden.
Soweit dem BVerfG entgegenhalten wird, der Hinweis auf postmortale Spende verkenne die lange Wartezeit (Seidenath MedR 2000, 34, 35), bleibt unberücksichtigt, dass der Gesetzgeber gerade die postmortale Spende präferiert, um mittels Förderung der Spendenbereitschaft die lange Wartezeit zu reduzieren.
Der weitergehende Einwand, der Schutz des Organspenders vor sich selbst kollidiere mit dessen Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG (Gutmann NJW 1999, 3388; Seidenath MedR 2000, 33, 34), trägt gleichermaßen nicht. In der Rechtsprechung des BVerfG ist anerkannt, dass Eingriffe in Freiheitsrechte von Grundrechtsträgern unter bestimmten, engen Voraussetzungen zu dem Zweck in Betracht kommen, die Betroffenen daran zu hindern, sich selbst einen größeren Schaden zuzufügen (vgl. Gutmann NJW 1999, 3388 mwN auf BVerfG NJW 1982, 1276 – Schutzhelmpflicht -; BVerfG NJW 1987, 180 – Gurtanlagepflicht -; BVerfG NJW 1994, 1577 – Haschischkonsum-; vgl. auch BGH NJW 1991, 307 – Betäubungsmittelgesetz -). Für eine altruistische Organspende und eine Überkreuzspende gilt im Ergebnis nichts anderes. Unter dem Blickwinkel der allgemeinen Handlungsfreiheit lässt sich eine Überkreuzspende nicht damit rechtfertigen, dass sie (auch) fremdnützig bzw. vernünftig begründbar und von voll aufgeklärten Personen autonom verantwortbar sei (so aber Gutmann aaO zur altruistischen Spende). Dieser Ansatz lässt unberücksichtigt, dass die Freiheit, sich selbst zu schädigen, durch den auch mit dem Gesetz verfolgten Gemeinwohlbelang, die postmortale Spende durch Restriktionen der Lebendspende zu fördern, eingeschänkt wird. Dies aber ist nach der Konzeption des Art. 2 Abs. 1 GG zulässig (vgl. auch BGH NJW 1991, 307 zum Betäubungsmittelgesetz).
5.
Zusammenfassend ist der Senat der Überzeugung, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der ihm durch die Übertragung der Niere auf ihn entstandenen Krankenhaus- und Heilbehandlungskosten hat. Ein Anspruch gegen die Beigeladene zu 1) besteht aus demselben Grunde nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Der Rechtsstreit hat in zweifacher Hinsicht grundsätzliche Bedeutung. Zunächst bedarf es der Klärung, ob 71 Abs. 5 SGG über den Wortlaut hinaus dahin ausgelegt werden kann, dass in Streitverfahren nach dem Sozialen Entschädigungsrecht (hier SVG) die Bezirksregierung Münster fähig ist, das prozeßunfähige Land gerichtlich zu vertreten. Zum anderen bedarf es der Klärung, ob die Überkreuzspende als "Handeltreiben" nach §§ 16 ff TPG verboten ist bzw. ob der unbestimmte Rechtsbegriff "offenkundige besondere persönliche Verbundenheit" auch bei einer Überkreuzspende im Sinn der Entscheidung des BVerfG vom 11.08.1999 zu verstehen ist.
Erstellt am: 11.07.2016
Zuletzt verändert am: 11.07.2016