Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 28.5.2019 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.980,55 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 6.11.2019 richtet sich das Beschwerdebegehren zutreffend auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der beim Sozialgericht (SG) Köln unter dem Az. S 37 BA 266/19 anhängigen Klage und auf die Aufhebung der inzwischen erfolgten Vollziehung des Beitragsbescheides. Trotz erfolgter Zahlung an die beigeladene Einzugsstelle besteht ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin, da der bereits gezahlte Betrag im Falle ihres Obsiegens im einstweiligen Rechtsschutzverfahren von der Beigeladenen (vorläufig) zurückzugewähren wäre.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin am 9.12.2019 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.2.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.11.2019 anzuordnen bzw. die erfolgte Vollziehung aufzuheben.
Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen bzw. gem. § 86b Abs. 1 S. 2 SGG die Aufhebung einer schon erfolgten Vollziehung anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine – wie hier erfolgte – Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung.
Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).
1.) Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 11.3.2016 – L 8 R 506/14 B ER – juris Rn. 51 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der Bescheid vom 15.2.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.11.2019, mit dem die Antragsgegnerin von der Antragstellerin für den Zeitraum vom 1.1.2014 bis 30.11.2018 Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von 43.922,20 Euro für die Beschäftigung von Frau TO (im Folgenden: TO) als OP-Krankenschwester fordert, in der Hauptsache als rechtswidrig erweisen wird.
Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 S. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern.
a) Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Die Antragstellerin wurde insbesondere vor seinem Erlass unter dem 24.1.2019 gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört.
b) Nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung sind Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes in materiell-rechtlicher Hinsicht in einem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigenden Umfang ebenfalls nicht gegeben.
Gem. § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]. Dies gilt nicht, wenn eine zur Entgeltgeringfügigkeit führende Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vorliegt, die nach § 27 Abs. 2 S. 1 SGB III, § 7 SGB V und § 5 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI zur grundsätzlichen Versicherungsfreiheit in den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherung führt. In diesem Fall besteht lediglich die Pflicht zur Abführung pauschaler Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung (§ 249b S. 1 SGB V, § 172 Abs. 3 S. 1 SGB VI).
Es spricht derzeit mehr dafür als dagegen, dass TO – wie von der Antragsgegnerin angenommen – in ihrer Tätigkeit als OP-Krankenschwester in dem der Beitragsnacherhebung zugrunde gelegten und im Beschwerdeverfahren streitigen Zeitraum in einem die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Antragstellerin gestanden hat (hierzu aa). Überwiegende Zweifel auch an der Rechtmäßigkeit der Höhe der nacherhobenen Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung sind nicht erkennbar (hierzu bb). Eine Verjährung der Beitragsforderung ist nicht eingetreten (hierzu cc).
aa) Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wird im Hauptsacheverfahren festgestellt werden, dass TO von der Antragstellerin beschäftigt worden ist. Hinsichtlich der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Abgrenzungskriterien bei einer Statusbeurteilung, der der erkennende Senat in seiner ständigen Rechtsprechung folgt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen und zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, denen er sich vollinhaltlich anschließt, Bezug genommen (vgl. § 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Das SG geht in der angefochtenen Entscheidung zu Recht davon aus, dass TO nach den vertraglichen Regelungen, wie sie sich im Wesentlichen aus der Vertragspraxis ergeben, bei der Antragstellerin in deren Arbeitsorganisation eingegliedert und weisungsgebunden tätig war. Hingegen liegen Indizien, die für eine Selbstständigkeit sprechen, nicht in relevantem Maße vor, sodass nach der Gesamtabwägung sämtlicher Abgrenzungskriterien eine abhängige Beschäftigung der TO bei der Antragstellerin anzunehmen ist.
(a) TO war nach dem aktenkundigen Sachverhalt in einer ihre Tätigkeit prägenden Weise in den Betriebsablauf der Antragstellerin eingegliedert und unterlag deren Weisungsrecht (zur Maßgeblichkeit insbesondere dieser Abgrenzungskriterien vgl. z.B. BSG Urteil vom 4.6.2019 – B 12 R 10/18 R – juris Rn. 32 ff., Urt. v. 7.6.2019 – B 12 R 6/18 R – juris Rn. 27 ff.).
