Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.08.2018 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um eine Honorarrückforderung infolge sachlich-rechnerischer Richtigstellung von 186.680,85 EUR.
Die 77-jährige Antragstellerin ist Diplom-Psychologin und in L als Psychologische Psychotherapeutin zugelassen. Nachdem die Antragsgegnerin einen Hinweis darauf erhalten hatte, die Antragstellerin habe Gutachten zur Beantragung einer Psychotherapie bei einem "Fremdgutachter" in Auftrag gegeben, veranlasste sie eine Plausibilitätsprüfung. Als Ergebnis hielt sie fest, dass die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Dokumentation durchgehend nicht erfüllt seien. Daraufhin strich sie für die Quartale IV/2013 bis III/2017 sämtliche Ansätze der Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 35200 und 35201 des Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) in der bis 30.06.2017 geltenden Fassung sowie sämtliche Ansätze der GOP 35401, 35402 und 35405 EBM in der ab 01.07.2017 geltenden Fassung, hob die Honorarbescheide für die Quartale IV/2013 bis III/2017 mit Bescheid vom 07.02.2018 teilweise auf und forderte Honorare in Höhe von 186.680,55 EUR zurück. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 18.04.2018 zurück. Hiergegen hat die Antragstellerin die unter dem Aktenzeichen S 33 KA 89/18 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf anhängige Klage erhoben.
Am 28.06.2018 hat die Antragstellerin beim SG um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie hat vorgetragen: Sie habe die Dokumentationen ordnungsgemäß geführt und nicht gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung verstoßen (wird ausgeführt). Die schon seit Erlass des Rückforderungsbetrages ausbleibenden Zahlungen würden ihre Praxis in eine wirtschaftlich nicht tragbare Situation bringen. Die liquiden Mittel beliefen sich ohne das vertragspsychotherapeutische Honorar auf lediglich ca. 420,00 EUR monatlich.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die aufschiebende Wirkung ihrer unter dem Aktenzeichen S 33 KA 89/18 anhängigen Klage gegen den Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2018 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat sinngemäß beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat gemeint, der streitige Bescheid sei bei summarischer Prüfung rechtmäßig. Zu einer unbilligen Härte führende und ggf. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigende Gründe seien weder ersichtlich noch dargetan.
Mit Beschluss vom 08.08.2018 hat das SG antragsgemäß entschieden. Es hat ausgeführt: Der Antrag sei zulässig und begründet. Nach § 85 Abs. 4 Satz 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung keine aufschiebende Wirkung. Mit Bescheid vom 07.02.2018 habe die Antragsgegnerin der Honorarfestsetzung für die betroffenen Quartale i.S.d. § 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V teilweise aufgehoben und Honorar zurückgefordert. Honorarbescheide ergingen grundsätzlich unter dem Vorbehalt einer späteren Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit, was nicht nur ihre nachgehende Aufhebung bzw. Änderung, sondern auch sich daraus ergebende Rückforderungen bereits gezahlter Honorare einschließe. Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hätten, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ausgehend hiervon bestehe Anlass, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Honorarrückforderungsbescheid anzuordnen. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Bei der Plausibilitätsprüfung handele es sich nicht um ein eigenständiges Verfahren der Honorarkürzung. