Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. November 2002 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, nach welchem Vergleichseinkommen der Berufsschadensausgleich (BSA) des Klägers zu berechnen ist.
Bei dem im Juni 1922 geborenen Kläger erkannte der Beklagte mit Bescheid vom 04.08.1950 als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG)
1. Verletzung des rechten Scheitelbeines und des darunter liegenden Gehirns durch Granatsplitter
2.Innenohrschwerhörigkeit beiderseits
mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H. an. Im September 1982 schied der Kläger mit 60 Jahren wegen der Schädigungsfolgen aus dem Erwerbsleben aus.
Am 02.01.1997 beantragte der Kläger die Zahlung von BSA. Er gab an, von 1928 bis 1932 die Volksschule und von 1932 bis 1938 die Mittelschule besucht und dort das Reifezeugnis mit Sonderprüfung abgelegt zu haben. Von 1938 bis 1940 habe er den Beruf des Industrie- und Hotel-Kaufmanns erlernt und sich anschließend bis 1941 für das Studium eines Wirtschaftsingenieurs an der Industrie- und Handelskammer C eingeschrieben. Das angestrebte Berufsziel habe er wegen der Kriegsfolgen nicht erreicht. Der Beklagte ermittelte aus den Angaben des Klägers in früheren Verfahren, dass dieser die Ausbildung zum kaufmännischen Angestellten 1937 bis 1940 durchlaufen und anschließend bis November eine Tätigkeit als Angestellter der Protektoratspost ausgeübt habe. Hierfür wurden ausweislich der Rentenakten des Klägers Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet. Im Übrigen holte der Beklagte im Einverständnis des Klägers eine Auskunft seines letzten Arbeitgebers, der Firma E H GmbH & Co.KG vom 28.08.1997 ein.
Mit Bescheid vom 08.12.1997 bewilligte der Beklagte BSA ab Januar 1997. Als Vergleichseinkommen legte er dabei die Leistungsgruppe IV, Industrie, Handel, Kreditinstitute, Versicherungsgewerbe zugrunde. Zur Begründung führte er an, dass der Kläger nach seinen Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten sowie dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich als kaufmännischer Angestellter nichtselbständig in der privaten Wirtschaft bis zur Erreichung der Altersgrenze tätig gewesen wäre. Der Beruf des kaufmännischen Angestellten werde zugrunde gelegt, weil der Kläger 1937 bis 1940 eine solche Ausbildung absolviert habe.
Hiergegen legte der Kläger am 26.01.1998 Widerspruch ein und machte geltend, dass die Berechnung des BSA mindestens ab September 1987 vorgenommen werden müsse und die Einstufung in die Vergleichsgruppe IV wegen überdurchschnittlichen Verdienstes im Erwerbsleben fehlerhaft sei. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.1999 zurück. Anhaltspunkte für eine Vorverlegung des Leistungsbeginns ergäben sich nicht. Die vorgenommene Einstufung in die Leistungsgruppe IV sei bereits als wohlwollend anzusehen. Da der Kläger während des Erwerbslebens keine berufliche Beeinträchtigung in Form von Einkommensminderungen habe hinnehmen müssen, komme es für die Gewährung des BSA nur auf den Schaden an, der durch das frühzeitige Ausscheiden des Klägers aus der zuletzt ausgeübten Tätigkeit entstanden sei. Hierbei handele es sich um eine Beschäftigung, die lediglich der Leistungsgruppe V zugeordnet werden könne.
Der Kläger hat am 10.02.1999 beim Sozialgericht (SG) Dortmund die unter dem Aktenzeichen S 31 V 66/99 geführte Klage erhoben. Das SG hat mit Beschluss vom 08.11.1999 den Streit über den Beginn der Zahlung des BSA vom Streit über dessen Höhe (Aktenzeichen S 31 V 514/00) getrennt. In dem über den Leistungsbeginn geführten Verfahren (S 31 V 66/99 = L 10 V 1/00 LSG NRW) ist der Beklagte mit Urteil vom 17.05.2000 verurteilt worden, dem Kläger BSA bereits ab 01.01.1993 zu zahlen.