Nach den eigenen Angaben der Antragstellerin, auf die der Senat sich stützt, hat TO ihre Leistungen umfassend eingegliedert in dem von der Antragstellerin organisatorisch, personell und sachlich vorgegebenen Organisationsablauf erbracht. So nahm sie an den Teamsitzungen der OP-Abteilung zu Beginn des Operationstages sowie in der Regel einem kurzen Schluss-Briefing nach Beendigung des Operationstages teil. Während der Operation war sie in enger Zusammenarbeit mit den Ärzten der Antragstellerin, in den von dieser organisierten Operationssälen sowie mit den von der Antragstellerin gestellten bzw. organisierten Betriebsmitteln tätig. Auch fertigte TO die der Antragstellerin obliegenden Dokumentationen nach den ärztlichen Weisungen. Eigene Vertragsbeziehungen zwischen TO und den operierten Patienten bestanden nicht. Vielmehr wurde TO zur Erfüllung der Vertragspflichten herangezogen, die der Antragstellerin gegenüber den Patienten oblag. Unbeachtlich ist im Hinblick auf die Umstände der dargestellten Tätigkeit, dass sich die Eingliederung "aus der Natur der Sache" ergibt, wie die Antragstellerin meint (vgl. hierzu BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 30). Warum nach ihrer Auffassung eine Eingliederung eine "klinikartige" Arbeitsorganisation mit Krankenbetten sowie Betreuung und Nachsorge von Patienten erfordern sollte, ist nicht erkennbar. Entscheidend ist vielmehr die (dargestellte) Ausprägung der von TO konkret im Rahmen ihrer Vertragspflichten erbrachten Leistungen.
Bei ihrer Tätigkeit war TO gegenüber der Antragstellerin auch weisungsgebunden. Eine im Wesentlichen freie Gestaltung ihrer Tätigkeit und Bestimmung ihrer Arbeitszeit war ihr nicht möglich (Rechtsgedanke des § 84 Abs. 1 S. 2 Handelsgesetzbuch – HGB). TO hatte die festgelegten zeitlichen Abläufe und inhaltlichen Vorgaben der Antragstellerin zu befolgen. Bei den Teamsitzungen der OP-Abteilung wurden die zu beachtenden Einzelheiten wie das zu verwendende OP-Instrumentarium und die Art der Lagerung des Patienten vorgegeben. Anzahl und Dauer der Operationen bestimmte ebenfalls die Antragstellerin. Während der Operationen musste TO den Anweisungen der Ärzte Folge leisten und auch die Dokumentation nach deren Anweisungen vornehmen.
Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, TO sei in ihrer Zeiteinteilung frei gewesen, weil sie die Teilnahme an einer Operation habe zu- oder absagen können, stellt dies kein relevantes Kriterium dar. Die Frage, ob eine freie Gestaltung der Arbeitstätigkeit bzw. Arbeitszeit vorliegt, ist grundsätzlich anhand der Verhältnisse, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen, zu beurteilen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 21 m.w.N.). Dafür, dass TO nach Auftragsannahme befugt gewesen wäre, ihrer Tätigkeit nach eigenem Belieben ohne Grund fernzubleiben oder diese zeitlich nach eigenem Belieben zu unterbrechen bzw. gar abzubrechen (vgl. hierzu BSG Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 31), ist nichts ersichtlich. Ab diesem Zeitpunkt bestand vielmehr eine verbindliche Pflicht, die ihr zugewiesenen Aufgaben innerhalb der zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben der Ärzte der Antragstellerin zu erledigen.
