Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 29.07.2011 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des Eilrechtsschutzes die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die 1973 geborene Antragstellerin bezog vom Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II. Auf einen Fortzahlungsantrag vom 27.05.2010 bat der Antragsgegner um Übersendung einer Kopie der vollständigen Kontoauszüge der letzten 6 Monate, da der Anspruch ansonsten nicht geprüft werden könne. Der Antragsgegner hegte Zweifel am Aufenthaltsort der Antragstellerin, da sie bei Hausbesuchen nicht anzutreffen gewesen sei, eine Nachbarin mitgeteilt hatte, sie wohne dort schon länger nicht mehr und die laufenden Krankschreibungen von einer Zahnärztin in O erfolgten. Da die Antragstellerin zunächst keine Unterlagen übersandte, versagte der Antragsgegner die Leistungen mit Bescheid vom 20.07.2010 ab 01.07.2010 wegen mangelnder Mitwirkung nach §§ 60, 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Nach Durchsicht der von der Antragstellerin Ende Juli nachgereichten Kontoauszüge (23.12.2009 bis 18.06.2010, Saldo: 3.149,67 Euro) teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Schreiben vom 17.08.2010 mit, dass Zweifel an ihrer Hilfebedürftigkeit bestünden. Aus den Kontoauszügen seien weder der Kauf von Lebensmitteln noch Abhebungen ersichtlich. Die Antragstellerin möge angeben, wie sie ihren Lebensunterhalt sicher stelle. Nachdem die Antragstellerin hierauf nicht reagierte, wiederholte der Antragsgegner die Versagung der Leistungen zum 01.07.2010 mit Bescheid vom 29.09.2010. Gegen die versagenden Bescheide legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 20.08.2010 über ihren Bevollmächtigten und am 29.10.2010 selbst Widerspruch ein. Sie lasse sich Lebensmittel und andere Güter des täglichen Lebens wegen ihrer starken Gelenkbeschwerden von einem Bekannten mit dem Auto mitbringen. Die Vorabüberweisungen (530 Euro für einen Großeinkauf im September 2009 sowie weitere Beträge, u.a. in den letzten Monaten 30 Euro, 170 Euro und 241 Euro) seien aus den Kontoauszügen ersichtlich. Weitere Lebensmittel (vor allem Gemüse, alle Produkte kurz vor dem Verderb) habe sie sich kostenlos aus den Gärten von Freunden und Bekannten abgeholt und daraus Eintöpfe mit Kartoffeln gekocht, die sie portionsweise eingefroren habe. Jetzt habe sie keine Gefriertruhe mehr und könne auch nicht mehr Rad fahren. Sie sei darauf angewiesen, extrem sparsam zu leben, um Geld für alternative Behandlungen ihres Weichteil- und Gelenkrheumas sowie der Folgen einer alten Zeckenbissinfektion zu sparen. Sie müsse sich jetzt dringend Briketts liefern lassen, da geheizt werden müsse, weil sonst alles verschimmele. Es sei fatal, dass sie in den Dispokredit rutsche; man könne einem Menschen doch nicht auf Grund von Zweifeln und Spekulationen die Grundsicherung entziehen. Sie besitze weder Fernseher noch Waschmaschine oder Kühlschrank und habe ihre dänischen Möbel vor Jahren verkauft. Statt auf einem richtigen Bett schlafe sie auf einem gezimmerten Gestell mit einer Kunststoffauflage. Die Zweifel an ihrem Aufenthalt seien völlig unbegründet. Sie sei jederzeit erreichbar gewesen. Einer Aufforderung durch den Besuchsdienst des Antragsgegners während der Erkrankung müsse sie aber nicht nachkommen. Der Antragsgegner ruiniere durch immer neue künstliche Mobbingaktionen und das Entziehen und Versagen der Grundsicherung ihre Existenz und dränge sie damit ganz bewusst in den Notverkauf ihres Hauses, das sie und ihre Eltern trotz schwerer Schicksalsschläge hätten erhalten können. Der Staat schütze solch kleines Familieneigentum.