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) seien nicht schon wegen fehlender Plausibilität, sondern nur dann zur sachlich-rechnerischen Berichtigung von Abrechnungen berechtigt, wenn diese unrichtig seien, etwa weil der Arzt abgerechnete Leistungen so nicht erbracht oder er die Leistungslegenden der einzelnen Positionen in der Gebührenordnung falsch angewandt habe. Eine KV sei nicht schon dann zur Honorarberichtigung berechtigt, wenn eine fehlerhafte Anwendung der Gebührenordnung wahrscheinlicher erscheine als eine unwirtschaftliche Leistungserbringung. Die Plausibilitätsprüfung könne lediglich Hinweise darauf ergeben, dass die Gebührenordnung falsch angewandt worden sei oder Unwirtschaftlichkeiten vorlägen. Sie dürfe nicht mittels Beweislastumkehr dazu führen, dass allein aus bestimmten Auffälligkeiten auf eine fehlerhafte Abrechnung geschlossen und dem Arzt auferlegt werde, die Richtigkeit seiner Abrechnung zu beweisen. Insofern erscheine die von der Antragsgegnerin vorgenommene Berichtigung nicht gerechtfertigt. Dabei könne dahingestellt bleiben, inwieweit die Antragstellerin sich fehlerhaft verhalten habe, denn die Antragsgegnerin habe die Berichtigung ausschließlich auf die nach ihrem Dafürhalten unzureichende Dokumentation gestützt. Fehlende oder unzureichende Dokumentationen verstießen zweifellos gegen berufsrechtliche und vertragsärztliche bzw. vertragspsychotherapeutische Pflichten. Das gebe Anlass zu anderen, etwa disziplinarischen Maßnahmen und könne ggf. dazu führen, die Geeignetheit des Leistungserbringers zu hinterfragen. Eine fehlende oder unzureichende Dokumentation rechtfertige die Streichung einer abgerechneten Leistung wegen einer nicht vollständigen Erbringung jedoch nur dann, wenn die Dokumentation zum ausdrücklichen Leistungsinhalt der Gebührenordnungsposition gehöre. Die Abrechnung einer unter Verletzung berufsrechtlicher und vertragsärztlicher Pflichten erbrachten Leistung könne der Abrechnung einer nicht erbrachten Leistung nicht gleichgestellt werden. Angesichts der danach bestehenden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides und der ersichtlich drohenden wirtschaftlichen Nachteile erscheine es angezeigt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Rückforderungsbescheid anzuordnen.
Diese Entscheidung greift die Antragsgegnerin fristgerecht mit der Beschwerde an. Sie trägt vor: Die fehlende bzw. unzureichende Dokumentation rechtfertige es, die betreffenden Abrechnungsziffern zu korrigieren. Selbst wenn die Dokumentationspflicht in den betreffenden GOP nicht als obligater Leistungsinhalt genannt werde, so ergebe sich u.a. aus § 11 Abs. 5 der Psychotherapie-Vereinbarung und § 9 der Berufsordnung der Kammer für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Nordrhein-Westfalen und dem EBM die entsprechende Dokumentationspflicht. Bereits im fakultativen Leistungsinhalt der betreffenden Abrechnungsziffern werde auf die Psychotherapie-Vereinbarung und Psychotherapie-Richtlinie Bezug genommen. Darüber hinaus sei Kapitel 35 des EBM mit "Leistungen gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinien)" überschrieben. Bei dieser Richtlinie handele es sich nicht um Berufsrecht. Nach § 37 Psychotherapie-Richtlinie erforderten Leistungen für jede Patientin und jeden Patienten eine schriftliche Dokumentation des Datums der Leistungserbringung, der diagnostischen Erhebungen, der wesentlichen Inhalte der psychotherapeutischen Interventionen sowie der Ergebnisse in der Patientenakte. Die "individuelle Patienteninformation" gem. § 11 Abs. 15 sei ebenfalls Bestandteil der Patientenakte. Eine diesen Vorgaben genügende Dokumentation sei nicht vorhanden. Die handschriftlichen Aufzeichnungen der Antragstellerin enthielten keine vollständigen Patientennamen und kein vollständiges Datum. Die Aufzeichnungen seien nicht lesbar. Zudem fehlten Diagnostik, Therapie, Berichte an die Gutachter, die Gutachterberichte, Bewilligungen und Mitteilungen an Krankenkassen sowie Diagnosen. Die vom Vertragsarzt nach § 57 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) vorzunehmende Dokumentation seiner ärztlichen Leistungen müsse vollständig, in sich widerspruchsfrei und lesbar sein. Da im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit die Dokumentation Voraussetzung für die Nachprüfung korrekter Diagnostik, Therapie und Abrechnung sei, berechtige eine fehlende oder unvollständige Dokumentation zur sachlich-rechnerischen Berichtigung. Mithin sei der Honoraraufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 07.