Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.06.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Höhe des dem Kläger zu zahlenden Insolvenzgeldes. Während der Kläger eine Nachzahlung in Höhe von 1.537,33 EUR netto für die Zeit von November 2003 bis Januar 2004 verlangt, macht die Beklagte einen Erstattungsbetrag in Höhe von 276,48 EUR geltend.
Der Kläger war in der Zeit vom 01.07.2003 bis 31.01.2004 als Stuckateur bei der Firma C Bauunternehmung GmbH (C) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Kläger wegen Ausfall seines Arbeitslohnes gekündigt. Auf den am 06.02.2004 gestellten Antrag auf Gewährung von Insolvenzgeld bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 12.02.2004 einen Vorschuss in Höhe von 2.900,00 EUR auf das zu erwartende Insolvenzgeld. Am 11.03.2004 wurde der Insolvenzantrag von C mangels Masse abgewiesen. Aus der im Juni 2004 von C ausgestellten Arbeitsbescheinigung ergab sich, dass dem Kläger für die Monate November 2003 bis Januar 2004 noch ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 2623,52 EUR zustand. Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 30.06.2004 endgültig Insolvenzgeld in Höhe von 2.623,52 EUR und forderte von ihm den zu viel gewährten Betrag in Höhe 276,48 EUR zurück. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2005 mit der Begründung als unbegründet zurückgewiesen, ein weitergehender Anspruch auf Gewährung von Insolvenzgeld sei weder vom Arbeitgeber bescheinigt noch vom Kläger nachgewiesen worden.
Hiergegen hat der Kläger am 15.04.2005 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe einen Anspruch auf die Gewährung von Insolvenzgeld auf der Grundlage des Lohntarifvertrages für Stuckateure. Dieser sei allgemeinverbindlich. Jedenfalls habe C mit ihm vereinbart, dass der Tarifvertrag für ihn gelten und er auf dieser Grundlage 40 Stunden in der Woche entlohnt werden solle. C habe ihm zunächst einen niedrigeren Lohn gezahlt, aber zugesagt, später eine Nachzahlung vorzunehmen. Der Kläger selbst hat den ihm zustehenden Bruttolohn für die Zeit von November 2003 bis Januar 2004 mit 7.508,80 EUR beziffert.
Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 30.06.2004 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2005 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm für die Monate November 2003 bis Januar 2004 Insolvenzgeld auf der Grundlage einer 40-Stunden-Woche nach dem Lohntarifvertrag für Stuckateure zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat an ihrer im Widerspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten und darauf hingewiesen, dass auch im gerichtlichen Verfahren ein dem Kläger zustehender höherer Arbeitsentgeltanspruch für den maßgeblichen Zeitraum nicht nachgewiesen worden sei.
Das Sozialgericht hat die Akten des Arbeitsgerichtes Hagen – 4 Ca 63/04 – beigezogen und Beweis erhoben durch Vernehmung des ehemaligen Arbeitgebers Waldemar C und eines ehemaligen Arbeitskollegen des Klägers Herrn U P als Zeugen. Herr C hat ausgesagt, der Kläger sei wie der bei ihm beschäftigte Zeuge P nach den bearbeiteten Quadratmetern bezahlt worden. Eine Tariflohnabsprache sei nicht getroffen worden. Herr P hat zu den mit dem Kläger getroffenen Vereinbarungen nichts aussagen können. Er selbst habe mit Herrn C eine Vereinbarung über die Bezahlung nach bearbeiteten Quadratmetern getroffen. Eine Stundenlohnvereinbarung sei nicht getroffen worden. Wegen des genauen Inhaltes der Zeugenaussagen wird auf das Protokoll des Sozialgerichts vom 14.06.2006 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 14.06.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wörtlich ausgeführt:
"Der Bescheid vom 30.06.2004 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2005 ist rechtmäßig und beeinträchtigt den Kläger nicht in seinen rechtlich geschützten Interessen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm ein höheres Insolvenzgeld als 2.623,52 EUR gezahlt wird. Er hat der Beklagten vielmehr den Betrag in Höhe von 276,48 EUR zu erstatten. Dem Kläger ist es nicht gelungen, nachzuweisen, dass ihm für den Insolvenzgeldzeitraum ein höherer Arbeitsentgeltanspruch zustand.
Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben, § 183 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III. Insolvenzgeld wird in Höhe des Nettoarbeitsentgeltes geleistet, das sich ergibt, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert wird, § 185 Abs. 1 SGB III. Die Agentur für Arbeit kann einen Vorschuss auf das Insolvenzgeld erbringen, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers beantragt ist. Dabei bestimmt die Agentur für Arbeit die Höhe des Vorschusses nach pflichtgemäßen Ermessen. Der Vorschuss ist auf das Insolvenzgeld anzurechnen. Er ist zu erstatten, sobald ein Anspruch auf Insolvenzgeld nur geringerer Höhe zuerkannt wird, § 186 SGB III.
Vorliegend kann der Kläger für die Monate November 2003 bis November 2004 Insolvenzgeld verlangen, da sein Arbeitsverhältnis bei C zum 31.01.2004 endete und der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von C am 11.03.2004 mangels Masse abgewiesen wurde. Wie von der Beklagten zu Recht angenommen, beläuft sich das dem Kläger zu gewährende Insolvenzgeld auf 2.623,52 EUR, da ihm laut der Arbeitsbescheinigung von C und den glaubhaften Angaben des Zeugen C in der mündlichen Verhandlung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ende Januar 2004 für die Monate November 2003 bis Januar 2004 nur noch ein Arbeitsentgeltanspruch in dieser Höhe zustand.
Ein höherer Lohnanspruch des Klägers für die in Rede stehenden Monate ergibt sich weder aus dem Tarifvertragsrecht noch aus einer individuellen Vereinbarung des Klägers mit C.
Festzustellen ist zunächst, dass der Lohntarifvertrag für Stuckateure nicht gemäß § 5 des Tarifvertragsgesetzes (TVG) für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Für allgemeinverbindlich erklärt wurde vom Bundeswirtschaftsminister lediglich der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 04.07.2002/17.12.2003/14.12.2004/29.07.2005. Dieser enthält in § 5 eine Regelung zu den Lohngruppen und der Fälligkeit des Lohnes, äußert sich jedoch nicht zur Höhe der Löhne. Da der Lohntarifvertrag für Stuckateure selbst nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurde, gilt er nach § 4 Abs. 1 TVG nur für die Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallen. Den Angaben der Beteiligten zufolge sind jedoch weder der Kläger noch C derzeit Mitglied des entsprechenden Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgeberverbandes bzw. sind es je gewesen.
Auch eine individuelle Vereinbarung dahingehend, dass der Lohnvertrag für Stuckateure zwischen dem Kläger und C gelten sollte, konnte die Kammer vorliegend nicht feststellen. Dem insoweit beweisbelasteten Kläger ist es nicht gelungen, nachzuweisen, dass der Lohntarifvertrag für Stuckateure für sein Arbeitsverhältnis bei C verbindlich sein sollte. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der einschlägige Lohntarifvertrag nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages mit dem Kläger geworden. Die Zeugen C und P bekunden übereinstimmend glaubhaft, dass die geleistete Arbeit nach Quadratmetern entlohnt werden sollte. Dabei sei im Rahmen der Gehaltsvereinbarung auf die Lohntabelle des Lohntarifvertrages für Stuckateure nur Bezug genommen worden, um zu verdeutlichen, dass es dem einzelnen Arbeitnehmer möglich gewesen sei, einen übertariflichen Lohn zu erarbeiten. Während der Zeuge C dies unmittelbar für die mit dem Kläger getroffene Abrede bekundet, bestätigt der Zeuge P die vorgenannte Vorgehensweise für die mit ihm getroffene Übereinkunft. Diese Angaben der Zeugen konnte jedenfalls die Behauptung des Klägers nicht bestätigen, dass der Lohntarifvertrag für Stuckateure für sein Arbeitsverhältnis gelten sollte.
Nach alledem steht dem Kläger kein Anspruch auf Gewährung eines höheren Insolvenzgeldes als 2.623,52 EUR zu und ist er verpflichtet, den ihm zu viel gewährten Betrag in Höhe von 276,48 EUR an die Beklagte zurückzuerstatten."
