Die Bescheide vom 05.07.2006, 13.09.2006 und 23.02.2007 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2007 werden aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin für das Jahr 2005 EUR 414,15 für die ihr entstandenen Heizkosten nachzuzahlen.
Die Bescheide vom 04.07.2006 und 02.08.2006 in der Form der Widerspruchsbescheide vom 14.02.2007 sowie der Bescheid vom 21.06.2007 werden abgeändert und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin für die Monate Juli bis Dezember 2006 EUR 135,51 für die ihr entstandenen Heizkosten nachzuzahlen.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Klägerin für das Jahr 2005 sowie die Monate Juli bis Dezember 2006 Heizkosten nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zu bewilligen sind.
Die im Oktober 19xx geborene Klägerin bezieht seit Januar 2005 Leistungen von der Beklagten. Sie wurde bereits kurz nach der erstmaligen Antragstellung im Dezember 2004 mit Schreiben vom 22.12.2004 von der Beklagten darauf hingewiesen, dass diese Heizkosten nur in Höhe von Pauschalbeträgen erstattet. Für Fernwärme war nach diesem Schreiben eine Pauschale in Höhe von EUR 0,98 pro Quadratmeter angesetzt.
Im Jahr 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von EUR 343,10 im Monat, wovon EUR 43,39 auf die Heizkosten entfielen.
Im Juni 2006 stellte die Klägerin einen Fortzahlungsantrag. Mit diesem legte sie eine Heiz- und Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 vom 12.05.2006 vor, aus der sich eine Nachzahlung für Heizkosten in Höhe von EUR 602,09 und für die Betriebskosten in Höhe von EUR 95,82 ergab. Daraufhin bewilligte die Beklagte der Klägerin zunächst mit Bescheid vom 04.07.2006 und spätester mit Änderungsbescheid vom 02.08.2006 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von EUR 365,71, wobei EUR 48,00 im Monat für Heizkosten vorgesehen waren.
Die hiergegen am 02.08.2006 und 04.09.2006 von der Klägerin eingelegten Widersprüche, welche sie damit begründete, ihr entstünden tatsächlich höhere Kosten, wies die Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 14.02.2007 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 15.03.2007 Klage erhoben, welche sie wiederum damit begründet, ihr entstünden tatsächlich höhere Heizkosten. Sie trägt ferner vor, die von der Beklagten durchgeführte Durchschnittsberechnung pro Quadratmeter des von ihr bewohnten Hauses berücksichtige nicht, dass das Abrechnungsobjekt einen erheblichen Leerstand aufweise. Zudem vernachlässige die Beklagte den Berechnungsmodus für die in Rechnung gestellten Heizkosten. Die Heizkosten würden nämlich zur Hälfte anhand des Quadratmeterverhältnisses zur Gesamtwohnfläche und nur zur anderen Hälfte nach den Verbrauchseinheiten berechnet. Außerdem habe ihr die Beklagte nicht nachgewiesen, dass sie unwirtschaftlich heize. Die Beklagte habe ihr schließlich durch eine entsprechende Aufforderung zumindest die Möglichkeit geben müssen, ihr Heizverhalten zu ändern und ihre Heizkosten zu senken.
Am 21.06.2007 hat die Beklagte während des laufenden Verfahrens einen Änderungsbescheid erlassen und die der Kläger für die Zeit von Juli bis Dezember 2006 zu erstattenden Heizkosten auf EUR 52,00 monatlich erhöht.
Am 03.04.2007 hat die Klägerin ihre Klage erweitert. Sie wendet sich nun außerdem gegen den Bescheid vom 05.07.2006 sowie die Änderungsbescheide vom 13.09.2006 und 23.02.2007 in der Form des zwischenzeitlich erlassenen Widerspruchsbescheides vom 19.03.2007, mit welchen ihr ein Betrag in Höhe von EUR 613,94 lediglich als Darlehen gewährt wurde, um die Heiz- und Betriebskostennachzahlung für das Jahr 2005 zu begleichen. Zur Begründung dieser Klageerweiterung trägt die Klägerin ebenfalls vor, ihr seien im Jahr 2005 höhere Heiz- und Betriebskosten entstanden, als die Beklagte ihr erstattet habe.
