Das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.10.1997 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger wegen einer Schizophrenie eine Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) zusteht.
Der 1964 geborene Kläger leistete in der Zeit vom 01.07.1983 bis 30.09.1984 als Kraftfahrer in einem Transportbataillon seinen Wehrdienst ab. Am 04.09.1984 erlitt er ein Knalltrauma am linken Ohr, das am 05.09.1984 truppenärztlich durch eine Infusion behandelt wurde. Eine stationäre Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus lehnte der Kläger ab.
Im Oktober 1984 nahm der Kläger ein Studium der Elektrotechnik auf, das er später wegen einer psychischen Erkrankung abbrach. Die Exmatrikulation erfolgte im November 1989. Im Dezember 1985/Januar 1986 wurde beim Kläger eine akute paranoide Psychose, wahrscheinlich aus dem schizophrenen Formenkreis, diagnostiziert. Anschließend er folgte in der Zeit vom 03.02. bis 21.03.1986 eine stationäre Behandlung wegen paranoider Schizophrenie in der R Klinik, Psychiatrische Klinik, der H D. Wegen erneuter Schübe der paranoiden Psychose wurde der Kläger in der Zeit vom 04.03. bis 11.04.1987 in der P.-Klinik L und in der Zeit vom 12.05. bis 23.06.1989 in der psychiatrischen Klinik der R A stationär behandelt. Anschließend erfolgten in den Jahren 1990 bis 1995 insgesamt 5 Einweisungen des Klägers wegen einer akuten und bereits chronifizierten Psychose in die P Klinik der H D. Mit Bescheid vom 22.11.1993 stellte der Beklagte beim Kläger wegen einer psychischen Erkrankung einen Grad der Behinderung (GdB) von 80 nach dem Schwerbehindertengesetz fest.
Im Juli 1989 beantragte der Kläger beim Beklagten wegen einer paranoiden Psychose Versorgung nach dem SVG. Er gab an, er habe im September 1984 während einer Schießübung ein Knalltrauma erlitten. Seine Psychose sei auf dieses Knalltrauma sowie auf die Belastungen während des Wehrdienstes zurückzuführen. Daraufhin zog der Beklagte die G-Unterlagen der Beigeladenen zu 1) sowie Berichte über die stationäre Behandlungen des Klägers bei und ließ diese durch den Versorgungsärztlichen Dienst auswerten. Mit Bescheid vom 08.04.1992 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers unter Berufung auf §§ 80, 81 Abs. 6 S. 2 SVG ab. Er führte aus, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem psychischen Leiden des Klägers und schädigenden Einwirkungen während des Grundwehrdienstes könne nicht nachgewiesen wer den. Die Voraussetzung für eine Kann-Versorgung i. S. v. § 81 Abs. 6 S. 2 SVG lägen auch nicht vor, da die Voraussetzungen für die allgemeine Zustimmung des Beigeladenen zu 3) nicht erfüllt seien. Der Beginn der psychischen Erkrankung, Februar 1986, stände in keinem zeitlichen Zusammenhang mit dem im Jahre 1984 erlittenen Knalltrauma sowie mit der Dienstleistung des Klägers in der Bundeswehr.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug vor, er habe den Wehrdienst als Zeit der Willkür und Ungerechtigkeit erlebt.
Die in der Petition vom 26.08.1985 an den Bundestag geschilderten Ereignisse – u.a. die Reaktion von Vorgesetzten auf Anträge und Beschwerden – hätten bei ihm zu einer permanenten psychischen Belastung geführt, so daß er um Entbindung von weiteren Wehrübungen gebeten hätte. Diese starken psychischen Belastungen hätten im Zusammenhang mit dem Knalltrauma bei ihm die Psychose ausgelöst. Schon kurz nach September 1984 seien bei ihm persönlichkeitsverändernde Merkmale aufgetreten, die von den behandelnden Ärzten nicht eingeordnet werden konnten. Während eines Ferienaufenthaltes im Winter 1985/86 sei zum erstenmal von Dr. H die Diagnose einer Psychose gestellt worden. Zur Stützung seines Begehrens legte der Kläger u.a. ein Schreiben seiner Eltern vor. Am 21.09.1992 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er führte u.a. aus, der Kläger leide an einer chronifizierten paranoiden Psychose, die im Januar 1986 erstmals ärztlicherseits diagnostiziert wurde. Bei dieser psychischen Erkrankung handele es sich um eine Störung der psychischen Funktion, die über den bis dahin Gesunden schicksalhaft hereinbreche und ihn oft weitgehend verändere. Endogene Psychosen könnten nur ausnahmsweise als Schädigungsfolge angesehen werden, da im allgemeinen Einwirkungen des Wehrdienstes nicht von wesentlicher Bedeutung für ihre Entwicklung seien. Dem Umstand, daß der Kläger die Bundeswehrzeit als Zeit der "Willkür und Ungerechtigkeit" erlebt habe, könne keine schwerwiegende psychische Belastung zugemessen werden. Aus den Aktenunterlagen ließen sich keine langandauernde (über mehrere Jahre wirkende), tief in das Persönlichkeitsgefüge eingreifenden, wehrdienstbedingte psychische Belastungen erkennen, die als Schädigungsfaktoren in Betracht kämen.