(b) Maßgeblich für eine Selbstständigkeit sprechende Gesichtspunkte liegen nicht vor. TO verfügte für die Tätigkeit als OP-Krankenschwester nicht über eine eigene Betriebsstätte. Auch war sie keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt, da sie weder Kapital noch ihre Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes einsetzte. Vielmehr wurde ihre Tätigkeit mit einem festen Stundensatz vergütet, so dass sie keinen Verdienstausfall zu befürchten hatte. Aufgrund ihrer Einbindung in die vorgegebenen Arbeitsabläufe bestand für sie auch nicht die Chance, durch unternehmerisches Geschick ihre Arbeit so effizient zu gestalten, dass sie das Verhältnis von Aufwand und Ertrag zu ihren Gunsten entscheidend hätte beeinflussen können. Da es lediglich auf die Betrachtung der konkreten Tätigkeit ankommt, ist das einzig in Betracht kommende Risiko der TO, von der Antragstellerin keine weiteren Folgeaufträge zu erhalten, für die Frage ihres Status in der konkreten Tätigkeit – entgegen der Auffassung der Antragstellerin – irrelevant (vgl. BSG Urt. vom 4.6.2019 – B 12 R 10/18 R – juris Rn. 37; Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 33).
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund, dass TO – wie von ihr dargelegt – nicht nur für die Antragstellerin, sondern darüber hinaus für weitere Ärzte bzw. Arztpraxen tätig war. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber begründet nicht allein die Annahme von Selbstständigkeit. Vielmehr erhält dieses Kriterium erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit Gewicht, wie z.B. einem werbenden Auftritt am Markt für die angebotene Leistung (vgl. BSG Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 35 m.w.N.). Entsprechende Umstände sind vorliegend weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
Aufwendungen für ein eigenes Büro, einen eigenen PKW sowie eine Berufshaftpflichtversicherung sind keine vorliegend für eine Selbstständigkeit sprechenden Gesichtspunkte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Aufwendungen der TO über die typischerweise von Arbeitnehmern hierfür getätigten Aufwendungen hinausgegangen sind (vgl. zu diesem Kriterium BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 37).
Ohne Belang ist ferner, dass TO über eine Gewerbeanmeldung verfügte. Dieses formale Kriterium spricht nicht entscheidend für eine selbstständige Tätigkeit, da es für die Beurteilung der tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit ohne wesentliche Aussagekraft ist. Der sozialversicherungsrechtliche Status eines Betriebsinhabers wird zudem seitens der Gewerbeaufsicht nicht geprüft (vgl. Senatsurt. v. 10.4.2019 – L 8 R 1086/17 – juris Rn. 133 m.w.N.). Dieselben Erwägungen gelten für die Vergabe einer Betriebsnummer durch die Bundesagentur für Arbeit. Auch die Abgabe einer Steuererklärung nach § 15 Einkommenssteuergesetz (EStG) durch TO und die Meldung bei der Berufsgenossenschaft dokumentieren lediglich deren Annahme, eine selbstständige Tätigkeit auszuüben. Eine eigenständige Bedeutung im Rahmen der Gesamtabwägung kommt dem nicht zu (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 27).
Soweit die Antragstellerin ihre Annahme, es müsse von einer selbstständigen Beschäftigung ausgegangen werden, damit begründet, zwischen ihr und TO lägen lediglich Rahmenverträge mit sich anschließenden Einzelverträgen, nicht aber ein Dauerschuldverhältnis vor, vermag dies nicht zu überzeugen.
Derzeit sprechen die vorliegenden Anhaltspunkte eher für ein Dauerrechtsverhältnis. TO hat die – auch im streitigen Zeitraum (weiter) ausgeübte – Tätigkeit nach ihren Angaben bereits seit 2006 zunächst für den Rechtsvorgänger und nach den Angaben der Antragstellerin seit 2011 für sie ausgeführt. Im Streitzeitraum unterlagen die von TO erzielten Entgelte bezogen auf die Kalenderjahre keinen nennenswerten Schwankungen. Dies deutet auf eine gewisse Stetigkeit und Regelmäßigkeit der Tätigkeit der TO für die Antragstellerin hin, wie es für eine Dauerrechtsbeziehung typisch ist. Wie die Festlegung der konkreten Einsatztage der TO erfolgt ist, an welchen Tagen die Antragstellerin überhaupt Bedarf für den Einsatz einer OP-Krankenschwester hatte und wie die Bedarfsdeckung im Allgemeinen und konkret bezogen auf TO organisiert war, kann ggf. im Hauptsacheverfahren z.B. durch Beiziehung der von der TO gestellten Rechnungen nebst Tätigkeitsnachweisen geklärt werden.