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2018 rechtmäßig. Drohende wirtschaftliche Nachteile seien nicht ersichtlich.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG Düsseldorf vom 08.08.2018 aufzuheben und den Antrag vom 28.06.2018 abzulehnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, nicht gegen spezifisch vertragspsychotherapeutische Pflichten verstoßen zu haben und trägt vor: Eine Regelung im fakultativen Leistungsinhalt der entsprechenden Abrechnungsziffern des EBM (z.B. GOP 35405 – Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (LZT, Einzelbehandlung)) sei schon deswegen für die Bemessung des für die Abrechnung obligaten Leistungsinhaltes unerheblich, weil dort unter dem Punkt "Obligater Leistungsinhalt" weder die Psychotherapie-Richtlinie noch die Psychotherapie-Vereinbarung bezogen werde. Der obligate Leistungsanteil, der alleine maßgeblich sei für die Ordnungsgemäßheit der Erbringung und Abrechnung der Abrechnungsziffer, werde vom fakultativen Leistungsinhalt nicht berührt. Soweit unter dem obligaten Leistungsinhalt die Psychotherapie-Richtlinie in Bezug genommen werde, erfolge dies nur hinsichtlich des sich nach § 29 Psychotherapie-Richtlinie bestimmenden Behandlungsumfanges. Spezifische Berufspflichten zur Dokumentation seien damit nicht in Bezug genommen. Berufspflichten im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung seien nicht Gegenstand der Regelungen des EBM geworden. Auch die Inbezugnahme in der Überschrift des Kapitels 35 trage kein abweichendes Ergebnis. Die Überschrift habe lediglich eine Abgrenzungsfunktion zu anderen Leistungsinhalten des EBM (wird ausgeführt). Auch im Übrigen habe sie – die Antragstellerin – nicht gegen Dokumentationspflichten verstoßen. Sie habe ihre Tätigkeit dokumentiert. Werde dies bestritten, müsse der betreffende Sachverhalt aufgeklärt werden. Ohnehin schreibe § 57 Abs. 1 BMV-Ä nur vor, dass eine Dokumentation "in geeigneter Weise" zu erfolgen habe. Sie habe jeweils nachvollziehbar und zuordnungsfähig dokumentiert. Dass die "vollständigen Patientennamen" und ein "vollständiges Datum" festgehalten werden müssten, lasse sich § 57 Abs. 1 BMV-Ä nicht entnehmen. Zwar behaupte die Antragsgegnerin, die Aufzeichnungen seien nicht lesbar, allerdings widerspreche sie sich, denn sie habe jedenfalls die Patientennamen und das entsprechende Datum der Dokumentation entnehmen können.
Mit Beschluss vom 06.08.2018 hat der Zulassungsausschuss für Ärzte Köln – Kammer Psychotherapie – der Antragstellerin die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung mit Wirkung ab 16.07.2018 entzogen. Der Zulassungsausschuss ging davon aus, dass die Antragstellerin gegen ihre Pflicht, peinlich genau abzurechnen, gröblich verstoßen hat. Nach Aktenlage hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet. Mit im Ergebnis zutreffender Begründung hat das SG dem Antrag stattgegeben. Hierauf nimmt der Senat Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG analog). Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.
Im Einzelnen:
1. Der Antrag ist zulässig.
a) Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 07.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2018 anzuordnen, ist statthaft (§ 86b Abs. 1 Satz 1 SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen (Nr. 1), in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (Nr. 2) und in den Fällen des § 86a Abs. 3 SGG die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen (Nr. 3).
