Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
O-
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (nachfolgend: SGB II). Streitig ist, ob die Antragstellerin in den Anwendungsbereich des Leistungsausschlusses gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II fällt.
Die 1960 geborene, verwitwete Antragstellerin ist bulgarische Staatsangehörige.
Nach dem Aktenstand zogen die Antragstellerin und ihr am 05.04.1955 geborener und am 15.03.2014 verstorbener Ehemann am 01.07.2009 aus Bulgarien nach Deutschland. Dort waren sie bis zum 15.12.2009 (Abmeldung von Amts wegen) unter der Anschrift W-Straße in I gemeldet. Wo sich die Antragstellerin und ihr Ehemann im Zeitraum zwischen dem 15.12.2009 und dem 06.07.2011 aufhielten, ist der Akte nicht zu entnehmen. Vom 06.07.2011 bis (zumindest) zum 31.07.2013 wohnten sie im Haushalt der Familie ihres am 01.09.1987 geborenen gemeinsamen Sohnes, Herrn H (C-Straße, I). In diesem Zeitraum erhielten sie dort jedenfalls "Kost und Logis" und hatten keine Miete zu zahlen. Nach einer Bescheinigung des Sohnes vom 18.03.2013 (Bl. 66 der Verwaltungsvorgänge (VV)) stellte dieser damals seit August 2012 den Lebensunterhalt der Antragstellerin bzw. jedenfalls ihres Ehemannes (ausdrücklich erwähnt ist in der Bescheinigung nur er) sicher. Wohl ab dem 01.08.2013 oder dem 01.10.2013 wohnten die Antragstellerin und ihr Ehemann in einer eigenen Mietwohnung unter der Adresse H1-Straße, I: Nach ihrem Vortrag in ihrem zweiten Eilverfahren (Az. S 32 AS 5066/13 ER) bezogen die Antragsteller diese Wohnung am 01.08.2013; sie meldeten sich am 06.08.2013 bei der Stadt I um; im Verwaltungsverfahren und in dem bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (NRW) unter dem Az. L 2 AS 1863/13 B ER geführten Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung des Kammer im ersten Eilverfahren (Az. S 32 AS 2139/13 ER) wurde demgegenüber ein entsprechender Mietvertrag eingereicht, aus dem sich eine Anmietung dieser Wohnung erst zum 01.10.2103 ergibt (Bl. 357, 367 VV).
Vom 20.07.2011 bis zum 02.11.2011 (Bl. 68 VV) existierte eine Gewerbeanmeldung des verstorbenen Ehemannes für die selbständige Tätigkeit "Industriemontage". Nach seinen Angaben übte er diese Tätigkeit auch aus. Vom 01.03.2012 bis August 2012 war er bei Herrn E, dem Inhaber des Unternehmens "C" (I-Str., S), als Hilfsarbeiter im Lager beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete nach den ursprünglichen Angaben der Antragstellerin und ihres Ehemannes durch "Verschwinden" des Arbeitgebers bzw. nach den Angaben in den ersten beiden von ihnen angestrengten Eilverfahren (Az. S 32 AS 2139/13 ER und S 32 AS 5066/13 ER) durch Kündigung gegeben (Bl. 92 der Gerichtsakte (GA) zum Verfahren S 32 AS 2139/13 ER). Für die Monate März und April erhielt der Ehemann nach den sich in der Verwaltungsakte befindenden Lohn- und Gehaltsabrechnungen monatlich jeweils 2.400,00 EUR brutto, für Mai und Juni 2.000,00 EUR, für August 450,00 EUR, für Juli liegt keine Abrechnung vor. Die Antragstellerin war damals in Deutschland nicht erwerbstätig.
Der von der Antragstellerin und ihrem Ehemann am 21.02.2013 gestellte erste SGB II-Leistungsantrag wurde mit Bescheid vom 29.04.2013 (Bl. 91 VV) abgelehnt. Zur Begründung verwies die Antragsgegnerin auf den Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II und darauf, dass der sich aus § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU ergebende sechsmonatige Zeitraum des Erhalts des Arbeitnehmerstatus des Ehemannes bereits Anfang Februar 2013 abgelaufen sei, da seine Tätigkeit bei "C" offenbar bereits Anfang August 2012 beendet gewesen sein müsse. Am 08.05.2013 erhoben die Antragsteller durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2013 zurückgewiesen wurde. Gegen den Ablehnungsbescheid vom 29.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.06.2013 richtet sich eine Klage, die bei der Kammer unter dem Az. S 32 AS 3198/13 anhängig ist. Die zunächst auch für den Ehemann erhobene Klage ist nach dessen Tod insoweit mit Schriftsatz vom 15.09.2014 zurückgenommen worden.
Bereits am 08.05.2013 stellten die Antragstellerin und ihr Ehemann wegen der Antragsablehnung vom 29.04.2013 einen ersten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Bezug auf die vorläufige Gewährung von Leistungen nach dem SGB II im gesetzlichen Umfang, der bei der erkennenden Kammer unter dem Az. S 32 AS 2139/13 ER anhängig war. Mit Beschluss vom 26.08.2013 verpflichtete die Kammer die Antragsgegnerin, den Antragstellern vorläufig für die Zeit vom 08.05.2013 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 31.10.2013, Leistungen nach dem SGB II im gesetzlichen Umfang – mit Ausnahme von Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) – zu gewähren; im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt. Die gegen diese Entscheidung zunächst von der Antragsgegnerin erhobene Beschwerde, die bei dem LSG NRW unter dem Az. L 2 AS 1863/13 B ER anhängig war, wurde zurückgenommen.
Am 06.11.2013 suchten die Antragstellerin und ihr Ehemann erneut um einstweiligen Rechtsschutz nach. Dieses Eilverfahren war bei der Kammer unter dem Az. S 32 AS 5066/13 ER anhängig. Mit Beschluss vom 23.12.2013 wurde die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, vorläufig für die Zeit vom 06.11.2013 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 30.04.2014, Leistungen nach dem SGB II – mit Ausnahme von Bedarfen für Unterkunft und Heizung – zu gewähren; im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin wurde bis auf eine vom LSG vorgenommene Befristung der Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen an den Ehemann bis zum Zeitpunkt seines zwischenzeitlich eingetretenen Todes (15.03.2014) zurückgewiesen (Beschluss des LSG NRW vom 25.06.2014 – L 12 AS 232/14 ER –).
Die Antragstellerin übte vom 22.04.2014 bis zum 31.05.2014 eine ursprünglich bis zum 17.05.2014 befristete Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmerin der X1 GmbH Gebäudereinigung (geringfügige Beschäftigung mit ca. 20 Arbeitsstunden/Monat zu einem Stundenlohn von 9,31 EUR brutto zuzüglich Fahrgeld) aus und erzielte daraus ein Entgelt von 75,02 EUR (im Mai für April) und von 236,46 EUR (im Juni für Mai).
Am 16.06.2014 stellte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin erneut einen Antrag auf Gewährung von SGB II-Leistungen. Dieser Antrag wurde durch Bescheid vom 02.09.2014 mit der Begründung abgelehnt, dass die Antragstellerin nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei, da sie sich nur zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalte; sie habe durch ihre kurzzeitige Erwerbstätigkeit keinen Arbeitnehmerstatus erworben, da diese Tätigkeit vollkommen untergeordnet und unwesentlich gewesen sei. Der im Oktober 2015 erhobene Widerspruch (Bl. 1083 VV) gegen diesen Bescheid wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2015 (Bl. 1084 VV) sachlich beschieden und als unbegründet zurückgewiesen. Insoweit ist bei der Kammer ein weiteres Klageverfahren unter dem Az. S 32 AS 4811/15 anhängig.
Bereits vor der erneuten Ablehnungsentscheidung vom 02.09.2014, am 18.08.2014, suchte die Antragstellerin erneut um einstweiligen Rechtsschutz nach. Dieses Eilverfahren war bei der Kammer unter dem Az. S 32 AS 3303/14 ER anhängig. Die Antragstellerin trug dort zunächst u. a. vor, dass sie nach Ende der geringfügigen Beschäftigung wieder vollkommen mittellos sei und ihren Lebensunterhalt nur dadurch sicherstellen könne, dass ihr Sohn mit seiner Familie – die sich ihrerseits im Leistungsbezug nach dem SGB II befänden – ihre Wohnung übernommen habe, die Miete zahle und sie kostenlos verpflege. Später trug sie vor, dass sie am 16.11.2014 eine geringfügige Beschäftigung als Putzfrau aufgenommen habe. Sie reichte insofern einen nur rudimentär ausgefüllten, insbesondere keine Angaben zur Entlohnung enthaltenden Personalfragebogen vom 16.11.2014 ein (Bl. 105 ff. GA zum Verfahren S 32 AS 3303/14 ER). Nachfragen des Gerichts zu weiteren Details dieser Tätigkeit blieben bis zur Beschlussfassung unbeantwortet. Mit Beschluss vom 15.12.2014 wurde die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 18.08.2014 bis zum 15.11.2014 Leistungen nach dem SGB II im gesetzlichen Umfang – mit Ausnahme von Bedarfen für Unterkunft und Heizung – zu gewähren; im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt. Mit Beschluss des LSG NRW vom 05.03.2015 – L 7 AS 2376/14 B ER – wurde die hiergegen eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Bereits vor Abschluss des Eilverfahrens S 32 AS 3303/14 ER, am 02.12.2014, stellte die Antragstellerin erneut einen Antrag auf Gewährung von SGB II-Leistungen (Bl. 711 VV). Sie gab ihre neue Anschrift an (am 28.11.2014 zog sie aus der H-Str. in eine Wohnung in der X-Str. um, Bl. 729 VV) und erklärte darüber hinaus, dass sie am 16.11.2014 eine geringfügige Beschäftigung als "Putzfrau" bei der "Firma C" aufgenommen habe. Sie sei ohne Leistungen nach dem SGB II nicht in der Lage, "ihren Lebensunterhalt zu finanzieren und die Wohnung auf der X-Straße zu bezahlen." Zudem sprach sie am 11.12.2014 bei der Antragsgegnerin vor und erklärte dort u. a., sie wohne nun in einer Mietwohnung in der X-Straße, habe davor bei ihrem Sohn gewohnt, wo sie keine Miete habe zahlen müssen, und übe jetzt einen Minijob "auf Abruf" für 160,00 EUR aus. Mit Bescheid vom 11.02.2015 (Bl. 748 VV) lehnte die Antragsgegnerin den Antrag vom 02.12.2014 mit der Begründung ab, dass Zweifel an der Hilfebedürftigkeit bestehen, da angeforderte Unterlagen nicht eingereicht worden seien. Der Widerspruch der Antragstellerin vom 17.02.2015 (Bl. 764 VV) wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20.04.2015 (Bl. 891 VV) zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, dass zwar mittlerweile die Hilfebedürftigkeit dargetan worden sei, die Antragstellerin aber unter den Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II falle, weil die in ihrem Beschäftigungsverhältnis für die "Firma C" in den Monaten seit Arbeitsaufnahme (November 2014) bis zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung erbrachte Tätigkeit vom Entgelt und vom zeitlichen Umfang her so unwesentlich und untergeordnet sei, dass sie ihr keinen Arbeitnehmerstatus nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU verschaffe. Am 11.05.2015 erhob die Antragstellerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 11.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.04.2015 Klage, die bei der erkennenden Kammer unter dem Az. S 32 AS 1838/15 anhängig ist.
Bereits während des Widerspruchsverfahrens, am 26.02.2015, suchte die Antragstellerin erneut um einstweiligen Rechtsschutz nach. Dieses Eilverfahren war bei der Kammer unter dem Az. S 32 AS 760/15 ER anhängig. In diesem Verfahren reichte sie einen unter Verwendung eines Vertragsmusters erstellten Arbeitsvertrag vom 16.11.2014 über geringfügige Beschäftigung ein, der mit einem Herrn H abgeschlossen wurde (Bl. 47 ff. GA zum Verfahren S 32 AS 760/15 ER; Bl. 774 ff. VV). Aus §§ 1 und 2 dieses Vertrags ergeben sich ein Beginn des Arbeitsverhältnisses als "Putzfrau" am 16.11.2014. § 3 "Arbeitszeit" enthält keine Angaben. § 4 "Vergütung" enthält eine Regelung über "eine monatliche Vergütung/einen Stundenlohn von 160 Euro"; der Betrag ist der einzige Eintrag. § 6 "Erholungsurlaub" enthält keine Eintragungen. Auf Nachfrage der Kammer stellte die Antragstellerin u. a. klar, dass Herr H der Inhaber des Unternehmens C sei. Sie legte Abrechnungen vor (dazu näher unten) und trug vor, dass sie "im Monat März jeweils samstags rund 1 – 2 Stunden – je nach Arbeitsanfall – Reinigungsarbeiten ( ) erledigt" habe, später, dass "nunmehr die regelmäßige Arbeitszeit ( ) freitags, samstags und sonntags jeweils 2 Stunden" betrage. Mit Beschluss vom 05.05.2015 wurde die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 26.02.2015 bis zum 31.05.2015 Leistungen nach dem SGB II im gesetzlichen Umfang – mit Ausnahme von Bedarfen für Unterkunft und Heizung – zu gewähren; im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.
Am 14.07.2015 suchte die Antragstellerin erneut um einstweiligen Rechtsschutz nach. Dieses Eilverfahren war bei der Kammer unter dem Az. S 32 AS 2816/15 ER anhängig. Die Antragstellerin trug dort u. a. vor, dass sie nicht unter den Leistungsausschluss falle, da sie ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU erworben habe und außerdem wegen ihres Beschäftigungsverhältnisses als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU anzusehen sei, und dass sie – wie bereits in früheren Wohnungen – bei ihrem Sohn, Herrn H, wohne (Bl. 65 GA zum Verfahren S 32 AS 2816/15 ER). Mit Beschluss vom 08.10.2015 wurde die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 14.07.2015 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 30.11.2015, Leistungen nach dem SGB II im gesetzlichen Umfang – mit Ausnahme der Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) – zu gewähren. Die Beschwerde der Antragsgegnerin, die bei dem LSG NRW unter dem Az. L 6 AS 1878/15 B ER anhängig war, wurde vor dem Hintergrund der Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 03.12.2015 und 16.12.2015 zurückgenommen.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft für das Unternehmen C bzw. dessen Inhaber, Herrn H, erhielt die Antragstellerin nach den in den Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingereichten Unterlagen für November 2014 im Dezember 2014 ein Entgelt von 120,00 EUR (Bl. 33 f. GA zum Verfahren S 32 AS 760/15 ER), für Dezember 2014 im Januar 2015 ein Entgelt von 60,00 EUR (Bl. 33 f. GA zum Verfahren S 32 AS 760/15 ER), für Januar mangels Abrufs der Arbeitsleistung kein Entgelt (Bl. 44 und Bl. 76 GA zum Verfahren S 32 AS 760/15 ER), für Februar im März 2015 ein Entgelt von 68,00 EUR (Bl. 79 f. GA zum Verfahren S 32 AS 760/15 ER), für März 2015 – sie arbeitete im Umfang von ca. 1-2 Stunden / Woche, jeweils samstags (Bl. 78 GA zum Verfahren S 32 AS 760/15 ER – im April ein Entgelt von 70,55 EUR (Bl. 997 VV), für April 2015 im Mai ein Entgelt von 93,50 EUR (Bl. 998 VV und Bl. 21 GA zum Verfahren S 32 AS 2816/15 ER) und für Mai und Juni 2015 jeweils wohl im Folgemonat ein Entgelt von jeweils 51,00 EUR (Bl. 17, 22 und 23 GA zum Verfahren S 32 AS 2816/15 ER). Im Juli 2015 arbeitete die Antragstellerin – nach eigenen Angaben wegen des Umstands, dass ihr Arbeitgeber Moslem sei und im Ramadan keine Hochzeitsveranstaltungen stattfinden – nicht und erhielt auch kein Entgelt (Bl. 45 GA zum Verfahren S 32 AS 2816/15 ER) und auch für den Monat August 2015 erhielt sie ausweislich einer Arbeitgeberauskunft kein Entgelt (Bl. 1030 VV und Bl. 85 f. GA zum Verfahren S 32 AS 2816/15 ER). Für September 2015 erhielt sie im Oktober ein Entgelt von 68,00 EUR (Bl. 1065 VV). Für Dezember 2015 erhielt sie im Januar 2016 ein Entgelt von 51,00 EUR. Insofern reichte sie im vorliegenden Verfahren eine Auszahlungsquittung vom 01.01.2016 von C / Herrn H mit dem Text "Lohn Dezember 2015" (Bl. 58 GA) ein und die dazugehörige Entgeltabrechnung vom 05.01.2016 (Bl. 64 GA) über den gleichen Betrag, in der als Eintrittsdatum der "16.11.14" angegeben ist. Für die Monate Oktober und November liegen keine Entgeltabrechnungen und Quittungen vor. Aus einer ebenfalls im vorliegenden Verfahren eingereichten Bescheinigung über die Jahresmeldung nach § 25 DEÜV ergibt sich für den Beschäftigungszeitraum vom 01.09.2015 bis zum 31.12.2015 allerdings ein Bruttoarbeitsentgelt i. H. v. 281,00 EUR (Bl. 136 GA). Für Januar 2016 erhielt die Antragstellerin, ausweislich der Quittung am 31.01.2016, 119,00 EUR (so die Entgeltabrechnung, Bl. 143 GA) oder 120,00 EUR (so die Quittung, Bl. 144 GA). Für Februar 2016 erhielt sie 110,50 EUR, ausweislich der Quittung am 27.02.2016 (Bl. 186 f. GA).
