Kläger hat die NZB zurückgenommen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.12.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen von der Beklagten.
Der im Jahr 1969 geborene Kläger ist Volljurist. Bis August 1999 war er in der gesetzlichen Rentenversicherung mit insgesamt 44 Monaten Pflichtbeitragszeiten gesetzlich pflichtversichert. Seitdem ist er als selbstständiger Rechtsanwalt zugelassen und tätig. Er ist Partner einer Rechtsanwaltssozietät und seit dem 26.08.1998 Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Land Nordrhein-Westfalen.
Am 25.07.2012 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung der von ihm geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.09.2012 ab. Die Voraussetzungen einer Beitragserstattung, nämlich Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht sowie die Nicht-Erfüllung der allgemeinen Wartezeit, lägen bei dem Kläger nicht vor. Als selbstständiger Rechtsanwalt unterliege er ohnehin nicht der Rentenversicherungspflicht. Es bestehe keine Möglichkeit für ihn, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Es stehe ihm aber offen, freiwillige Beiträge zu entrichten. Mit der Zahlung von Beiträgen für 16 Monate würde er die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten erfüllen und damit einen Anspruch auf Regelaltersrente begründen.
Dagegen richtete sich der Widerspruch vom 24.09.2012. Der Kläger führte aus, dass ein Sachbearbeiter der Beklagten in Köln, welcher den Befreiungsantrag entgegengenommen habe, eine Beitragserstattung binnen sechs Wochen zugesagt habe. Er falle nicht unter die Rentenversicherungspflicht und zahle Beiträge ausschließlich an das Versorgungswerk. Er könne sich daher nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Schließlich ergebe sich eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu Syndikusanwälten. Diese hätten nämlich die Möglichkeit, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen und damit eine Beitragserstattung zu erhalten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Voraussetzungen des § 210 Abs. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) seien nicht erfüllt. Eine Beitragserstattung sei nur dann zulässig, wenn das Recht zur freiwilligen Versicherung nicht bestehe. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die freiwillige Versicherung.
Dagegen hat der Kläger am 28.01.2013 bei dem Sozialgericht Köln Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor. Zudem hat er auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.07.2012 verwiesen. Das Gericht habe dort offen gelassen, ob sich die Rechtslage für eine Beitragserstattung für Selbständige ab dem 11.08.2010 unter dem Aspekt des Art. 3 Abs. 1 GG anders darstelle, weil der Gesetzgeber mit der ersatzlosen Streichung des § 7 Abs. 2 SGB VI und der Einfügung des § 210 Abs. 1a SGB VI im Ergebnis nur den versicherungsfreien und den von der Versicherungspflicht befreiten Personen bei Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit ein Wahlrecht zwischen freiwilliger Versicherung und Beitragserstattung eingeräumt habe, nicht aber den nicht-versicherungspflichtigen Personen in ähnlicher Lage. Der Kläger hat vorgetragen, ein Syndikusanwalt, der ebenfalls Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte sei, erhalte auf Antrag die Beitragserstattung von der Beklagten, der selbstständig niedergelassene Rechtsanwalt hingegen nicht.
Mit Urteil vom 12.12.2013 hat das Sozialgericht Köln die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Kläger sei durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert. Die Voraussetzung einer Erstattung der Beiträge nach Maßgabe des § 210 SGB VI lägen nicht vor. Dem Kläger stünde das Recht zur freiwilligen Versicherung zu, so dass eine Beitragserstattung gemäß § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ausgeschlossen sei. Auch die Voraussetzungen des § 210 Abs. 1a SGB VI lägen nicht vor. Der Kläger sei weder versicherungsfrei gemäß § 5 SGB VI noch befreit im Sinne des § 6 SGB VI. Auch aus der Auskunft des Sachbearbeiters der Beklagten ergebe sich kein Recht auf Beitragserstattung, denn es handele sich nicht um eine Zusicherung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Auch liege kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Beitragserstattung nach § 210 SGB VI stelle einen Ausgleich für den Verlust des Rechts auf Versicherung dar. Dessen bedürfe der Kläger nicht. Mit den von ihm in der Vergangenheit gezahlten Beiträgen habe er bereits eine Anwartschaft für eine Regelaltersrente erworben und könne allein durch die Entrichtung weiterer freiwilliger Beiträge dafür Sorge tragen, die allgemeine Wartezeit von 60 Beitragsmonaten zu erfüllen. Diese Möglichkeit der Schließung einer Beitragslücke durch freiwillige Beiträge nach alter Rechtslage hätten die von dem Ausschluss des Rechts zur freiwilligen Versicherung Betroffenen nicht gehabt. Die Gruppe derjenigen, die versicherungsfrei bzw. von der Versicherungspflicht befreit waren, sei nach der früheren Rechtslage gegenüber den nicht versicherungspflichtigen Personen schlechter gestellt gewesen.