Die Klägerin beantragt,
1.die Bescheide vom 05.07.2006, 13.09.2006 und 23.02.2007 in der Form
des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr für das Jahr 2005 EUR 414,15 für die ihr entstandenen Heizkosten nachzuzahlen;
2.die Bescheide vom 04.07.2006 und 02.08.2006 in der Form der Widerspruchsbescheide vom 14.02.2007 sowie den Bescheid vom 21.06.2007 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihr für die Monate Juli bis Dezember 2006 EUR 135,51 für die ihr entstandenen Heizkosten nachzuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich zur Begründung ihrer Klageerwiderung auf ihre Ausführungen in ihren Ausgangs- und Änderungsbescheiden. Sie trägt insbesondere vor, die von der Klägerin verursachten Heizkosten seien unangemessen hoch. Dies ergebe sich daraus, dass die von der Klägerin pro Quadratmeter verursachten Heizkosten 50 % über den durchschnittlich pro Quadratmeter anfallenden Heizkosten des Hauses der Klägerin lägen. Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II, wonach vorübergehend höhere Kosten der Unterkunft übernommen werden könnten, sei nicht auf die Heizkosten anzuwenden.
Nachdem sich die Beklagte zunächst gegen die Klageerweiterung der Klägerin verwehrt hat, hat sie dieser im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.11.2007 zugestimmt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Zunächst ist festzustellen, dass Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens auf Grund der am 03.04.2007 eingereichten Klageerweiterung auch die für das Jahr 2005 zu erstattenden Heizkosten, mithin die einschlägigen Bescheide vom 05.07.2006, 13.09.2006 und 23.02.2006 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2007 sind. Das Gericht erachtet eine entsprechende Klageerweiterung für sachdienlich. Die Beklagte hat dieser im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.11.2007 aber auch zugestimmt, vgl. § 99 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Die Bescheide vom 05.07.2006, 13.09.2006 und 23.02.2007 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2007 betreffend die nur darlehnsweise Gewährung weiterer Heizkosten sind rechtswidrig und beeinträchtigen die Klägerin in ihren rechtlich geschützten Interessen. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass ihr für das Jahr 2005 monatlich Heizkosten in Höhe von EUR 82,14 gewährt werden. Dies bedingt für das Jahr 2005 eine Nachzahlung in Höhe von EUR 414,15.
Darüber hinaus sind auch die Bescheide vom 04.07.2006 und vom 02.08.2006 in der Form der Widerspruchsbescheide vom 14.02.2007 betreffend die Leistungsgewährung für die Monate Juli bis Dezember 2006 rechtswidrig und beeinträchtigen die Klägerin in ihren rechtlich geschützten Interessen. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass ihr für diese Zeit EUR 74,58 im Monat an Heizkosten gewährt werden. Dies bedingt eine Nachzahlung für die zweite Jahreshälfte des Jahres 2006 in Höhe von EUR 135,51.
Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind, § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Die Höhe der zu übernehmenden Heizkosten ergibt sich in der Regel aus dem Mietvertrag bzw. den Festsetzungen der Energieversorgungsunternehmen, für die eine Vermutung der Angemessenheit besteht, soweit nicht im Einzelfall ein unwirtschaftliches Heizverhalten nachgewiesen wird. Die Höhe der Heizkosten hängt nämlich von zahlreichen Faktoren ab, z. B. der Lage und dem Bauzustand der Wohnung, der Geschosse, der Wärmeisolierung des Gebäudes und der Fenster, dem Wirkungsgrad und Wartungszustand der Heizungsanlage, ferner von meteorologischen Daten (z. B. Zahl der Heiztage, absolute Außentemperatur) und gegebenenfalls von einem erhöhten Heizbedarf für bestimmte Personenkreise (z. B. aufgrund des Alters, dem Bestehen einer Behinderung oder bei Kleinkindern). Dafür, dass die tatsächlich anfallenden Heizkosten zunächst als angemessen erachtet werden können, spricht zudem die Tatsache, dass die auf den Bezug der Grundsicherung nach dem SGB II angewiesenen Personen häufig bereits vorher Lohnersatzleistungen bezogen haben und ihren Lebensstandard im Hinblick auf die Verringerung der Einnahmen im Vergleich zum vorherigen Erwerbseinkommen einschränken mussten, was im Normalfall auch dazu geführt haben dürfte, beim Heizverhalten zu sparen. Den vom Energieversorger festgesetzten Kosten kann darüber hinaus eine relativ zeitnahe Reaktion auf gestiegene Energiekosten und witterungsbedingt lange Heizperioden entnommen werden (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 21.03.2006 – L 9 AS 124/05 ER; LSG NB, Beschluss vom 15.12.2005 – L 8 AS 427/05 ER – SAR 2006, 33 – 35; LSG NW, Beschluss vom 28.09.2005 – L 19 B 68/05 AS ER; Thür. LSG, Beschluss vom 07.07.2005 – L 7 AS 334/05 ER – SozSich 2006, 142; SG Dortmund, Urteil vom 05.03.2007 – S 29 AS 498/05). Quadratmeterbezogene Richtwerte können hingegen nur einen Anhaltspunkt für die Angemessenheit der Heizkosten bilden, der nach Maßgabe der Besonderheiten des Einzelfalles anzupassen ist (vgl. BVerwG Urteil vom 22.04.1970 – V C 98/69 – BVerwGE 35,178; ferner Berlit in: LPK-SGB II, 2. Auflage – 2006, § 22 Rn. 67). Nicht zu beanstanden ist es nach Auffassung der Kammer, bei in großen Mehrfamilienhäusern lebenden Leistungsempfängern grundsätzlich und vorbehaltlich der Besonderheiten des Einzelfalles, die Höhe der bewilligungsfähigen angemessenen Heizkosten durch den wohnflächenbezogenen durchschnittlichen Brennstoffverbrauch, der an die jeweilige Heizungsanlage angeschlossenen Abnehmer zu begrenzen (vgl. OVG NW, Urteil vom 13.09.1988 – 8 A 1239/86 – FEVS 38, 151, 158; siehe auch VG Münster, Urteil vom 27.01.2006 – 6 K 4083/03).
Eine solche quadratmeterbezogene Durchschnittsberechnung ist nach Ansicht der Kammer jedoch nur für das jeweilige Abrechnungsjahr zulässig, da die anfallenden Kosten wegen der Witterungsverhältnisse und der Energiekosten nur insoweit vergleichbar sind. Eine Kürzung der zu erstattenden Heizkosten kommt überdies nur in Betracht, wenn ein unwirtschaftliches Heizverhalten des Leistungsempfängers auszumachen ist und es diesem grundsätzlich möglich war, sein Heizverhalten dem durchschnittlichen Heizverhalten der Mitbewohner seines Hauses anzupassen.
Dies ist vorliegend nach Auffassung der Kammer nicht der Fall. Zwar hat die Beklagte die der Klägerin zu erstattenden Heizkosten vorliegend für das Jahr 2005 auf der Grundlage der Heiz- und Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2005 – datiert auf den 12.05.2006 – und für die Monate Juli bis Dezember 2006 auf der Grundlage der Heiz- und Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2006 – datiert auf dem 01.06.2007 – ermittelt. Die der Klägerin entstandenen Heizkosten sind ihr für die besagten Zeiträume (Januar bis Dezember 2005 und Juli bis Dezember 2006) jedoch grundsätzlich in der ihr entstandenen Höhe abzüglich eines Abschlages in Höhe von 18 % für die Aufbereitung warmen Wassers zu erstatten, da es der Klägerin für die besagten Zeiträume nicht möglich war, die Heizkosten auf ein "angemessenes" Maß zu reduzieren.