In dem hier streitigen Verfahren über die Höhe des BSA (S 31 V 514/00) hat der Kläger auf Anfrage des SG mitgeteilt, dass ihm vom 01.07.1955 bis 31.07.1975 eine verantwortungsvolle Führungsaufgabe als Leiter der T Betriebskrankenkasse, die für 2000 Beschäftigte zuständig gewesen sei, oblegen habe. Bei seiner Arbeit hätten ihm zwei Mitarbeiter und teilweise noch eine Aushilfe zur Verfügung gestanden. 1975 habe er diese Tätigkeit freiwillig wegen seines schlechten Gesundheitszustandes aufgegeben. Eine Einsichtnahme in seine damalige Personalakte hat der Kläger mit der Begründung, seine Führungstätigkeit sei ausreichend nachgewiesen, verweigert.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12.11.2002 abgewiesen und zur Begründung angeführt, dass die zuletzt ausgeübte Tätigkeit für die Einstufung des Vergleichseinkommens maßgeblich sei. Da der Beklagte mit der Leistungsgruppe IV bereits eine höhere Einstufung als die seinerzeit tatsächlich erzielte Leistungsgruppe V zugrunde gelegt habe, könne ein Schaden insoweit nicht vorliegen. Der Frage, ob der Kläger seine Tätigkeit bei der Firma T schädigungsbedingt aufgeben musste, habe die Kammer wegen dessen Weigerung, dem Gericht Einsicht in seine Personalakte zu gewähren, nicht nachgehen können.
Gegen das am 14.12.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.01.2003 "Einspruch" eingelegt. Zum Nachweis der von ihm ausgeübten Führungstätigkeit hat er eine ihm am 29.02.1968 ausgestellte Unterschriftsberechtigung der Firma T übersandt ("Berechtigung, Schriftwechsel im Zusammenhang mit Gemeinkosten für den Bereich der Betriebskrankenkasse mit dem Zusatz "i.A." – im Auftrag – zu unterschreiben, jedoch nur gemeinsam mit einem Unterschriftsberechtigten im Range eines Abteilungsbevollmächtigten"). Zudem hat er ein Schreiben vom 18.10.1971 überreicht, in dem ihm als Anerkennung für besondere Einsatzbereitschaft bei der Bearbeitung der Vorgänge "Ersatzansprüche gegen Dritte im Zusammenhang mit der Lohn- und Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle" eine Zahlung in Höhe von 500,00 DM brutto gewährt wurde. Schließlich hat er das Jahreszeugnis der Klasse 11 (1936/1937) der Mittelschule in Mährisch Neustadt, Bezirk Sternberg zu den Akten gereicht.
Auf den ausdrücklichen Hinweis des Senats, dass für die Berücksichtigung der Tätigkeit des Klägers bei der Firma T insbesondere die Vorlage von Arbeitszeugnissen bzw. eine Einsichtnahme in die Personalakte notwendig sei und die Klage abgewiesen werden könne, wenn sich das Gericht infolge der mangelnden Mitwirkung des Klägers nicht von dem Vorhandensein der anspruchsbegründenden Tatsachen überzeugen könne, hat der Kläger weiter an seiner Auffassung festgehalten, die Führungsposition bereits ausreichend dargelegt zu haben. Schließlich hat er eine Kopie eines Schreibens der Firma T vom 13.06.1955 übersandt, in dem er zum 01.07.1955 als neuer Mitarbeiter (SBK-Verwaltungsstellenleiter) begrüßt worden ist. Er vertritt die Auffassung, der Beklagte müsse ihn aufgrund der von ihm erläuterten Führungsposition bei der Firma T in die Leistungsgruppe II einstufen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 08.12.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 11.01.1999 zu verurteilen, ihm Berufsschadensausgleich nach einem Vergleichseinkommen der Leistungsgruppe II der kaufmännischen Angestellten im Wirtschaftsbereich Handel, Kreditinstitute, Versicherungsgewerbe zu zahlen.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtenen Bescheide und das angefochtene Urteil für zutreffend.
