Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 16.01.2013 wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.12.2012 geändert. Der Antrag vom 07.12.2012 auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 30.11.2012 wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Gründe:
Der im laufenden Leistungsbezug bei dem Antragsgegner stehende Antragsteller begehrte erstinstanzlich die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 02.12.2012 gegen die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 30.11.2012 anzuordnen.
Die Beschwerde des Antragsgegners vom 18.01.2013 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.12.2012, mit dem dieses die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid vom 30.11.2012 angeordnet hat, ist zulässig und begründet.
Gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage ganz oder teilweise anordnen, wobei eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur dann in Betracht kommt, wenn die in Streit stehenden Bescheide des Antragsgegners offensichtlich rechtswidrig sind oder aber hinsichtlich deren Rechtmäßigkeit zumindest ernsthafte Zweifel bestehen bzw. eine Vollziehung der angefochtenen Entscheidungen des Antragsgegners eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für den Antragsteller darstellt. Die Tatsachen sind vom jeweiligen Antragsteller glaubhaft zu machen, § 86b SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderung zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (Bundessozialgericht, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B).
Der Widerspruch des Antragstellers vom 02.12.2012 gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 30.11.2012 hat gem. § 39 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung liegen nicht vor, denn es bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Bescheides vom 30.11.2012. Ziel des bis zum 29.05.2013 gültigen Eingliederungsverwaltungsaktes ist die Verringerung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers durch Aufnahme einer Beschäftigung oder Ausbildung im Tagespendelbereich. Der Antragsgegner verpflichtet sich hierin, Bewerbungsbemühungen zur Anbahnung oder Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses durch Übernahme der Bewerbungs,- und Reisekosten nach Maßgabe des § 16 SGB II i.V.m. §§ 44 ff SGB III zu unterstützen, sofern die Kosten angemessen und zur beruflichen Eingliederung notwendig sind und nicht von Dritten erbracht werden. Die Kosten für schriftliche Bewerbungen könnten nach vorheriger Antragstellung und Nachweis bis zu einem Betrag in Höhe von 260 Euro jährlich übernommen werden. Weitere notwendige Förderleistungen seien im Einzelfall gesondert zu beantragen. Der Antragsteller verpflichtet sich während der Gültigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes monatlich mindestens fünf Bewerbungen sowohl um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen als auch um geringfügige Beschäftigungen oder auch um Ausbildungsplätze vorzunehmen, und hierüber "zum 30. des Monats" unaufgefordert im Einzelnen in der Vereinbarung näher bezeichnete Nachweise vorzulegen. Die Vereinbarung ist mit einer umfangreichen Rechtsfolgenbelehrung versehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Verwaltungsakt vom 30.11.2012 Bezug genommen.
Die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt ist zulässig im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Es handelt sich bei § 15 Abs. 1 SGB II um eine reine Verfahrensvorschrift, die das Verhalten und das Vorgehen des Grundsicherungsträgers steuern soll. Der Grundsicherungsträger kann selbst entscheiden, welchen Verfahrensweg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wählt, ohne dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige dadurch einen Rechtsverlust erleidet. Dem Grundsicherungsträger steht die Alternative des Erlasses eines Verwaltungsaktes schon dann zu, wenn ihm dies als der besser geeignete Weg erscheint (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.09.2009, Az.: B 4 AS 13/09 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 02.05.2011, Az. L 19 AS 344/11 B ER, L 19 AS 345/11 B ER). Die dem Antragsteller abverlangten Eigenbemühungen begegnen keinen Bedenken. Die Verpflichtung, monatlich mindestens fünf Bewerbungen um sozialversicherungspflichtige oder nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen oder Ausbildungsstellen vorzunehmen, ist nicht zu beanstanden. Der Senat weist insbesondere darauf hin, dass die Verpflichtung des Antragstellers innerhalb einer bestimmten Frist Nachweise dazu vorzulegen, dass er den Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung Folge leistet, keinen Bedenken unterliegt. Dies folgt aus § 2 SGB II, wonach der Hilfeempfänger alle Möglichkeiten zur Beseitigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss und verpflichtet ist, aktiv an allen zumutbaren Maßnahmen der Eingliederung teilzunehmen. Die Bewerbung um ein Beschäftigungsverhältnis stellt den ersten Schritt zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit dar. Die Verpflichtung zur Vorlage entsprechender Nachweise resultiert aus der allgemeinen Mitwirkungspflicht des Betroffenen, alle für eine Entscheidung des Leistungsträgers erforderlichen Tatsachen vorzutragen (§ 60 SGB I). Dass dem Antragsteller hierzu eine Frist gesetzt wird, ist nicht zu beanstanden. Fristen zur Vorlage von Urkunden oder Mitteilung von Tatsachen sind im allgemeinen Geschäfts- und Rechtsverkehr üblich und dienen letztlich der Verständigung der Beteiligten untereinander. Sofern der Antragsteller die ihm gesetzte Frist zur Vorlage der Bewerbungsbemühungen nicht einhält, führt dies für sich genommen nicht zu einer Sanktion, sondern lediglich zur Nachfrage durch den Antragsgegner und der Gelegenheit für den Antragsteller, die Nachweise über die erfolgten Bewerbungen einzureichen. Der Bescheid ist auch hinreichend bestimmt i.S.d. § 33 SGB X, denn der Betroffene kann aus der gewählten Formulierung schlüssig nachvollziehen, was von ihm erwartet wird und welche Konsequenzen sich aus einer Pflichtverletzung ergeben. Dies gilt auch hinsichtlich der Regelungen zu den von dem Antragsteller vorzunehmenden Bewerbungsbemühungen und der damit korrespondierenden Pflicht des Antragsgegners, die Bewerbungskosten im gesetzlichen Umfang zu erstatten. Aus dem Verwaltungsakt geht ausdrücklich hervor, dass die Bewerbungskosten in Höhe von maximal 260 Euro pro Kalenderjahr übernommen werden, und weitere Förderungsleistungen beantragt werden können. Diese Bestimmung macht für den Antragsteller ausreichend deutlich, in welchem Umfang eine Kostenerstattung erfolgen kann (nämlich grundsätzlich maximal 260 Euro im Kalenderjahr), und dass auch sonstige, mit der Bewerbung in Zusammenhang stehende Kosten (wie z.B. Reisekosten) übernommen werden können, sofern sie angemessen sind. Eine weitere Konkretisierung der Kostenübernahmeregelung ist weder erforderlich noch möglich, da die Übernahme der angemessenen Kosten bezogen auf den konkreten Einzelfall zu prüfen ist, und eine weitere Einschränkung der Kostenübernahmeregelung im Vorfeld mögliche Ansprüche des Antragstellers zu dessen Nachteil eingrenzen würde. Schließlich ist die im Eingliederungsverwaltungsakt gewählte Formulierung das Ergebnis der gesetzlichen Regelung des § 44 SGB III, wonach eine Förderung der Eingliederungsbemühungen aus dem Vermittlungsbudget nach Prüfung des jeweiligen Falles zu erfolgen hat. Der Antragsgegner hat auch dem Begründungserfordernis des § 35 SGB X ausreichend Rechnung getragen, indem er darauf hingewiesen hat, dass eine Eingliederungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen ist, so dass nunmehr eine Ersetzung derselben durch Verwaltungsakt erfolge.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 10.06.2013
Zuletzt verändert am: 10.06.2013