Mit der am 19.10.1992 vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Er hat dargelegt, bei einer Psychose handele es sich um einen lang andauernden Entwicklungsprozeß, der nicht von Anfang an sofort als Krankheit zu erkennen sei. Schon am Ende seiner Dienstzeit sei sei nen Eltern sein eigenartiges Verhalten, das sich in Gedankensprüngen und vorher nicht gekannten Angstzuständen geäußert habe, aufgefallen. Dieses Verhalten stände in unmittelbarem zeitlichen Zusammen hang mit der Dienstzeit und und sei in der Retrospektive als Ausbruch der Krankheit zu werten. Vor dem Antritt des Wehrdienstes sei er psychisch unauffällig gewesen. Während der Wehrdienst seien bei ihm erstmals Veränderungen aufgetreten. Er habe das Erlebnis gehabt, daß er sich gegenüber anderen nicht habe abgrenzen können. Desweiteren sei er im April 1984 im Beisein seines Vaters ohne Anlaß zusammengebrochen und sei in der U K behandelt worden. Aufgrund seiner sensiblen und empfindlichen Natur habe er den Wehrdienst als ungeheuer belastend empfunden, insbesondere sei er zum erstenmal Schikanen seitens Vorgesetzten ausgesetzt und mit einem System konfrontiert gewesen, daß auf Befehl und Gehorsam aufbaut.
Das Sozialgericht hat Befundberichte von der P Klinik der H D , dem Psychiater Dr. P über die Behandlung des Klägers ab Mai 1986, der Klinik E über die Behandlung in der Zeit vom 27.12.1985 bis Januar 1986 und der Klinik L eingeholt.
Anschließend hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Chefarzt der N K Dr. R eingeholt. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, daß beim Kläger eine paranoide und teilweise paranoide-halluzinatorische Schizophrenie mit Persönlichkeitsveränderung vorliegt, die nicht ursächlich im Sinne der Entstehung oder richtungweisenden Verschlimmerung auf Einwirkungen des Wehrdienstes, zurückzuführen ist. Diese Erkrankung werde von der gängigen Lehrmeinung in der Regel als multikonditional aus dem Zusammenwirken genetischer, biochemischer, familiärer und psychosozialer Faktoren er klärt. Dabei würden Extrembelastungen gelegentlich für die Auslösung einer Schizophrenie durchaus anerkannt, wobei dann entweder bereits eine psychische Stigmatisierung bestanden haben müßte oder die Belastung entsprechend lang und ganz erhebliche Schweregrade hätte er reichen müssen. Bei dem Kläger seien derartige Belastungen nicht nachweisbar. Weder die Schilderungen des Klägers noch die in den Akten fixierten Angaben ließen erkennen, daß der Kläger während seiner Bundeswehrzeit erheblichen, das übliche Maß übersteigenden, Belastungen ausgesetzt gewesen sei.
Der Kläger ist den Feststellungen von Dr. R insbesondere hin sichtlich der Schwere der Belastungen während des Wehrdienstes und des Beginns seiner Erkrankung entgegengetreten. Er hat u.a. Bescheide, Bußbescheide, Eingaben und Anträge aus seiner Bundeswehrzeit sowie eine Schilderung seines Vaters über seine Verhaltensveränderungen während des Wehrdienstes, Erklärungen der Zeugen W. und H. vorgelegt. Desweiteren hat das Sozialgericht Unterlagen über die stationäre psychiatrische Behandlung von Frau K S , der Großmutter des Klägers, in den Jahren 1963 bis 1970 beigezogen.
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von dem Nervenarzt Dr. L eingeholt. Dieser hat ausgeführt, die chronische Psychose des Klägers aus dem Formenkreis der Schizophrenie mit Defektbildung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die seelischen und körperlichen Belastungen des Klägers während des Wehrdienstes entstanden. Die glaubhaft geschilderte und durch Zeugenaussagen erhärtete ungute Behandlung des Klägers, der durch genetische, hirnmorphologische und psychische Faktoren prädisponiert gewesen sei, habe schon während des Wehrdienstes zum Auftreten erster psychotischer Erlebnisweisen und Denkinhalte geführt, so dass die ungute Behandlung des Klägers während des Wehrdienstes richtunggebend die Entwicklung der Psychose in Gang gesetzt hätte. Die in den Anhaltspunkten 1983, die dem der zeitigen Wissensstand nicht entsprächen, aufgeführten drei Kriterien, die den Zusammenhang einer Manifestation einer Schizophrenie mit einer Schädigung als wahrscheinlich nahe legten, seien beim Kläger erfüllt. Der Wehrdienst sei von einem sensiblen, durch genetische Belastungen hirnmorphologisch praedisponierten Kläger als schwerwiegende psychische Belastung erlebt worden, die Psychose habe sich in enger zeitlicher Verbindung mit dieser Belastung entwickelt und habe thematisch eine enge Beziehung zu den Schädigungsfaktoren. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage seit Juli 1989 100 %.
Der Beklagte hat sich unter Vorlage einer Stellungnahme von Dr. M gegen die Feststellungen von Dr. L gewandt. Eine Anerkennung der seit April 1984 beim Kläger beginnenden Schizophrenie als Wehrdienstbeschädigung im Rahmen einer Kannversorgung komme nicht in Betracht. Denn den genetischen, dispositionellen Faktoren sei ein deutliches Übergewicht gegenüber den exogenen psychosozialen Faktoren bei der Bundeswehr beizumessen. Beim Kläger habe schon vor Eintritt in die Bundeswehr eine erhebliche Vulnerabilität bestanden, so daß die Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis auch unter Belastung des Studiums, im Berufsleben oder auch ohne erkennbaren äußeren Anlaß hätte manifest werden können.
Der Beigeladene zu 3) hat u.a. vorgetragen, die Voraussetzung für die Anerkennung der schizophrenen Psychose als Schädigungsfolge im Rahmen der Kann-Versorgung, insbesondere das Vorliegen von schädigenden Einwirkungen während des Wehrdienstes i.S.v. Nr. 69 der Anhaltspunkte 1996 sei nicht erwiesen.