Eine unterschiedliche Behandlung von Personen, die nicht versicherungspflichtig seien, gegenüber Personen, die versicherungsfrei bzw. von der Versicherungspflicht befreit seien, verstoße nicht gegen die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG. Personen, die unter die §§ 5 oder 6 SGB VI fielen, würden in der Regel eine Absicherung im Alter aus anderen Sicherungssystemen erhalten. Aufgrund dessen könne bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze und Erfüllung der Wartezeit davon ausgegangen werden, dass ein Anspruch auf Altersrente entstehen werde. Diese Überlegungen ließen sich für die weite Gruppe der Selbstständigen, die von vornherein nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlägen, nicht in dieser Weise treffen. Habe der Gesetzgeber Selbstständige grundsätzlich als weniger schutzbedürftig als Beschäftigte eingestuft, sei es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber für diese Personengruppe bei der mit Schaffung des SGB VI aufgestellten Regel verbleibe, dass die Entscheidung, geleistete Beiträge zu erstatten, erst bei dem Erreichen der Regelaltersgrenze getroffen werde.
Das Urteil ist dem Kläger am 02.01.2014 Tag zugegangen. Der Kläger hat dagegen am selben Tag bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Berufung eingelegt.
Der Kläger ist der Ansicht, die Ungleichbehandlung zwischen selbstständigen Rechtsanwälten und Syndikusanwälten sei nicht gerechtfertigt. Jedenfalls in der Berufsgruppe der Rechtsanwälte habe der Gesetzgeber davon ausgehen können, dass im Alter eine Absicherung bestünde. Es liege zudem eine Grundrechtsverletzung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vor. Die Eigentumsgarantie schütze den Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich; Ziel sei es, dem Einzelnen eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen. Dies sei nur gewährleistet, wenn jederzeit die Möglichkeit vorhanden sei, Zugriff auf sein Eigentum zu haben. Durch den Ausschluss von der Beitragserstattung sei ihm diese Möglichkeit genommen. Zudem werde in seine Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Es liege eine indirekte Benachteiligung vor, weil dem angestellten Anwalt die Wahl zwischen freiwilliger Weiterversicherung oder Erstattung der gezahlten Beiträge gelassen werde und dem Selbstständigen nicht. Dieser Eingriff sei nicht gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.12.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2013 zu verpflichten, ihm die gezahlten Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Begründung auf die Ausführungen in dem erstinstanzlichen Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Köln hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 56 Sozialgerichtsgesetz -SGG -) des Klägers zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 13.09.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2013 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Ein Recht des Klägers auf Erstattung der von ihm gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung besteht derzeit – zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung – weder einfachrechtlich noch verfassungsrechtlich.
1) Die Beklagte hat das (einfache) Recht zutreffend angewandt. Der Kläger kann von ihr derzeit keine Erstattung von Beiträgen verlangen.
a) Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung gemäß § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Danach werden Beiträge auf Antrag bei Versicherten erstattet, die nicht versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben.
Der Kläger ist "Versicherter" im Sinne dieser Norm, weil für ihn Pflichtbeiträge entrichtet worden waren (vgl. Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 10.07.2010 – B 13 R 26/10 R -, juris Rn. 21). Da er weder zu den in § 1 noch zu den in § 2 SGB VI genannten Personenkreisen zählt, ist der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auch nicht versicherungspflichtig. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI steht ihm aber das Recht auf freiwillige Versicherung zu, so dass eine Beitragserstattung gemäß § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ausgeschlossen ist.