b) Grundvoraussetzung für den Antrag, die aufschiebende Wirkung anzuordnen, ist ein Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ist (noch) gegeben. Zwar ist die Zulässigkeit des Antrags nicht an ein irgendwie geartetes Vorverfahren geknüpft. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Beschluss vom 27.10.1998 – 2 BvR 2662/95 – indessen darauf hingewiesen, dass in Einklang mit Art. 19 Abs. 4 GG jede an einen Antrag gebundene Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt (vgl. auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, vor § 51 Rn. 16a; Frehse in: Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 86b Rn. 6 m.w.N.; Hommel in: Peters/Sautter/Wolff, 4. Auflage, 78. Lfg., 9/2004, § 86b Rn. 35). Demzufolge gilt, dass im Interesse der Entlastung der Gerichte das Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen ist, wenn der Beteiligte sein Begehren erkennbar auch außergerichtlich durchsetzen kann oder der Versuch, eine Aussetzung durch die Behörde zu erreichen, nicht von vornherein aussichtslos erscheint. Ein solcher Antrag wäre auch noch nach Klageerhebung zulässig, denn ab diesem Zeitpunkt können sowohl die Verwaltung als auch das Gericht die sofortige Vollziehung anordnen (Senat, Beschluss vom 16.04.2014 – L 11 KA 76/13 B ER -; Beschluss vom 27.05.2013 – L 11 KA 16/13 B ER -). Dieser Ansatz wiederum ist dahin einzuschränken, dass zwar beide Stellen zuständig sind, indessen die sofortige Vollziehung zunächst bei der Verwaltung zu beantragen ist. Erst wenn ein solcher Antrag erkennbar aussichtslos ist, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung des Gerichts (Senat, Beschluss vom 02.01.2018 – L 11 KA 39/17 B ER -; Beschluss vom 16.04.2014 – L 11 KA 76/13 B ER -; Beschluss vom 27.05.2013 – L 11 KA 16/13 B ER -; Frehse, a.a.O., § 86b Rn. 6 m.w.N.). Der gegenteiligen Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17.01.2007 – B 6 KA 4/07 R – folgt der Senat nicht. Zwar führt das BSG aus, § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG setze im Gegensatz zu § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gerade nicht voraus, dass sich der Antragsteller zunächst an die Verwaltung wende, um eine Entscheidung der zuständigen Behörde über die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zu erhalten. Das trifft zwar zu, greift indessen zu kurz. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis lediglich normativ konkretisiert. Nur wenn die Behörde einen Aussetzungsantrag ablehnt oder die besonderen Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO vorliegen, kann unmittelbar die Aussetzung bei Gericht beantragt werden. Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Förmlichkeiten eines solchen Antrags sind streng (Redeker in Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Auflage, 2014, § 80 Rn. 38). Hieraus lässt sich nicht schlussfolgern, dass für das SGG Abweichendes gilt. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Grundvoraussetzung dafür, dass ein Gericht sich in der Sache mit dem angetragenen Rechtsstreit befasst. Mithin ist ein Antrag nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG auch ohne normative Verfestigung entsprechend § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO vorrangig (std. Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschluss vom 02.01.2018 – L 11 KA 39/17 B ER -; Beschluss vom 06.02.2017 – L 11 KA 62/16 B ER -; Beschluss vom 16.04.2014 – L 11 KA 76/13 B ER -; Beschluss vom 27.05.2013 – L 11 KA 16/13 B ER -; Beschluss vom 16.03.2011 – L 11 KA 96/10 B ER -; Beschluss vom 23.12.2010 – L 11 KA 71/10 B ER -; so auch Hommel, a.a.O., § 86b Rn. 27).
Die Antragstellerin hat keinen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG gestellt. Dennoch ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Denn aus dem prozessualen Vorbringen der Antragsgegnerin ist zu entnehmen, dass ein vorprozessual gestellter Antrag erkennbar aussichtslos gewesen wäre. Auf einen im Gerichtsverfahren zu stellenden Antrag kann die Antragstellerin aus nämlichem Grund nicht verwiesen werden.