Das Sozialgericht hat schriftliche Auskünfte von Herrn S , Frau F , Herrn F , Herrn E , Herrn H. G. S und Herrn M. S eingeholt sowie Unterlagen des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages und die Petitionsakte des Deutschen Bundestages beigezogen. Desweiteren hat das Sozialgericht die Zeugen T , G K , W , T , W und H vernommen. Hinsichtlich des Beweisergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 20.12.1996 Bezug genommen.
Anschließend hat das Sozialgericht ein Gutachten nach Aktenlage von dem Neurologen und Psychiater Dr. R eingeholt. Dieser stimmt den Ausführungen des Sachverständigen Dr. L zu.
Mit Urteil vom 02.10.1997 hat das Sozialgericht Düsseldorf den Beklagten verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 08.02.1992 und des Widerspruchsbescheides vom 21.09.1992 beim Kläger im Wege der Kann-Versorgung eine paranoide Schizophrenie als Schädigungsfolge nach dem Soldatenversorgungsgesetz anzuerkennen und Rente nach einer MdE von 100 % ab Antragstellung zu zahlen.
Es hat ausgeführt, die in den Nr. 69 Anhaltspunkte 1996 aufgestellten Kriterien für die Anerkennung einer Schizophrenie als Wehrdienstbeschädigung im Rahmen einer Kann-Versorgung seien erfüllt. Vor Eintritt in die Bundeswehr sei die Persönlichkeitsstruktur des Klägers besonders empfindlich und nicht übermäßig geeignet gewesen, besondere Belastungen psychischer Art abzuwehren. Aufgrund dieser Persönlichkeitsstruktur seien die psychischen Belastungen des Klägers während der Wehrdienstzeit als tief in die Persönlichkeitsgefüge eingreifende psychosoziale Belastungen i. S. d. Anhaltspunkte zu werten. Die Kammer sehe aufgrund der Angaben des Klägers und der Aussage des Zeugen H und T als erwiesen an, daß der Kläger von seinen Vorgesetzten schikaniert, Ungerechtigkeiten und Bösartigkeiten ausgesetzt gewesen sei, ohne sich hiergegen wehren zu können. Es sei der Kammer bekannt, daß Schikanen gegen Wehrpflichtige bei der Bundeswehr keine Ausnahme, sondern durchaus die Regel seien, insbesondere gegenüber Wehrpflichtigen mit einem höheren Bildungsniveau. Auch wisse die Kammer aus eigener Erfahrung in Versorgungsverfahren nach dem SVG, daß ein gewisser Prozentsatz von jungen Menschen mit psychischen Auffälligkeiten auf die Wehrdienstzeit reagierten. Die psychische Erkrankung des Klägers sei in enger zeitlicher Beziehung zu den psychosozialen Belastungen aufgetreten, da spätestens im Januar 1985 die Erkrankung offenbar erkennbar war. Die psychosozialen Belastungen in der Wehrdienstzeit könnten auch nicht als Gelegenheitsursache aufgefaßt werden.
Gegen das am 09.01.1998 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 06.02.1998 Berufung eingelegt.
Er trägt u.a. vor, die Sachverständigen Dr. R und Dr. L hätten sich über die herrschende medizinische Auffassung hinweggesetzt, wonach psychosoziale Bedingungen für den Ausbruch einer schizophrenen Psychose nicht von überragender Bedeutung seien. Zur Stützung seines Vortrages hat er eine Stellungnahme der Neurologin Dr. W vorgelegt.
Der Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1) und 3) beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 2. Oktober 1997 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger und der Beigeladene zu 2) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Er sei durchaus in der Lage gewesen, sich in Hierarchien zurechtzufinden, einzuordnen, Realitäten zu erkennen und sich entsprechend zu verhalten und sich anzupassen. Dafür spreche, daß er seine Schullaufbahn mit Erfolg abgeschlossen, die Führerscheinprüfung in Amerika abgelegt und an dem deutsch-französischen Jugendaustausch teilgenommen habe. In der neueren Psychosevorstellung sei anerkannt, daß die Vulnerabilität eines jeden einzelnen als ausschlaggebender Faktor für den Ausbruch einer psychotischen Erkrankung aus dem schizophrene Formenkreis heranzuziehen sei.
Die Beigeladene zu 1) schließt sich den Argumenten des Beklagten an und verwahrt sich gegen die Unterstellung, daß in der Bundeswehr Schikanen die Regel seien.
Die Beigeladene zu 3) hat eine Stellungnahme von Dr. R vorgelegt. Dr. R hat ausgeführt, daß aufgrund der eindeutigen familiären Belastung beim Kläger relativ geringfügige exogene Einflüsse, wie die wehrdienstlichen Verhältnisse, ausgereicht hätten, um zu einer Manifestation der Schizophrenie zu führen. Deshalb könnten die wehrdienstlichen Verhältnisse im Vergleich zu den schädigungsunabhängigen Faktoren versorgungsrechtlich nicht als wesentlich, d.h. als wenigstens annähernd gleichwertig für die Manifestation des Leidens angesehen werden. Vielmehr müsse als wahrscheinlich gelten, daß den schädigungsfremden Faktoren im Fall des Klägers eine überragende Bedeutung zukomme.
Der Senat hat einen Bericht von Dr. P , die Krankenakte der R Kliniken D über die stationären Behandlungen des Klägers ab 1986, die Krankenakte der Psychiatrischen Klinik der R A , einen Befundbericht von Dr. F , Kopien von Briefen des Klägers aus den Jahren 1977 bis 1984, adressiert an seine Geschwister, die Petitionsakte des Landes Nordrhein-Westfalen, die Akte des Landschaftsverbandes Rheinlandes sowie die Unterlagen der Neurologischen Klinik der U zu K über die Behandlung des Klägers im April 1984 beigezogen.