Der Antragsgegner wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 16.12.2010 zurück. Der Versagungsbescheid vom 20.07.2010 sei rechtmäßig, da die Antragstellerin die angeforderten Kontoauszüge trotz ordnungsgemäßer Belehrung über die Rechtsfolgen zunächst nicht übersandt habe. Der Bescheid vom 29.09.2010 sei ebenfalls rechtmäßig, weil die Antragstellerin trotz entsprechender Aufforderung und Rechtsfolgenbelehrung nicht ausreichend dargelegt habe, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreite. Dies sei den vorgelegten Kontoauszügen nicht zu entnehmen. Darüber hinaus bestünden Zweifel über den Aufenthaltsort der Antragstellerin, da es Informationen gebe, wonach ein Bekannter der Antragstellerin das Haus und die Katze versorge, da die Antragstellerin längere Zeit abwesend sei.
Die Antragstellerin hat am 21.01.2011 beim Sozialgericht (SG) Köln Klage erhoben und am 24.03.2011 einen Antrag auf (Weiter-)Gewährung von Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zumindest ab 01.03.2011 gestellt. Das SG hat um Darlegung gebeten, wovon die Antragstellerin ihren Lebensunterhalt bestreite. Soweit sie angebe, durch Dritte unterstützt worden zu sein, mögen diese mit ladungsfähiger Anschrift sowie unter Nennung des Zeitpunktes und der Höhe der Unterstützung angegeben werden. Vorzulegen seien Auszüge sämtlicher Konten seit 01.01.2011.
Das Sozialgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 29.07.2011 abgelehnt, nachdem die erbetene Stellungnahme der Antragstellerin bis zu diesem Zeitpunkt trotz Erinnerung nicht eingegangen ist. Dem Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz fehle es am Anordnungsgrund. Dass die Unterlagen von der Antragstellerin nicht vorgelegt worden seien, spreche entscheidend gegen das Vorliegen einer gegenwärtigen und dringenden Notlage. Wäre eine solche gegeben, käme die Antragstellerin nach der allgemeinen Lebenserfahrung ihren Mitwirkungspflichten zeitnah nach.
Gegen den ihr am 04.08.2011 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 17.08.2011 Beschwerde erhoben. Sie hat angegeben, ihren Lebensunterhalt seit 01.07.2010 durch private Darlehen der G H und Aufbrauchen der restlichen geringen Guthaben auf ihren Bankkonten bestritten zu haben. Das Sozialgericht werde ermächtigt, die Kontoauszüge bei ihren Banken direkt einzuholen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Dahinstehen bleiben kann, ob dem trotz Leistungsversagung ab Juli 2010 erst im März 2011 gestellten und dann nur zögerlich verfolgten Eilantrag der Antragstellerin – wie vom Sozialgericht mit nachvollziehbarer Begründung angenommen – ein Anordnungsgrund fehlt. Dem Antrag auf vorläufige Zuerkennung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II gem. § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mangelt es bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerin bedarf keiner gerichtlichen Hilfe, um die von ihr begehrte Gewährung der SGB II-Leistungen zu erreichen. Solange sie die ihr zumutbaren Möglichkeiten nicht ausgeschöpft hat, das erstrebte Ziel auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erlangen, fehlt es an der Notwendigkeit gerichtlichen Eingreifens (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 19.04.2011 – L 6 B 399/11 B ER; Beschluss vom 31.03.2011 – L 6 B 86/09 AS mwN). Der Bewilligung der Leistungen steht lediglich die im eigenen Verantwortungsbereich der Antragstellerin liegende Tatsache entgegen, dass sie die für die Prüfung des Anspruchs notwendigen Angaben nicht ausreichend getätigt hat. Da der Antragsgegner den Fortzahlungsantrag der Antragstellerin lediglich im Hinblick auf die mangelnde Mitwirkung vorläufig versagt hat, hätte die Antragstellerin die erstrebten Leistungen (bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen) allein durch Nachholung der notwendigen Angaben gegenüber dem Antragsgegner erlangen können. Im Hinblick auf die vom Antragsgegner mitgeteilten stichhaltigen Zweifel am Aufenthaltsort und auch der Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin obliegt es dieser, beim Antragsgegner schlüssig und glaubhaft dazu vorzutragen, wo sie sich seit Juli 2010 aufgehalten und wie genau sie ihren Lebensunterhalt sichergestellt hat. Soweit die Antragstellerin diesen Vortrag nachholt bzw. den bisherigen – teilweise sehr zweifel – bzw. lückenhaften – Vortrag ausreichend präzisiert und belegt, ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner vorbehaltlich des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen etwaig zustehende Leistungen gewährt. Eines gerichtlichen Beschlusses hierfür bedarf es bei der derzeitigen Sachlage nicht. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 28.09.2011
Zuletzt verändert am: 28.09.2011