2. Der Antrag ist begründet.
a) Die Antragstellerin begehrt, den durch § 86b Abs. 2 Satz 6 SGB V beseitigten Suspensiveffekt ihrer Klage (§ 86a Abs. 1 SGG) wiederherzustellen. In Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG ist nicht nach Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch zu differenzieren (Senat, Beschluss vom 13.06.2016 – L 11 KA 76/15 B ER -; Beschluss vom 11.10.2013 – L 11 KA 23/13 B ER -; Beschluss vom 17.07.2013 – L 11 KA 101/12 B ER -). Demgegenüber wird für die Prüfung, ob und inwieweit die streitige Regelung wesentliche Nachteile zur Folge hat oder eine Rechtsverwirklichung vereitelt bzw. wesentlich erschwert, in beiden Varianten des § 86b Abs. 2 SGG grundsätzlich auf die wirtschaftlichen Folgen der in geschützte Rechtsgüter (z.B. Art. 12, 14 Grundgesetz) eingreifenden Regelung abgestellt (Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – L 11 KA 76/18 B ER -; Beschluss vom 13.06.2016 – L 11 KA 76/15 B ER -; Beschluss vom 11.10.2013 – L 11 KA 23/13 B ER -; Beschluss vom 17.07.2013 – L 11 KA 101/12 B ER -; Beschluss vom 27.05.2013 – L 11 KA 16/13 B ER -). Hingegen nennt § 86b Abs. 1 SGG keine Voraussetzungen für den Erfolg des Eilantrags (Hommel, a.a.O., § 86b Rn. 36). Infolgedessen ist zu klären, welcher Maßstab für die richterliche Eilentscheidung wesentlich ist. Hierzu werden unterschiedliche Auffassungen vertreten (Nachweise bei Frehse, a.a.O., § 86b Rn. 34). Der Senat hat als Eingangskriterium festgelegt, dass die öffentlichen und privaten Interessen abzuwägen sind (Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – L 11 KA 76/18 B ER -; Beschluss vom 17.07.2013 – L 11 KA 101/12 B ER -; Beschluss vom 23.12.2010 – L 11 KA 71/10 B ER -; vgl. auch Keller, a.a.O., § 86b Rn. 12e ff.; Frehse, a.a.O., § 86b Rn. 34 ff.). Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund (Senat, Beschluss vom 06.05.2015 – L 11 KA 10/14 B ER -; Beschluss vom 17.07.2013 – L 11 KA 101/12 B ER -; Beschluss vom 16.03.2011 – L 11 KA 96/10 B ER -). Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Am Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes besteht kein öffentliches Interesse (z.B. Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – L 11 KA 76/18 B ER -; Beschluss vom 13.06.2016 – L 11 KA 76/15 B ER -; Beschluss vom 06.05.2015 – L 11 KA 10/14 B ER -; Beschluss vom 10.11.2010 – L 11 KA 87/10 B ER -; Hommel, a.a.O., § 86b Rn. 38). Andererseits liegt ein überwiegendes öffentliches Interesse dann vor, wenn der angefochtene Verwaltungsakt ersichtlich rechtmäßig ist (Senat, Beschluss vom 13.06.2016 – L 11 KA 76/15 B ER -). Die Gesetzesbegründung formuliert hierzu (BT-Drucks. 14/5943 zu Nr. 34, S. 15, li Spalte):
"Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung wird von den Gerichten regelmäßig auch dann angenommen, wenn sich ohne weiteres und in einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Weise erkennen lässt, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig ist und die Rechtsverfolgung des Bürgers keinerlei Erfolg verspricht (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. April 1974, NJW 1974, S. 1294/1295)."
Sind die Erfolgsaussichten nicht offensichtlich, müssen die für und gegen eine sofortige Vollziehung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Dabei ist die Regelung des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG zu beachten, wonach in den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben) die Vollziehung nur ausgesetzt werden soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Vergleichbares gilt, wenn der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wie im Fall der Regressfestsetzung durch den Beschwerdeausschuss in § 106c Abs. 3 Satz 5 SGB V oder in Fällen des § 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V ausdrücklich ausgeschlossen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 31.08.2011 – L 11 KA 24/11 B ER -). Im Rahmen der Interessenabwägung kommt es ggf. auch auf wirtschaftliche Beeinträchtigungen an, die in § 86b Abs. 1 SGG keine solche Bedeutung wie im Anwendungsbereich des § 86b Abs. 2 SGG haben. Für § 86b Abs. 1 SGG sind wirtschaftliche Interessen ein Kriterium neben einer Vielzahl anderer in die Abwägung einzubeziehender Umstände und können – je nach Sachlage – auch von untergeordneter Wertigkeit sein (Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – L 11 KA 76/18 B ER -; Beschluss vom 13.06.2016 – L 11 KA 76/15 B ER -; Beschluss vom 21.05.2010 – L 11 B 15/09 KA ER -).
b) In Anwendung der Maßstäbe bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.