Am 04.11.2015 stellte die Antragstellerin einen "Weiterbewilligungsantrag". Schon zuvor, am 28.10.2015, sprach die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin vor und reichte einen mit dem Zeugen L, Inhaber des Unternehmens "I" (E), am 12.10.2015 abgeschlossenen Arbeitsvertrag über eine geringfügige Beschäftigung als "Putzfrau" ein (Bl. 1075 f. VV / Bl. 1082 f. VV). In dem Vertrag heißt es in § 1 unter "2. Beginn des Beschäftigungsverhältnisses" und in § 2 unter "1. Stundenlohn oder Monatslohn" u. a., das Arbeitsverhältnis beginne am 15.10.2015 und sei "auf bestimmte Zeit (zu erst bis 30.11.2015)" abgeschlossen, die monatliche Arbeitszeit betrage ca. 40 Stunden bei einem Stundenlohn von 8,50 EUR, fällig jeweils zum 3. Tag des Folgemonats bar oder auf ein dem Arbeitgeber benanntes Konto. In § 2 unter "Arbeitszeit / Überstunden" heißt es u. a., die Arbeitszeit richte sich nach der betriebsüblichen Zeit und betrage derzeit monatlich ca. 32 Stunden ohne die Berücksichtigung von Pausen. In § 3 ist ein Urlaubsanspruch von 24 Werktagen / Jahr vorgesehen. Ebenfalls wurde eine Meldebescheinigung nach § 25 DEÜV über den Beginn der Beschäftigung eingereicht. Am 06.11.2015 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie eine neue Wohnung (H2-Straße, I) beziehen wolle, sie könne nicht länger bei der Familie ihres Sohnes wohnen (Bl. 1127 ff. VV). Die Antragsgegnerin holte im November 2015 eine Gewerberegisterauskunft zu dem Unternehmen des Zeugen L ein (Bl. 1136 ff. VV). Bei einer Vorsprache am 11.11.2015 machte die Antragstellerin nähere Angaben zu dem Arbeitsverhältnis zum Zeugen L (Bl. 1139 VV). Am 27.11.2015 zeigte sie den erfolgten Umzug in die H2-Straße an (Bl. 1164 VV). Am 30.11.2015 reichte die Antragstellerin eine Verdienstabrechnung vom 31.10.2015 und eine das gleiche (vorgedruckte) Datum tragende Quittung (Bl. 1165 f. VV) für Oktober 2015 zu der Tätigkeit für den "I" ein; aus der Abrechnung ergibt sich ein Brutto- wie Netto-Entgelt von 204,00 EUR und zugleich ist bei "Bruttoeinkommen" vermerkt: "16 std x 8,50 euro = 136,00"; die Quittung lautet auf "204,00 EUR" und enthält die Ortsangabe "E". Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See (I) teilte der Antragsgegnerin unter dem 26.11.2015 (Bl. 1168 VV) mit, dass die Antragstellerin seit dem 15.10.2015 als geringfügige Beschäftigte des Zeugen L gemeldet sei. Am 14.12.2015 reichte die Antragstellerin eine Verdienstabrechnung vom 30.11.2015 und eine Quittung mit dem gleichen (vorgedruckten) Datum und der Ortsangabe "E" (Bl. 1187 f. VV) für November 2015 zu dieser Tätigkeit ein; aus der Abrechnung ergibt sich ein Brutto- wie Netto-Entgelt von 255,00 EUR und zugleich ist bei "Bruttoeinkommen" vermerkt: "30 std x 8,50 euro = 255,00"; die Quittung lautet auf "255,00 EUR". Zudem reichte sie einen Vertrag vom 30.11.2015 über die Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses zu Herrn L "auf bestimmte Zeit (demnächst bis 31.12.2015)" ein (Bl. 1189 f. VV). Am 06.01.2016 reichte die Antragstellerin eine Verdienstabrechnung vom 31.12.2015 und eine Quittung mit dem gleichen (vorgedruckten) Datum und der Ortsangabe "E" (Bl. 1204 f. VV) für Dezember 2015 ein; aus der Abrechnung ergibt sich ein Brutto- wie Netto-Entgelt von 136,00 EUR und zugleich ist bei "Bruttoeinkommen" vermerkt: "16 std x 8,50 euro = 136,00"; die Quittung lautet in Ziffern auf "136,00 EUR", in Worten auf "Einhundertsiebzig". Ebenfalls reichte die Antragstellerin eine Beschäftigungsbescheinigung für den Zeitraum vom 15.10.2015 bis zum 31.12.2015 ein (Bl. 1206 VV) und ein Kündigungsschreiben vom 15.12.2015 mit Wirkung zum 31.12.2015 (Bl. 1211 VV). Am 01.01.2016 ging die Antragstellerin ein weiteres Arbeitsverhältnis ein. Arbeitgeberin ist die X2 GmbH in I. Aus dem im vorliegenden Eilverfahren eingereichten Arbeitsvertrag und der "Anlage zum Arbeitsvertrag – Bezirkszuordnung" (Bl. 30-34 GA) sowie der Bescheinigung über die Meldung des Beschäftigungsbeginns nach § 25 DEÜV (Bl. 132 GA) ergibt sich, dass die Antragstellerin zum 01.01.2016 im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung eingestellt wird und ab dem 27.01.2016 als Zeitungszustellerin in einem Bezirk der Stadt I auf einer einmal wöchentlich mittwochs stattfindenden Zustelltour eingesetzt werden soll. Die Vergütung beträgt nach § 3 des Arbeitsvertrages und Ziff. II der Anlage "Bezirkszuordnung" 0,065 EUR / Zeitung (Stücklohn) zuzüglich 0,01 EUR / Stück für zusätzliche, von Hand in die Zeitung einzulegende Prospekte; für den Fall, dass sich daraus eine Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns ergeben sollte, wird dieser auf Basis der ermittelten und mitgeteilten Regelarbeitszeit für die übernommene Zustelltour gezahlt; die Vergütung wird bis zum 15. des Folgemonats gezahlt. Ausweislich der eingereichten Gehaltsabrechnung für Januar 2016 verdiente die Antragstellerin für diese Tätigkeit im Januar 13,65 EUR (Bl. 131 GA). Weitere Abrechnungen sind bis zur Beschlussfassung nicht eingereicht worden. Soweit ersichtlich ist der Antrag vom 04.11.2015 von der Antragsgegnerin bislang noch nicht beschieden worden.
Unter dem 06.01.2016 stellte die Antragstellerin bei der Beigeladenen "rein vorsorglich" einen Antrag auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) – Sozialhilfe – (Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 19.01.2016 in dem Verfahren S 32 AS 4811/15, vgl. auch Bl. 1223 ff. VV). Soweit ersichtlich ist auch dieser Antrag noch nicht beschieden worden.
Am 28.01.2016 hat die Antragstellerin erneut um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
Sie hat u. a. vorgetragen, dass die Antragsgegnerin offenbar ihren neuen Leistungsantrag nicht bescheiden wolle, und dass sie vom 15.10.2015 bis zum 31.12.2015 bei dem Unternehmen des Zeugen L geringfügig beschäftigt gewesen sei, nun aber wieder dringend auf Leistungen angewiesen sei. Später hat sie zu dem am 01.01.2016 eingegangenen neuen Arbeitsverhältnis mit der X2 GmbH in I vorgetragen und entsprechende Unterlagen eingereicht (s. o.). Mit einem weiteren Schriftsatz hat sie u. a. dazu vorgetragen, dass sie noch einen Zweitjob angetreten habe; sie arbeite "erneut" für die "Firma S" (gemeint: C); beigefügt hat sie die Unterlagen über das für die dortige Tätigkeit im Dezember erzielt Entgelt (s. o.). Später hat sie weitere Unterlagen zu dieser Tätigkeit eingereicht (s. o.). Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 24.02.2016 hat sie klargestellt, dass sie nicht erneut sondern immer noch auf Grundlage des im November 2014 abgeschlossenen Vertrags für C / Herrn H tätig sei; ihre Arbeitsleistung sei aber in 2 oder 3 Monaten nicht abgerufen worden. Außerdem hat sie dort näher zu dieser Tätigkeit, der früheren Tätigkeit für I / Herrn L und zu der im Januar 2016 begonnenen Tätigkeit für die X2 GmbH vorgetragen. Auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls wird insofern Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im gesetzlichen Umfang zu gewähren,
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, dass die Antragstellerin – weiterhin – unter den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II fällt.
Mit Beschluss vom 18.02.2016 (Bl. 103 ff. GA) hat die Kammer den örtlichen Träger der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) – Sozialhilfe – gemäß § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG beigeladen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Am 24.02.2016 hat die Kammer einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme durchgeführt und darin die Antragstellerin angehört sowie den Zeugen L vernommen. Auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 137 ff. GA) wird insoweit Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 03.03.2016 hat die Kammer der Antragstellerin unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten Prozesskostenhilfe bewilligt (Bl. 162 ff. GA).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten S 32 AS 2816/15 ER / L 6 AS 1878/15 B ER, S 32 AS 760/15 ER, S 32 AS 1838/15, S 32 AS 3303/14 ER / L 7 AS 2376/14 B ER, S 32 AS 5963/13, S 32 AS 5066/13 ER / L 12 AS 232/14 B ER, S 32 AS 3198/13, S 32 AS 2139/13 ER / L 2 AS 1863/13 B ER sowie den Inhalt der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung.
II.
Der statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (sog. Anordnungsanspruch) und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund).
Eilbedürftigkeit besteht, wenn dem Betroffenen ohne die Eilentscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – NVwZ 2005, 927 = juris (Rn. 23); BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 – BVerfGE 93, 1 = juris (Rn. 28)). Der gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) von den Gerichten zu gewährende effektive Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit. Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 a. a. O.).
Der geltend gemachte (Anordnungs-)Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B – juris (Rn. 5) m. w. N.), wenn also mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.03.2013 – L 5 AS 107/13 B ER – juris (Rn. 32) m. w. N.).
Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 a. a. O. (Rn. 25)). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 a. a. O. (Rn. 26); Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 29, 29a).
Nach diesem Maßstab war der Antrag abzulehnen. Es fehlt bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
Zwar ist glaubhaft gemacht worden, dass die in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II gesetzlich geregelten Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. Die Antragstellerin gehört zu dem Personenkreis, für den die im SGB II aufgeführten Leistungen vorgesehen sind, denn sie hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Auch die Erwerbsfähigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 8 SGB II) liegt vor. Die gesundheitliche Erwerbsfähigkeit gem. § 8 Abs. 1 SGB II ist nach dem Aktenstand nicht fraglich und auch die rechtliche Erwerbsfähigkeit gem. § 8 Abs. 2 SGB II ist bei Staatsangehörigen von EU-Mitgliedstaaten – hier: Bulgarien – unproblematisch gegeben. Für die Annahme, dass eine Beschäftigung i. S. d. § 8 Abs. 2 SGB II "erlaubt ist oder erlaubt werden könnte", reicht es aus, wenn die Aufnahme einer Tätigkeit im Sinne einer rechtlich-theoretischen Möglichkeit mit einer Zustimmung der Bundesagentur zur Beschäftigungsaufnahme erlaubt sein könnte, auch wenn dies im Einzelfall bezogen auf einen konkreten Arbeitsplatz durch die Verfügbarkeit geeigneter bevorrechtigter Bewerber (§ 39 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)) verhindert wird. Dass auf eine abstrakt-rechtliche Möglichkeit der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung abzustellen ist, ergibt sich ausdrücklich aus § 8 Abs. 2 Satz 2 SGB II, wonach die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 AufenthG aufzunehmen, ausreichend ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 15 f.); LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 35); Hessisches LSG, Urteil vom 27.11.2013 – L 6 AS 726/12 – juris (Rn. 35)). Unionsbürger benötigen aber ohnehin keine Arbeitsgenehmigung mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach § 284 SGB III i. V. m. § 39 AufenthG. Es ist aus Sicht der Kammer im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens trotz gewisser Bedenken, die sich u. a. aus weitgehend fehlenden "Kontobewegungen" auf den eingereichten Kontoauszügen ergeben, die sich allerdings teilweise durch die Barzahlung des Arbeitsentgelts aus der früheren Tätigkeit für den Zeugen L und der aktuellen Tätigkeit für Herrn H erklären lassen, durch die Ausführungen der Antragstellerin im Erörterungstermin und durch die eingereichte eidesstattliche Versicherung hinreichend glaubhaft gemacht worden, dass sie nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen dem Grunde nach hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. §§ 9 ff. SGB II ist. Es ist nicht ersichtlich, dass ihr in dem Zeitraum ab Rechtshängigkeit bedarfsdeckendes Einkommen zur Verfügung gestanden hätte. Die eingeräumten Unterstützungsleistungen durch Familienmitglieder erschöpfen sich in einer gelegentlichen Versorgung mit Mahlzeiten. Auch unmittelbar realisierbare Ansprüche auf vorrangige Sozialleistungen oder Unterhaltsleistungen sind nicht erkennbar. Daran, dass sie über kein Vermögen und nur über geringfügige Einkünfte aus ihren Erwerbstätigkeiten verfügt, hat das Gericht nach alledem keine durchgreifenden Zweifel. Spätestens mit der Wiedereinreise in die Bundesrepublik Deutschland 06.07.2011 und ihrem anschließenden Aufenthalt in Deutschland hat die Antragstellerin hier auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II i. V. m. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I), denn der örtliche Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse ist faktisch dauerhaft – nämlich nicht auf Beendigung angelegt, sondern zukunftsoffen – im Inland (vgl. insoweit z. B. BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 18 ff.); LSG NRW, Urteil vom 10.10.2013 – L 19 AS 129/13 – juris (Rn. 35)). Auf rechtliche Erfordernisse zum Aufenthaltsstatus im Sinne einer "Einfärbungslehre" kommt es für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts jedenfalls für den Bereich des SGB II nicht an (vgl. BSG a. a. O. (Rn. 19); vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.03.2014 – L 31 AS 1348/13 – juris (Rn. 23 ff.)). Dass die Antragstellerin ihren Lebensmittelpunkt bzw. den örtlichen Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse in Deutschland hat, ergibt sich hier in zeitlicher Hinsicht aus der bisherigen Aufenthaltsdauer in Deutschland und daraus, dass ihre beiden Söhne als nächste Familienmitglieder in Deutschland (I) leben und auch – soweit ersichtlich – ein Verfahren gem. § 2 Abs. 7 Satz 1 oder Satz 2 FreizügG/EU (Feststellung des Nichtbestehens des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU) oder gem. §§ 5 Abs. 4 oder 6 FreizügG/EU (Feststellung des Verlusts des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU) noch nicht durchgeführt und daher keine Ausreisepflicht nach § 7 FreizügG/EU entstanden und der Aufenthalt folglich zukunftsoffen ist (vgl. BSG a. a. O. (Rn. 20) m. w. N.; LSG NRW, Urteil vom 28.11.2013 – L 6 AS 130/13 – juris (Rn. 27)). Soweit die Auffassung vertreten wird, dass die in § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II normierten Leistungsvoraussetzungen um die ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung des Bestehens eines (materiellen) Aufenthaltsrechts zu erweitern sei (so Hessisches LSG, Beschluss vom 11.12.2014 – L 7 AS 528/14 B ER – juris), folgt die Kammer dem – weiterhin – nicht. Es fehlt insoweit bereits an einer planwidrigen Regelungslücke (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 20.03.2015 – L 19 AS 116/15 B ER – juris (Rn. 22); LSG NRW, Urteil vom 01.06.2015 – L 19 AS 1923/14 – juris (Rn. 36) m. w. N. (insofern durch das BSG im Urteil vom 20.01.2016 – B 14 AS 35/15 R – nicht beanstandet); LSG NRW, Beschluss vom 09.09.2015 – L 19 AS 1260/15 B ER – juris (Rn. 19)).