b) Der Kläger erfüllt zudem nicht die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung gemäß § 210 Abs. 1a Satz 1 SGB VI. Danach werden Beiträge auf Antrag auch Versicherten erstattet, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind, wenn sie die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben. Der Kläger, welcher von vornherein nicht versicherungspflichtig ist, fällt daher nicht unter die in den §§ 5 und 6 SGB VI genannten Ausnahmetatbestände. Er ist weder versicherungsfrei i.S.d. § 5 SGB VI noch von der Versicherungspflicht befreit i.S.d. § 6 SGB VI. Sein Erstattungsantrag kann auch nicht in einen konkludenten Befreiungsantrag umgedeutet bzw. jener von diesem als stillschweigend umfasst angesehen werden, weil zum Zeitpunkt des Erstattungsantrages keine Versicherungspflicht besteht, so dass auch eine Befreiung denklogisch nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 10.07.2010 – B 13 R 26/10 R -, juris Rn. 30).
c) Weitere einfachrechtliche Erstattungsmöglichkeiten sind für den Kläger bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nicht gegeben.
Die Regelung des § 26 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) i.V.m. § 211 SGB VI scheidet von vornherein aus, weil weder ersichtlich noch von dem Kläger vorgetragen worden ist, dass die bis zum Jahr 1999 gezahlten Pflichtbeiträge zu Unrecht entrichtet worden sein könnten.
Die Erstattung rechtmäßig gezahlter Beiträge kann auch nicht außerhalb des § 210 SGB VI im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begehrt werden; weil dieser allein auf den Ausgleich durch eine gesetzlich zulässige Amtshandlung gerichtet ist (Wißing, in: Schlegel&8201;/&8201;Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 210 SGB VI Rn. 20 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 18.08.1983 – 11&8201;RA&8201;60/82 -, juris Rn. 30). Im Übrigen ist auch ein Beratungsfehler der Beklagten nicht erkennbar. Soweit – wie der Kläger vorträgt – man ihm bei Antragstellung mündlich eine Erstattung in Aussicht gestellt hat, dürfte dies darauf beruhen, dass der Kläger im Erstattungsantrag (im dortigen Feld 8.5) unzutreffender Weise angegeben hatte, von der gesetzlichen Versicherungspflicht befreit zu sein, obwohl er tatsächlich (schon) nicht versicherungspflichtig war und ist.
Eine entsprechende mündliche Zusage wäre mangels Schriftform nicht wirksam (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
d) Eine Beitragserstattung kann der Kläger damit erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze verlangen, sofern er die allgemeine Wartezeit bis dahin weiterhin nicht erfüllt (§ 210 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).
2) Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der von ihm gezahlten Beiträge ergibt sich auch nicht aus materiellem Verfassungsrecht.
a) Das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gibt einen solchen Anspruch nicht her. Der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG wird durch das Versagen einer vorzeitigen Erstattungsmöglichkeit nicht berührt, jedenfalls wird in diesen nicht eingegriffen.
Die "Rentenanwartschaft" auf eine Rente aus eigener Versicherung ist in der gesetzlichen Rentenversicherung von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt (ständige Rechtsprechung, zuletzt Bundesverfassungsgericht -BVerfG-, Nichtannahmebeschluss vom 20.04.2016 – 1 BvR 1122/13 -, juris Rn. 9 m.w.N.). Auch für rentenrechtliche Anwartschaften ergibt sich die Reichweite der Eigentumsgarantie erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist.