Aber auch dann, wenn die Vertragsbeziehungen zwischen der Antragstellerin und TO als rahmenvertragliche Regelungen mit Einzelauftragsverhältnissen zu qualifizieren sind, ändert sich die oben dargestellte statusrechtliche Beurteilung nicht. Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art, bei denen eine rechtliche Verpflichtung, Dienste zu leisten, erst mit der Zusage zu einem Einzeltermin entsteht, ist die Frage der Versicherungspflicht grundsätzlich anhand der Verhältnisse, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen, zu beurteilen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 21 m.w.N.).
Auch die von der Antragstellerin angeführte Möglichkeit der TO, Aufträge abzulehnen bzw. ihr Hinweis, es sei keine "Mindestauftragsmenge" geregelt, führen zu keinem anderen Ergebnis. Vor dem Hintergrund der langjährigen und regelmäßigen Zusammenarbeit der Antragstellerin mit TO ist derzeit schon nichts dafür ersichtlich, dass es in der gelebten Vertragspraxis in nennenswertem Umfang zur Ablehnung von Aufträgen durch TO gekommen ist. Die Möglichkeit der Ablehnung von Aufträgen ist überdies statusrechtlich ohne Belang, selbst wenn den Einsätzen der TO jeweils separat verabredete Einzelaufträge zugrunde lagen. Insofern handelt es sich lediglich um die auch jedem Arbeitnehmer zustehende Vertragseingehungsfreiheit. Gegenstand der Statusbeurteilung ist zudem – wie bereits dargelegt – (allein) der jeweils zustande gekommene Einzelvertrag mit seinen gegenseitigen Leistungspflichten (vgl. auch z.B. BSG Urteil vom 4.6.2019 – B 12 R 10/18 R – juris Rn. 25, 37).
Das weitere Vorbringen der Antragstellerin, TO sei grundsätzlich berechtigt gewesen, Vertretungskräfte zu stellen, kann ihr Begehren ebenfalls nicht stützen. Schriftliche Vereinbarungen hierzu liegen nicht vor; für entsprechende mündliche Vereinbarungen ist nichts ersichtlich. TO selbst hat im Rahmen ihrer schriftlichen Befragung durch die Antragsgegnerin angegeben, zu einer persönlichen Leistungserbringung verpflichtet zu sein. Bei ihrem Ausfall habe ein bei der Antragstellerin festangestellter Mitarbeiter die Aufgaben erledigt. Tatsächlich hat TO auch keine Vertretungskräfte gestellt. Ist keine Delegation erfolgt, kann allein die Befugnis zur Delegation allenfalls dann ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen, wenn von ihr realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 33 mwN). Dies ist vorliegend nicht erkennbar, zumal TO Vertreterinnen nach Angaben der Antragstellerin nicht zur Verfügung gestanden haben.
Ebenso ist die Frage der Versicherungspflicht vorliegend auch nicht – wie die Antragstellerin meint – nach dem Willen der Vertragsparteien zu beurteilen, die keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen wollten. Der Wille der Beteiligten kann generell nur dann von Bedeutung sein, wenn der Abwägungsprozess kein Überwiegen von Gesichtspunkten für den einen oder den anderen Status ergibt (vgl. z.B. BSG Urt. v. 14.3.2018 – B 12 R 3/17 R – juris Rn. 13 m.w.N.). An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Wie dargelegt ist nach der Gesamtabwägung sämtlicher Abgrenzungskriterien eine abhängige Beschäftigung der TO bei der Antragstellerin anzunehmen. Der sozialversicherungsrechtliche Status unterliegt keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (vgl. BSG Urt. v. 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 37 m.w.N.). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK, SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7 Rn. 93). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (vgl. z.B. BSG Urt. v. 3.4.2014 – B 5 RE 9/14 R – juris Rn. 47 m.w.N.).