Die zwischen den Beteiligten – allein – umstrittene Frage, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II zu Lasten der Antragstellerin eingreift, ist jedoch nach der Überzeugung der Kammer im streitigen Zeitraum zu bejahen.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II werden Ausländerinnen und Ausländer einschließlich ihrer Familienangehörigen aus dem Kreis der Leistungsberechtigten ausgenommen, wenn sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Dabei ist das Aufenthaltsrecht aus dem Grund der Arbeitssuche heute in § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU in der seit dem 09.12.2014 geltenden Fassung des "Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften" vom 02.12.2014 (BGBl I, 1922 – n. F.) geregelt (zuvor in § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU a. F.). "Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind" danach "Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden" (Wortlaut der a. F.: "Unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind Unionsbürger, die sich ( ) zur Arbeitssuche ( ) aufhalten wollen").
Die Anwendbarkeit der Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II erfordert eine ("fiktive") Prüfung des Grundes bzw. der Gründe für eine im streitigen Leistungszeitraum (weiterhin) bestehende Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU, welches die Aufenthaltsrechte von Unionsbürgern nach dem AEUV i. V. m. der Unionsbürgerrichtlinie vom 29.04.2004 (RL 2004/38/EG) in nationales Recht umsetzt, bzw. eines Aufenthaltsrechts nach den gem. § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU ("Das Aufenthaltsgesetz findet auch dann Anwendung, wenn es eine günstigere Rechtsstellung vermittelt als dieses Gesetz.") – im Wege eines Günstigkeitsvergleichs – anwendbaren Regelungen des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Bereits das Vorliegen der Voraussetzungen für ein anderes materiell bestehendes Aufenthaltsrecht als ein solches aus dem Zweck der Arbeitsuche hindert sozialrechtlich die positive Feststellung eines Aufenthaltsrechts "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bzw. lässt den Leistungsausschluss "von vornherein" entfallen (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R – juris (Rn. 27) m. w. N.; vgl. ferner BSG, Vorlage-Beschluss an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vom 12.12.2013 – B 4 AS 9/13 R – juris (Rn. 15); BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 22 ff.) ; LSG NRW, Beschluss vom 09.09.2015 – L 19 AS 1260/15 B ER – juris (Rn. 21); LSG NRW, Beschluss vom 06.07.2015 – L 19 AS 931/15 B ER – juris (Rn. 21); LSG NRW, Urteil vom 01.06.2015 – L 19 AS 1923/14 – juris (Rn. 39) m. w. N.).
Soweit Aufenthaltsrechte nach § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU i. V. m. den Vorschriften des AufenthG zu prüfen sind, ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30.01.2013, a. a. O.; siehe auch VG Gießen, Urteil vom 16.04.2013 – 7 K 4111/11.GI – juris mit Wiedergabe des Meinungsstandes zur Bedeutung von § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU im Verhältnis zu den Aufenthaltsrechten nach dem FreizügG/EU) unerheblich, ob dem Unionsbürger ein Aufenthaltstitel nach dem AufenthG erteilt worden ist. Entscheidend ist, ob ein solcher Titel zu erteilen wäre (vgl. LSG NRW, Urteil vom 01.06.2015 – L 19 AS 1923/14 – juris (Rn. 39)).
Ein anderes – eigenständiges oder abgeleitetes – Aufenthaltsrecht i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II kann sich dabei auch aus einem Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R – juris (Rn. 27, 29-35); LSG NRW, Beschluss vom 16.03.2015 – L 19 AS 275/15 B ER – juris m. w. N.).
Über den wörtlich geregelten Fall hinaus umfasst der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II "erst recht" diejenigen Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der EU, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen (EU-Ausländer) und überhaupt nicht über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung nach dem FreizügG/EU oder ein Aufenthaltsrecht nach dem AufenthG verfügen, also nicht einmal über eine materielle Freizügigkeitsberechtigung aus dem Zweck der Arbeitssuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU n. F. (vgl. BSG, Urteil vom 20.01.2016 – B 14 AS 35/15 R – juris (Rn. 24) m. w. N.; BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – juris (Rn. 19 ff.) m. w. N.).
Die Kammer gibt hiermit ihre bisherige abweichende Auffassung, nach der ein solcher "Erst-Recht-Schluss" nicht zulässig sei (vgl. hierzu die bisherigen die Antragstellerin betreffenden Beschlüsse der Kammer und das Urteil der Kammer vom 14.04.2014 – S 32 AS 4882/12 – juris; bestätigt durch LSG NRW, Urteil vom 27.08.2015 – L 7 AS 1161/14 – juris; Revision anhängig: BSG, Az: B 4 AS 49/15 R), ausdrücklich auf, da sie die Ausführungen des BSG zu dieser Frage im Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – juris (Rn. 19 ff.) für überzeugend hält.
Wenn die Feststellung eines Aufenthaltsrechts allein (oder nicht einmal) aus dem Zweck der Arbeitssuche i. S. d. § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU n. F. nicht möglich ist, weil sich ein anderes materielles Aufenthaltsrecht nach dem FreizügG/EU feststellen lässt, findet der Leistungsausschluss demnach keine Anwendung. Andernfalls ist der Leistungsausschluss tatbestandlich einschlägig. Nach diesem Maßstab sind nach Meinung der Kammer die Voraussetzungen eines anderen explizit im FreizügG/EU geregelten Aufenthaltsrechtes als dem der Arbeitssuche gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU nicht erfüllt. Es liegt entweder ein Aufenthaltsrecht der Antragstellerin "allein aus dem Zweck der Arbeitsuche" i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II oder ein Aufenthalt ohne materielle Freizügigkeitsberechtigung vor. Letzteres hatte die Kammer in den bisherigen Verfahren der Antragstellerin angenommen. Wegen der o. g. Rechtsprechungsänderung muss sich die Kammer in dieser Frage aber nicht festlegen: Die Antragstellerin fällt entweder vom Wortlaut her oder "erst recht" in den Anwendungsbereich des Leistungsausschlusses. Im Einzelnen:
Die Kammer ist nach dem Aktenstand und der Anhörung der Antragstellerin nicht davon überzeugt, dass diese im streitigen Zeitraum ab Rechtshängigkeit des Eilantrages einen Arbeitnehmerstatus nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU oder "fortwirkend" nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU besessen hat oder noch besitzt.
Das gilt zunächst im Hinblick auf ihre aktuelle Tätigkeit für C / Herrn H.
Das BSG hat zum Begriff des Arbeitnehmers in seinem Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – ausgeführt (juris: Rn. 26): "Der Begriff des Arbeitnehmers in § 7 Abs 1 S 2 SGB II ist, wie die Wortverbindung in dessen Nr 1 zum FreizügG/EU bereits zeigt, ebenfalls europarechtlich geprägt; durch dieses Gesetz wird die, die Freizügigkeitsrechte der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen innerhalb der Union regelnde RL 2004/38/EG – auf Grundlage der Europäischen Verträge – in das nationale Recht umgesetzt (Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl 2013, Vorbemerkung 0.1.2 zum Freizügigkeitsgesetz/EU). Eine kodifizierte Definition des Arbeitnehmerbegriffs findet sich im Europarecht zwar nicht. Es ist daher auf die Ausprägung dessen zurückzugreifen, die er auf Grundlage der Rechtsprechung des EuGH erfahren hat. Die Arbeitnehmereigenschaft wird danach bei der Ausübung einer tatsächlichen und echten Tätigkeit als gegeben angesehen, was gestützt auf objektive Kriterien und in einer Gesamtbetrachtung aller Umstände, die die Art der in Rede stehenden Tätigkeiten und des fraglichen Arbeitsverhältnisses betreffen, festzustellen ist (EuGH Rs Ninni-Orasche vom 6.11.2003 – C-413/01 RdNr 24; EuGH vom 21.2.2013 – C-46/12 RdNr 39 ff; Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl 2013, § 2 FreizügG/EU RdNr 37; Tewocht in Beck scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Kluth/Heusch, 9. Edition, Stand XI/2015, § 2 FreizügG/EU RdNr 18 ff). Um Arbeitnehmer zu sein, muss die betreffende Person während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Dabei sind nicht nur Gesichtspunkte wie die Arbeitszeit und die Höhe der Vergütung zu berücksichtigen, sondern auch solche wie der Anspruch auf bezahlten Urlaub, die Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Anwendung des Tarifvertrags in der jeweils gültigen Fassung auf den Arbeitsvertrag sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses (EuGH Rs Genc vom 4.2.2010 – C-14/09 RdNr 27). Dies bedeutet, dass eine Integration in den Betrieb des Arbeitgebers gegeben sein muss, bei der die betreffende Person unter der Weisung oder Aufsicht eines Dritten steht, der die zu erbringenden Leistungen und/oder die Arbeitszeiten vorschreibt und dessen Anordnungen durch den Arbeitnehmer zu befolgen sind (vgl Hoffmann in Hofmann/Hoffmann, HK-AuslR, 1. Aufl 2008, § 2 FreizügG/EU RdNr 8)."
Abzustellen ist danach auf den autonomen unionsrechtlichen Begriff des Arbeitnehmers im Sinne von Art. 45 AEUV. Dieser darf nicht eng ausgelegt werden und ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Das wesentliche, anhand objektiver Kriterien zu bestimmende Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Für die Qualifizierung als "Arbeitnehmer" ist erforderlich, dass eine Person eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, die keinen so geringen Umfang hat, dass sie sich als vollständig untergeordnet und unwesentlich darstellt. Es bleiben daher Tätigkeiten außer Betracht, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als "völlig untergeordnet und unwesentlich" darstellen. Ob der Betreffende Arbeitnehmer ist, bedarf einer Gesamtbeurteilung, die anhand aller ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Aspekte zu treffen ist (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 01.04.2015 – L 19 AS 170/15 B ER – juris (Rn. 25) m. w. N.; vgl. zu alledem ferner z. B. Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 11.11.2015 – L 6 AS 197/15 B ER – juris (Rn. 20) m. w. N.; SG Aachen, Beschluss vom 20.03.2015 – S 11 AS 169/15 ER – juris (Rn. 24 ff.) m. w. N.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11.11.2014 – L 8 SO 306/14 B ER – juris (Rn. 18 ff.) m. w. N.; vgl. aus der Rechtsprechung des EuGH z. B. Urteil vom 21.02.2013 – C-46/12 – juris (Rn. 39) m. w. N.; Urteil vom 04.02.2010 – C 14/09 "Genc" – NVwZ 2010, 367 = juris m. w. N.; Urteil vom 04.06.2009 – C-22/08, C-23/08 "Vatsouras, Koupatantze" – juris; Urteil vom 06.11.2003 – C-413/01 "Ninni-Orasche" – juris; Urteil vom 18.07.2007 – C-213/05 "Geven" – juris; Urteil vom 14.12.1995 – C 444/93 "Megner und Scheffel" – juris; Urteil vom 26.02.1992 – C 357/89 "Raulin" – juris; Urteil vom 23.03.1982 – 53/81 "Levin" – juris).
Dabei lässt sich auch bei geringfügigen und kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen ein Arbeitnehmerstatus nur in Ausnahmefällen verneinen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 01.04.2015 – L 19 AS 170/15 B ER – a. a. O.; SG Aachen, Beschluss vom 20.03.2015 – S 11 AS 169/15 ER – a. a. O.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.09.2013 – L 13 AS 260/13 B ER – juris (Rn. 14 ff.) m. w. N.; Sächsisches LSG, Beschluss vom 30.04.2014 – L 7 AS 502/14 B ER – juris (Rn. 30); BVerwG, Urteil vom 19.04.2012 – 1 C 10/11 – BVerwGE 143, 38 = juris (Arbeitnehmereigenschaft bejaht bei einer geringfügigen Beschäftigung als Raumpflegerin mit zunächst 5,5 und später 10 Wochenstunden); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2012 – 11 S 24/12 – juris (bejaht bei einer geringfügigen Beschäftigung mit 5 bzw. 6 Wochenstunden und einem Monatslohn von nur 180 bzw. 240 EUR); BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 23/10 R – juris (Rn. 3, 18: bejaht bei einer geringfügigen Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 7,5 Stunden und einem monatlichen Entgelt von 100 EUR)).
Die Kammer geht hier in einer Gesamtschau und unter Berücksichtigung aller Aspekte davon aus, dass eine Tätigkeit vorliegt, die lediglich "völlig untergeordnet und unwesentlich" i. S. d. EuGH-Rechtsprechung ist, die keine Begründung einer Arbeitnehmereigenschaft nach sich zieht.