Er hat den Direktor der Klinik und Poli-Klinik für Neurologie und Psychiatrie der U zu K , Prof. Dr. K mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger an einer chronifizierten paranoiden Schizophrenie leide, deren erste psychotischen Symptome mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Jahre 1985 aufgetreten seien und deren nicht psychotische Vorposten- und Prodomalsymptome bis in das Jahr 1981 zurückreichten. Ein Ursachenzusammenhang zwischen der schizophrenen Psychose und schädigenden Einwirkungen im Sinne von § 81 SVG sei zu verneinen. Die Schizophrenie werde als biologisch begründete Gehirnerkrankung, d.h. als organisch begründete Informationsverarbeitungsstörung, verstanden. Eine vererbte Disposition und/oder pathologische Ereignisse während der Schwangerschaft oder unter der Geburt verursachten eine Vulnerabilität für Schizophrenie, die durch Stressoren, d.h. durch allgemein, weit verbreitete und üblicherweise gut bewältigte Belastungsfaktoren meist im jungen Erwachsenenalter zum Ausbruch komme. Bei entsprechend hoher Vulnerabilität genügen bereits geringe Streßfaktoren für die Auslösung einer akuten Psychose. Beim Kläger habe aufgrund der familiären Belastung durch psychotische Erkrankungen sowie der im Computertomogramm nachweisbaren Entwicklungsstörung des Gehirns eine hohe Disposition für die Schizophrenie vorgelegen, die auch durch den schweren chronischen Verlauf der Störung belegt werde. Bei Getroffenen mit hoher Vulnerabilität – wie beim Kläger – könnten praktisch alle tyischen Entwicklungsschritte und -belastungen im Übergang in das Erwachsenenalter mit ihren üblichen sozialen Belastungen, – erste Liebesbeziehung, neues Umfeld in Ausbildung und Beruf, übliche Erfahrung im Wehr- oder Zivildienst -, die Entwicklung der Psychose mit auslösen. Beim Kläger seien auch alle drei Lebensbereiche im Frühverlauf der Erkrankung als Auslösefaktoren erwähnt worden. Deshalb komme der Krankheitsanlage eine überragende Bedeutung für die Verursachung der Erkrankung des Klägers, im Vergleich dazu komme auslösenden Ereignissen, von denen der Wehrdienst nur eine darstelle, nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung zu.
Der Kläger hat sich gegen die Feststellung des Sachverständigen gewandt. Die Annahme, bei ihm handele es sich um eine prädisponierte Persönlichkeit mit eingeschränkter Fähigkeit zur emotionalen Verarbeitung schwieriger Erlebnisse, sei nicht korrekt. Ebenfalls handele es sich bei seiner Erkrankung im Jahre 1981 nicht um einen Prodomal-Symptom, sondern es habe sich um eine plötzliche Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule gehandelt, die durch eine chiropraktische Behandlung geheilt worden sei. Die Unterscheidung des Sachverständigen zwischen ursächlichen und auslösenden Momenten für die Schizophrenie sei nicht sachgerecht.
Der Senat hat einen Bericht des Heilpraktikers K sowie eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. K eingeholt.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat gemäß § 109 SGG ein psychologisches Zusatzgutachten von dem Diplompsychologen N und ein nervenärztliches Gutachten von dem Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in T , Prof. Dr. F eingeholt. Prof. Dr. F hat dargelegt, die Symptome des Klägers hätten erst im Herbst 1985 die diagnostischen Kriterien für die Annahme einer Schizophrenie erfüllt, so dass diese Krankheit im Herbst 1985 manifest geworden sei. Die vor diesem Zeitraum liegenden Symptome seien unspezifisch und nicht hinreichend für die Stellung einer Diagnose, sie stellten möglicherweise Vorpostensymptome dar. Die Schizophrenie des Klägers sei nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung einmalig oder richtunggebend auf die den Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse zurückzuführen. Hinsichtlich der Ätiologie und Pathogenese der beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörung beständen hinreichend durch Forschung und Erfahrung gesicherte medizinisch-wissenschaftliche Kenntnisse, um sowohl eine Verursachung als auch eine Auslösung der Erkrankung durch wehrdiensteigentümliche Verhältnisse hochgradig unwahrscheinlich erscheinen zu lassen. Auch seien die Kriterien nach einer Kann-Versorgung nach Nr. 69 der Anhaltspunkte 1996 nicht erfüllt. Der Wehrdienst des Klägers stelle keine eingreifende psychosoziale Belastung dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Akten der Beklagten und Beigeladenen zu 1) und zu 2) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Der Kläger ist nicht i.S. v. § 54 Abs. 2 SGG beschwert.
Der angefochtene Bescheid vom 08.04.1992 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 21.06.1992 ist rechtmäßig.
Der Beklagte hat zu Recht die Anerkennung der Schizophrenie als Folge einer Wehrdienstbeschädigung i. S. v. § 81 SVG abgelehnt.
Nach § 80 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung (WDB) erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstes wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der WDB auf Antrag Versorgung. Eine WDB ist gemäß § 81 Abs. 1 SVG eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen im Wehrdienst erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Dabei müssen die geschützte Tätigkeit, die Schädigung und die Schädigungsfolgen voll, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen sein. Bei der Schädigung durch wehrdiensteigentümliche Verhältnisse zählt die haftungsbegründende Kausalität zum Schädigungstatbestand und unterliegt damit dem vollen Beweis (vgl. BSG, Urteil vom 24.09.1992, 9a RV 31/90, SozR 3-3220 § 81 SVG Nr. 6). Demgegenüber genügt zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges (§ 81 Abs. 6 S. 1 SVG). Es muß für den Ursachenzusammenhang mehr für als gegen ihn sprechen, die WDB muß i. S. eine zu mindest annähernd gleichwertige Bedingung für die Entstehung oder Verschlimmerung der Schädigungsfolge sein. Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, daß auch jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis oder Belastung zu derselben Zeit die gesundheitliche Störung ausgelöst hätte, also die WDB für ihre Auslösung nicht unersetzbar, sondern mit anderen allgemeinen Ereignissen oder Belastungen austauschbar ist (Gelegenheitsursache).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens sieht es der Senat als erwiesen an, daß die Belastungen des Klägers während des Grundwehrdienstes nicht ursächlich für dessen Erkrankung an Schizophrenie ist.
