Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 29.03.2007 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerden der Antragsteller, denen das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 09.05.2007 nicht abgeholfen hat, sind zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
1. Soweit das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat, ist die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller unbegründet. Denn sie haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5, 237 = NVwZ 2005, Seite 927).
b) Einen Anordnungsanspruch haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
aa) Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass die Kosten der derzeitigen Wohnung der Antragsteller nicht angemessen sind. Sie bewohnen eine 81 qm große Wohnung, deren Kaltmiete monatlich 420,05 Euro beträgt. Die Antragsgegnerin hat die Antragsteller mit Kostensenkungsaufforderung vom 05.10.2006 darauf hingewiesen, dass für den Zwei-Personen-Haushalt der Antragsteller eine Wohnungsgröße von 60 qm als angemessen anzusehen sei. Die Obergrenze für die angemessene Kaltmiete betrage 292,20 Euro monatlich. Hinsichtlich der Miethöhe habe man sich an dem unteren Bereich marktüblicher Wohnungsmieten entsprechend des Bochumer Mietspiegels orientiert.
Dieser Rechtsstandpunkt der Antragsgegnerin ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zu beanstanden. Denn das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 07.11.2006 (B 7b AS 18/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 3) entschieden, dass bei der Feststellung der Wohnraumgröße die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zugrunde zu legen ist. Hierbei sei auf die Wohnungsgrößen abzustellen, die sich aus § 10 des Gesetzes der sozialen Wohnraumförderung vom 13.09.2001 (WoFG, BGBl I S. 2376) sowie aus denen von den einzelnen Bundesländern erlassenen Richtlinien ergeben. Im einstweiligen Rechtschutzverfahren konnte dabei dahinstehen, ob für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße die Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz NRW oder die Wohnraumförderungsbestimmungen (WfB) des Landes Nordrhein-Westfalen (Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 26.01.2006) heranzuziehen sind. Dass sich die Beklagte hinsichtlich des Mietpreises pro Quadratmeter Wohnfläche nach dem Mietspiegel der Stadt Bochum gerichtet hat, ist rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden (hierzu BSG a.a.O.). Dass derartiger Wohnraum auf dem Wohnungsmarkt tatsächlich auch verfügbar ist (vgl. BSG a.a.O.), hat die Antragsgegnerin im einstweiligen Rechtsschutzverfahren durch die Vorlage einer Vielzahl von entsprechenden Mietangeboten belegt. Die Antragsgegnerin hat insbesondere auch Wohnungsangebote vorgelegt, die sich im jetztigen sozialen Umfeld der Antragsteller bewegen. Dies trifft insbesondere den Bezirk Wattenscheid, in dem die Antragstellerin zu 2) die Schule besucht.
bb) Ein möglicher Anspruch der Antragsteller auf die Erbringung der von ihnen tatsächlich geleisteten Aufwendungen für ihre Unterkunft könnte sich daher allein aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ergeben. Er regelt: Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem Alleinstehenden, Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens jedoch für sechs Monate.
Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Anspruchsnorm vorliegen.
Nachdem die Antragsteller von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 08.09.2006 und vom 05.10.2006 sowie in einem persönlichen Gespräch am 18.09.2006 darüber informiert worden sind, dass ihre Kosten der Unterkunft nicht angemessen im Sinne des § 22 SGB II sind, war es ihnen möglich und zumutbar, durch einen Wohnungswechsel die Aufwendungen bis zum 01.04.2007 zu senken; ab dem 01.04.2007 erbrachte die Antragsgegnerin nur noch die tatsächlichen Kosten der Unterkunft.
(1) Eine Unzumutbarkeit einer Kostensenkung ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller nicht daraus, dass die Kostensenkungsauforderung der Antragsgegnerin vom 08.09.2006 (und 05.10.2006) nicht den gesetzlichen Vorgaben entspräche. Denn die Kostensenkungsaufforderung wird den rechtlichen Vorgaben gerecht.
Zwar ist eine Kostensenkungsaufforderung des Grundsicherungsträgers weder in § 22 SGB II normiert noch sonst formelle Voraussetzung für die Weigerung des Grundsicherungsträgers, mehr als die angemessenen Kosten zu übernehmen (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R, SozR-4200 § 22 Nr. 2). Auch wenn die Kostensenkungsaufforderung kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal darstellt, ist sie bei der Prüfung der Frage, ob dem Hilfebedürften eine Kostensenkung zuzumuten ist, aber gleichwohl von Bedeutung. Denn ein Hilfebedürftiger wird ohne eine ausdrückliche Kostensenkungsaufforderung regelmäßig nicht erkennen können, dass nach den heranzuziehenden Maßstäben seine Unterkunft nicht kostenangemessen ist. Regelmäßig ist sie deshalb Voraussetzung dafür, dass dem Einzelnen Kostensenkungsbemühungen als zumutbar abzuverlangen sind (vgl. Berlit in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 RdNr. 64 mwN. ). Eine Kostensenkungsaufforderung hat Aufklärungs- und Warnfunktion, damit der Hilfebedürftige Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und ggfs. für die Heizung unter Hinweis auf die Rechtslage erhält (BSG a.a.O).
Die Aufforderungen der Antragsgegnerin zur Kostensenkung entsprechen diesen Vorgaben. Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern zuletzt mit Schreiben vom 05.10.2006 die Angemessenheitsgrenze im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erläutert. Sie hat die angemessene Wohnungsgröße und die angemessene Kaltmiete exakt angegeben. In den ausführlichen Erläuterungen hat sie insbesondere darauf hingewiesen, dass sie sich hinsichtlich der Angemessenheit der Kaltmiete an dem Bochumer Mietspiegel orientiert. (2) Eine Unzumutbarkeit der Kostensenkung durch die Antragsteller ergibt sich auch nicht daraus, dass die Antragsteller über die Folgen eines Umzuges von der Antragsgegenerin nicht ausreichend informiert worden wären. Denn das erwähnte Schreiben der Antragsgegnerin vom 05.10.2006 enthielt folgenden Hinweis: "Die Gewährung von Leistungen für Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten sowie Abgabe einer Kautionsgarantieerklärung kommt nur noch nach vorheriger Zusicherung in Betracht." Einer weitergehenden Belehrung der Antragsteller durch die Antragsgegnerin bedurfte es nicht. Eine solche wäre gegebenenfalls dann angezeigt gewesen, wenn die Antragssteller sich um einen Wohnungswechsel bemüht und hinsichtlich einer konkreten Alternativwohnung bei der Antragsgegnerin vorgesprochen hätten. Dies war jedoch nicht der Fall.
2. Soweit die Antragsteller mit ihrer Beschwerde die Ablehnung ihres Antrages auf Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren durch das SG angreifen, ist ihre Beschwerde ebenfalls unbegründet. Denn Prozesskostenhilfe wird nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) nur gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies war aus den dargelegten Gründen nicht der Fall.
3. Soweit die Antragsteller mit ihrer Beschwerde die Ablehnung ihres Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffen haben, folgt die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Soweit sich ihre Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Prozesskostenhilfe richtet, werden Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
4. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 26.02.2008
Zuletzt verändert am: 26.02.2008