Gegen dieses ihm am 18.07.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.08.2006 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger hat zunächst seinen Klageantrag gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren präzisiert. Diesbezüglich wird auf Bl. 90 – 92 der Gerichtsakte Bezug genommen. In der Sache selbst hält der Kläger das erstinstanzliche Urteil nicht für zutreffend. Seiner Meinung nach sei der Lohntarifvertrag für Stuckateure entgegen der Ansicht des Sozialgerichtes für allgemeinverbindlich erklärt worden. Aber selbst wenn man einmal davon ausginge, dass es hier auf die Beweislast dafür ankomme, ob der entsprechende Tarifvertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien individuell vereinbart worden sei, so müsse hier die Beklagte die Beweislast treffen. Der Kläger habe immer wieder bei seinem Arbeitgeber vorgesprochen und gebeten, ihm einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit den getroffenen Vereinbarungen auszuhändigen. Diesem sei Herr C nicht nachgekommen. Gem. § 2 des Gesetzes über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (Nachweisgesetz – NachwG) habe der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach vereinbartem Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen. § 2 Nr. 6 NachwG verlange detaillierte Angaben zur Zusammensetzung des Arbeitsentgelts, wobei neben der Grundvergütung alle Zusatzentgelte wie Überstunden, Zuschläge, Zulageprämien, Provisionen usw. niederzulegen seien. Die Nichterteilung des Nachweise habe zur Folge, dass eine Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Arbeitnehmers stattfinde, weil andernfalls der Rechtsverstoß folgenlos bleibe. Der Kläger verweist auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 21.02.2003 – 10 SA 1683/02 -. Diese Rechtsprechung habe auch Auswirkungen auf die Beklagte, die den Kläger nach dem Willen des Gesetzgebers so zu stellen habe, als wenn er seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.06.2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.06.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2005 zu verurteilen, ihm weitere 1.537,33 EUR netto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie weist insbesondere darauf hin, dass der Lohntarifvertrag für die Stuckateure nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat folgt nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage den Ausführungen im angefochtenen Urteil und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Das Berufungsvorbringen gibt zu keinen anderen Beurteilung Anlass. Soweit der Kläger rügt, der Tarifvertrag für das Stuckateurhandwerk sei entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts doch für allgemeinverbindlich erklärt worden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es handelt sich lediglich um eine Behauptung, die der Kläger – insbesondere durch neuere Erkenntnisse seit Ergehen des sozialgerichtlichen Urteils – nicht untermauern konnte. Der Senat stützt sich auf die Ausführungen auf Seite 5 oben des angefochtenen Urteils und den Internetnachweis in der Berufungsbegründungsschrift der Beklagten vom 28.12.2006.
Der Hinweis auf das Urteil des LAG Niedersachsen vom 21.02.2003 (10 SA 1683/02) trifft den vorliegenden Fall nicht. Der Senat folgt diesem Urteil uneingeschränkt, auch bezüglich des Leitsatzes, der wie folgt lautet: "Gelingt dem Arbeitnehmer der Beweis seiner Behauptung des Abschlusses einer bestimmten Entgeltvereinbarung nicht, ist das Gericht aber auch nicht davon überzeugt, dass die Behauptung des Arbeitnehmers unwahr ist, so geht in dieser Situation des non-liquet die Unmöglichkeit der Tatsachenaufklärung zu Lasten des Arbeitgebers, wenn dieser entgegen § 2 NachwG dem Arbeitnehmer keinen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen erteilt hat."
Zum Einen ist zunächst festzustellen, dass das arbeitsgerichtliche Verfahren nicht fortgeführt worden ist und weiterhin ruht. Zu einer Beweislastumkehr, wie in der Streitsache des LAG Niedersachsen, ist es nicht gekommen. An ein rechtskräftiges Urteil über die Höhe des zustehenden Arbeitsentgeltes wären die Beklagten und erkennende Senat gebunden, auch wenn es aufgrund einer Beweislastregelung getroffen worden ist, die so im sozialgerichtlichen Verfahren nicht existiert. Da der Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären ist, muss im Rahmen des hiesigen Verfahrens aufgeklärt werden, wie der arbeitsgerichtliche Prozess mutmaßlich ausgegangen wäre. Dies hat das Sozialgericht in nicht zu beanstandender Form getan. Es hat alle verfügbaren und benannten Zeugen gehört und ist zu der Überzeugung gelangt, dass eben kein non-liquet vorliegt, sondern dass der Lohntarifvertrag für die Stuckateure eben nicht arbeitsvertraglich vereinbart worden ist. Vielmehr war eine Entlohnung nach Quadratmetern vereinbart. Damit unterscheidet sich der hier zu entscheidende Fall dem des LAG Niedersachsen. Die Behauptung des Klägers steht nicht als gleichwertig möglich im Raum, sondern es steht fest, dass eine Geltung des Lohntarifvertrages für Stuckateure nicht vereinbart worden ist. Dann aber ist für eine Beweislastumkehr im Sinne des LAG-Urteils kein Raum.
Die Berufung konnte somit auch unter zusätzlicher Berücksichtigung der im Berufungsverfahren vorgetragenen Gesichtspunkte keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 14.01.2008
Zuletzt verändert am: 14.01.2008