aa) Der Bescheid vom 07.02.2018 ist zwar formell fehlerhaft. Allerdings ist der Fehler geheilt. Die Antragsgegnerin hätte der Antragstellerin Gelegenheit geben müssen, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 24 Abs. 1 SGB X). Der Bescheid greift in ihre Rechte ein. Die Ausnahmetatbestände des § 24 Abs. 2 SGB X liegen nicht vor. Der Mangel ist heilbar. Die Verletzung des § 24 Abs. 1 SGB X ist unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Das kann bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geschehen (§ 41 Abs. 2 SGB X). Die Antragstellerin hat Widerspruch eingelegt (§ 78 Abs. 1 SGG), über den die Antragsgegnerin am 18.04.2018 entschieden hat. Infolgedessen ist der Mangel geheilt (hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.02.2012 – B 13 R 85/09 R -).
bb) Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Richtigstellung einer Vertragsarztabrechnung ist § 106d SGB V. Durch Art. 2 Nr. 9 des GKV-Versorgungsstärkungsgesetz vom 16.07.2015 (BGBl I 2015, 1211) wurde der Inhalt des zuvor die Plausibilitätsprüfung regelnden § 106a SGB V nach § 106d SGB V transferiert. Ergänzende Bestimmungen enthalten §§ 45, 46 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Ersatzkassenvertrag-Ärzte. Die Rückforderung basiert auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
(1) Als Grundnorm bestimmt § 106d Abs. 1 SGB V: "Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen prüfen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung." § 106d Abs. 2 SGB V präzisiert diese Vorgabe nach Maßgabe weiterer Voraussetzungen. Gemäß § 106d Abs. 6 Satz 1 SGB V vereinbaren die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich Inhalt und Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 2 bis 4.
Die hierauf beruhenden "Richtlinien zum Inhalt und zur Durchführung der Prüfungen gemäß § 106d Abs. 6 SGB V (Abrechnungsprüfungsrichtlinien)" i.d.F. vom 07.03.2018 (RiL) sind auf die Prüfung der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Psychotherapeuten anzuwenden (§ 1 Abs. 1 RiL). Zuständig für die in § 106d Abs. 2 SGB V vorgesehene Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit und die darauf bezogene Plausibilitätsprüfung ist die KV (§ 2 Abs. 1 RiL). Gegenstand der Abrechnungsprüfung ist die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RiL). Das umfasst die rechtlich ordnungsgemäße Leistungserbringung und die formal richtige Abrechnung der erbrachten Leistungen und der geltend gemachten Sachkosten (§ 3 Abs. 1 Satz 2 RiL) und wird im Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung durchgeführt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 RiL). Die Plausibilitätsprüfung in dem in § 7 RiL geregelten Umfang ist Teil dieser Prüfung (§ 3 Abs. 2 Satz 2 RiL). Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung zielt auf die Feststellung ab, ob die abgerechneten Leistungen rechtlich ordnungsgemäß, also ohne Verstoß gegen gesetzliche, vertragliche oder satzungsrechtliche Bestimmungen, erbracht worden sind (§ 4 Abs. 1 RiL). Die Plausibilitätsprüfung stellt ein Verfahren dar, mit dessen Hilfe aufgrund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen die rechtliche Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen vermutet werden kann. Anhaltspunkte für eine solche Vermutung sind Abrechnungsauffälligkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 RiL). Solche sind durch die Anwendung der Aufgreifkriterien mit sonstigen Erkenntnissen aus Art und Menge der abgerechneten ärztlichen Leistungen zu gewinnende Indizien, welche es wahrscheinlich machen, dass eine fehlerhafte Leistungserbringung im Sinne des § 6 zu Grunde liegt (§ 5 Abs. 1 Satz 3 RiL). Rechtlich nicht ordnungsgemäß sind insbesondere Abrechnungen von nicht oder nicht vollständig erbrachten Leistungen (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 RiL).
