Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.09.2014 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin vom 08.10.2014, eingegangen am gleichen Tag, gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.09.2014, der Klägerin zugestellt am 11.09.2014, ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin für die Durchführung des Klageverfahrens gegen den die Überleitung eines Pflichtteilsanspruchs der Klägerin anzeigenden Bescheid des Beklagten vom 20.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2013 Prozesskostenhilfe zu gewähren.
1.) Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes – (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung – (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann gegeben, wenn – bei summarischer Prüfung – eine gewisse Möglichkeit des Obsiegens in der Hauptsache – auch im Sinne eines Teilerfolges – besteht (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 73a Rn. 7 ff. m.w.N.).
Danach kann der Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht zugebilligt werden, weil sich der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 20.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2013 als rechtmäßig erweist und die Klägerin somit nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Zur Begründung schließt sich der Senat zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes – (SGG) zunächst den Ausführungen des Sozialgerichts, die er für zutreffend hält, an.
Auch das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, eine der Klägerin günstigere Entscheidung herbeizuführen.
Die Überleitungsanzeige des sachlich und örtlich zuständigen Beklagten als überörtlicher Sozialhilfeträger ist materiell rechtmäßig. Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) kann der Träger der Sozialhilfe, wenn eine leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen hat, durch schriftliche Anzeige an den anderen bewirken, dass dieser Anspruch bis zur Höhe seiner Aufwendungen auf ihn übergeht. Dabei genügt es für die Wirksamkeit der Überleitung eines Anspruchs nach § 93 SGB XII bereits, dass ein überleitungsfähiger Anspruch überhaupt in Betracht kommt, er also nicht von vornherein objektiv ausgeschlossen ist (sog. Negativevidenz). In der Sozialhilfe dient die Überleitung eines Anspruchs dazu, den Nachrang der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) zu realisieren. Wie beim Einsatz des Einkommens müssen die Vorschriften über die Überleitung von Ansprüchen folglich bedarfsorientiert gesehen werden. Entscheidend ist also nicht, ob ein Anspruch tatsächlich besteht, sondern dass die Überleitung für einen Zeitraum erfolgt, für den Leistungen der Sozialhilfe tatsächlich gewährt worden sind. Nur wenn offensichtlich ist, dass dieses Ziel nicht verwirklicht werden kann, ist der Erlass einer Überleitungsverfügung sinnlos und trotz Vorliegens aller im Gesetz normierten Voraussetzungen als rechtswidrig aufzuheben (BSG, Beschl. v. 25.04.2013 – B 8 SO 104/12 B -, juris Rn. 9; BSG, Beschl. v. 20.12.2012 – B 8 SO 75/12 B -, juris Rn. 7 unter Bezugnahme auf die st. Rspr. des BVerwG zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 90 BSHG, die unter der Geltung des § 93 SGB XII unverändert fort gilt; s. auch Senat, Urt. v. 20.12.2012 – L 9 SO 22/09 -, juris Rn. 31; LSG NRW, Beschl. v. 23.01.2012 – L 20 SO 565/11 B -, juris Rn. 19).
In Anwendung dieser Grundsätze ist die hier streitbefangene Überleitung des Pflichtteilsanspruchs der Klägerin rechtmäßig, weil das Bestehen eines Anspruchs der Klägerin auf den Pflichtteil gemäß § 2303 des Bürgerlichen Gesetzbuches – (BGB) nach dem Tod der Mutter, Frau F N, am 00.07.2010 nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Es spricht im Gegenteil mehr dafür als dagegen, dass der Pflichtteilsanspruch der Klägerin dem Grunde nach tatsächlich besteht. Bei einem Pflichtteilsanspruch handelt es sich um einen grundsätzlich überleitungsfähigen, nicht höchstpersönlichen – d.h. insbesondere nicht von der Entscheidung des Pflichtteilsberechtigten oder seines Betreuers hinsichtlich dessen Geltendmachung abhängigen – Anspruch; dieser ist gemäß § 2317 Abs. 2 BGB übertragbar und als solcher im Übrigen auch nach § 851 ZPO pfändbar (vgl. hierzu näher BGH, Urt. v. 08.12.2004 – IV ZR 223/03 -, juris Rn. 11 ff., 14 ff.; BGH, Urt. v. 19.10.2005 – IV ZR 235/03 -, juris Rn. 15 ff.; s. auch ; LSG NRW, Beschl. v. 23.01.2012 – L 20 SO 565/11 B -, juris Rn. 21).