Zwar erbringt die Antragstellerin offenbar nach Weisung des Herrn H für diesen Leistungen (vorliegend Reinigungsdienstleistungen), für die sie eine Vergütung erhält und erfüllt damit grundsätzlich die Wesensmerkmale eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des Unionsrechts. Es spricht angesichts der eingereichten Entgeltabrechnungen und Auszahlungsquittungen auch nichts dafür, dass der Arbeitsvertrag nur zum Schein abgeschlossen wurde. Zudem lässt sich feststellen, dass das Arbeitsverhältnis immerhin seit November 2014 und damit seit fast 1,5 Jahren besteht. Das spricht für ein "tatsächliches und echtes" Arbeitsverhältnis. Jedoch sprechen zahlreiche Umstände dafür, dass es sich um eine "völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit" handelt. Zunächst ist hier anzuführen, dass der formularmäßige Arbeitsvertrag kaum Eintragungen enthält, insbesondere keine zur regelmäßigen Arbeitszeit und zur Zahl der Urlaubstage, auch wenn letzteres unschädlich sein dürfte, weil im Zweifel Urlaub nach Maßgabe von § 3 Abs. 1 BUrlG (24 Werktage) geschuldet ist. Ferner ist die tatsächliche Vertragsdurchführung weit entfernt von der schriftlichen Regelung zur Vergütung. Die Arbeitsleistung der Antragstellerin wird immer nur nach unregelmäßig stattfindenden Hochzeitsfeier-Veranstaltungen des Arbeitgebers abgerufen und aus diesem Grund fällt die Höhe des tatsächlich gezahlten monatlichen Entgelts sehr unterschiedlich aus; sie weicht zudem in ausnahmslos allen Monaten mehr oder weniger deutlich von den vertraglich vereinbarten 160,00 EUR / Monat ab. In manchen Monaten wurde bzw. wird sogar gar nicht gearbeitet und keine Vergütung gezahlt (im Januar 2015 und wegen des Ramadan auch im Juli und August 2015; ähnliches dürfte in 2016 zu erwarten sein), ohne dass erkennbar wäre, dass die Antragstellerin ihren Anspruch auf Arbeitsentgelt einfordern würde. Im Einzelnen sind folgende monatliche Entgelthöhen festzustellen: Nov. 2014: 120,00 EUR; Dez. 2014: 60,00 EUR; Januar 2015: 0,00 EUR; Februar 2015: 68,00 EUR; März 2015: 70,55 EUR; April 2015: 93,50 EUR; Mai 2015: 51,00 EUR; Juni 2015: 51,00 EUR; Juli 2015: 0,00 EUR; August 2015: 0,00 EUR; Sept. 2015: 68,00 EUR; Okt. 2015: nicht genau bekannt, ca. 81,00 EUR; Nov. 2015: nicht genau bekannt, ca. 81,00 EUR; Dez. 2015: 51,00 EUR; Januar 2016: max. 120,00 EUR; Februar 2016: 110,50 EUR. Die geschätzten Beträge für Oktober und November von 81,00 EUR ergeben sich dabei aus der eingereichten Bescheinigung über die Jahresmeldung nach § 25 DEÜV, die für den Beschäftigungszeitraum vom 01.09.2015 bis zum 31.12.2015 ein Bruttoarbeitsentgelt von 281,00 EUR ausweist (281,00 EUR – 68,00 EUR (September) – 51,00 EUR (Dezember) = 162,00 EUR: 2 = 81,00 EUR). Diese Unregelmäßigkeit in der Vertragsausführung und Entgeltzahlung zeigt sich auch an der Jahresmeldung nach § 25 DEÜV, denn diese führt nur den Zeitraum ab September 2015 auf, was den Schluss zulässt, dass zuvor eine Abmeldung und eine Neuanmeldung erfolgt waren. Der alte schriftliche Arbeitsvertrag wurde aber nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht beendet und ein neuer Vertrag nicht abgeschlossen. Hinzu kommt, dass auch das durchschnittliche Entgelt sehr gering ist. Der Bruttogesamtbetrag vom 01.11.2014 bis zum 29.02.2016 beläuft sich auf 1.025,55 EUR. Es ergibt sich ein monatlicher Durchschnitt von ca. 64,10 EUR, deutlich weniger als die vertraglich vereinbarten 160,00 EUR. Ein Monatsentgelt von 64,10 EUR rechtfertigt es selbst bei großzügiger Bewertung nicht, einen Arbeitnehmerstatus anzunehmen, zumal ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit in dieser Höhe nach den Regelungen des SGB II wegen der bestehenden Freibeträge vollständig anrechnungsfrei bliebe und daher keine Auswirkung auf die Hilfebedürftigkeit hätte (vgl. zu dieser Überlegung auch LSG NRW, Beschluss vom 15.12.2015 – L 6 AS 2016/15 B ER – juris (Rn. 19)). Hinzu kommt außerdem, dass die regelmäßige Arbeitszeit nur bei ca. 1-3 Wochenstunden liegen dürfte; dafür, dass "die regelmäßige Arbeitszeit ( ) freitags, samstags und sonntags jeweils 2 Stunden" betragen könnte, wie es die Antragstellerin in einem früheren Eilverfahren einmal vorgetragen hatte, spricht nichts. Bei einer Gesamtbetrachtung liegt damit nach der Überzeugung der Kammer nur eine "völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit" vor.
Für das aktuelle Beschäftigungsverhältnis bei der X2 GmbH gilt dies erst recht. Auf der Grundlage der einzigen vorliegenden Abrechnung für Januar und der Angaben im Erörterungstermin, wonach die Antragstellerin wöchentlich eine Zustelltour durchführt und hierfür jeweils ca. 2,5 Stunden benötigt und ca. 13,65 EUR verdient, ist von einer Wochenarbeitszeit von ca. 2,5 Stunden und einem monatlichen Verdienst von im Durchschnitt ca. 60 – 70 EUR auszugehen. Es handelt sich damit aus Sicht der Kammer unabhängig davon, dass das Arbeitsverhältnis erst seit sehr kurzer Zeit besteht, allein wegen des Verdienstes und des zeitlichen Arbeitsaufwands trotz der im Übrigen für ein echtes Arbeitsverhältnis sprechenden arbeitsvertraglichen Regelungen um eine "völlig untergeordnete und unwesentliche" Tätigkeit.
Auch aus dem ehemaligen Beschäftigungsverhältnis bei dem Zeugen L (I Hausmeisterservice), das im Zeitraum vom 15.10.2015 bis zum 31.12.2015, mithin für die Dauer von 2,5 Monaten, bestand, folgt kein – fortwirkender – Arbeitnehmerstatus nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 FreizügG/EU.
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 FreizügG/EU bleibt "das Recht nach Absatz 1" (das Recht auf Einreise und Aufenthalt, also die Freizügigkeitsberechtigung) "für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei 1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, 2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit, 3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat". Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU bleibt "bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung ( ) das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt".
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die Kammer weist insofern zunächst darauf hin, dass der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages als solcher nicht ohne weiteres gegen eine "unfreiwillige" Arbeitslosigkeit sprechen dürfte, die einem Fortwirken des Arbeitnehmerstatus nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 FreizügG/EU entgegensteht. Eine unfreiwillige Arbeitslosigkeit ist zu bejahen, wenn sie vom Willen des Antragstellers unabhängig oder durch einen legitimen Grund gerechtfertigt ist (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 17.03.2016 – L 19 AS 390/16 B ER – juris (Rn. 23); Dienelt in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, FreizügG/EU § 2 Rn. 105; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11.11.2014 – L 8 SO 306/14 B ER – juris (Rn. 22); OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.06.2014 – 4 LB 22/13 – juris (Rn. 43) m. w. N.). § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU dient dabei der Umsetzung von Art. 7 Abs. 3 c) der RL 2004/38/EG ("Freizügigkeits-RL"), wo es heißt: "Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe a) bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft dem Unionsbürger, der seine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbstständiger nicht mehr ausübt, in folgenden Fällen erhalten: ( ) er stellt sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrags oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung; in diesem Fall bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten aufrechterhalten." Schon daraus dürfte sich ergeben, dass der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages nicht gegen "Unfreiwilligkeit" spricht. Zumindest kann wohl nicht zwingend allein aus dem Umstand, dass ein Arbeitsvertrag von vornherein als befristeter Vertrag geschlossen wird, darauf geschlossen werden, dass der in Rede stehende Arbeitnehmer bei Vertragsablauf automatisch freiwillig arbeitslos ist; stattdessen ist im Einzelfall zu prüfen, welche Gründe zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt haben (vgl. SG Aurich, Beschluss vom 30.03.2015 – S 35 AS 237/14 ER – juris (Rn. 18); EuGH, Urteil vom 06.11.2003 – C-413/01 "Ninni-Orasche" – juris). Bei der Prüfung der Freiwilligkeit bzw. Unfreiwilligkeit können "Umstände wie die Gepflogenheiten in dem Sektor der fraglichen Wirtschaftstätigkeit, die Möglichkeiten, in diesem Sektor eine nicht befristete Beschäftigung zu finden, ein bestehendes Interesse, nur ein befristetes Arbeitsverhältnis einzugehen, oder die Existenz von Verlängerungsmöglichkeiten des Arbeitsvertrags" berücksichtigt werden (EuGH, Urteil vom 06.11.2003 – C-413/01 "Ninni-Orasche" – juris (Rn. 44)).
Die Kammer weist insofern ferner darauf hin, dass zu der Frage, wie § 2 Abs. 3 FreizügG/EU in Bezug auf die dort erwähnte Bestätigung ("unfreiwillige durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigte Arbeitslosigkeit") zu verstehen ist, verschiedene Auffassungen vertreten werden. Es wird erstens vertreten, dass eine Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit nicht nur von der Agentur für Arbeit bestätigt worden sondern auch tatsächlich vorhanden gewesen sein muss (so wohl Hessisches LSG, Urteil vom 27.11.2013 – L 6 AS 378/12 – juris (Rn. 48); ob das BSG sich in seiner Revisionsentscheidung, dem Urteil vom 16.12.2015 – B 14 AS 15/14 R –, mit diesem Aspekt auseinandergesetzt hat, ist mangels Veröffentlichung des vollständigen Urteils noch nicht erkennbar), zweitens, dass eine Bestätigung der Agentur für Arbeit, dass Unfreiwilligkeit vorliegt, erforderlich ist aber auch ausreicht, um eine Unfreiwilligkeit anzunehmen, die Einschätzung der Agentur für Arbeit also bindend ist (so wohl Sächsisches OVG, Beschluss vom 20.08.2012 – 3 B 202/12 – juris (Rn. 9) m. w. N.), und drittens, dass die Unfreiwilligkeit nur tatsächlich vorhanden gewesen sein muss, eine Bestätigung der Agentur für Arbeit bezüglich der Unfreiwilligkeit also nicht erforderlich ist, sondern es ausreicht, wenn der Arbeitslose sich dem Arbeitsmarkt bzw. der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend zur Verfügung gestellt hat und dies dokumentieren kann (so wohl OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.06.2014 – 4 LB 22/13 – juris (Rn. 44 f.); ähnlich LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 11.11.2014 – L 8 SO 306/14 B ER – juris (Rn. 22), wonach der Umstand, "dass die unfreiwillige Arbeitslosigkeit bis heute nicht von der zuständigen Agentur für Arbeit (formal) bestätigt worden ist, ( ) dem Antragsteller nicht zum Nachteil gereichen" könne). Der 19. Senat des LSG NRW hat zudem in einer jüngeren Entscheidung (LSG NRW, Beschluss vom 17.03.2016 – L 19 AS 390/16 B ER – juris (Rn. 23)) folgendes ausgeführt: "Die Bestätigung soll erfolgen, wenn ein Arbeitnehmer sich arbeitslos meldet, den Vermittlungsbemühungen der zuständigen Arbeitsagentur zur Verfügung steht und sich selbst bemüht, seine Arbeitslosigkeit zu beenden (Ziffer 2.3.1.2 AVV zum FreizügG/EU) und bezieht sich damit nicht auf die Ursache der Arbeitslosigkeit, sondern auf die Fortdauer der Arbeitslosigkeit. Nach den Weisungslagen zu § 7 SGB II (Fachliche Weisungen der BA zu § 7 SGB II, Stand 20.01.2016, a.a.O. 2.4.3, Rn. 7.11 ) bzw. zu § 2 Abs. 3 FreizügG/EU (Ziffer 2.3.1.2 AVV zum FreizügG/EU) bleibt das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU für einen Arbeitnehmer für die Zeit zwischen dem Beginn der unfreiwilligen Arbeitslosigkeit und der Bestätigung der Agentur für Arbeit über die unfreiwillige Arbeitslosigkeit bestehen. Insoweit wird im Hauptsacheverfahren auch zu prüfen sein, ob das Unterlassen der Antragsgegners zu 1), vom Antragsteller die Vorlage einer Bestätigung i.S.v. § 2 Abs. 3 FreizügG/EU zu fordern, Auswirkungen auf das Bestehen eines Aufenthaltsrechts hat." Danach dürfte bei objektiv bestehender Unfreiwilligkeit auch ohne Bestätigung der Arbeitslosigkeit im o. g. Sinne ein Fortwirken des Arbeitnehmerstatus anzunehmen sein.
Hier kann aber nach Meinung der Kammer letztlich dahinstehen, ob die Arbeitslosigkeit unfreiwillig war und wie es sich auswirkt, wenn – wie hier – keine Bescheinigung der Agentur für Arbeit bzgl. der Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit vorliegt.
Ebenfalls kann dahinstehen, wie es sich auswirkt, wenn während der sechsmonatigen Fortwirkung eines Arbeitnehmerstatus gem. § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU eine neue Beschäftigung aufgenommen wird, die ihrerseits nur eine "völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit" ist und somit keinen neuen Arbeitnehmerstatus begründet – wie es hier mit der Aufnahme der Tätigkeit bei der X2 GmbH der Fall war –, wobei in Bezug auf diese Frage im Einzelfall zu entscheiden wäre, ob die neue Tätigkeit die Fortwirkung des Arbeitnehmerstatus aus der alten Tätigkeit beseitigt oder ob es insofern eine Art "Bestandsschutz" gibt.
Denn auch die Tätigkeit für den Zeugen L / I im Zeitraum vom 15.10.2015 bis zum 31.12.2015 war nur eine völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit; ein nicht entstandener Arbeitnehmerstatus nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU kann auch nicht nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU fortwirken.
Zwar wären aus Sicht der Kammer die Arbeitszeit von ca. 40 Stunden, der dem gesetzlichen Mindestlohn entsprechende Stundenlohn von 8,50 EUR und der sich daraus ergebende monatliche Verdienst von 340,00 EUR sowie der sonstige Vertragsinhalt "auf dem Papier" ausreichend gewesen. Zudem mögen auch die Abweichungen und Unregelmäßigkeiten bei der tatsächlichen Vertragsdurchführung in Bezug auf die geleisteten Arbeitsstunden und daraus folgend die Abweichungen und Schwankungen bei dem monatlichen Entgelt (136 – 255 EUR) noch zu tolerieren sein und dürfte eine Tätigkeit, die ein Entgelt von 136 EUR oder mehr einbringt, auch bei isolierter Betrachtung zur Bejahung eines Arbeitsnehmerstatus geeignet sein.
Jedoch führt nach Meinung der Kammer eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit einem derart schwankenden und im Durchschnitt derart geringen Entgelt auf nur eineinhalb Monate und einer anschließenden Verlängerung um nur einen weiteren Monat auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH, insbesondere des Urteils vom 06.11.2003 – C-413/01 "Ninni-Orasche" – (wonach "der bloße Umstand, dass eine unselbständige Tätigkeit von kurzer Dauer ist, als solcher nicht dazu führt, dass diese Tätigkeit vom Anwendungsbereich des Artikels 48 EG-Vertrag ausgeschlossen wird" (juris: Rn. 25 f.)), zur Annahme einer "völlig untergeordneten und unwesentlichen Tätigkeit". Ein Entgelt von 136 EUR oder mehr mag auch bei monatlichen Schwankungen bei einer unbefristeten Tätigkeit ausreichen und eine Befristung auf zweieinhalb Monate mag bei einem höheren und / oder konstanteren Entgelt ausreichen. Die vorliegende Kombination der Faktoren sehr niedriges und stark schwankendes Entgelt auf der einen und sehr kurze Befristung auf der anderen Seite stellt aber eine "völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit" dar.
Es kommt damit nicht mehr darauf an, dass die Kammer nach der Anhörung der Antragstellerin und der Vernehmung des Zeugen L im Erörterungstermin nicht unerhebliche Zweifel hegt, ob das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich so "gelebt" worden ist, wie es von ihnen behauptet worden ist. Dagegen sprechen die auffallenden Diskrepanzen in der Schilderung der Arbeitszeiten und der An- und Abreise. Auffallend waren auch die vorgedruckten Quittungsdaten, der vorgebliche Ausstellungsort E – an dem sich die Antragstellerin weder bei der Arbeit noch bei Erhalt des bar ausgezahlten Entgelts aufgehalten haben will – und die Fehler bei den in den Quittungen und Entgeltabrechnungen angegebenen Beträgen, auch wenn sich diese Dinge mit Nachlässigkeiten des Arbeitgebers erklären lassen mögen.
Schließlich ergibt sich auch nicht aus einer kumulativen Betrachtung der aktuellen und vergangenen Beschäftigungsverhältnisse ein Arbeitnehmerstatus. Die Kammer ist der Auffassung, dass für die Bestimmung des unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs in der Ausprägung, die er durch die Rechtsprechung des EuGH gefunden hat, immer jedes Arbeitsverhältnis für sich zu betrachten ist.
Auch die anderen in § 2 Abs. 2 FreizügG/EU geregelten Aufenthaltsrechtsvarianten liegen – weiterhin – erkennbar nicht vor. Ein Aufenthalt zur Berufsausbildung (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 FreizügG/EU n. F.) ist nicht gegeben. Auch der Aufenthaltsgrund der selbständigen Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU (ggf. i. V. m. § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 FreizügG/EU) liegt nicht vor. Ferner ist die Antragstellerin weder Erbringer (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU) noch Empfänger von Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU).