Dabei stützt sich der Senat auf die Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. K und Prof. Dr. F.
Die Gutachten sind in sich schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar begründet. Sie beruhen auf einer ausführlichen Anamnese des Klägers und seiner Eltern, einer eingehenden klinischen Untersuchung sowie einer kritischen Auswertung der Akten.
Nach den übereinstimmenden Feststellungen sämtlicher Sachverständiger leidet der Kläger an einer chronischen schizophrenen Psychose verbunden mit einem chronifizierten Wahnsystem, das durch Größen- Beziehungs- und Verfolgungsideen gekennzeichnet ist.
Der Senat folgt nicht der Auffassung des Sozialgerichts, daß in enger zeitlicher Verbindung mit dem Wehrdienst bei dem Kläger eine psychotische Symptomatik aufgetreten ist. Nach Auswertung des Akteninhaltes sowie der bei der Anamnese gewonnenen Erkenntnisse sind die beiden Sachverständigen Prof. Dr. K und Prof. Dr. F hinsichtlich des Krankheitsverlaufes zu dem Ergebnis gelangt, daß die Symptome des Klägers erst im Herbst/Winter 1985 die diagnostischen Kriterien für eine Schizophrenie erfüllt haben und damit die Schizophrenie ab Herbst 1985 manifest gewesen ist. Bereits 1981 sind vermutlich erstmals Vorpostensymptome der späteren schizophrenen Erkrankung aufgetreten, die im Verlauf der Bundeswehrzeit, vor allem jedoch danach in einer anhaltenden Prodomalsymptomatik übergegangen sind, aus der sich dann im Verlaufe des Jahres 1985 (Herbst/Winter) eine eindeutige psychotische Symptomatik entwickelt hat. Epidemologische Untersuchungen haben ergeben, daß 75 % der an Schizophrenie erkrankten Personen vor der eigenen psychotischen Krankheitsphase eine nicht-psychotische Prodomalphase durchleben, in der noch keine Wahngedanken oder Halluzinationen, aber eine Prodomalsymptomatik auftritt. Unter Prodomal- bzw. Vorpostensymptomen werden Krankheitserscheinungen verstanden, die Monate bis Jahre vor dem Krankheitsbild auftreten, dann aber verschwinden und in ein symptomfreies Intervall übergehen. Häufig bestehen diese in unspezifischen Symptomen, d.h. Befindlichkeitsstörungen und veränderten Erlebnisweisen, die zunächst nicht auf eine spätere Psychose hinweisen und erst nach deren Manifestation mit dieser in Verbindung gebracht werden können. Das in den Akten belegte Auftreten von körperbezogenen Befindlichkeitsstörungen und unspezifischen Ängsten seit 1981 sowie die Beobachtungen der Eltern über ein auffälliges Verhalten ihres Sohnes während und nach der Bundeswehrzeit, das nach Auffassung von Prof. Dr. K und Prof. Dr. F nicht als eindeutiger Hinweis auf psychotische Erlebnisweisen des Klägers gewertet werden kann, sind nach Auffassung der beiden Sachverständigen allenfalls als Zeichen eines nichtpsychotischen Prodomalstadiums zu verstehen, wobei sich im Herbst 1985 von den allgemeineren neurotisch wirkenden hypochondrischen Befürchtungen zunehmend wahnhafte Entwicklungsweisen entwickelten. Der Senat sieht keinen Anlaß, an der Richtigkeit der Feststellungen der beiden Sachverständigen zu zweifeln. Sie werden insbesondere durch die Ausführungen der Sachverständigen Dr. R und Dr. L nicht widerlegt. Dr. R ist ebenfalls der Auffassung, daß während des Wehrdienstes beim Kläger keine psychotische Symptomatik aufgetreten ist. Anhand der nachträglich vom Kläger vorgelegten Unterlagen – Anträge, Eingaben und Beschwerden aus der Bundeswehrzeit – könne davon ausgegangen werden, daß während des Wehrdienstes beim Kläger nur ein (blandes ruhig verlaufendes) Verlaufstadium der im Dezember 1985 exazerbierten Krankheit vorgelegen habe. Dr. L ist in seinem Gutachten auch zu dem Ergebnis gelangt, daß während des Wehrdienstes ein Prodomalstadium der Psychose erkennbar war, ein psychotisches Denken und Erleben des Klägers bereits ab August 1985 vorgelegen haben muß, welches im Dezember 1985 zum Vollbild einer paranoid-halluzinatorischen Psychose exazerbierte, also eine Entwicklung im Krankheitsverlauf von einem Prodomalstadium zum Vollbild einer Psychose in den Jahren 1984/85 stattgefunden hat. Die Annahme von Dr. L , daß der Kläger bis zur Einberufung in die Bundeswehr sichtlich gesund gewesen sei, beruht auf einer unvollständigen Aktenlage, da erst im Berufungsverfahren der Befundbericht des behandelnden Hausarztes mit dem Eintrag aus 1981"hypochondrische Beschwerdeschilderung" beigezogen wurde. Auch fehlt in dem Gutachten eine Abgrenzung zwischen dem Prodomalstadium und der Erkrankung an einer manifesten Psychose sowie eine differenzierte Auseinandersetzung, ob die von den Eltern geschilderten Verhaltensauffälligkeiten des Klägers während der Bundeswehrzeit als Symptome einer schizophrenen Psychose oder als Prodomalsymptomatik zu werten sind. Dr. L hat seine Auffassung, daß während der Bundeswehrzeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine psychotische Symptomatik aufgetreten ist, im Gutachten nicht nachvollziehbar begründet, insbesondere auch nicht den Widerspruch zu seiner Annahme, daß der Wehrdienst beim Kläger ein Prodomalstadium vorgelegen hat, erläutert. Demgegenüber geht er in seiner ergänzenden Stellungnahme davon aus, daß sich die paranoid-halluzinatorische Psychose aus dem Formenkreis der Schizophrenie bereits während der Bundeswehrzeit manifestiert habe. Für die Darlegungen der Sachverständigen Prof. Dr. K und Prof. Dr. F zum Krankheitsverlauf spricht des weiteren, daß der Kläger auch nach Beendigung der Bundeswehrzeit sich zeitweise unauffällig verhielt, er fähig war, ein Studium aufzunehmen und die ersten beiden Semester in geordneter Weise zu absolvieren, in dem Brief vom 10.06.1984, adressiert an die Zeugin G., in der Lage, in formal geordneter Weise eine differenzierte Beschreibung der Erlebnisse bei der Bundeswehr zu geben. Ebenso konnte er sein Begehren auf Befreiung von Wehrübungen in dem Brief an das Kreiswehrersatzamt geordnet und sachlich begründet vortragen.
