Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 21.01.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller sind verheiratet und bewohnen eine 45 qm große Wohnung in C.
Die Antragstellerin zu 2) bezieht seit dem 01.01.2005 Leistungen der Grundsicherung von zuletzt 344,87 Euro (zuletzt Bescheid über Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB XII] der Stadt C vom 30.11.2005).
Mit Bescheid vom 15.12.2004 bewilligte die Antragsgegnerin erstmals Leistungen nach dem SGB XII für den Antragsteller zu 1) sowie die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Antragstellerin zu 2) in Höhe von 433,53 Euro für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.05.2005. Für den nachfolgenden Zeitraum vom 01.06.2005 bis 30.11.2005 bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 19.05.2005 erneut monatliche Leistungen in Höhe von 433,53 Euro.
Mit Antrag vom 17.11.2005 beantragte der Antragsteller die Fortzahlung der Leistungen. Mit Bescheid vom 12.12.2005 bewilligte die Antragsgegnerin ab dem 01.12.2005 bis zum 31.05.2006 monatliche Leistungen in Höhe von 445,99 Euro. In dem Bescheid ist u. a. ausgeführt:
"Die zu zahlenden Leistungen werde ich jeweils monatlich im Voraus an die nachstehende Überweisungsanschrift auszahlen. Bereits fällige Beträge werden in Kürze zur Zahlung angewiesen."
Am 15.12.2005 wies die Antragsgegnerin die Leistungen zur Auszahlung an. Mit Schriftsatz vom 16.12.2005, beim Sozialgericht (SG) Dortmund eingegangen am 20.12.2005, beantragten die Antragsteller,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, von den bewilligten Leistungen nach dem SGB II gemäß dem Bescheid vom 12. Dezember 2005 sofort 400,- Euro an die Antragsteller zu zahlen.
Zugleich haben sie beantragt,
den Antragstellern Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Zur Begründung ihres Antrags haben die Antragsteller vorgetragen, bereits im Vorfeld des Erlasses des Bescheides vom 12.12.2005 hätten sich die Antragsteller mehrfach an die Behörde gewandt, um zu erfahren, wann mit der Vorlage eines Bescheides gerechnet werden könne. In der 49. Kalenderwoche sei ihnen mitgeteilt worden, nunmehr sei ein Bescheid erstellt und das Geld werde alsbald angewiesen. Nach Erhalt des Bescheides vom 12.12.2005 hätten sie erneut bei der Behörde nachgefragt, wann nun mit der konkreten Zahlung zu rechnen sei. Eine sachgerechte Erklärung hätten sie nicht erhalten. Nachdem am Morgen des 16.12.2005 noch immer kein Zahlungseingang auf ihrem Konto zu verzeichnen gewesen sei, hätten sie sich persönlich zur Behörde begeben. Dort habe man erneut keine hinreichende Auskunft gegeben, sondern mitgeteilt, man möge ggf. in der nächsten Woche wiederkommen, wenn die Behörde für Publikumsverkehr geöffnet sei. Die Antragsteller seien dringend auf die bewilligten Leistungen angewiesen, da sie neben der Grundsicherung der Antragstellerin zu 2) lediglich über Kindergeld in Höhe von 154,- Euro monatlich verfügten. Die finanziellen Reserven seien nunmehr aufgebraucht. Die Antragsteller hätten Mietzahlungen für den laufenden Monat bisher nicht leisten können. Der Vermieter habe zwischenzeitlich mehrfach die rückständige Miete für Dezember 2005 angemahnt. Auch der Energieversorger habe zwischenzeitlich Zahlungserinnerungen versandt und die Sperrung der Energie angekündigt.