Auch über ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 4 FreizügG/EU als nicht erwerbstätige Unionsbürgerin verfügt die Antragstellerin nicht, da es hierfür zwar möglicherweise nicht an ausreichendem Krankenversicherungsschutz aber jedenfalls an ausreichenden Existenzmitteln fehlt. Die Antragstellerin besitzt – wie die zahlreichen Eil- und Hauptsacheverfahren einschließlich des vorliegenden Eilverfahrens zeigen – schon seit Jahren und auch aktuell keine Existenzmittel, die sicherstellen, dass sie die "Sozialhilfe" des Aufnahmemitgliedstaats Deutschland nicht in Anspruch nehmen muss (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 22/14 – juris (Rn. 21)). Da hier nicht die Voraussetzungen einer Verlustfeststellung gem. § 5 Abs. 4 FreizügG/EU oder § 6 FreizügG/EU in Bezug auf die Freizügigkeitsberechtigung zu prüfen sind, sondern die Voraussetzungen von § 4 FreizügG/EU als einem möglichen anderen materiellen Aufenthaltsrecht als dem zur Arbeitssuche mit der Folge eines Leistungsanspruchs nach dem SGB II, dürfte es hier nicht darauf ankommen, ob eine "unangemessene" Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen vorliegt oder ob eine Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts hier dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen würde (vgl. hierzu im Kontext einer Verlustfeststellung gem. § 5 Abs. 4 FreizügG/EU BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 22/14 – juris (Rn. 21)). Jedoch wäre das Vorliegen ausreichender Existenzmittel bei der Antragstellerin auch dann zu verneinen, wenn man dies anders beurteilen würde, denn die Antragstellerin hat weder lediglich vorübergehende noch betragsmäßig geringfügige Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu decken, sondern ist hierfür seit Jahren und ohne Aussicht auf eine Verbesserung der Lage durchgehend vollständig oder zumindest weit überwiegend auf steuerfinanzierte Sozialleistungen in erheblichem Umfang angewiesen. Die Verneinung eines Aufenthaltsrechts nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 4 FreizügG/EU erscheint unter Berücksichtigung dieses Umstands und der persönlichen Situation der Antragstellerin nicht unverhältnismäßig.
Auch aus § 2 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 3 FreizügG/EU (Familiennachzug) ergibt sich kein (abgeleitetes) Aufenthaltsrecht. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU haben Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 FreizügG/EU genannten Unionsbürger das Recht auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. Gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU gilt dies für Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU genannten Unionsbürger nach Maßgabe des § 4 FreizügG/EU. Familienangehörige in diesem Sinne sind gem. § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU der Ehegatte, der Lebenspartner und die Verwandten in gerader absteigender Linie der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 FreizügG/EU genannten Personen oder ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, die noch nicht 21 Jahre alt sind, und gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU die Verwandten in gerader aufsteigender und in gerader absteigender Linie der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 und 7 genannten Personen oder ihrer Ehegatten oder Lebenspartner, denen diese Personen oder ihre Ehegatten oder Lebenspartner Unterhalt gewähren. Diese Voraussetzungen liegen bei der Antragstellerin nicht vor. Der Begriff "begleiten oder nachziehen" impliziert eine im Sinne des Ehe- und Familienschutzes schutzwürdige tatsächliche Beziehung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 22/14 – juris (Rn. 23)); diese Voraussetzung mag hier unterstellt werden. Es ist aber bereits nicht glaubhaft gemacht, dass es sich bei wenigstens einem der beiden Söhne der Antragstellerin um einen gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 FreizügG/EU materiell freizügigkeitsberechtigten Unionsbürger handelt. Weiterhin ist nicht glaubhaft gemacht, dass wenigstens einer der beiden Söhne der Antragstellerin Unterhaltsleistungen erbringt, wie es § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU voraussetzt (beide Söhne sind nicht mehr unter 21 Jahre alt, so dass § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU insofern ausscheidet). Das Aufenthaltsrecht des Angehörigen ergibt sich bei § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU aus einer tatsächlichen Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass der Familienangehörige vom Aufenthaltsberechtigten materiell unterstützt wird. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es nicht möglich, die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen als Indiz für eine mangelnde Unterhaltsgewährung anzusehen. Zudem ist keine "ausreichende" oder "bedarfsdeckende" Unterhaltsgewährung erforderlich (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 28.05.2015 – L 7 AS 372/15 B ER, L 7 AS 373/15 B – juris (Rn. 13)). Zu einer materiell Unterstützung im o. g. Sinne gehört aber eine fortgesetzte und regelmäßige Unterstützung in einem Umfang, der es ermöglicht, zumindest einen Teil des Lebensunterhalts regelmäßig zu decken (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 22/14 – juris (Rn. 24)). Ausreichend kann evtl. die Bereitstellung einer Unterkunft sein (so Hessisches LSG, Beschluss vom 07.04.2015 – L 6 AS 62/15 B ER – juris (Rn. 42)). Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren jedoch unter dem 16.03.2016 eidesstattlich versichert, dass sie gelegentlich mit Mahlzeiten versorgt werde; andere Unterstützungsleistungen erhalte sie von ihren Söhnen nicht (Bl. 184 GA). Solche reinen Naturalleistungen reichen nach Auffassung der Kammer als Unterhaltsleistung in diesem Sinne nicht aus, zumal es sich dabei nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 11 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) um eine nicht als Einkommen i. S. v. § 11 SGB II zu berücksichtigende "Verpflegung, die außerhalb der in den §§ 2, 3 und 4 Nummer 4 genannten Einkommensarten bereitgestellt wird", handelt. Auch aus der früheren behaupteten bzw. tatsächlichen Erwerbstätigkeit ihres Ehemannes in den Jahren 2011 und 2012 kann die Antragstellerin kein Aufenthaltsrecht nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ableiten. Entweder schon deshalb nicht, weil dieser zwischenzeitlich verstorben ist und § 3 Abs. 3 FreizügG/EU den vorliegenden Fall nicht erfasst, da die Antragstellerin Unionsbürgerin ist, und auch § 3 Abs. 4 und Abs. 5 FreizügG/EU nicht eingreifen, oder zumindest deshalb, weil diese Erwerbstätigkeit(en) von nicht mehr als einem Jahr Dauer schon deutlich mehr als sechs Monate und damit zu lange zurück liegt / liegen, um den Ehemann noch nach § 2 Abs. 3 FreizügG/EU als materiell freizügigkeitsberechtigt ansehen zu können.
Insbesondere kann auch weiterhin nicht festgestellt werden, dass ein Daueraufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 i. V. m. § 4a FreizügG/EU besteht. Die Antragstellerin hat nicht dargetan und glaubhaft gemacht und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass sie sich seit mindestens fünf Jahren in Deutschland aufhalten würde. Zwar zog sie am 01.07.2009 nach Deutschland; jedoch wurde sie unter dem 15.12.2009 von Amts wegen abgemeldet und ihr Aufenthalt bis zum 06.07.2011 ist ungeklärt. Seit dem 06.07.2011 sind noch keine fünf Jahre vergangen, so dass es nicht darauf ankommt, dass auch wenig dafür spricht, dass der bisherige Aufenthalt durchgehend "rechtmäßig" i. S. v. § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU war (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 – 1 C 22/14 – juris (Rn. 16 ff.); BVerwG, Urteil vom 31.05.2012 – 10 C 8/12 – juris (Rn. 16); EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C 424/10 u. a. "Ziolkowski u. a." – juris).
Ein Aufenthaltsrecht ergibt sich auch nicht aus § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU i. V. m. §§ 27, 28 AufenthG (Familiennachzug zu Deutschen). Die Kammer geht auch nicht davon aus, dass sich ein anderes Aufenthaltsrecht aus § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, hier konkret i. V. m. Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergibt (vgl. zu derartigen Fällen LSG NRW, Beschluss vom 25.02.2013 – L 12 AS 1858/12 B ER, L 12 AS 1859/12 B – juris; BSG, Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 54/12 R – juris (Rn. 31 ff.)), nur weil die Antragstellerin in der Nähe ihres Sohnes und seiner Familie leben möchte. Schließlich ergibt sich mangels Schulbesuchs der erwachsenen Söhne der Antragstellerin auch aus Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R – juris (Rn. 29-35); LSG NRW, Beschluss vom 16.03.2015 – L 19 AS 275/15 B ER – juris m. w. N.) kein Aufenthaltsrecht.
Die Kammer kann daher kein anderes Aufenthaltsrecht positiv feststellen und die Antragstellerin fällt somit in den Anwendungsbereich des Leistungsausschlusses.
Das Gleichbehandlungsgebot nach Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) steht dem nicht entgegen. Denn das EFA ist schon nach seinem persönlichen Anwendungsbereich nicht einschlägig, weil die Antragstellerin bulgarische Staatsangehörige und Bulgarien nicht Signatarstaat dieses Abkommens ist (vgl. BSG, Urteil vom 20.01.2016 – B 14 AS 35/15 R – juris (Rn. 30); vgl. ferner BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R – juris (Rn. 15 ff.), auch zu dem von der Bundesregierung erklärten Vorbehalt).
Auch steht vorrangiges Recht der Europäischen Union (EU) dem nicht entgegen. Ein Leistungsausschluss wie der gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II verstößt nach der für die Kammer als nationales Gericht bindenden Auslegung des Europarechts durch den EuGH (a. A. offenbar SG Mainz, Beschluss vom 12.11.2015 – S 12 AS 946/15 ER – juris (Rn. 41 ff.)) nicht gegen EU-Recht (vgl. EuGH, Urteil vom 15.09.2015 – C-67/14 "Alimanovic" – juris; EuGH, Urteil vom 11.11.2014 – C-333/13 "Dano" – juris; vgl. ferner zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II EuGH, Urteil vom 25.02.2016 – C-299/14 "Garcia-Nieto" – juris). Die Kammer gibt daher ihre bisherige, hiervon abweichende Rechtsauffassung, dass der Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 4 der Verordnung (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit verstößt und nicht von der Ermächtigung in Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (Unionsbürger-Richtlinie bzw. Freizügigkeits-Richtlinie, kurz: RL 2004/38/EG) gedeckt ist (vgl. hierzu z. B. das Urteil der Kammer vom 14.04.2014 – S 32 AS 4882/12 – juris; bestätigt durch LSG NRW, Urteil vom 27.08.2015 – L 7 AS 1161/14 – juris; Revision anhängig: BSG, Az: B 4 AS 49/15 R), ausdrücklich auf.
Der Antragstellerin steht damit kein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II dem Grunde nach zu.
Nachdem das BSG und der EuGH über die streitigen Fragen entschieden haben und ein Verfahren bei dem BVerfG derzeit nicht anhängig ist, kann auch nicht mehr ein im Wesentlichen inhaltsgleicher Anspruch aus § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 2 SGB III als Anordnungsanspruch herangezogen werden.
Die Antragstellerin besitzt auch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) – Sozialhilfe – (SGB XII), so dass die auf der Grundlage von § 75 Abs. 2 Alt. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) "unecht" notwendig Beigeladene, der örtlich zuständige Sozialhilfeträger, nicht im Wege einstweiliger Anordnung nach § 75 Abs. 5 SGG analog (vgl. hierzu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 75 Rn. 5 und Rn. 18b; Lowe in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK SozR, 39. Edition, Stand: 01.09.2015, § 75 Rn. 10) zu verpflichten war.
Die Antragstellerin ist als – unstreitig – Erwerbsfähige gemäß § 21 Satz 1 SGB XII vom Bezug von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Dies folgt aus dem Wortlaut und dem systematischen Aufbau des § 21 SGB XII, der Gesetzesbegründung sowie dem vom BSG in weiteren Urteilen aufgezeigten systematischen Wechselspiel von SGB II und SGB XII und der in diesem Zusammenhang angenommenen abgrenzenden Funktion des § 21 SGB XII und der in § 7 SGB II vertretenen Leistungsausschlüsse. Dessen ungeachtet kommt auch wegen § 23 Abs. 3 SGB XII die Gewährung laufender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII nicht in Betracht.
Die Kammer folgt insoweit nicht der Rechtsauffassung des 4. und des 14. Senats des Bundessozialgerichts (BSG), wie sie sich aus den Terminberichten zu den Urteilen vom 03.12.2015 (Az.: B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 43/15 R), vom 16.12.2015 (Az.: B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R und B 14 AS 33/14 R), vom 20.01.2016 (Az.: B 14 AS 15/15 R und B 14 AS 35/15 R), vom 17.02.2016 (Az.: B 4 AS 24/14 R) und vom 17.03.2015 (Az.: B 4 AS 32/15 R) und insbesondere aus den mittlerweile in vollständiger Fassung veröffentlichten Urteilen – bisher sind dies die drei Urteile vom 03.12.2015 und das Urteil vom 20.01.2016 zu dem Verfahren B 14 AS 35/15 R – entnehmen lässt, und nach der hier zumindest ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, ggf. aber auch aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null ein (quasi) gebundener Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII i. V. m. §§ 27 ff. SGB XII gegen die Beigeladene als insoweit örtlich und sachlich zuständigen Leistungsträger bestehen würde, weil der Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II eingreift.
Die Kammer vertritt vielmehr die Auffassung, dass sowohl § 21 SGB XII als auch § 23 Abs. 3 SGB XII der Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 XII an erwerbsfähige Hilfebedürftige, die EU-Staatsangehörige sind, entgegenstehen und die Gewährung von existenzsichernden Leistungen an EU-Ausländer auch nicht verfassungsrechtlich geboten ist (vgl. zu letzterem Aspekt bereits den nicht veröffentlichten (n. v.) Beschluss der erkennenden Kammer vom 30.10.2015 – S 32 AS 3492/15 ER – zum Leistungsausschluss für die ersten drei Monate des Aufenthalts in Deutschland gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II; vgl. ferner SG Dortmund, Beschluss vom 23.11.2015 – S 30 AS 3827/15 ER – juris m. w. N.; vgl. zur hier vertretenen, von der BSG-Rechtsprechung abweichenden Auffassung sodann vor allem SG Berlin, Urteil vom 11.12.2015 – S 149 AS 7191/13 – juris; SG Berlin, Urteil vom 14.01.2016 – S 26 AS 12515/13 – juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2016 – L 29 AS 20/16 B ER, L 29 AS 21/16 B ER PKH (unter Bestätigung der Vorinstanz: SG Berlin, Beschluss vom 06.01.2016 – S 59 AS 26012/15 ER – n. v.); SG Dortmund, Beschluss vom 11.02.2016 – S 35 AS 5396/15 ER – juris; SG Berlin, Beschluss vom 22.02.2016 – S 95 SO 3345/15 ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 – L 9 AS 1335/15 B ER – juris; LSG NRW, Beschluss vom 07.03.2016 – L 12 SO 79/16 B ER – juris; SG Dortmund, Beschluss vom 18.03.2016 – S 35 AS 521/16 ER – n. v.; SG Dortmund, Beschluss vom 18.03.2016 – S 19 AS 91/16 ER – bislang n. v.; SG Speyer, Urteil vom 29.03.2016 – S 5 AS 493/14 – juris; SG Dortmund, Beschluss vom 13.04.2016 – S 62 SO 164/16 ER – bislang n. v.; offen gelassen wurde die Frage bislang vom 2. Senat des LSG NRW, Beschluss vom 14.03.2016 – L 2 AS 225/16 B ER – juris; dem BSG folgen hingegen der 19. Senat des LSG NRW, Beschluss vom 24.02.2016 – L 19 AS 1834/15 B ER, L 19 AS 1835/15 B – juris und der 7. Senat des LSG NRW, Beschluss vom 16.12.2015 – L 7 AS 1466/15 B ER – juris sowie Beschluss vom 17.12.2015 – L 7 AS 1711/15 B ER – juris).