Die Erkrankung des Klägers an einer schizophrenen Psychose ist nicht ursächlich auf dienstliche Einflüsse, denen der Kläger während der Bundeswehrzeit ausgesetzt war, i.S. d. Entstehung und Verschlimmerung zurückzuführen. Denn der beim Kläger bestehenden Krankheitsanlage kommt eine überragende Bedeutung für die Verursachung der Erkrankung zu und stellt somit die wesentliche Bedingung im Rechtssinne dar.
Die dienstlichen Einflüsse des Wehrdienstes sind allenfalls als Gelegenheitsursache zu werten und damit rechtlich unerheblich. Sie sind gegenüber verbreiteten Allgemeinbelastungen beim Übergang in das Erwachsenenalter austauschbar gewesen, ohne daß die Entwicklung einer schizophrenen Psychose beim Kläger zu verhindern gewesen wäre. Der Senat folgt den Feststellungen von Prof. Dr. K , wonach es sich bei der Schizophrenie um eine biologisch begründete Hirnerkrankung handelt, deren Symptome sich durch eine Über- bzw. Unterstimulation bestimmter Hirnareale erklären läßt. Eine erbliche Disposition/oder pathologische Einflüsse während der Schwangerschaft oder Geburt verursachen eine Vulnerabilität für Schizophrenie, die durch Stressoren, d. h. durch allgemeine, weit verbreitete üblicher weise gut bewältigte Belastungsfaktoren, meist im Erwachsenenalter zum Ausbruch kommt, wobei bei entsprechender hoher Vulnerabilität bereits geringe Streßfaktoren für die Auslösung einer akuten Psychose genügen. Beim Kläger hat nach Ausführungen von Prof. Dr. K eine derart hohe Vulnerabilität, also eine biologisch ermittelte Disposition für Schizophrenie vorgelegen, die sich anhand der positiven Familienanamnese mit einer psychotischen Erkrankung der Großmutter und der im cranealen Computertomogramm nachweisbaren Entwicklungsstörung des Gehirns nachweisen läßt. Des weiteren spricht der schwere chronische Verlauf der Erkrankung mit einer therapieresistenten Wahnsymptomatik und einer deutlichen Negativsymptomatik wie auch der Beginn der Krankheit im typischen Ersterkrankungsalter bei Männern für eine hohe Vulnerabilität des Klägers. Bei einer solchen Vulnerabilität können alle üblichen Entwicklungsschritte und – belastungen im Übergang im Erwachsenenalter mit ihren üblichen Belastungen – erste Liebesbeziehung, neues Umfeld in Ausbildung und Beruf, berufsübliche Erfahrungen des Wehr- und Zivildienstes – die Entwicklung in der Psychose auslösen. Beim Kläger werden auch im Frühverlauf der Erkrankung in den Anamnesen während der stationären Behandlungen in den Jahren 1986 bis 1989 sowie bei den ambulanten Behandlungen durch die Dres. H und P alle drei Lebensbereiche als auslösende Faktoren erwähnt. Ebenfalls geht Prof. Dr. F davon aus, daß beim Kläger anlagebedingte Faktoren, insbesondere die anlagebedingte bzw. frühkindlich erworbene Störung des Gehirns, eine überragende Bedeutung für die Entstehung der Schizophrenie zukommt. Konkurierende Ursachen, wie wehrdiensteigentümliche Verhältnisse, seien weder allgemein, d.h. nach epidemologischen Untersuchungen, noch konkret, im Fall des Klägers geeignet, eine schizophrene Psychose auszulösen. Der Sachverständige Dr. L stimmt insoweit mit den Darlegungen der beiden Sachverständigen überein, als er ebenfalls beim Kläger eine genetische, hirnmorphologische und psychische Prädisposition als gegeben an sieht. Er weicht aber von den Feststellungen der beiden Sachverständigen insoweit ab, als er die dienstlichen Einflüsse während der Bundeswehrzeit als zumindest annähernd gleichwertige Ursache für die Entwicklung der Schizophrenie wertet. Dabei geht er von der Prämisse aus, daß es trotz einer Prädisposition des Betroffenen eines Auslösers bedarf, um den Krankheitsprozeß in Gang zu setzen, wobei als gesichert gelten kann, daß kein belastendes lebensgeschichtliches Ereignis aus sich heraus die Erkrankung auslösen kann, es also nicht auf die Situation selbst ankommt, sondern auf die besondere Bedeutung, die diese Situation im subjektiven Erlebnis des Betroffenen hat. Er sieht es als erwiesen an, daß die objektiv ungute Behandlung des Klägers durch seine Vorgesetzten in der Bundeswehrzeit zu einer solchen seelischen Belastung des Klägers geführt, sich diese Belastung aufgrund der sensiblen Primärpersönlichkeit für den Kläger so schwer für die Belastbarkeit und Kompensationsfähigkeit erwiesen und damit zur Entwicklung der Psychose geführt hat. Begünstigt sei dieser Prozeß durch die Belastung des Klägers infolge eines fortbestehenden Tinnitus nach Knalltrauma im September 1984. Diese Ausführungen von Dr. L sind nach Auffassung des Senates nicht überzeugend. Dr. L stützt sich bei seinen Feststellungen auf den Inhalt der Akten, sowie die Angaben des Klägers und der Eltern über