Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16.01.2004 und in Abänderung des Bescheides vom 19.01.2004 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2004 Arbeitslosengeld ohne Anrechnung eines Minderungsbetrages gemäß § 140 SGB III zu zahlen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtilchen Kosten der Klägerin. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Minderung ihres Anspruchs auf Zahlung von Arbeitslosengeld um 455,00 Euro, welche die Beklagte mit einer verspäteten Arbeitslosmeldung begründet.
Die 1967 geborene Klägerin arbeitete vom 30.09.1990 bis 31.12.2003 als kaufmännische Angestellte der Firma M. Das Arbeitsverhältnis endete durch Eigenkündigung der Klägerin vom 22.12.2003 aufgrund der Insolvenz des Arbeitgebers.
Am 05.01.2004 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 19.01.2004 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 05.01.2004 nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 455,00 Euro wöchentlich und teilte der Klägerin mit, dass ihr Arbeitslosengeld in Höhe von 455,00 Euro gemindert werde. Die Minderung erfolge, indem der Minderungsbetrag auf das halbe Arbeitslosengeld angerechnet werde. In dem Ergänzungsbescheid vom 16.01.2004 wurde dann ausgeführt, dass im Fall der Klägerin eine unverzügliche Meldung bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend nach Maßgabe des § 37 b des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) bis spätestens am 23.12.2003 hätte erfolgen müssen. Tatsächlich habe sie sich jedoch erst am 05.01.2004, das heißt, um 13 Tage verspätet, gemeldet. Nach § 140 SGB III mindere sich deshalb ihr Leistungsanspruch um 35,00 Euro für jeden Tag der verspäteten Meldung (längstens jedoch für 30 Tage), hier also um insgesamt 455,00 Euro.
Zur Begründung des hiergegen binnen Monatsfrist eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, dass sie am 22.12.2003 bei der Bäckerei M habe kündigen müssen, da das Insolvenzverfahren beantragt worden sei und bereits drei Monate keine Lohnzahlungen geflossen seien. Die Kündigung sei zum 31.12.2003 ausgesprochen worden. Sie verstehe nicht, wieso die Beklagte Geld für die Zeit vor diesem Zeitpunkt abziehe. Überdies seien in der Zeit vor dem 05.01.2004 noch Gespräche über eine Weiterbeschäftigung bei dem Insolvenzverwalter geführt worden, die dann aber keinen positiven Abschluss gefunden hätten. Schließlich gebe sie zu Bedenken, dass die Feiertage und der Jahreswechsel sowie die allgemein schlechte Situation nicht günstig seien, eine neue Anstellung zu finden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit Schreiben vom 02.02.2004 trug die Klägerin noch gegenüber der Beklagten vor, die Kündigung zum 31.12.2003 sei auf Anraten des Insolvenzverwalters erfolgt, um ihre Ansprüche auf Insolvenzgeld zu sichern. Von einer eventuellen Arbeitslosigkeit und der damit verbundenden Meldung als Arbeitssuchende habe sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgehen können, da man den Arbeitnehmern mitgeteilt habe, dass eine Fusion stattfinden und die Arbeitnehmer ab dem 02.01.2004 weiterbeschäftigt würden. Erst am 05.01.2004 sei mitgeteilt worden, dass eine Weiterbeschäftigung nicht möglich sei. Daraufhin habe sie sich umgehend arbeitslos gemeldet.