Die 35. Kammer des Sozialgerichts Dortmund hat in ihrer o. g. Entscheidung (Beschluss vom 11.02.2016 – S 35 AS 5396/15 ER – juris (Rn. 23 ff.); ebenso LSG NRW, Beschluss vom 07.03.2016 – L 12 SO 79/16 B ER – juris) zu § 21 Satz 1 SGB XII ausgeführt:
"Bereits der Wortlaut des § 21 Satz 1 SGB XII spricht gegen die vom BSG angenommene Möglichkeit, einem Hilfebedürftigen, dessen mangelnde Anspruchsberechtigung auf Leistungen nach dem SGB II nicht aus dem Merkmal der (ggf. auch "fingierten") Erwerbsunfähigkeit resultiert, Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren. Gemäß § 21 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber auf eine Leistungsberechtigung "als Erwerbsfähiger" "dem Grunde nach" abstellt, zeigt für die Kammer aber, dass bereits die positive Feststellung der Anspruchsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz1 Nr. 2 ("erwerbsfähig sind") dazu führen soll, dass ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII ausscheidet. Sowohl das Tatbestandsmerkmal "als Erwerbsfähige" wie auch das Tatbestandsmerkmal "dem Grunde nach" wären nämlich überflüssig, wenn es nicht um das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit als zentrales Ausschlusskriterium, sondern um die tatsächliche Leistungsberechtigung bzw. den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ginge. Dann hätte vielmehr der bloße Verweis eben auf diese Leistungsberechtigung oder diesen Anspruch nahegelegen.
Auch das Vorliegen eines Leistungsausschlusses (so auch gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II) lässt die Leistungsberechtigung "als Erwerbsfähiger" "dem Grunde nach" nach der Systematik der Norm im Übrigen nicht entfallen, denn während § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II die (positiv formulierten) Tatbestandsvoraussetzungen ("dem Grunde nach") für einen Bezug von Leistungen nach dem SGB II benennt, schließen die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ("ausgenommen sind" ") nach § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II leistungsberechtigte Personengruppen wieder vom Leistungsbezug nach dem SGB II aus. Die Voraussetzung eines weiteren Aufenthaltsrechts als "positive Tatbestandsvoraussetzung" hat der Gesetzgeber gerade nicht vorgenommen.
Für die Auslegung der Kammer spricht auch die weitere Systematik des § 21 SGB XII:
Gemäß § 21 Satz 2 SGB XII können Personen, die nicht hilfebedürftig nach § 9 des Zweiten Buches sind, abweichend von Satz 1 Leistungen nach § 36 (SGB XII) erhalten.
Auch diese Regelung wäre aber überflüssig, wenn allein die fehlende Leistungsberechtigung nach dem SGB II (unabhängig vom Kriterium der Erwerbsfähigkeit) den Weg in einen Leistungsbezug nach dem SGB XII eröffnen könnte. Schon das Fehlen der in § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB II als positive Tatbestandsvoraussetzung benannten (und in § 9 SGB II näher definierten) Hilfebedürftigkeit ließe nämlich die Leistungsberechtigung nach dem SGB II entfallen. In § 21 Satz 2 SGB XII ließe sich dann keine Abweichung zu § 21 Satz 1 SGB XII erkennen (so aber der Gesetzeswortlaut).
Weiter beschreibt § 21 Satz 3 SGB XII das zwischen den Trägern von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII anzuwendende Verfahren, wenn zwischen diesen unterschiedliche Auffassungen über die Zuständigkeit bestehen. Diesbezüglich ist der Träger von Leistungen nach dem SGB XII an die Feststellung einer vollen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs.2 Satz des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB VI) und nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens an die Entscheidung der Agentur für Arbeit zur Erwerbsfähigkeit gemäß § 44 a Abs.1 SGB II gebunden. Dieses Instrumentarium vermittelt die Auffassung des Gesetzgebers, dass allein die unterschiedliche Einschätzung der Erwerbsfähigkeit als entscheidendes Abgrenzungskriterium zu Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Trägern führen kann. Einen Mechanismus für die Bewältigung weiterer möglicher Abgrenzungsfragen (so z.B. für die nach der neuen Rechtsprechung des BSG erforderliche Klärung, ob neben dem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche noch ein weiteres Aufenthaltsrecht vorliegt) sieht § 21 SGB XII nicht vor.
Auch die Gesetzesbegründung zu § 21 SGB XII (BT Drs. 15/1514, S. 57) spricht dafür, dass Erwerbsfähigen der Weg zu Leistungen nach dem SGB XII nicht eröffnet werden soll. Hier heißt es: "Die Regelung setzt nicht voraus, dass jemand tatsächlich Leistungen des anderen Sozialleistungsträgers erhält oder voll erhält, sondern knüpft an die Eigenschaft als Erwerbsfähige oder deren im Zweiten Buch näher bezeichneten Angehörigen an" (vgl. hierzu überzeugend SG Berlin, Urteil vom 11.12.2015, S 149 AS 7191/13, – juris).
Dass das Tatbestandsmerkmal der Erwerbsfähigkeit entscheidendes Abgrenzungskriterium zwischen den Leistungssystemen von SGB II und SGB XII sein soll (so auch Coseriu in juris-PK zu § 21 SGB XII, Rn. 10, der § 21 SGB XII eine systemabgrenzende Funktion beimisst [Anmerkung: hier hätte Eicher statt Coseriu als Autor genannt werden müssen]) führt das BSG auch in seiner Entscheidung vom 03. Dezember 2015 – (Rn.41, – juris) aus. Hier heißt es: "Im Grundsatz gilt für die Systemzuweisung aufgrund der Erwerbszentriertheit des SGB II, dass derjenige, der von dem auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausgerichteten Leistungssystem des SGB II ausgeschlossen werden soll, dem System des SGB XII zugewiesen wird."
Diese Bedeutung der Erwerbsfähigkeit und der Arbeitsmarktnähe des Hilfebedürftigen für seine Zuweisung zu dem seiner ursprünglichen Konzeption nach erwerbszentrierten und arbeitsmarktnahen System des SGB II und dem "arbeitsmarktfernen" System des SGB XII hat das BSG auch in mehreren Entscheidungen herausgearbeitet, auf die es in seinem Urteil vom 03.12.2015 nunmehr zur Begründung seiner Prämisse verweist, dass im Falle des Ausschlusses eines erwerbsfähigen Ausländers von Leistungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nach dem SGB II ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII grundsätzlich möglich bleibe (Zitat: "Auf dieser Grundlage hat das BSG bereits für andere in § 7 SGB II geregelte Leistungsausschlüsse ausdrücklich entschieden, dass die "Anwendungssperre" des § 21 S 1 SGB XII nicht greift" Rn. 42 (juris)) Eine differenzierte Betrachtung der Leistungsausschlüsse sei erforderlich.
Im Einzelnen nennt das BSG in diesem Zusammenhang folgende Urteile, die alle einen Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 4 SGB II zum Gegenstand haben:
BSG vom 16.5.2012 – B 4 AS 105/11 R – SozR 4-4200 § 7 Nr 30 RdNr 20 (Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 4 SGB II wegen Bezugs einer litauischen Altersrente)
BSG vom 2.12.2014 – B 14 AS 66/13 R – SozR 4-4200 § 7 Nr 42 RdNr 10, 24 (Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 4 wegen Unterbringung in einer Klinik)
BSG vom 19.8.2015 – B 14 AS 1/15 R – zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen – RdNr 47: vorzeitige Altersrente nach Aufforderung durch den Grundsicherungsträger)
In dem erstgenannten Urteil vom 16.05.2012 (B 4 AS 105/11 R, Rn.23, – juris) führt das BSG zum Hintergrund des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB II und im Hinblick auf die Zuordnung der Empfängerin einer ausländischen Rente zum Leistungssystem nach dem SGB XII exemplarisch aus:
"Anspruch auf Leistungen haben allerdings grundsätzlich nur erwerbsfähige Hilfebedürftige. Nicht leistungsberechtigt ist, wer nicht erwerbsfähig iS des § 8 Abs 1 SGB II ist. Letzteres ist bei Personen in einer stationären Einrichtung (BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 13 f; SozR 4-4200 § 7 Nr 24, RdNr 20) und beim Bezug einer Altersrente (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 71) nicht unbedingt der Fall. Bei Beziehern von Altersrenten vor Erreichen des Regelrentenalters – danach sind sie bereits aus Gründen des § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II nicht mehr leistungsberechtigt – wird jedoch nach der Begründung zur Regelung des § 7 Abs 4 S 1 SGB II typisierend angenommen, sie seien endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und müssten daher nicht mehr in Arbeit eingegliedert werden (vgl BT-Drucks 15/1749, S 31). Sie benötigen aus diesem Grunde keine Leistungen aus dem System des SGB II mehr."
Weiter heißt es:
"( ) denn Erwerbsfähigkeit schließt Leistungen nach dem System des SGB XII gemäß § 21 S 1 SGB XII grundsätzlich aus. Nach § 21 S 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Wenn jedoch vor dem Hintergrund des systematischen "Wechselspiels" zwischen SGB II und SGB XII Altersrentner vor Vollendung des Regelrentenalters nach deutschem Recht nicht als Erwerbsfähige leistungsberechtigt iS des SGB II sind, kann unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten für Bezieher ausländischer Altersrenten nichts Anderes gelten."
Warum im Hinblick auf den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nichts anderes gilt als in Bezug auf die in den vorgenannten Urteilen streitgegenständlichen Leistungsausschlüsse des § 7 Abs. 4 SGB II (so BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R [Anmerkung: gemeint ist B 4 AS 44/15 R], Rn.43,- juris), ist nicht ohne Weiteres zu erkennen:
Sämtliche der in den früheren zitierten Urteilen des BSG behandelten Fallkonstellationen sind nämlich solche, in denen der Leistungsausschluss des BSG auf einer "fingierten Erwerbsunfähigkeit" beruht. So führt Coseriu [Anmerkung: auch hier hätte Eicher statt Coseriu als Autor genannt werden müssen] in juris-PK zu § 21 SGB XII zu den Fallkonstellationen des § 7 Abs. 4 SGB II aus: "Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei dieser Norm, soweit es die Unterbringung in Einrichtungen betrifft, um eine "verkappte" Regelung der Erwerbsunfähigkeit. Auch bei den übrigen Varianten ist von einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auszugehen."
Dass die "fingierte Erwerbsunfähigkeit" maßgeblicher Hintergrund der Leistungsausschlüsse des § 7 Abs. 4 SGB II ist, ergibt sich plastisch aus der "Unterausnahme" des § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II:
Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, die einen wöchentlichen Umfang von mindestens 15 Stunden erreicht, hebt die "typisierende Annahme" der Erwerbsunfähigkeit nämlich auch für in einer stationären Einrichtung untergebrachte Hilfebedürftige wieder auf.
Liegen die in § 7 Abs. 4 SGB II geregelten Leistungsausschlüsse vor, erscheint es vor dem Hintergrund der vorab dargestellten Systemzusammenhangs von SGB und SGB XII auch der erkennenden Kammer geboten, von ihnen erfasste Hilfebedürftige im Rahmen einer teleologischen Reduktion nicht als "Erwerbsfähige" im Sinne von § 21 Satz 1 SGB XII zu behandeln. Maßgebliche Funktion dieser Leistungsausschlüsse ist es nämlich, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehende Personen nicht dem nach seiner ursprünglichen Zielsetzung auf Aktivierung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ausgerichteten System des SGB II zuzuordnen, sondern in das hiervon unabhängige Grundsicherungssystem des SGB XII zu integrieren.
Dieser Hintergrund kann aber für den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht angenommen werden. Eine Fiktion der Erwerbsunfähigkeit ist aus einem Freizügigkeitsrecht zum Zweck der Arbeitsuche gerade nicht herauszulesen.
Vielmehr sollte der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II eine leistungsrechtliche Hürde für den Zugang zu Sozialleistungen schaffen. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Norm nämlich von der Option des Art. 24 der RL 2004/38 EG Gebrauch machen, die vorgenannten Personengruppen vom Anspruch auf Sozialhilfe – mithin Leistungen nach dem SGB XII und dem SGB XII – auszuschließen (vgl. hierzu eindringlich und überzeugend BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.21-24 und Rn.48-50, juris). Der Leistungsausschluss sollte in beiden Systemen gleichermaßen greifen (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.50,- juris). Vor dem Hintergrund dieser sozialpolitischen Zielsetzung hat der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II anders als in den Fällen des § 7 Abs. 4 SGB II keine systemabgrenzende, sondern eine "systemausschließende" Funktion. Anders als in den Fällen des § 7 Abs. 4 SGB II erscheint es dann aber wenig sachgerecht, von diesem Leistungsausschluss Betroffene dem zu "bedingungslosen" Leistungen zur Grundsicherung führenden Leistungssystem des SGB XII zuzuweisen.
Dass aufgrund der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII grundsätzlich auch Erwerbsfähigen der Zugang zum SGB XII eröffnet werden sollte, kann auch nicht damit begründet werden, dass die Leistungsausschlüsse der §§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 3 Satz 2 SGB XII ansonsten "leerliefen":
Im Hinblick auf § 22 Abs. 1 SGB XII, der Auszubildende, deren Ausbildung nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) und des Dritten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB III) grundsätzlich förderungsfähig ist, vom Bezug von Leistungen nach dem SGB XII ausschließt, ergibt sich dies daraus, dass die Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums nicht zwangsläufig eine Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II voraussetzt, so dass für diese der Norm des § 7 Abs. 5 SGB II entsprechende und aus dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) übernommene Vorschrift auch bei einer Einordnung des § 21 SGB XII als "Anwendungssperre" für Erwerbsfähige ein eigenständiger Regelungsgehalt verbleibt. Dass § 22 Abs. 1 SGB XII sich auf nicht erwerbsfähige Auszubildende beziehen soll, hat das BSG in seinem Urteil vom 06.09.2007 (B 14/7b As 36/06 R,-juris) auch ausdrücklich dargestellt. Hier heißt es:
"Soweit der Kläger meint, Auszubildende würden nach dem SGB II schlechter gestellt als nach dem SGB XII, weil die Leistungen im besonderen Härtefall nach dem SGB II nur als Darlehen, nach § 22 Abs.1 Satz 2 SGB XII jedoch auch als Beihilfe gewährt werden können, führt dieses ebenfalls nicht zur Erforderlichkeit einer vom SGB XII abweichenden Anwendung des § 7 Abs.5 Satz 1 SGB II. Grund für die unterschiedlichen Leistungsarten ist die Zuordnung zu dem einen oder anderen System, differenziert nach der Erwerbsfähigkeit. Bei dem Erwerbsfähigen kann erwartet werden, dass er die Leistung nach Beendigung der Ausbildung und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zurückzahlen kann. Diese Aussicht besteht bei dem SGB XII-Leistungsempfänger nicht ohne weiteres, so dass die Leistungsgewährung in Form der Beihilfe berechtigt erscheint."
Die gebotene Differenzierung zwischen erwerbsfähigen und nicht erwerbsfähigen Auszubildenden, die die (früher) ungleiche Konzeption der Leistungsausschlüsse der §§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II und 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII rechtfertige, wird auch vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 03.09.2014, 1 BvR 1768/11 aufgegriffen.
Auch aus der der Norm des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entsprechenden 2. Alternative des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII (Leistungsausschluss für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt) lässt sich kein Argument gegen eine solche Auslegung der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII ableiten. Zunächst ist es nach Auffassung der Kammer bereits dem Grunde nach nicht zulässig, aus der Einführung der auf dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 25.09.2006 beruhenden Norm des § 23 Abs.3 Satz 1 SGB XII auf den gesetzgeberischen Willen bei der Konzeption der Norm des § 21 Satz 1 SGB XII (vom 27.12.2003) zu schließen.
Überdies führt Coseriu im juris-PK zu § 23 SGB II zur Entstehungsgeschichte des § 23 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB XII (Rn. 64) aus:
"Der zunächst im SGB XII noch nicht vorgesehene Ausschluss von Leistungen nach dem SGB XII ist mit Wirkung vom 07.12.2006 durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 02.12.2006 eingeführt worden und sollte im Hinblick auf die entsprechende Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sicherstellen, dass der von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossene Ausländer keinen Leistungsanspruch nach dem SGB XII herleiten kann. Dies hatte etwa das LSG NRW zu Recht mit der Begründung angenommen, der Ausländer habe dem Grunde nach keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II; deshalb greife der Leistungsausschluss des § 21 Abs. 1 SGB XII nicht."
Sofern die Einführung des § 23 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB XII aber als "sicherstellende" gesetzgeberische Reaktion auf eine bereits in der damaligen Rechtsprechung vertretene Auffassung, die über die Anwendung des SGB XII eine faktische Aufhebung des vom Gesetzgeber durch § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gewünschten Ausschlusses bestimmter Personengruppen vom Sozialleistungsbezug bewirkte, zu verstehen ist, lässt sie sich aber nicht argumentativ gegen die Auslegung des § 21 Satz 1 SGB XII als "Anwendungssperre" für Erwerbsfähige ins Feld führen.