Es ist bereits fraglich, ob der Kläger eine "Rentenanwartschaft" erworben hat, die vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst ist. Denn er hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI nicht erfüllt. Er ist damit Inhaber eines bloßen "Anrechts", mit dem er die Möglichkeit erhält, das Versicherungsverhältnis fortzusetzen und – nach der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit – eine Anwartschaft auf eine (Regel-)Altersrente zu erwerben. Diese Position gibt dem Versicherten allein ein Recht auf Fortsetzung der Mitgliedschaft bei einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung mit der rechtlich geschützten "Aussicht", eine Anwartschaft zu erwerben (so BSG, Vorlagebeschluss vom 30.03.2004 – B 4 RA 24/02 R -, juris Rn. 76). Vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit besteht in der Altersrentenversicherung kein Versicherungsschutz. Ohne den Erwerb weiterer Beitrags- oder Ersatzzeiten (oder eines Rechts auf eine Rente aus der Erwerbsminderungsversicherung infolge der nur dort möglichen vorzeitigen Wartezeiterfüllung i.S. von § 53 SGB VI) entfällt die rechtlich geschützte "Aussicht" auf den Erwerb einer Anwartschaft auf (Regel-)Altersrente (so BSG a.a.O.). "Die Berechtigung ( …), durch Zahlung weiterer Beiträge eine Anwartschaft in der Form erwerben zu können, dass zur Entstehung des Vollrechts nur noch der Versicherungsfall eintreten muss, ist eigentumsrechtlich nicht geschützt" (BVerfG, Beschluss vom 31.08.2004 – 1 BvR 945/95 -, juris Rn. 9). Infolgedessen räumt die Rechtsordnung dem Versicherten in diesen Fällen nach Vollendung des 65. Lebensjahres und ohne Erfüllung der allgemeinen Wartezeit einen Anspruch auf (anteilige) Beitragserstattung ein (BSG a.a.O.).
Dies kann aber dahinstehen. Denn in die rentenrechtliche Anwartschaft des Klägers aufgrund der in der Vergangenheit zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten von 44 Monaten greift der Gesetzgeber, indem er dem Kläger keine Möglichkeit der Beitragserstattung vor Erreichen der Regelaltersgrenze einräumt, jedenfalls nicht ein. Seine Rechtsposition ist wegen der Möglichkeit des Klägers, sich – mindestens bis zum Erreichen der allgemeinen Wartezeit von 60 Monaten – freiwillig zu versichern, nicht verloren oder entwertet. Selbst wenn der Kläger davon keinen Gebrauch macht, bleiben die von ihm gezahlten Beiträge für diesen erhalten, denn mit Erreichen der Regelaltersgrenze besteht die Möglichkeit der Beitragserstattung gemäß § 210 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI.
Der Kläger beruft sich zwar auf die Rechtsprechung zum eigentumsrechtlichen Schutz von Anwartschaften, begehrt mit seiner Klage aber nicht einen solchen Erhalt, sondern die Rückzahlung von Beiträgen, die er aufgrund einer wirksamen gesetzlichen Verpflichtung, nämlich seiner in der Vergangenheit liegenden Pflichtmitgliedschaft, an den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat. Eine öffentlich-rechtliche Rechtsposition auf Erstattung von Beiträgen vor Erreichen der Regelaltersgrenze hat für den Kläger wie für andere nicht versicherungspflichtige Personen zu keiner Zeit bestanden. Insbesondere durch die gesetzliche Neuregelung des Beitragserstattungsrechts zum 11.08.2010 (durch Art. 2 Nr. 6 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010, BGBl. I 2010, S. 1127) ist damit keine den Kläger rechtlich begünstigende Position nachträglich entzogen worden. Somit "kann aus Art. 14 Abs. 1 GG kein Anspruch auf Erstattung schon geleisteter Beiträge hergeleitet werden" (BVerfG, Beschluss vom 31.08.2004 – 1 BvR 945/95 -, juris Rn. 9).
b) In das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG wird durch die gesetzlichen Regelungen in den §§ 7 Abs. 1, 210 SGB VI nicht eingegriffen.
aa) Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutz dieses Grundrechts ist einerseits umfassend angelegt, wie die Erwähnung von Berufswahl, Wahl von Ausbildungsstätte und Arbeitsplatz und Berufsausübung zeigt. Andererseits schützt es aber nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Es genügt also nicht, dass eine Rechtsnorm oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfaltet. Ein Eingriff in das Grundrecht liegt erst dann vor, wenn die Norm, auf die die Maßnahme gestützt ist, berufsregelnde Tendenz hat (st. Rechtsprechung, siehe etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 27.07.2000 – 1 BvR 2218/97 -, juris Rn. 23 m.w.N.). Es genügt auch, dass eine Norm die Berufstätigkeit selbst unberührt lässt, aber im Blick auf den Beruf die Rahmenbedingungen verändert, unter denen dieser ausgeübt werden kann. Solche Regelungen berühren Art. 12 Abs. 1 GG, wenn sie infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben.
bb) Die Regelungen über die freiwillige Versicherung in § 7 SGB VI sowie die Beitragserstattung in § 210 SGB VI haben weder die berufliche Betätigung unmittelbar zum Gegenstand noch stehen diese in einem engen Zusammenhang mit der Berufsausübung und lassen eine objektiv berufsregelnde Tendenz erkennen. Sie greifen damit in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG nicht ein.
