Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27.08.2012 geändert. Den Klägern wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin T aus L beigeordnet. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Kläger ist begründet. Das Sozialgericht (SG) hat den Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren zu Unrecht abgelehnt.
Nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit den §§ 114, 115 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Der Verfolgung des Anspruchs der Kläger kann im Hinblick auf eine ungeklärte Rechtsfrage die hinreichende Erfolgsaussicht nicht von vornherein abgesprochen werden. Die Entscheidung, insbesondere zur Reichweite des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II bei Staatsangehörigen aus Bulgarien und Rumänien, hängt von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage ab. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, die einen Leistungsausschluss ohne entsprechende Öffnungsklausel insbesondere für sog. "Alt-Unionsbürger" normiert, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar und damit für EU-Bürger einschränkend auszulegen ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 29.02.2012 – L 20 AS 2347/11 B ER – und vom 03.04.2012 – L 5 AS 2157/11 – mit weiteren Hinweisen auf den Meinungsstand; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.11.2012, L 7 AS 1072/12 B ER). Die vom SG im angefochtenen Beschluss zitierte Rechtsprechung des 19. Senats des Landessozialgerichts NRW zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (Beschluss vom 11.07.2012, L 19 AS 982/12 B) ist umstritten. So zieht der 6. Senat des Landessozialgerichts NRW die Anwendung des Art. 4 in Verbindung mit Art. 70 Abs. 1 VO (EG) 883/2004 in Betracht (Beschluss vom 09.11.2012, L 6 AS 1324/12 B ER; vgl. auch Grundsicherungsleistungen für Unionsbürger unter dem Einfluss der VO (EG) Nr. 883/2004 von Prof. Dr. Dorothee Frings in Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik -ZAR-, Nr. 9/2012, Seite 317 ff.). Daher ist der Ausschluss jeglicher Grundsicherung sowohl europarechtlich als auch nach Maßstab von Art. 1 Grundgesetz (GG) im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) zweifelhaft und im Einzelfall zu prüfen.
Auch bei einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage ist Prozesskostenhilfe zu gewähren (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 73a Rn. 7b m.w.N.).
Die Kläger sind nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aus eigenen Mitteln zu bestreiten (§ 73a SGG i.V.m. § 114 f. der Zivilprozessordnung -ZPO-). Die Prozesskostenhilfe ist aus diesem Grunde ratenfrei zu bewilligen.
Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Erstellt am: 20.02.2013
Zuletzt verändert am: 20.02.2013