Ferner liegt auch ein wirksamer Pflichtteilsverzicht der Klägerin nach § 2346 Abs. 2 BGB nicht vor, der die Überleitung durch den Beklagten offensichtlich ins Leere laufen ließe. Denn dieser bedarf zu seiner Wirksamkeit (s. § 125 Satz 1 BGB) nach § 2348 BGB zwingend der notariellen Beurkundung. Diese hat jedoch zu keinem Zeitpunkt, wie die Klägerin selbst einräumt, vorgelegen. So wurde die Klägerin im gemeinschaftlichen, notariell beurkundeten Ehegattentestament der Eltern vom 04.06.1991 ausweislich dessen § 2 von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, nicht aber ein Pflichtteilsverzicht für die Klägerin erklärt. Im Gegenteil wurde das Bestehen des Pflichtteils nach § 5 des Vertrages vorausgesetzt, wonach den Erben und Ersatzerben von dem überlebenden Ehegatten zur Auflage gemacht wurde, der Klägerin jährlich eine Reise zu finanzieren und/oder sonstige persönliche Wünsche zu erfüllen. Diese Auflage begründe keinen Rechtsanspruch der Klägerin und entfalle, "falls sie den Pflichtteilsanspruch nach einem von uns geltend macht". Für einen später erklärten Pflichtteilsverzicht der Klägerin in notarieller Form (§§ 2346 Abs. 2, 2348 BGB) ist nichts ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht behauptet; sie hat gerade das Gegenteil eingeräumt. Darauf, dass ein solcher Verzicht gewollt war, um dem Willen der Erblasser entsprechend den Grundsätzen zum sog. Behindertentestament zur Geltung zu verhelfen, und dass er deshalb nicht vorgenommen worden ist, weil nach Rücksprache mit dem Amtsgericht Solingen zunächst gegen die Überleitung des Pflichtteilsanspruchs vorgegangen werden sollte, kommt es erkennbar nicht an. Dementsprechend kann sich die Klägerin auch nicht auf das Urteil des BGH vom 19.01.2011 – IV ZR 7/10 -, juris Rn. 13 ff. berufen, wonach der Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialleistungsbeziehers grundsätzlich nicht sittenwidrig ist. Denn wie aus dem Tatbestand dieses Urteils hervorgeht (s. juris Rn. 3) verzichteten die dort betroffenen Kinder "in notarieller Form auf ihren jeweiligen Pflichtteil nach dem Erstversterbenden". Genau dies ist hier jedoch nicht der Fall, so dass von einem offensichtlichen Nichtbestehen des Pflichtteilsanspruchs keine Rede sein kann. Soweit die Vertragsgestaltung offensichtlich von Anfang an fehlerhaft war, kann dies jedenfalls nicht zu Lasten des überleitenden Sozialhilfeträgers gehen. Dies gilt erst recht für im Zusammenhang mit der Überleitung stehende, überaus zweifelhafte Rechtsauskünfte der im Betreuungsverfahren für die Klägerin zuständigen Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht Solingen.
Da auch die sonstigen Voraussetzungen für eine rechtmäßige Überleitung nach § 93 Abs. 1 SGB XII vorliegen und der Beklagte ausweislich der Begründung im Widerspruchsbescheid vom 20.11.2013 von seinen ihm eingeräumten Ermessen in rechtsfehlerfreier Weise Gebrauch gemacht hat, so dass der Senat insoweit entsprechend § 136 Abs. 3 SGG hierauf Bezug nimmt, war die Beschwerde zurückzuweisen.
2.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
3.) Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 22.06.2015
Zuletzt verändert am: 22.06.2015