Das Gericht hat den Kläger mit Schreiben vom 08.05.2003 und 07.07.2003 auf seine Mitwirkungspflichten und auf die Rechtslage hingewiesen und ihm jeweils Gelegenheit gegeben, sein Einverständnis zu der Beiziehung der Rentenakten und der Personalakten der Firma T zu erklären. Die Beteiligten sind auf die Vorschrift des § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Prozessakte L 10 V 1/00 sowie der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Die Akten waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats nicht begründet. Eine weitere mündliche Verhandlung hält der Senat nicht für erforderlich. Das Rechtsmittel wird daher ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückgewiesen, nachdem die Beteiligten dazu gehört worden sind (§ 153 Abs. 4 SGG).
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines BSA nach dem Vergleichseinkommen einer höheren Leistungsgruppe als Leistungsgruppe IV der kaufmännischen Angestellten im Wirtschaftsbereich Handel, Kreditinstitute, Versicherungsgewerbe (§§ 30 Abs. 3 bis 5, 14 BVG, 2 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 4 BSchAV). Das Sozialgericht hat die entscheidungserheblichen Kriterien zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der im Berufungsverfahren wiederholt vom Kläger vertretenen Auffassung, die von ihm angegebene Führungstätigkeit bei der Firma T rechtfertige die Einstufung in eine höhere Leistungsgruppe, vermochte der Senat nicht beizutreten. Zwar könnte für die Ermittlung des maßgeblichen Vergleichseinkommens durchaus auf die Tätigkeit des Klägers bei der Firma T abzustellen sein. Voraussetzung hierfür wäre aber zunächst, dass der Kläger aus dieser Tätigkeit schädigungsbedingt ausgeschieden ist. Nur der Beruf kann als Vergleichsberuf im Sinn von § 30 Abs. 5 BVG angesehen werden, in dem der Beschädigte ohne die Schädigung wahrscheinlich noch tätig wäre bzw. gewesen wäre. Ob der Kläger die Beschäftigung bei der Firma T im Jahr 1975 – wie von ihm behauptet – schädigungsbedingt aufgeben musste und – bejahendenfalls – ob die damalige Tätigkeit mit den Merkmalen der in den Leistungsgruppen II oder III genannten Tätigkeiten vergleichbar ist, ließ sich aufgrund der vom Kläger vorgelegten spärlichen Unterlagen nicht feststellen. Weder die Angabe des Klägers, es habe sich bei der mit überdurchschnittlichem Verdienst verbundenen Tätigkeit um eine "verantwortungsvolle Führungstätigkeit" gehandelt und er habe zwei Mitarbeiter und gelegentlich eine Aushilfskraft unter sich gehabt noch das vom Kläger vorgelegte Schulzeugnis von 1936/1937, das Begrüßungsschreiben der Firma T vom 13.06.1955, die beschränkte Unterschriftenberechtigung von Februar 1968 oder die Gewährung von 500,00 DM im Oktober 1971 als Anerkennung für besonderen Einsatz ermöglichen es dem Senat, ein auch nur annähernd ausreichend detailliertes Bild über den Grund des Ausscheidens des Klägers aus dieser Tätigkeit bzw. ihrer konkrete Ausgestaltung zu erhalten. Weitere Beweise für seine Behauptungen wie Arbeitsverträge und Zeugnisse hat der Kläger selbst nicht erbracht. Auch deren Ermittlung durch das Gericht insbesondere durch Einsichtnahme in die Personalakte hat er nicht gestattet, obwohl er mehrmals ausdrücklich auf die Konsequenzen seiner mangelnden Mitwirkung hingewiesen worden ist.
Fehlen – wie hier – erforderliche Beweise, so geht dies – nach dem für soziale Leistungsansprüche allgemein geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers (s. hierzu BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R m.w.N., Urteil vom 12.05.1992, 2 RU 26/91; LSG NRW, Urteil vom 11.02.1998, L 10 V 147/95). Dieser hat als der die Leistung begehrende Antragsteller die Folgen der Nichterweislichkeit der anspruchsbegründenden Tatsachen zu tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Erstellt am: 02.04.2004
Zuletzt verändert am: 02.04.2004