den Krankheitsverlauf, wobei Dr. L selbst einräumt, daß die Angaben des Klägers zur Entwicklung seiner Krankheit aufgrund der systematisierten Wahnsymptomatik nicht verwertbar sind. Das gilt auch für die Darstellungen des Klägers über seine Erlebnisse und Belastungen in der Bundeswehrzeit, da sich seine psychotischen Denkinhalte mit diesem Zeitraum verbinden. Eine extreme Überforderung durch die Bundeswehr hat der Kläger erst im Rahmen der sich entwickelnden Psychose ab August 1985 beschrieben. Weder aus den Angaben in der Anamnese bei dem Sachverständigen noch aus den Aussagen der Zeugen lassen sich Belastungen des Klägers während des Wehrdienstes, die über das übliche Maß hinausgegangen sind, belegen. Die wehrdiensteigentümlichen Verhältnisse sind durch eine weitgehende Beschränkung der Freiheit des Soldaten und einem Unter- und Überordnungsverhältnis gekennzeichnet. Aus den dokumentierten Eingaben und Beschwerden des Klägers während der Bundeswehrzeit sowie den Angaben seines Vorgesetzten, des Zeugen T , geht lediglich her vor, daß der Kläger sich mit den Einschränkungen seiner persönlichen Freiheit, d. h. dem soldatischen Prinzip von Befehl und Gehorsam, nicht abfinden konnte. Darüber hinausgehende Belastungen des Klägers in Form von Schikanen, Bösartigkeiten oder Ungerechtigkeiten seitens seiner Vorgesetzten oder Kameraden sind nicht objektiviert worden. Insoweit folgt der Senat nicht der Auffassung des Sozialgerichts. Weder die Eltern, die Geschwister des Klägers noch der Zeuge H haben solche konkreten Vorfälle beschrieben, noch hat der Kläger in dem Brief vom 06.10.1984, also unmittelbar nach der Entlassung aus der Bundeswehr, adressiert an die Zeugin G , über solche Vorfälle berichtet. Er hat in diesem Brief lediglich den Sachverhalt hinsichtlich der Bearbeitung seines Antrags auf Gewährung von Sonderurlaub dargelegt und die nach seiner Ansicht ungerechte ablehnende Entscheidung moniert. Nach den Darlegungen der Sachverständigen Prof. Dr. K und Prof. Dr. F existieren keine wissenschaftlichen, insbesondere keine statistischen Erkenntnisse, daß wehrdiensteigentümliche Verhältnisse geeignet sind, die Häufigkeit der Erkrankung an Schizophrenie zu erhöhen. Vielmehr ist nach Auffassung der Weltgesundheitsorganisation die schizophrener Psychose nicht zu den Erkrankungen zu rechnen, die nach wesentlichen psychischen Belastungen auftreten. Zahlreiche Längsschnittuntersuchungen haben nachgewiesen, dass nach schwerwiegenden Ereignissen mit akuten psychischen Belastungen wie z.B. Unfällen, Katastrophen, Kampfhandlungen, Zeuge eines gewaltsamen Todes eines Menschens, die Psychosen nicht vermehrt auftreten, sondern akute Belastungsreaktionen, Anpassungsstörungen, chronische posttraumatische Belastungsreaktionen, psychiotoforme Störungen, die von einer schizophrenen Psychose deutlich abgrenzbar sind. Extreme Lebensereignisse hätten keine Auswirkung auf das Auftreten von schizophrenen Psychosen, solche Ereignisse könnten nur bei einer einmal bestehenden (manifesten) Schizophrenie den momentanen Schweregrad der Symptome beeinflussen, wobei dieser Einfluß nur vorübergehend und unspezifisch sei. Die fehlenden statistischen Erkenntnisse werden von Dr. L auch eingeräumt. Des weiteren ist die Annahme von Dr. L , daß der Kläger nach dem Knalltrauma im September 1984 an einem anhaltenden Tinnitus gelitten hat, nicht erwiesen. Angaben über Behandlungen des Klägers hinsichtlich dieses Krankheitsbildes sind erstmals im Mai 1989 dokumentiert. In den ausführlichen Anamnesen und klinischen Untersuchungen des Klägers in den stationären und ambulanten Behandlungen in den Jahren 1986 bis 1988 sind Befunde hinsichtlich eines Tinnitus nicht erhoben worden. Der Kläger selbst hat in seinem Brief aus Oktober 1984 angegeben, daß er keinen Gehörschaden aufgrund seines Knalltraumas erlitten hat. Soweit Dr. L darauf abstellt, daß der Kläger aufgrund seiner Primärpersönlichkeit nicht in der Lage gewesen sei, die üblichen Belastungen eines Wehrdienstes zu verarbeiten und zu kompensieren, wird von den Sachverständigen Dr. R , Prof. Dr. K und Prof. Dr. F eine solche Verhaltensauffälligkeit nicht festgestellt. Da die Bewertung des Ursachenzusammenhanges durch Dr. L auf Annahmen beruht, deren Richtigkeit nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen sind, und der Sachverständige sich auch nicht damit auseinandergesetzt hat, inwieweit andere Lebensumstände des Klägers – neues Umfeld im Studium, erste Liebesbeziehung -, aufgrund der Disposition des Klägers zur Auslösung der Schizophrenie beigetragen haben, werden die Feststellungen von Prof. Dr. K und Prof. Dr. F durch die Darlegungen von Dr. L nicht widerlegt.
Gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens von Prof. Dr. K und Prof. Dr. F spricht auch nicht, daß in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachter im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AP) 1996 die schizophrene Psychose Gesundheitsstörungen zugeordnet wird, bei denen eine "Kann-Versorgung" in Betracht kommt.
Darunter fallen Gesundheitsstörungen, bei denen die zur Anerkennung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur des halb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht. Nach Nr. 69 AP 1996 ist bei den schizophrenen Psychosen nicht genügend geklärt, welches Gewicht den dispositionellen und exogenen psychosozialen Faktoren bei ihrem Zusammenwirken beizumessen ist. Jedoch ist nach Nr. 39 Abs. 2 und 4 AP 1996 auch bei solchen Gesundheitsstörungen, bei denen generell eine "Kann-Versorgung" in Betracht zu ziehen ist, anhand des Sachverhaltes im Einzelfall stets zuerst zu prüfen, ob der ursächliche Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit zu beurteilen ist. Läßt sich dabei die Frage des ursächlichen Zusammenhanges bereits in ihrer Gesamtheit entscheiden, so entfällt eine "Kann-Versorgung". Dies ist vorliegend der Fall. Nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. K und auch von Prof. Dr. F bezieht sich die multikonditionale Erklärung für die Entstehung einer Schizophrenie durch das Zusammenwirken biochemischer, familiärer und psychosozialer Faktoren auf die Gesamtheit aller schizophrenen Erkrankungen, wobei im Einzelfall in der Regel die hauptsächlich wirksamen Faktoren herausgearbeitet werden können. In der medizinischen Wissenschaft besteht Gewißheit, daß ein psychosozialer Belastungsfaktor zwar eine auslösende, aber keine ursächliche Bedeutung für die Entstehung einer Schizophrenie habe. Bei Patienten mit deutlicher konstitutioneller Disposition genügten geringe Streßfaktoren für die Auslösung einer akuten Psychose. Da bei dem Kläger eine solche hohe Vulnerabilität vorgelegen habe, so dass allgemeine Belastungen im Übergang in das Erwachsenenleben zur Auslösung der Krankheit ausreichten, stellten die Belastungen im Wehrdienst keine wesentliche Bedingung im Rechtssinne dar.
Das versorgungsärztliche Referat des Beigeladenen zu 3) ist nach Auswertung der Akten ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, daß aufgrund der konstitutionellen Disposition des Klägers relativ geringe exogene Einflüsse, wie sie die wehrdienstlichen Verhältnisse darstellten, nicht zur Manifestation der Schizophrenie beigetragen haben. Diese exogenen Faktoren könnten im Vergleich mit den schädigungsunabhängigen Faktoren versorgungsrechtlich nicht als wesentlich, d.h. als wenigstens annähernd gleichwertig für die Manifestation des Leidens bezeichnet werden.
Hilfsweise weist der Senat darauf hin, daß entgegen der Auffassung des Sozialgerichts die Voraussetzungen für eine "Kannversorgung" nach § 86 Abs. 6 S. 2 SVG ebenfalls nicht gegeben sind. Danach kann eine Gesundheitsstörung mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) als WDB anerkannt werden, wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht. Die Zustimmung des BMA fehlt. Er ist auch nicht verpflichtet diese zu erteilen. Der BMA zählt zwar die schizophrenen Psychosen zu den Krankheiten, über deren Ursache Ungewißheit in der medizinischen Wissenschaft besteht. Er hat jedoch die allgemeine Zustimmung bezüglich der schizophrenen Psychose nicht einschränkungslos erteilt, sondern die Zustimmung an Voraussetzungen geknüpft, die in den AP 1996 als Hinweise für die Begutachtung gegeben werden. Dabei sind die AP für die Begutachtung der einzelnen Krankheiten in Verbindung mit der allgemeinen Zustimmung lückenlos. Sie enthalten nicht nur die Festlegungen des BMA, wann die Zustimmung erteilt wird, sondern auch die Festlegung, wann sie nicht erteilt wird.
Das Vorliegen für der Voraussetzungen für die Zustimmung muß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, d.h. ernste und vernünftige Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit, erwiesen sein, wobei eine enge Auslegung geboten ist (vgl. BSG, Urteil vom 10.11.1993, 9/9a RV 41/92).
Die in Nr. 69 AP 1996 aufgestellten Voraussetzungen für die Zustimmung bei einer schizophrenen Psychose sind im vorliegenden Fall nicht erwiesen.
Denn es steht nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, daß der Beginn der Erkrankung des Klägers an einer Psychose in einer in Nr. 69 AP 1996 geforderten engen zeitlichen Verbindung mit der Bundeswehrzeit bis zu mehreren Wochen fällt. Vielmehr ist der
Beginn der schizophrenen Psychose in den Herbst/Winter 1989 zu datieren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Anlaß, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Erstellt am: 15.08.2003
Zuletzt verändert am: 15.08.2003