Auf telefonische Nachfrage hat die Antragsgegnerin dem SG mitgeteilt, die Auszahlung sei am 15.12.2005 angewiesen worden. Mit Schreiben vom selben Tag hat sie darauf hingewiesen, dass den Antragstellern bereits im Rahmen ihrer letzten Vorsprache mitgeteilt worden sei, dass die Zahlung etwa eine Woche nach Bewilligung zufließen würde. Nachdem die Bevollmächtigte der Antragsteller auch auf Erinnerung des SG unter dem 04.01.2006 nicht mitgeteilt hatte, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aufrecht erhalten werde, hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 21.01.2006 ebenso abgelehnt wie den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Antragsgegnerin habe die Zahlung bereits vor Beantragung der einstweiligen Anordnung angewiesen. Wegen fehlender Erfolgsaussicht des Begehrens könne Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden.
Gegen den ihnen am 27.01.2006 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 24.02.2006 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, die Antragsgegnerin habe sich bis zum 22.12.2005 in Verzug befunden. Die Leistungsbewirkung sei mit einer nicht nachvollziehbaren Verzögerung erfolgt, obwohl die Antragsteller mehrfach persönlich und fernmündlich bei der Antragsgegnerin nachgefragt hätten. Es sei den Antragstellern nicht zuzumuten gewesen, weiter zu warten, ob die Zahlung in den nächsten Tagen noch eingehen werde. Für die Frage der Prozesskostenhilfegewährung sei auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Schon zu diesem Zeitpunkt habe sich die Antragsgegnerin im Zahlungsverzug befunden. Es reiche nicht aus, dass die Antragsgegnerin die Zahlungen "auf den Weg gebracht habe".
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung im Nichtabhilfebeschluss vom 28.02.2006 ausgeführt, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei trotz Zahlung nicht für erledigt erklärt worden, so dass der Antrag abzulehnen gewesen sei. Bei Ablehnung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht gerechtfertigt.
Die Antragsgegnerin hat zur Erwiderung vorgetragen, ihr hätten erst am 02.12.2005 sämtliche Unterlagen zur Bewilligung der Leistung vorgelegen. Sie hat zudem die unter dem 16.03.2006 erstellten Daten der Kassenanordnung überreicht, ausweislich derer die maßgeblichen Leistungen am 15.12.2005 zur Auszahlung bzw. Überweisung angewiesen worden seien.
Die Antragsteller haben zur weiteren Begründung Bezug genommen auf einen Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 25.01.2006 (L 23 B 1090/05 SO PKH), wonach für die Beurteilung der Erfolgsaussichten maßgeblich der Zeitpunkt des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde, die sich nur noch gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) richtet (Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragsteller vom 27.03.2006), ist unbegründet.
Die Entscheidung des SG, den Antragstellern Prozesskostenhilfe (PKH) zu versagen, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH gemäß den §§ 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) lagen nicht vor.
Der Senat weist insoweit zunächst darauf hin, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts ist. Ein früherer Zeitpunkt, nämlich der der Entscheidungsreife, kommt dann in Betracht, wenn sich die Entscheidung über den Antrag verzögert hat und Änderungen zum Nachteil des Antragstellers eingetreten sind (vgl. Keller/Leitherer in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, 8. Aufl. 2005, § 73 a Rdnr. 7c mwN). Diese Grundsätze kommen auch bei der Entscheidung über die Bewilligung von PKH für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Anwendung.
Der Senat teilt insoweit die ggf. in dem vom Bevollmächtigten der Antragsteller in Bezug genommenen Beschluss des Landessozialgerichts des Landes Berlin und Brandenburg (aaO) zum Ausdruck kommende Auffassung nicht, insoweit sei auf den Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht abzustellen. Vielmehr kommt eine Entscheidung regelmäßig nicht vor Abgabe einer Stellungnahme der Antragsgegnerin in Betracht. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts bereits aus § 118 Abs. 1 S. 1 ZPO, wonach vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe dem Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist, wenn dies nicht aus besonderen Gründen unzweckmäßig erscheint. Derartige besonderen Gründe sind vorliegend nicht ersichtlich, zumal das SG alle in Betracht kommenden Mittel zur Beschleunigung der Stellungnahme (Telefonat, Telefax) in Anspruch genommen hat. Grundsätzlich ist erst mit Stellungnahme des Prozessgegners die für die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von PKH erforderliche Entscheidungsreife vorhanden (vgl. auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 02.03.2005 – L 11 B 51/05 SO ER -; Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 10.09.2003 – 4 SO 81/02).