Bis zum Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes 1992 setzte der Anspruch auf eine Beitragserstattung vor Erreichen der Regelaltersgrenze einerseits das Entfallen der Versicherungspflicht voraus, andererseits durfte ein Recht zur freiwilligen Versicherung nicht bestehen. Die freiwillige Versicherung war damit vorrangig vor der Erstattung und ausschließende Voraussetzung. § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ist insofern abweichend formuliert, als an die Stelle des "Entfallens der Versicherungspflicht" das Tatbestandsmerkmal "nicht versicherungspflichtig" getreten ist. Das Recht zur freiwilligen Versicherung – zugleich ein Ausschlusstatbestand für die Erstattung – bestand für die Personengruppe nach den §§ 5 und 6 SGB VI nur, wenn sie für 60 Kalendermonate Beiträge geleistet bzw. die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt hatte (§ 7 Abs. 2 SGB VI a.F.). Das Recht zur Erstattung der Beiträge vor Erreichen der Regelaltersgrenze kam daher insbesondere jenen zugute, die sich nicht freiwillig versichern konnten, weil die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt war und die aus demselben Grunde eine Altersrente nicht erlangen konnten, zugleich aber anderweitig abgesichert waren. Diese Personen konnten daher unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mehr erlangen (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.04.2013 – L 22 R 31/12 -, juris Rn. 29).
Mit Wirkung vom 11.08.2010 ist § 7 Abs. 2 SGB VI dahingehend geändert worden, dass nunmehr nur noch die bindende Bewilligung oder der Bezug einer Vollrente wegen Alters die freiwillige Versicherung ausschließt (vgl. zu den Hintergründen auch Freudenberg, jurisPR-SozR 6/2014 Anm. 2). Der Zugang zur freiwilligen Versicherung ist damit erleichtert und erheblich erweitert worden. Da es sich zugleich aber um einen Ausschlusstatbestand für die Beitragserstattung handelte, wäre diese im Grundsatz eingeschränkt worden. Um die Möglichkeit der Beitragserstattung für die Personengruppe, die vor der Gesetzesänderung in diesen Genuss kamen, zu erhalten, hat der Gesetzgeber § 210 Abs. 1a SGB VI eingefügt.: "Dadurch wird sichergestellt, dass versicherungsfreie und von der Versicherungspflicht befreite Personen bei nicht erfüllter allgemeiner Wartezeit trotz künftiger Berechtigung zur freiwilligen Versicherung – wie im bisherigen Recht – das Recht auf Beitragserstattung haben" (BT-Drucks. 17/2169 S. 8).
Im Ergebnis ist es daher nach neuer Rechtslage auch der Personengruppe aus § 5 und 6 SGB VI möglich, durch eine freiwillige Versicherung die allgemeine Wartezeit doch noch zu erfüllen und einen Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu erlangen. Insofern ist einer der Gründe für eine Erstattungsregelung entfallen.
Durch die genannten Vorschriften besteht für den Personenkreis der dem Grunde nach versicherungspflichtigen Personen nach den §§ 1 und 2 SGB VI, die versicherungsfrei gemäß § 5 SGB VI oder von der Versicherungspflicht befreit gemäß § 6 SGB VI sind, die Wahl zwischen (1) einer freiwilligen Versicherung, (2) einer Erstattung bei Erreichen der Regelaltersgrenze gemäß § 210 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI oder (3) einer vorzeitigen Erstattung von Beiträgen vor Erreichen der Regelaltersgrenze durch § 210 Abs. 1a SGB VI. Dem nicht von der Versicherungspflicht gemäß §§ 1 und 2 SGB VI erfassten Personenkreis fehlt aus diesem Kanon die letztgenannte (vorzeitige) Erstattungsmöglichkeit nach § 210 Abs. 1a SGB VI. Diese zu versagen, berührt das Grundrecht der Berufsfreiheit nicht.