Am 26.02.2004 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt sie ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, zwar bestehe gemäß § 37 b SGB III eine Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung. Eine solche liege nach dem Leitfaden der Beklagten vor, wenn sich der Arbeitnehmer innerhalb von 7 Kalendertagen ab dem Tage, nach dem der versicherungspflichtige Kenntnis von dem Beendigungszeitraum erlangt hat, gemeldet habe. Aufgrund der zahlreichen Feiertage nach dem 22.12.2003 habe sich die Klägerin am 05.01.2004 und mithin am 5. Arbeitstag nach der Kündigung arbeitssuchend gemeldet. Insofern habe sie sich unverzüglich gemeldet. Bei der Fristberechnung seien die Feiertage nicht zu berücksichtigen, da ansonsten eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin stattfände. Nach den Vorgaben des Leitfadens der Beklagten käme eine Anspruchsdauerminderung überdies erst für die Zeit nach Ablauf der 7 Wochentage und mithin ab dem 30.12.2003 in Betracht. Eine Information der Klägerin dahingehend, dass unmittelbar und unverzüglich nach der Kündigung eine Meldung beim Arbeitsamt erforderlich sei, habe weder der Insolvenzverwalter noch die Firma M erteilt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 19.01.2004 unter Aufhebung des Bescheides vom 16.01.2004 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2004 zu verurteilen, der Klägerin ab dem 05.01.2004 Arbeitslosengeld ohne Anrechnung eines Minderungsbetrages gemäß 140 SGB III zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Berufung zu zulassen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin ist durch die Bescheide vom 19. und 16.01.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.04.2004 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, denn diese Bescheide sind rechtswidrig. Die Beklagte hat den Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Arbeitslosengeld zu Unrecht gemäß § 140 SGB III um 455,00 Euro gemindert, denn die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor.
Hat sich der Arbeitslose entgegen § 37 b SGB III nicht unverzüglich arbeitssuchend gemeldet, so mindert sich das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen aufgrund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung beträgt
1. bei einem Bemessungsentgelt bis zu 400,00 Euro sieben Euro,
2. bei einem Bemessungsentgelt bis zu 700,00 Euro 35 Euro und
3. bei einem Bemessungsentgelt über 700,00 Euro 50 Euro
für jeden Tag der verspäteten Meldung. Die Minderung ist auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet. Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der sich nach den Sätzen 2 und 3 ergibt, auf das halbe Arbeitslosengeld angerechnet wird. Gemäß § 37 b SGB III in der ab 01.07.2003 geltenden Fassung sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird. Die Pflicht zur Meldung gilt nicht bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis. Unverzüglich bedeutet "ohne schuldhaftes Zögern" (vgl. Gagel: SGB III, § 37 b, Rn. 5). Unverschuldet unterbleibt die Meldung an Tagen, an denen das Arbeitsamt nicht dienstbereit ist (vgl. § 122 Abs. 3 SGB III und Gagel, a. a. O., Rn. 7). Die Beklagte geht insofern intern davon aus, dass eine Meldung binnen 7 Kalendertagen nach Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses noch unverzüglich und damit ohne die Minderungsfolge gemäß § 140 SGB III ist. Dem schließt sich das Gericht insoweit an, als dass eine Arbeitslos- bzw. -suchendmeldung binnen 7 Tage nach Kenntnis der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls unverzüglich im Sinne des § 37 b SGB III ist. Dabei geht das Gericht allerdings davon aus, dass der Zeitraum von 7 Kalendertagen üblicherweise 5 Kalendertage umfasst, an denen die Beklagte dienstbereit ist. Sofern sich daher unter den 7 Kalendertagen nach Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses mehr als zwei Kalendertage befinden, an denen die Beklagte nicht dienstbereit ist, so verlängert sich die 7-Tages-Frist zur Überzeugung des Gerichts um diese Zeiträume. Im Sinne einer Gleichbehandlung aller Leistungsbezieher ist daher eine Arbeitslos- bzw. -suchendmeldung bis zum 5. Werktag an dem Dienstbereitschaft bei der Beklagten besteht jedenfalls noch als unverzüglich und damit sanktionslos im Sinne des § 140 SGB III anzusehen.
Vorliegend hat die Klägerin am 22.12.2003 von der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.12.2003 erfahren. Der 05.01.2004 war erst der 5. Werktag mit Dienstbereitschaft der Beklagten, da die Beklagte nach dem 22.12.2003 nur am 23., 29. und 30.12.2003 sowie am 02.01.2004 dienstbereit war. Das Gericht geht deshalb davon aus, dass sich die Klägerin unverzüglich im Sinne des § 37 b SGB III arbeitslos gemeldet hat. Die Voraussetzungen für eine Anspruchsminderung gemäß § 140 SGB III liegen damit nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Das Gericht hat die Berufung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil es der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Erstellt am: 26.07.2004
Zuletzt verändert am: 26.07.2004