Im Ergebnis hätte die Beschwerde der Antragsteller aber auch dann keinen Erfolg, wenn als maßgeblicher Zeitpunkt der der Antragstellung bei Gericht anzusehen wäre. Der Erlass der von den Antragstellern begehrten Regelungsanordnung gemäß § 86 Abs. 2 S. 2 SGG setzt nämlich regelmäßig voraus, dass sowohl das Bestehen des materiell geltend gemachten Anspruchs (Anordnungsanspruch) als auch die Umstände, die eine Entscheidung im sozialgerichtlichen Eilverfahren erforderlich, d. h. das Abwarten der Hauptsache als unzumutbar erscheinen lassen, glaubhaft gemacht werden (§ 86 b Abs. 2 S. 3 SGG iVm § 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Insoweit kann zur Überzeugung des Senats dahinstehen, ob in Anbetracht des bewilligenden Bescheides vom 12.12.2005 nicht auch dem Bevollmächtigten der Antragsteller vor Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes eine Nachfrage beim zuständigen Sachbearbeiter der Antragsgegnerin zuzumuten gewesen wäre. Denn schließlich sind seit dem 01.01.2005 nach dem Inhalt der Verwaltungsakte ohne jede Verzögerung seitens der Antragsgegnerin und Beanstandungen der Antragsteller die Leistungen nach dem SGB II zur Auszahlung gelangt, und zwar jeweils auf die von den Antragstellern angegebenen Konten. Im Übrigen ergibt sich bereits aus dem Bescheid vom 12.12.2005, dass die Zahlung alsbald angewiesen werde. Insoweit dürfte es nahe liegen, dass Leistungen erst mit einigen Tagen Verzögerung auf den Konten gutgeschrieben werden können. Die Antragsteller haben sich insoweit auch nicht dazu geäußert, ob es zutrifft, wie von der Antragsgegnerin behauptet, dass dem Antragsteller zu 1) bei seiner letzten Vorsprache mitgeteilt worden sei, die Geldmittel würden etwa eine Woche nach Bescheidung des Antrages zufließen.
Denn auch darüber hinaus ist ein Anordnungsgrund vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Insoweit kann nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller neben Kindergeld in Höhe von 154,- Euro auch die Grundsicherungsleistung der Antragstellerin zu 2) zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung standen. Da sie bis Ende November 2005 regelmäßig Leistungen auch der Antragsgegnerin erhalten haben, lässt sich schon der Vortrag nicht ohne weiteres nachvollziehen, es häuften sich nunmehr Mahnungen. Hieraus ist aber jedenfalls zu schlussfolgern, dass Mietzahlungen und Leistungen an die Energieversorger und den Vermieter nicht erbracht wurden. Hieraus wiederum ist zu schlussfolgern, dass den Antragstellern sämtliche genannten Geldmittel zur Bestreitung des aktuellen Lebensunterhalts zur Verfügung standen. So mag es zwar sein, dass der Vermieter bereits mehrfach die ausstehenden Mietzahlungen angemahnt hat. Die Gefahr einer (fristlosen) Kündigung der Wohnung begründete dies aber ersichtlich nicht. Zur Überzeugung des Senats kann daher auch alleine der Hinweis auf einen bestehenden Verzug der Antragsgegnerin die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zu begründen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Kosten sind nicht zu erstatten, § 127 Abs. 4 ZPO.
Erstellt am: 11.05.2006
Zuletzt verändert am: 11.05.2006