Abrechnungsauffälligkeiten sind durch Aufgreifkriterien mit sonstigen Erkenntnissen aus Art und Menge der abgerechneten ärztlichen Leistungen zu gewinnende Indizien, welche es wahrscheinlich machen, dass eine fehlerhafte Leistungserbringung im Sinne des § 6 zugrunde liegt (§ 5 Abs. 1 Satz 3 RiL). Die Plausibilitätsprüfung allein ersetzt nicht das Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung. Erst wenn die KV aufgrund der Plausibilitätsprüfung allein oder in Verbindung mit weiteren Feststellungen zu dem Ergebnis kommt, dass die Leistungen fehlerhaft abgerechnet worden sind, führt sie ein Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung durch (§ 5 Abs. 2 Satz 2 RiL). Mittels § 7 RiL wird die Plausibilitätsprüfung weiter präzisiert. So bestimmt § 7 Abs. 1 RiL, dass Plausibilitätsprüfungen von der KV als regelhafte (Abs. 2) und als anlassbezogene Prüfungen (Abs. 4) durchgeführt werden. Die regelhafte Plausibilitätsprüfung erstreckt sich gem. § 7 Abs. 2 RiL auf die Feststellung von Abrechnungsauffälligkeiten i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 3 RiL mittels Überprüfung des Umfangs der abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand (Prüfung nach Zeitprofilen (§ 8 RiL)). Die regelhafte Prüfung kann nach Maßgabe des § 9 RiL erweitert werden (§ 7 Abs. 2 Satz 2 RiL). Ergibt die regelhafte Plausibilitätsprüfung Abrechnungsauffälligkeiten, werden ergänzende Plausibilitätsprüfungen nach § 12 Abs. 1 durchgeführt (§ 7 Abs. 3 RiL). Bei konkreten Hinweisen und Verdachtsmomenten (§ 20 RiL) führt die Kassenärztliche Vereinigung eine anlassbezogene Plausibilitätsprüfung durch (§ 7 Abs. 4 RiL).
Das Verfahren der Plausibilitätsprüfung und das Verfahren der Prüfung der sich daraus ergebenden Abrechnungsauffälligkeiten regeln gemäß § 106d Abs. 5 SGB V i.V.m. § 13 RiL die jeweilige KV und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich in einer Verfahrensordnung. Im Bereich der Antragsgegnerin gilt die Vereinbarung zur Durchführung der Abrechnungsprüfung nach § 106a Abs. 5 SGB V (Plausibilitätsvereinbarung) vom 01.10.2010 (Rheinisches Ärzteblatt 9/2011, S. 68 ff.).
(2) Diese untergesetzlichen Regelungen sind von der Ermächtigungsgrundlage (§ 106d Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5 SGB V) gedeckt. Plausibilitätsprüfungen stellen nach der Intention des Gesetzes ein Verfahren dar, aufgrund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen im Ergebnis die Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen aufzudecken. Die normativen Grundlagen ermächtigen die Vertragspartner allerdings nicht, eine Umkehr der Beweislast zu vereinbaren. Ergibt eine Plausibilitätskontrolle für sich oder i.V.m. anderen Verfahren, dass die Abrechnung des Vertragsarztes ganz oder teilweise unrichtig ist, so ist für eine Widerlegung dieser "Vermutung" durch den Arzt kein Raum. Kann sich die KV eine solche Überzeugung von der Fehlerhaftigkeit der Abrechnung nicht bilden, kann der erforderliche Nachweis nicht durch eine "Vermutung" ersetzt und der Nachweis der ordnungsgemäßen Abrechnung im Wege der Beweislastumkehr auf den Vertragsarzt verlagert werden. Ungeachtet aller in der Praxis vorkommenden und unvermeidlichen Abgrenzungsschwierigkeiten muss klar unterschieden werden, ob dem Arzt vorgehalten wird, Leistungen falsch abgerechnet oder lediglich bestimmte Leistungen in einem unwirtschaftlichen Ausmaß erbracht und abgerechnet zu haben (so BSG, Urteil vom 08.03.2000 – B 6 KA 16/99 R -). Sachlich-rechnerische Richtigstellung und Honorarrückforderung sind demnach erst dann zulässig, wenn sich die KV auf der Grundlage der durchgeführten Plausibilitätsprüfung, ggf. unter Einbindung weiterer Umstände, die Überzeugung davon verschafft hat, der betreffende Vertragsarzt habe fehlerhaft abgerechnet. Entscheidungen auf der Basis von Vermutungen sind per se rechtswidrig (Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – L 11 KA 76/18 B ER -; Beschluss vom 02.01.2018 – L 11 KA 39/17 B ER -).