Die Regelungen über die freiwillige Versicherung in § 7 SGB VI sowie die Beitragserstattung in § 210 SGB VI sind nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht darauf ausgelegt, die Berufsfreiheit zu verkürzen, sondern den bisherigen Ausschluss von der Berechtigung zur freiwilligen Versicherung für versicherungsfreie und von der Versicherungspflicht befreite Personen wegen Nichterfüllung der Mindestversicherungszeit von fu&776;nf Jahren (allgemeine Wartezeit) aufzugeben (BT-Drucks. 17/2169 S. 8), so dass unmittelbarer Gegenstand dieser Regelungen ersichtlich nicht die berufliche Tätigkeit ist. Sie haben – sofern man den engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes überhaupt bejahen will – aber auch keine objektiv berufsregelnde Tendenz. Der Ausschluss von der Möglichkeit der Beitragserstattung nach § 210 Abs. 1a SGB VI ist nicht auf einzelne Berufe bezogen, sondern erfasst sämtliche von den §§ 1 und 2 SGB VI nicht erfassten Personen, welche in der Vergangenheit Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt haben. Es ist bereits nicht zu erkennen, dass und inwiefern der Umstand, auf eine Beitragserstattung bis zum Erreichen der Regelaltersrente warten zu müssen, den Entschluss zur Wahl oder Ausübung eines Berufes überhaupt steuern kann (vgl. zu der Frage, ob die Verpflichtung zur Zahlung der Künstlersozialabgabe Art. 12 Abs. 1 GG berührt,: BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 – 2 BvR 909/82 u.a. – BVerfGE 75, 108, 154). Wenn bereits die Begründung einer Rentenversicherungspflicht den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG nicht berührt, weil eine solche Vorschrift keine Berufspflicht, sondern eine Beitragspflicht zum Gegenstand hat (vgl. zur Begründung der Rentenversicherungspflicht selbstständiger Lehrer BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.06.2007 – 1 BvR 2204/00 -, juris Rn. 27), so ist nicht erkennbar, inwiefern dem zeitlich befristeten Ausschluss einer Erstattungsregelung eine berufsregelnde Tendenz zugemessen werden soll.
c) Die Beitragserstattungsregelung des § 210 SGB VI verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG.
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (st. Rechtsprechung, BVerfG, Beschluss vom 27.02.2007 – 1 BvL 10/00 -, BVerfGE 117, 272, 300 f. m.w.N.). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz ist nicht zu überprüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat.
aa) Die Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe derer, denen eine freiwillige Versicherung nach § 7 SGB VI eröffnet ist, ist gerechtfertigt.
Im Hinblick auf die Erstattungsmöglichkeiten findet innerhalb der genannten Gruppe eine Ungleichbehandlung von denjenigen, die nach § 5 SGB VI versicherungsfrei oder nach § 6 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit sind, und denjenigen, die bereits nicht zu den versicherungspflichtigen Personen gemäß §§ 1 und 2 SGB VI gehören, statt. Diese Unterscheidung bestand schon nach alter Rechtslage. Der Gesetzgeber hat mit der vorbezeichneten Neuregelung für die erstgenannte Gruppe mit der Möglichkeit der freiwilligen Versicherung eine Option geschaffen, ohne für diese die bereits bestehende vorzeitige Erstattungsmöglichkeit abzuschaffen. Personen, die bereits nicht zu den versicherungspflichtigen Personen gemäß §§ 1 und 2 SGB VI gehören, steht diese vorzeitige, sofortige Erstattungsmöglichkeit demgegenüber weiterhin nicht zu; sie müssen sich auf die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung und eine spätere Beitragserstattung verweisen lassen.