Soweit die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheiten des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nämlich als Bedarf des Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es diesem nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate, vgl. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung/§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II in der ab dem 01.08.2006 geltenden Fassung. Zwar bezieht sich die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur auf die Unterkunftskosten. Sie ist zur Schließung einer unbeabsichtigten Gesetzeslücke aber entsprechend für die Heizkosten anzuwenden (vgl. SG Dortmund, Urteil vom 11.07.2006 – S 33 S AS 375/05; SG Dortmund, Urteil vom 26.06.2007 -S 32 AS 325/06; Berlit in: LPK – SGB II, 2. Auflage – 2006, § 22 SGB II Rn. 68).
Die Klägerin ist zu keinem Zeitpunkt von der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass ihre Heizkosten auf den Quadratmeter bezogen über den durchschnittlichen Heizkosten der Mitbewohner ihrer Wohnanlage liegen und sie diese daher zu senken hat. Zwar hatte die Klägerin im Dezember 2004 das Schreiben der Beklagten betreffend die Pauschalbeträge für Fernwärme erhalten. Sie wurde auch durch die darlehensweise Bewilligung der Nachzahlungsbeträge im Juli 2006 durch die Beklagte in gewisser Weise darauf aufmerksam gemacht, dass die von ihr verursachten Heizkosten nicht problemlos von der Beklagten übernommen werden. Dennoch wurde die Klägerin von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt konkret darauf aufmerksam gemacht, dass sie unwirtschaftlich heizt, da sie überdurchschnittliche hohe Kosten verursacht und konsequenterweise ihre Heizkosten abzusenken hat. Das Schreiben von Dezember 2004 kann insoweit schon nicht maßgeblich sein, da es eine später – infolge der sich entwickelnden Rechtsprechung – nicht mehr von der Beklagten angewandten Abrechnungsmodus nach Pauschalbeträgen enthält. Der Klägerin war es demnach gar nicht möglich, ihr Heizverhalten in den Jahren 2005 und 2006 hinreichend anzupassen. Nach alledem sind ihr die Heizkosten für die besagten Zeiträume abzüglich eines Abschlages in Höhe von 18 % für die Aufbereitung warmen Wassers (vgl. hierzu LSG NW, Urteil vom 22.08.2006 – L 1 AS 4/06; LSG NW, Beschluss vom 28.09.2005 – L 19 B 68/05 AS ER; derzeit beim BSG anhängig unter den Aktenzeichen B 14/7b AS 64/06 R, B 11b AS 35/06 R und B 14/7b AS 8/07 R) zu erstatten. Dies bedingt für das Jahr 2005 einen Nachforderungsbetrag in Höhe von EUR 414,15 und für die Monate Juli bis Dezember 2006 in Höhe von EUR 135,51, was sich aus folgender Berechnung ergibt:
Im Jahr 2005 sind der Klägerin ausweislich der Heiz- und Betriebskostenabrechnung vom 12.03.2006 Heizkosten in Höhe von EUR 1.202,09 entstanden. Davon sind EUR 216,38 (18 %) in Abzug zu bringen, so dass die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung von Heizkosten in Höhe von EUR 985,71 für das Jahr 2005 hatte. Davon hat die Beklagte der Klägerin bereits EUR 571,56 gezahlt. Es verbleibt ein Forderungsbetrag in Höhe von EUR 414,15.
Im Jahr 2006 sind der Klägerin ausweislich die Heiz- und Betriebskostenabrechnung vom 01.06.2007 Heizkosten in Höhe von EUR 1.091,48 entstanden. Davon sind für die Aufbereitung warmen Wassers EUR 196,47 (18 %) in Abzug zu bringen, so dass der Klägerin für das ganze Jahr 2006 EUR 895,01 an Heizkosten zu erstatten waren. Davon sind der Klägerin bereits EUR 624,00 überwiesen worden, so dass ein verbleibender Nachzahlungsbetrag für das ganze Jahr in Höhe von EUR 271,01 verblieb. Auf die Monate Juli bis Dezember 2006 entfallen davon EUR 135,51, welche der Klägerin nachzuzahlen sind.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Erstellt am: 21.02.2008
Zuletzt verändert am: 21.02.2008