Soweit das SG die Höhe der der TO gezahlten Vergütung nicht als maßgeblichen, für eine Selbstständigkeit sprechenden Gesichtspunkt angesehen hat, ist dies entgegen der Auffassung der Antragstellerin gleichfalls nicht zu beanstanden. Einen (mindestens ungefähren) Vergleich mit den versicherungspflichtig beschäftigten OP-Krankenschwestern hat die Antragstellerin bisher nicht benannt (vgl. hierzu BSG Urt. v. 31.3.2017 – B 12 R 7/15 R – juris Rn. 50). Unabhängig davon kommt der Honorarhöhe als Ausdruck des Parteiwillens generell aber ohnehin nur dann potentielle Indizwirkung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl. z.B. BSG Urteil vom 7.6.2019 – B 12 R 6/18 R – juris Rn. 34 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen wie dargelegt nicht vor.
Die Antragstellerin kann sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die eigene Betriebsprüfung der TO keine Beanstandung ergeben habe. Eine materielle Bindungswirkung aufgrund einer Betriebsprüfung kann sich nur insoweit ergeben, als Versicherungs- und Beitragspflicht sowie -höhe im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden sind (vgl. BSG Urt. v. 19.9.2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rn. 29 ff. m.w.N.). An einem derartigen Bescheid fehlt es.
bb) Die Höhe der Beitragsforderung begegnet keinen Bedenken. Unrichtigkeiten sind nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht dargelegt worden.
cc) Die Beitragsforderung ist auch nicht verjährt. Für die Beitragsforderung hinsichtlich der Jahre 2015 bis 2018 ist die Erteilung des Bescheides am 15.2.2019 innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist gem. § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV erfolgt, sodass die Verjährungsfrist bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit gehemmt ist (§ 52 Abs. 1 SGB X). Die Verjährung der Beitragsforderung für 2014 ist ebenfalls noch nicht eingetreten, obwohl die Vierjahresfrist mit dem 31.12.2018 abgelaufen ist. Die Verjährung ist aber zuvor und zwar für die Dauer der Betriebsprüfung gehemmt worden (vgl. § 25 Abs. 2 S. 2 SGB IV). Vorliegend hat die Betriebsprüfung vom 6.9.2018 bis 14.2.2019 stattgefunden und die Antragsgegnerin unmittelbar danach den Beitragsbescheid erlassen, sodass auch insoweit die Verjährungsfrist bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit gehemmt ist (§ 52 Abs. 1 SGB X).
2.) Ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte bedeuten würde, bestehen nicht. Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für sie verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind. Darüber hinausgehende, nicht oder nur schwer wiedergutzumachende Nachteile sind nicht erkennbar. Im Hinblick auf die mit der Beitragsnachforderung verbundenen berechtigten Interessen der Versichertengemeinschaft sowie der einzelnen Versicherten kann vielmehr gerade bei bestehender oder drohender Zahlungsunfähigkeit des Beitragsschuldners eine alsbaldige Beitreibung geboten sein (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 21.2.2012 – L 8 R 1047/11 B ER – juris Rn. 37). Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist also regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt, darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 13.7.2011 – L 8 R 287/11 B ER – juris Rn. 18).
Dass diese Voraussetzungen vorliegen, hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht. Vielmehr hat die Beigeladene zu 1) mitgeteilt, der Beitragsrückstand werde im Rahmen einer Ratenzahlung vorbildlich getilgt.
Ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG abzulehnen, gilt dies gleichermaßen für den Antrag auf Aufhebung der bereits erfolgten Vollziehung gem. § 86b Abs. 1 S. 2 SGG. Die Rückgängigmachung der Vollziehung stellt insofern (lediglich) einen Annex dar, der den Erfolg des Hauptantrags voraussetzt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86b Rn. 10a m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52, 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache einschließlich etwaiger Säumniszuschläge als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.2.2012 – L 8 R 1047/11 B ER – juris Rn. 38 m.w.N.).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 15.06.2020
Zuletzt verändert am: 15.06.2020