In der Gesetzesbegründung des aufgrund des Gesetzes zur 2. Änderung des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuchs vom 24.03.2006 eingeführten § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (BT Drs. 16/688, S. 13) heißt es zudem: "Auch wenn bei Ausländern die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, das heißt sie zwischen 15 und unter 65 Jahre alt, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, können dennoch die Leistungen nach diesem Buch durch den neugefassten Satz 2 ausgeschlossen sein. Darüber hinaus kommen dann für diese Personengruppe auch Leistungen des SGB XII wegen § 21 Satz 1 SGB XII nicht in Betracht, da sie dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist." Jedenfalls auch zu diesem Zeitpunkt ist der Gesetzgeber mithin noch davon ausgegangen, dass Erwerbsfähige aufgrund der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII keine Leistungen nach dem SGB XII beziehen konnten."
Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 – L 9 AS 1335/15 B ER – juris (Rn. 57-66) mit sehr ausführlicher Begründung, auch zur Methodik der Auslegung von Gesetzen (insofern v. a. Rn. 79 und 80 ff.); vgl. ferner LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.01.2016 – L 29 AS 20/16 B ER, L 29 AS 21/16 B ER PKH – juris (Rn. 25 ff.)).
Soweit das BSG in einer weiteren kürzlich veröffentlichten Entscheidung zu seiner Auslegung von § 21 SGB XII ausgeführt hat (BSG, Urteil vom 20.01.2016 – B 14 AS 35/15 R – juris (Rn. 35)), dass "die "Systemabgrenzung" zwischen SGB II und SGB XII nicht auf das schlichte Kriterium der Erwerbsfähigkeit reduziert werden kann, sondern differenzierter ist" und insoweit auf das Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R – Bezug nimmt, überzeugt das nicht, da sich auch der Begründung dieses Urteils kein nachvollziehbarer Hinweis entnehmen lässt, inwieweit die Abgrenzung der Systeme "differenzierter" sein soll und welche Differenzierungskriterien zu beachten sein sollen. Die Begründung erschöpft sich in der These, dass die Abgrenzung "differenzierter" betrachtet werden müsse, in der Feststellung, dass das BSG für bestimmte Leistungsausschlüsse bereits entschieden habe, dass die ausgeschlossene Person dann dem SGB XII-Leistungssystem zugewiesen sei, und in der Behauptung "Bezogen auf den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II gilt nichts anderes" (nebst zwei Literaturnachweisen). Und auch, dass das BSG dort ausgeführt hat (BSG a. a. O. Rn. 35): "Dagegen spricht nicht, dass in den Gesetzesmaterialien abweichende Regelungsvorstellungen zum Ausdruck gelangt sind. Denn soweit § 21 SGB XII ausweislich der Materialien durch die Anknüpfung an die Eigenschaft als Erwerbsfähige oder deren Angehörige nach dem SGB II eine eindeutige Abgrenzung leisten sollte (Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 5.9.2003, BT-Drucks 15/1514 S 57), ist diese allein auf das Kriterium der Erwerbsfähigkeit abstellende Abgrenzung der existenzsichernden Leistungssysteme in den gesetzlichen Abgrenzungsregelungen des SGB II und des SGB XII so nicht verwirklicht worden. Zudem sind diese seit ihrem Inkrafttreten am 1.1.2005 bereits mehrfach geändert worden", vermag nicht zu überzeugen. Aus den vorstehend wiedergegebenen Ausführungen der 35. Kammer ergibt sich nach Meinung der erkennenden Kammer, dass der Gesetzgeber seine Regelungsvorstellung hinreichend deutlich im Wortlaut und in der Systematik der gesetzlichen Vorschriften zum Ausdruck gebracht hat.
Die Antragstellerin ist danach bereits gemäß § 21 Satz 1 SGB XII vom Bezug von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Ein weiterer Ausschlussgrund ergibt sich allerdings nach Auffassung der Kammer aus § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII (zu dem Verhältnis dieser Norm zu § 21 SGB XII vgl. v. a. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 – L 9 AS 1335/15 B ER – juris (Rn. 64 ff.)).
Abgesehen davon, dass § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII bereits aufgrund seiner systematischen Stellung und seines Wortlauts ("Im Übrigen ") nicht als Anspruchsgrundlage für Leistungen geeignet sein dürfte, die bereits von § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII umfasst sind, d. h. insbesondere nicht für Leistungen wie "Hilfe zum Lebensunterhalt" (vgl. SG Dortmund, Beschluss vom 18.03.2016 – S 19 AS 91/16 ER – bislang n. v.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 – L 9 AS 1335/15 B ER – juris (Rn. 70)), steht einem Leistungsanspruch der Antragstellerin auf Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII i. V. m. § 27 SGB XII nach Auffassung der Kammer jedenfalls die Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII entgegen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 – L 9 AS 1335/15 B ER – juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.03.2016 – L 12 SO 79/16 B ER – juris; SG Berlin, Beschluss vom 22.02.2016 – S 95 SO 3345/15 ER – juris (Rn. 37)).
Die 35. Kammer des Sozialgerichts Dortmund hat in ihrer soeben bereits umfänglich wiedergegebenen Entscheidung (Beschluss vom 11.02.2016 – S 35 AS 5396/15 ER – juris (Rn. 46 ff.); ebenso LSG NRW, Beschluss vom 07.03.2016 – L 12 SO 79/16 B ER – juris) zu § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII u. a. ausgeführt:
"Gemäß § 23 Abs.1 SGB XII ist Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist ( ) Nach § 23 Abs.3 Satz 1 SGB XII haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, sowie ihre Familienangehörigen keinen Anspruch auf Sozialhilfe.
Bereits nach dem systematischen Aufbau der Vorschrift bezieht sich der in § 23 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB XII geregelte Leistungsausschluss aber auf die davor aufgeführten Absätze und damit auch auf die Vorschrift des § 23 Abs. 1 SGB XII insgesamt – mithin auch auf § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII.
Soweit das BSG auf den "unveränderten Wortlaut" des § 23 SGB XII im Verhältnis zum früheren § 120 BSHG und in diesem Zusammenhang maßgeblich auf eine frühere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1987 – 5 C 32/85 –, BVerwGE 78, 314-321) verweist (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.51/52,- juris), ist einzuräumen, dass der Wortlaut des § 120 BSHG zwar unmittelbar vor der Einführung des SGB XII im Wesentlichen dem Wortlaut des § 23 SGB XII entsprach.
Die der Entscheidung des BVerwG vom 10.12.1987 zugrundeliegende Fassung des § 120 BSHG war aber in ihren wesentlichen Grundzügen anders gefasst. § 120 Abs. 1 BSHG in der Fassung vom 22.12.1983 lautete:
"Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind und die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Krankenhilfe, Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen, Tuberkulosehilfe und Hilfe zur Pflege nach diesem Gesetz zu gewähren; wer sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben hat, um Sozialhilfe zu erlangen, hat keinen Anspruch. Im übrigen kann Sozialhilfe gewährt werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist."
Im Gegensatz zu späteren Fassungen des BSHG (ab dem Jahr 1993) ist hier die Möglichkeit der Gewährung von Leistungen im Wege des Ermessens aber nach dem Leistungsausschluss aufgeführt. Diese Systematik konnte in der Tat zu der Annahme berechtigen, dass die Gewährung von Leistungen im Ermessenswege auch im Falle eines Leistungsausschlusses möglich bleiben sollte.
Vor diesem Hintergrund bezog sich das BVerwG in dem vom BSG zitierten Urteil auch gerade auf den Wortlaut der Norm des § 120 BSHG. Es führt aus:
"Auch aus der Systematik des § 120 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BSHG folgt dieses Verständnis. Der mit "Im übrigen …" eingeleitete Satz 2 des § 120 Abs. 1 BSHG schließt an den Satz 1 mit seinen b e i d e n Halbsätzen an. Daß sich der Ausschluß vom Rechtsanspruch auf bestimmte Hilfen (zum Beispiel die Eingliederungshilfe), der nach Halbsatz 1 des § 120 Abs. 1 Satz 1 BSHG von vornherein besteht, aus einem Umkehrschluß ergibt, während er im Halbsatz 2 unmittelbar bestimmt ist, ändert nichts an der "Gleichwertigkeit" des Ausschlusses vom Rechtsanspruch als des Tatbestandsmerkmals, an das im anschließenden Satz 2 die Möglichkeit der Hilfegewährung im Einzelfall (in Ausübung von Ermessen) geknüpft ist (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1987 – 5 C 32/85 –, BVerwGE 78, 314-321, Rn. 14).
Unter Berücksichtigung des geänderten Aufbaus der Norm sind die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Überzeugung der Kammer für die Beurteilung der Systematik des § 23 SGB XII nicht mehr heranzuziehen.
Weiter geht die Kammer nicht davon aus, dass die Begrifflichkeit des "Anspruchs" in § 23 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB XII tatsächlich nur den "gebundenen Anspruch" bzw. "Rechtsanspruch" und nicht auch die Gewährung von Leistungen im Ermessenswege gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII erfassen soll.
Dies ergibt sich aus § 17 SGB XII, der die gesetzliche Überschrift "Anspruch" trägt und diese Begrifflichkeit damit definiert. Er lautet wie folgt: "(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. (2) Über Art und Maß der Leistungserbringung ist nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird. Werden Leistungen auf Grund von Ermessensentscheidungen erbracht, sind die Entscheidungen im Hinblick auf die sie tragenden Gründe und Ziele zu überprüfen und im Einzelfall gegebenenfalls abzuändern."
Mit dem Begriff "Anspruch" meint das Gesetz nach seinem Sinn und Zweck nicht nur die Forderung gegen den Sozialhilfeträger auf eine Mussleistung, sondern auch Forderungen aus einer eine Ermessensleistung bewilligenden Entscheidung (so ausdrücklich Coseriu in juris-PK zu § 17 SGB XII, Rn.19). Dies ergibt sich für die Kammer insbesondere auch daraus, dass der zweite Absatz des ausweislich seiner Überschrift die Begrifflichkeit des Anspruchs definierenden § 17 SGB XII explizit regelt, in welchem Zusammenhang Leistungsträger bei der Realisierung des Anspruchs Ermessen auszuüben hat und wie dieses Ermessen auszuüben ist. Die Einbeziehung dieser Regelung in die Norm des § 17 SGB II erschiene aber nicht sinnvoll, wenn der Gesetzgeber den Anspruch auf Ermessensentscheidungen nicht in die Definition des Anspruchs einbeziehen wollte. Warum der Begriff des "Anspruchs" in § 23 Abs. 3 Satz 2 2. Alt. SGB XII aber von dem des § 17 SGB XII abweichen sollte, ist nicht ersichtlich. Von einem "Rechtsanspruch" ist in § 23 Abs. 3 Satz 2 SGB XII indes nicht die Rede.
Das BSG weist in seinem Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.49,- juris überzeugend daraufhin, dass die Einführung des Leistungsausschlusses des § 23 Abs.3 Satz 1 2.Alt. sicherstellen sollte, dass von einem Leistungsausschluss nach dem SGB II erfasste Ausländer auch aus dem SGB XII keine Ansprüche herleiten konnten. Dieses gesetzgeberische Ziel wird vor dem Hintergrund der nunmehr vom BSG gewählten Auslegung der Norm nur eingeschränkt erreicht."
Das LSG NRW führt ergänzend aus (Beschluss vom 07.03.2016 – L 12 SO 79/16 B ER – juris (Rn. 31)): "Sowohl die Auslegung des BSG von § 23 SGB XII als von § 21 S. 1 SGB XII steht dem in den gesetzgeberischen Motiven zum Ausdruck kommenden eindeutigen Willen des Gesetzgebers entgegen. Im Entwurf des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 25.09.2009 (BT-Drucks 16/2711, S. 10), mit dem dann § 23 Abs. 3 S. 1 SGB XII in der nunmehr gültigen Fassung eingeführt wurde, heißt es: "Die Einführung normiert einen der Regelung im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch entsprechenden Leistungsausschluss für Ausländer und stellt damit zugleich sicher, dass Ausländer, die nach § 7 Abs. 1 S. 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch haben, auch aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch keine Ansprüche herleiten können." Die Formulierung lässt keinen Zweifel daran zu, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Norm auch eine Leistungsbewilligung über die Vorschrift des § 23 Abs. 1 S. 3 SGB XII ausschließen wollte. Andernfalls hätte er die insofern sprachlich eindeutige Formulierung "aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch" eingeschränkt. Dem BSG waren die Motive bei Fassung des Urteils vom 03.12.2015 auch bekannt. Es benutzt das Zitat an anderer Stelle (BSG a. a. O., Rn. 48 ff, juris), um zu erklären, dass nach dem gesetzgeberischen Willen von dem Leistungsausschluss in § 23 Abs. 3 S. 1 2. Alt SGB XII trotz abweichender Formulierung dieselbe Personengruppe betroffen sein soll wie von dem Ausschluss in § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 SGB II. Warum das BSG die gesetzgeberischen Motive dann jedoch bei der Auslegung des Umfangs des Ausschlusses außer Betracht lässt, bleibt unbeantwortet."
Diesen überzeugenden Ausführungen in den genannten Entscheidungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 – L 9 AS 1335/15 B ER – juris (Rn. 67 ff.), auch zur Methodik der Auslegung einschließlich der Grenzen "grundrechtsgeleiteter" und "verfassungskonformer" Auslegung von Gesetzen (insofern v. a. Rn. 79 und 80 ff.)).
Die vorstehend wiedergegebene Rechtslage verstößt nach Überzeugung der Kammer auch nicht gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen das aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG hergeleitete (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (so bereits der Beschluss der erkennenden Kammer vom 30.10.2015 – S 32 AS 3492/15 ER – n. v. (zum Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II)). In diesem Beschluss hatte die Kammer folgendes ausgeführt: "Die Kammer ist zudem im Rahmen der im vorliegenden Eilverfahren durchgeführten summarischen Prüfung der Auffassung, dass die in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortete Frage, ob ein derartiger Leistungsausschluss gegen deutsches Verfassungsrecht – konkret insbesondere gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums gem. Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG und gegen Art. 3 Abs. 1 GG – verstößt, zu verneinen ist (so auch LSG Hamburg, Beschluss vom 15.10.2015 – L 4 AS 403/15 B ER – juris (zu § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II); Bayerisches LSG, Beschluss vom 01.10.2015 – L 7 AS 627/15 B ER – juris (ebenfalls zu § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II); a. A. Kingreen, "Staatsangehörigkeit als Differenzierungskriterium im Sozialleistungsrecht – Zur Vereinbarkeit von § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II mit europäischem Unions- und deutschem Verfassungsrecht", SGb 2013, 132 (137-139); a. A. jüngst auch SG Mainz, Beschluss vom 02.09.2015 – S 3 AS 599/15 ER – bislang offenbar n. v. bei juris usw., aber abrufbar unter http://www.srif.de/ (ebenfalls zu § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II))." Daran hält die Kammer fest.
Die 35. Kammer des Sozialgerichts Dortmund (Beschluss vom 11.02.2016 – S 35 AS 5396/15 ER – juris (Rn. 53 ff.); ebenso LSG NRW, Beschluss vom 07.03.2016 – L 12 SO 79/16 B ER – juris) führt außerdem hierzu aus:
"Die Kammer geht auch nicht davon aus, dass der Ausschluss von Ausländern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, gegen die Art.1 Abs.1, Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt (vgl. hierzu umfassend und überzeugend Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 23.11.2015, S 30 AS 3827/15 ER,- juris; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05. November 2015 – L 3 AS 479/15 B ER –, juris).
Vielmehr hat der Gesetzgeber mit dem Leistungsausschluss für EU-Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, den Nachrang des deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes normiert. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05. November 2015 – L 3 AS 479/15 B ER –Rn.26 , juris).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1BvL 2/11, juris).
