Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 07.12.2011 geändert:
Der Klägerin wird für das erstinstanzliche Klageverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt F, H, bewilligt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin erhält vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II, hierin eingeschlossen Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II. Auf die Vorlage eines Ende Oktober 2009 gestellten Mieterhöhungsverlangens des Vermieters am 02.12.2009 durch die Klägerin erkannte der Beklagte durch Bescheid vom 30.03.2010 die erhöhte Grundmiete als weiteren Bedarf rückwirkend für die Zeit ab dem 01.01.2010 (zunächst) bis zum 30.04.2010 an. Eine Kostensenkungsaufforderung bezogen auf den Mietzins sprach der Beklagte nach Aktenlage der Klägerin gegenüber erst unter dem 27.04.2010 aus. Vor Erteilung dieses Bescheides hatte der Vermieter wegen der Mieterhöhung bereits Klage eingereicht (AG 000); über die durch Versäumnisurteil vom 13.04.2010 rechtskräftig entschieden ist. Die von der Klägerin zu tragenden Gerichts- und Rechtsanwaltskosten wurden durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.05.2010 auf 298,03 Euro festgesetzt. Den Antrag der Klägerin vom 01.06.2010, diese Verfahrenskosten zu übernehmen, lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 13.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2011 mit der Begründung ab, es handele sich bei den Gerichts- und Anwaltskosten nicht um übernahmefähige Kosten der Unterkunft und Heizung gem. § 22 SGB II.
Mit ihrer am 21.06.2011 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 07.12.2011, zugestellt am 14.12.2011 abgelehnt, da die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Das SGB II enthalte keine Anspruchsgrundlage, die geltend gemachten Gerichts- und Anwaltskosten gehörten nicht zu den Kosten der Unterkunft. Ein etwaiger Entschädigungsanspruch sei vor dem dafür zuständigen Landgericht zu verfolgen.
Mit ihrer Beschwerde vom 27.12.2011 hat die Klägerin Ausführungen zu Vorgängen aus Oktober 2008 und Januar 2009 gemacht und dann unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgericht (BSG) vom 24.11.2011 – B 14 AS 15/11 R – die Auffassung vertreten, die Anwalts- und Gerichtskosten für den Mieterhöhungsprozess seien vom Beklagten im Rahmen der Leistungen gem. § 22 Abs 1 S. 1 SGB II zu übernehmen.
Der Beklagte ist der Beschwerde u. a. mit dem Hinweis darauf entgegen getreten, die zivilgerichtliche Verurteilung der Klägerin sei nicht notwendig gewesen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe sind erfüllt. Die Klage bietet auch die nach Maßgabe des § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Maßgebend für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussicht ist dabei grundsätzlich der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, im Falle einer Beschwerde der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung. (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rn. 7 ff, mwN). Die hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rn 7 ff; st. Rspr. auch des erkennenden Senats, z.B. Beschl v 10.02.2012 – L 6 AS 2127/10 B ). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, darf der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werden (BVerfG Beschl v 13.03.1990 – 2 BvR 94/88 juris Rn 26 – BVerfGE 81, 347).
In Anwendung dieser Kriterien mögen die Erfolgsaussichten der Klage eher verhalten zu beurteilen sein, die Erfolgschancen sind aber nicht nur ganz entfernte. Denn nach der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des BSG (Urt v 24.11.2011 – B 14 AS 15/11 R, juris), die der Senat in den dort formulierten Rechtssätzen für zutreffend erachtet, kommt die Übernahme der Gerichts- und Anwaltskosten, die im Zusammenhang mit dem Mieterhöhungsverlangen entstanden sind, unter bestimmten Voraussetzungen als sog. Annex zu den Kosten nach § 22 Abs. 1 S 1 SGB II in Betracht.
Eine Kostensenkungsaufforderung bezogen auf den Mietzins ab 01.01.2010 hat der Beklagte nach Aktenlage der Klägerin gegenüber (erst) unter dem 27.04.2010 ausgesprochen. Um die Notwendigkeit/Kausalität der im Zusammenhang mit der Mieterhöhung angefallenen Gerichts- und Anwaltskosten zuverlässig beurteilen zu können, erscheinen noch weitere Ermittlungen angezeigt. Zur Einschätzung insbesondere auch des Beratungs-/Betreuungsbedarfs der Klägerin sowie weiter gehender unterstützender Maßnahmen des Beklagten könnten ggfs Kontakte, Informationsstand und etwaige Absprachen zwischen Klägerin und Beklagtem einerseits sowie Klägerin und Vermieter andererseits vor allem noch vor Einleitung des amtsgerichtlichen Verfahrens Hinweise geben. Die Gründe für die Dauer des Verwaltungsverfahrens bis zur Entscheidung vom 30.03.2010 und Absprachen über das weitere Vorgehen auch noch nach der Bescheiderteilung können in diesem Zusammenhang ebenso Bedeutung erlangen wie der Umstand, dass die Klägerin sich später (auch ?) auf schriftlichem Wege an den Vermieter gewandt hat, um eine niedrigere Miete zu erreichen.
Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (§ 183 SGG).
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 202 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 13.06.2012
Zuletzt verändert am: 13.06.2012