Der Gesetzgeber war aber durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht gehalten, eine entsprechende vorzeitige Beitragserstattungsmöglichkeit auch für die nicht versicherungspflichtigen Personen gemäß §§ 1 und 2 SGB VI einzuführen. Dies gilt insbesondere für die von dem Kläger insoweit begehrte Gleichstellung mit abhängig beschäftigten Syndikusanwälten, die nach Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eine vorzeitige Beitragserstattung unter den Voraussetzungen des § 210 Abs. 1a Satz 1 SGB VI beanspruchen können. Es bestehen zwischen beiden genannten Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Die Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe derjenigen, denen durch § 7 SGB VI die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung eröffnet ist, rechtfertigt sich bereits aus dem Umstand, dass die eine Personengruppe gemäß §§ 1, 2 SGB VI dem Grunde nach versicherungspflichtig ist, die andere dagegen nicht. Das Bestehen (oder umgekehrt Fehlen) von Versicherungspflicht ist in der Sozialversicherung im allgemeinen und in der gesetzlichen Rentenversicherung im Besonderen ein tragendes und zwangsläufig systemimmanentes Differenzierungskriterium (vgl. auch Freudenberg, jurisPR-SozR 6/2104 Anm. 2). Es bewegt sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums, wenn dieser bei allen Personen, welche bereits dem Grunde nach nicht versicherungspflichtig sind gemäß §§ 1 und 2 SGB VI, hinsichtlich einer Beitragserstattung typisierend das Erreichen der Regelaltersgrenze und damit im Regelfall den Abschluss der Erwerbsbiografie abwartet, ohne bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Sicherheit oder den Umfang der vorhandenen Altersabsicherung zu prüfen.
bb) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet innerhalb der Personengruppe der Selbständigen entgegen der Rechtsauffassung des Klägers auch keine Ungleichbehandlung im Sinne einer Binnendifferenzierung.
Innerhalb der Personengruppe, die bereits nicht zu den versicherungspflichtigen Personen gemäß §§ 1 und 2 SGB VI gehört, ist im Hinblick auf die vorzeitige Beitragserstattung durch Art. 3 Abs. 1 GG eine Differenzierung zwischen der Teilgruppe, die – wie der Kläger – vergleichbar mit den von § 6 SGB VI erfassten Personen sozial abgesichert ist, und jener, die nicht vergleichbar sozial abgesichert ist, nicht geboten. Folgt man der Sichtweise des Klägers, würde sich etwa die Frage stellen, ob nicht auch bei dem Vorhandensein von ausreichendem Vermögen eine mit § 6 SGB VI vergleichbare Absicherungslage bestünde, die eine weitere, noch kleinteiligere Binnendifferenzierung im Beitragserstatungsrecht erforderte. Es ist weder willkürlich noch sachlich zu beanstanden, dass der Gesetzgeber bei Erweiterung der Möglichkeit der freiwilligen Versicherung die Inhaber eines Anspruchs auf Beitragserstattung nach alter Rechtslage vor dem Verlust ihrer Rechtsposition geschützt hat. Dabei ist es unbeachtlich, ob dies rechtlich erforderlich gewesen wäre oder nicht. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, die Möglichkeit der Beitragserstattung noch auf weitere Personenkreise auszuweiten (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 26.11.2013 – L 2 R 206/13 -, juris Rn. 36).
3) Die Berufung konnte daher keinen Erfolg haben.
4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5) Der Senat hat die Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG allein vor dem Hintergrund zugelassen, dass das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 10.07.2012 die Frage eines Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot ausdrücklich offen gehalten hat: "Ob sich unter dem Aspekt des Art. 3 Abs. 1 GG die Rechtslage ab 11.08.2010 nunmehr anders darstellt, weil der Gesetzgeber [ ] im Ergebnis nur den versicherungsfreien und den von der Versicherungspflicht befreiten Personen bei Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit ein Wahlrecht zwischen freiwillige Versicherung und Beitragserstattung eingeräumt hat, nicht aber den nicht-versicherungspflichtigen Personen in ähnlicher Lage, ist hier nicht zu entscheiden." (BSG, Urteil vom 10.07.2012 – B 13 R 26/10 R -, juris Rn. 39). Die grundsätzliche Frage ist höchstrichterlich nach wie vor ungeklärt, ob es von Verfassungs wegen – insbesondere aufgrund des Gleichheitssatzes – zu beanstanden ist, dass der Gesetzgeber bei Nichterfüllung der allgemeinen Wartezeit versicherungsfreien und versicherungsbefreiten Personen einen Anspruch auf sofortige Beitragserstattung einräumt, diesen nicht-versicherungspflichtigen Personen demgegenüber versagt und sie stattdessen auf eine zeitlich spätere Beitragserstattung (erst bei Erreichen des Regelaltersgrenze) verweist.
Erstellt am: 23.11.2017
Zuletzt verändert am: 23.11.2017