Gegenstand dieser Entscheidung ist die Frage, inwiefern der Gesetzgeber bei der Ermittlung der Höhe von Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums (dort: Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Vergleich zu den Leistungen nach dem SGB II und SGB XII) unterschiedliche Bedarfe festsetzen und sich bei dieser Differenzierung am Aufenthaltsstatus der Hilfebedürftigen orientieren darf. Das BVerfG führt in diesem Zusammenhang in Rn.74 (juris) aus:
"Falls der Gesetzgeber bei der Festlegung des menschenwürdigen Existenzminimums die Besonderheiten bestimmter Personengruppen berücksichtigen will, darf er bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenzieren. Eine Differenzierung ist nur möglich, sofern deren Bedarf an existenznotwendigen Leistungen von dem anderer Bedürftiger signifikant abweicht und dies folgerichtig in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt werden kann."
In Rn. 75 (juris) heißt es: "Ob und in welchem Umfang der Bedarf existenznotwendigen Leistungen für Menschen mit nur vorübergehendem Aufenthaltsrecht in Deutschland ( ) bestimmt werden kann, hängt allein davon ab, ob wegen eines nur kurzfristigen Aufenthalts konkrete Minderbedarfe gegenüber Hilfsempfängern mit Daueraufenthaltsrecht nachvollziehbar festgestellt und bemessen werden können"
Das Urteil enthält dagegen keine Aussage darüber, inwiefern es dem Gesetzgeber möglich ist, Personen ohne Aufenthaltsrecht Sozialleistungen zu verwehren (in Rn.74 knüpft es vielmehr an ein bestehendes Aufenthaltsrecht an) oder Personen mit einem bestimmten, näher definierten Aufenthaltsrecht (hier: dem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche) vom Bezug von Sozialleistungen auszuschließen.
Die Kammer verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Situation eines Asylbewerbers nicht mit der eines EU-Bürgers vergleichbar ist, der von seinem Freizügigkeitsrecht zum Zweck der Arbeitsuche Gebrauch gemacht hat und in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Während ein Asylbewerber, der sich auf eine politische Verfolgung in seinem Heimatland beruft, regelmäßig nicht in sein Herkunftsland zurückkehren kann, ist dies der hier betroffenen Personengruppe grundsätzlich ohne Weiteres möglich. Diese Rückkehr in das Heimatland stellt auch ein zumutbares Mittel zur Selbsthilfe dar, dessen Einforderung das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht verletzt.
Das Bundesverfassungsgericht hat in einer gegen den Leistungsausschluss des § 7 Abs.5 Satz 1 SGB II (Leistungsausschluss für Auszubildende) gerichteten Verfassungsbeschwerde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt (Beschluss vom 08.10.2014, 1 BvR 886/11 (juris)). Es hat in diesem Zusammenhang in Rn.13 ausgeführt: "Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art.1 Abs.1 GG in Verbindung mit Art.20 Abs.1 GG ( ) ist nicht verletzt. Nach § 2 Abs.2 Satz 2 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts einsetzen; dies tut der Beschwerdeführer nicht, wenn er studiert. Daher schließt § 7 Abs.5 Satz 1 SGB a.F. im Fall des Beschwerdeführers die Gewährung dieser Grundsicherungsleistungen aus." In Rn.14 heißt es weiter: "Der faktische Zwang, ein Studium abbrechen zu müssen, weil keine Sozialleistungen zur Verfügung stehen, berührt zwar die teilhaberechtliche Dimension des Art.12 Abs.1 in Verbindung mit Art.3 Abs.1 GG und dem Sozialstaatsgebot des Art.20 Abs.1 GG ( ) Der Gesetzgeber hat mit den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes jedoch ein besonderes Sozialleistungssystem zur individuellen Förderung der Hochschulausbildung durch den Staat geschaffen, das diese Teilhabe sichern soll."
Die erkennende Kammer entnimmt diesen Ausführungen, dass das Bundesverfassungsgericht keinen von dem Hilfebedürftigen möglichen Mitwirkungshandlungen losgelösten, allein aus der Hilfebedürftigkeit und dem tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet resultierenden Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums annimmt. Der faktische Zwang, die bisherige Lebensführung zur Sicherung des Existenzminimums ändern zu müssen, führt danach nicht zur Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, sondern berührt vielmehr das Grundrecht, das diese vom Hilfebedürftigen anvisierte Lebensgestaltung schützt (im Fall 1 BvR 886/11 die dort genannten Grundrechte, hier ggf. Art.2 Abs.1 GG). Nach diesen Maßgaben sieht die Kammer keine Verpflichtung des Gesetzgebers, einen Aufenthalt des Hilfebedürftigen im Bundesgebiet trotz einer ihm möglichen Rückkehr in sein Heimatland durch die Gewährung von Sozialleistungen zu ermöglichen, wenn der Hilfebedürftige über gar kein Aufenthaltsrecht oder nur über ein solches verfügt, dessen Gewährung der nationale Gesetzgeber originär – europarechtlich zulässig – mit der Versagung von Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums verknüpft hat.
Eine Prüfung, inwiefern ein Hilfebedürftiger in seinem Herkunftsland das Existenzminimum nach deutschen Maßstäben sichern kann, ist in diesem Zusammenhang nicht anzustellen. Im Ausländerrecht ist die nachteilige wirtschaftliche Situation im Herkunftsland nämlich kein Maßstab, der zur Gewährung eines Aufenthaltsrechts oder dem Schutz vor einer Abschiebung führen kann. Sofern wirtschaftliche Gesichtspunkte bei der Beurteilung einer Abschiebung ins Herkunftsland nicht die Annahme der Unzumutbarkeit einer Rückkehr rechtfertigen können (vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 06.09.2007, 11 A 633/05 A, Rn.28-32 (juris) zur Zumutbarkeit einer Abschiebung nach Sierra Leone trotz völlig fehlender sozialer Sicherungssysteme und einer Arbeitslosenquote von 70 %), erscheint es zur Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung des Gedankens der Einheit der Rechtsordnung auch nicht gangbar, solche nachteiligen Lebensumstände im Herkunftsland bei der Prüfung der sozialrechtlichen Zumutbarkeit einer Rückkehr ins Feld zu führen."
Das LSG Nordrhein-Westfalen führt ergänzend aus (Beschluss vom 07.03.2016 – L 12 SO 79/16 B ER – juris): "Die Überlegungen stehen im Einklang mit den Ausführungen des BVerfG in der oben zitierten Entscheidung vom 18.07.2012. Zwar wird dort festgehalten (bei juris Rn. 63): "Wenn Menschen, die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, ( …) ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde ( …) verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen." Das BVerfG folgert daraus: "(Mit) dieser objektiven Verpflichtung aus Art. 1 GG korrespondiert ein individueller Leistungsanspruch, da das Grundrecht die Würde jedes einzelnen Menschen schützt und sie in solchen Notlagen nur durch materielle Unterstützung gesichert werden kann." Es knüpft damit einen "Anspruch" auf Sozialleistungen an das Vorliegen einer Notlage, zu deren Behebung eine entsprechende materielle Unterstützung (der Bundesrepublik Deutschland) von Nöten ist. Das ist bei EU-Ausländern aber regelmäßig nicht der Fall. Denn ihnen steht es frei, in ihr Heimatland zurückzukehren, dort ohne Sprachbarriere (wieder) eine Tätigkeit aufzunehmen oder auf die dortigen sozialen Sicherungssysteme zurückzugreifen. Auf Leistungen der Bundesrepublik Deutschland sind EU-Ausländer zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz regelhaft nicht angewiesen." (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22.02.2016 – L 9 AS 1335/15 B ER – juris (Rn. 84 ff.); SG Berlin, Beschluss vom 22.02.2016 – S 95 SO 3345/15 ER; SG Berlin, Urteil vom 14.01.2016 – S 26 AS 12515/13; SG Berlin, Urteil vom 11.12.2015 – S 149 AS 7191/13).
Auch diesen überzeugenden Ausführungen in den genannten Entscheidungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an.
Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen: "Die Entscheidung des BSG führt im Übrigen zu einer nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässigen Ungleichbehandlung von erwerbsfähigen Leistungsbeziehern nach dem SGB II und nach dem SGB XII. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person muss aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken, insbesondere eine Eingliederungsvereinbarung abschließen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich ist, hat die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person eine ihr angebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit zu übernehmen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Bei Verletzung der Pflichten nach § 31 SGB II drohen zudem Leistungskürzungen nach § 31 a SGB II. Vergleichbare Regelungen fehlen im Rahmen des SGB XII. Die Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts kann somit nicht zutreffend sein, da sie zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von erwerbsfähigen Leistungsbeziehern nach dem SGB II und dem SGB XII führt." (SG Speyer, Urteil vom 29.03.2016 – S 5 AS 493/14 – juris (Rn. 67)).
Selbst wenn man schließlich entgegen der hier vertretenen Auffassung die Möglichkeit eines Leistungsbezugs nach dem SGB XII für erwerbsfähige EU-Ausländer annehmen wollte, spräche nach der Überzeugung der Kammer nichts dafür, nach Ablauf von sechs Monaten bei der Anwendung von § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII eine "Verfestigung" des Aufenthalts und deshalb regelmäßig eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten einer Gewährung von Leistungen nach §§ 27 ff. SGB anzunehmen (vgl. insoweit auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.02.2016 – L 3 AS 668/15 B ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.03.2016 – L 15 AS 185/15 B ER – juris; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.04.2016 – L 15 SO 53/16 B ER – juris). "Denn abgesehen davon, dass sich für eine regelmäßige "Verfestigung des Aufenthaltsrechts" nach sechs Monaten aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen keinerlei Anhaltspunkte ableiten lassen (im Gegenteil dürfte sich das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a und Satz 2 FreizügG/EU für arbeitslose und arbeitsuchende Unionsbürger nach sechs Monaten eher lockern) und aus einem solchen Aufenthaltsrecht im Hinblick auf die gerade für diese Fälle geltenden Leistungsausschlüssen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II und § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII jedenfalls für einen Anspruch auf Sozialhilfe keine Rückschlüsse ziehen lassen, handelt es sich hierbei um eine abstrakt-generelle Erwägung, die eine Ausnahme in einem konkreten Einzelfall angesichts des auch für diesen Fall gesetzlich grundsätzlich angeordneten Leistungsausschlusses nicht rechtfertigen kann. Denn dadurch würde die gesetzliche Regelung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII mit abstrakt-generellen Erwägungen – jedenfalls was Unionsbürger betrifft, die sich länger als sechs Monate im Bundesgebiet aufhalten – in ihr Gegenteil verkehrt und damit eine (abstrakt-generelle) Regelung zur Anwendung gebracht, für die es so in den gesetzgebenden Körperschaften keine politische Mehrheit gegeben hat" (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.02.2016 – L 3 AS 668/15 B ER – juris (Rn. 30)).
Nach Auffassung der Kammer ergeben sich zudem aus der Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null nach Ablauf von sechs Monaten erhebliche Wertungswidersprüche im Hinblick auf die Möglichkeit eines SGB XII-Leistungsbezugs in den ersten drei Monaten des Aufenthalts in Deutschland einerseits und in den Monaten 4, 5 und 6 andererseits. In Bezug auf den die ersten drei Monate betreffenden Leistungsausschluss gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II dürfte das BSG davon ausgegangen sein, dass § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II zwar anwendbar und rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. zur Vereinbarkeit mit dem Europarecht das Urteil des EuGH vom 25.02.2016 in der Rechtssache C-299/14 "Garcia-Nieto"), dass aber in den ersten drei Monaten zumindest genau wie in den Monaten 4-6 ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfeleistungen (Ermessen dem Grunde, der Form und der Höhe nach) aus § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII folgt. Jedoch erscheint dies zweifelhaft. Es spricht viel dafür, dass eine erwerbsfähige Person, die nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in den ersten drei Monaten von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, für diesen Zeitraum nicht nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Gewährung von Sozialhilfeleistungen (Ermessen dem Grunde, der Form und der Höhe nach) besäße sondern einen Rechtsanspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. Denn § 23 Abs. 3 SGB XII enthält jedenfalls nicht ausdrücklich einen der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II entsprechenden Leistungsausschluss für die ersten drei Monate des Aufenthalts in Deutschland. Geregelt ist nur ein Ausschluss für Fälle einer Einreise, "um Sozialhilfe zu erlangen" (§ 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB XII; vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss vom 22.04.2015 – L 9 SO 496/14 B – juris). Das BSG hat in seinem Urteil vom 30.01.2013 – B 4 AS 37/12 R – juris (Rn. 22) darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II als Reaktion auf den erst im Jahr 2007 eingeführten § 2 Abs. 5 FreizügG/EU erfolgt sei, weil der Leistungsausschluss für Arbeitsuchende diese Gruppe nicht erfasste. Dann dürfte es aber auch nicht möglich sein, diese Gruppe in den Leistungsausschluss in § 23 Abs. 3 SGB XII hineinzulesen. Und auch ein "Erst-Recht-Schluss" erscheint problematisch. Das für die ersten drei Monate bestehende voraussetzungslose Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 5 FreizügG/EU dürfte ein anderes Aufenthaltsrecht sein als "nur" eines zur Arbeitssuche gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a FreizügG/EU bzw. § 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB XII und es dürfte auch nicht ohne weiteres gleichzusetzen sein mit einem Aufenthalt ohne materielle Freizügigkeitsberechtigung, für den das BSG einen solchen "Erst-Recht-Schluss" bejaht hat. Infolge der BSG-Rechtsprechung wäre daher mit einiger Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass in den ersten drei Monaten mangels gesetzlichen Leistungsausschlusses ein "gebundener" Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlichem Umfang nach §§ 23 Abs. 1 Satz 1, 27 ff. SGB XII besteht, in den Monaten 4 6 nur ein Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII und nach Ablauf von insgesamt 6 Monaten, also ab dem 7. Monat, dann wieder eine Quasi-Bindung in Richtung einer Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlichem Umfang nach §§ 27 ff. SGB XII aufgrund Ermessensreduzierung auf Null im Rahmen von § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Eine solche "Achterbahnfahrt" wäre kaum nachvollziehbar. Es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet während des voraussetzungslos zulässigen Aufenthalts in den ersten drei Monaten, in denen von einer "Aufenthaltsverfestigung" keine Rede sein kann, ein Anspruch nach dem SGB XII bestehen sollte, und es erscheint fraglich, mit welchen Ermessenserwägungen sich bei dieser Ausgangslage in den Monaten 4-6 plötzlich eine Leistungsablehnung oder auch nur eine der Form oder Höhe nach eingeschränkte Leistungsgewährung rechtfertigen lassen könnten.
Die Kammer hatte nicht darüber zu entscheiden, ob und ggf. auf welcher Rechtsgrundlage, von welchem Leistungsträger und in welchem Umfang bei der Antragstellerin im Einzelfall Leistungen zur Übernahme der Kosten der Rückreise und des bis dahin erforderlichen Aufenthalts (Überbrückungsleistungen) in Betracht zu ziehen sein können (vgl. hierzu z. B. einerseits LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER – juris (Rn. 66 f.), wonach derartige Leistungen vom SGB XII-Träger geschuldet sein können, und andererseits Hessisches LSG, Beschluss vom 22.05.2015 – L 4 SO 31/15 B ER – juris (Rn. 25), wonach grundsätzlich der SGB II-Träger "zuständig" sein soll, soweit noch nicht durch eine Verlustfeststellung eine Ausreisepflicht (§ 7 FreizügG/EU) begründet worden und diese entweder durch Eintritt der Bestandskraft oder durch Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO (§ 84 AufenthG ist nicht anwendbar, weshalb Rechtsbehelfe gegen eine Verlustfeststellung aufschiebende Wirkung besitzen) vollziehbar geworden ist, wodurch es zur Anwendung von § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II kommt, vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 05.02.2015 – L 6 AS 883/14 B ER – juris (Rn. 12)).
Die Antragstellerin beabsichtigt nicht, Deutschland zu verlassen, und begehrt keine derartigen Überbrückungsleistungen sondern laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen dauerhaften Verbleib in Deutschland; hierbei handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Erstellt am: 27.04.2016
Zuletzt verändert am: 27.04.2016