(3) Die Abrechnungsrichtlinien bestätigen dies. Zwar stellt die Plausibilitätsprüfung ein Verfahren dar, mit dessen Hilfe aufgrund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen die rechtliche Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen vermutet werden kann (§ 5 Abs. 1 Satz 1 RiL). Anhaltspunkte für eine solche Vermutung sind Abrechnungsauffälligkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 2 RiL). Abrechnungsauffälligkeiten sind durch die Anwendung der Aufgreifkriterien mit sonstigen Erkenntnissen aus Art und Menge der abgerechneten ärztlichen Leistungen zu gewinnende Indizien, welche es wahrscheinlich machen, dass eine fehlerhafte Leistungserbringung im Sinne des § 6 zugrunde liegt (§ 5 Abs. 1 Satz 3 RiL). Indessen lässt eine solchermaßen begründete Vermutung, der betreffende Vertragsarzt habe fehlerhaft abgerechnet, eine Honorarberichtigung- und Rückforderung noch nicht zu. Zutreffend führt § 5 Abs. 2 Satz 1 RiL aus: "Die Plausibilitätsprüfung allein ersetzt nicht das Verfahren der sachlich – rechnerischen Richtigstellung. Erst wenn die Kassenärztliche Vereinigung aufgrund der Plausibilitätsprüfung allein oder in Verbindung mit weiteren Feststellungen zu dem Ergebnis kommt, dass die Leistungen fehlerhaft abgerechnet worden sind, führt die Kassenärztliche Vereinigung ein Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung durch ( …)". Die in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 vereinbarten Textpassagen entsprechen nahezu wortgetreu den Erkenntnissen des BSG im Urteil vom 08.03.2000 – B 6 KA 16/99 R – (s. soeben).
(4) Gemessen an diesen Vorgaben erweist sich der Widerspruchsbescheid vom 18.04.2018 als fehlerhaft.
(a) Die Antragsgegnerin hat die Ansätze der GOP 35200, 35201 (EBM bis 30.06.2017), 35401, 35402 und 35405 (EBM ab 01.07.2017) für die Quartale IV/2013 bis III/2017 wegen unzureichender Dokumentation mittels sachlich-rechnerischer Richtigstellung komplett gestrichen und hieraus einen Rückforderungsbetrag von 186.680,85 EUR errechnet (Bescheid S. 8). Die Anlässe für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung umschreibt § 6 wie folgt: (b) "(1) Zielrichtung der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit ist die rechtliche Ordnungsmäßigkeit der Leistungsabrechnung. Verstöße können zum Beispiel darin liegen, dass die Leistung überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungsabrechnung erforderliche spezielle Genehmigung oder unter Überschreitung des Fachgebietes erbracht worden ist. (2) Rechtlich nicht ordnungsgemäß sind insbesondere Abrechnungen in folgenden Fällen:
1. Fehlende Berechtigung zur Leistungsabrechnung,
2. Abrechnung nicht oder nicht vollständig erbrachter Leistungen,
3. Abrechnung von Leistungen, welche unter Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung erbracht worden sind,
4. Ansatz der falschen Gebührenordnungspositionen,
5. Nichtbeachtung der vertraglich vereinbarten Abrechnungsbestimmungen,
6. Abrechnung fachfremder Tätigkeit,
7. Fehlen der fachlichen und apparativen Voraussetzungen (einheitliche Qualifikationserfordernisse),
8. Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen, wenn die Leistungserbringung die erfolgreiche Teilnahme an Maßnahmen der Qualitätssicherung voraussetzt,
9. Nichteinhaltung des Überweisungsauftrags zur Auftragsleistung,
10. Fehlende ICD- und/oder OPS-Kodierung."
Die Eingangsvoraussetzungen für eine sachlich-rechnerische Richtigstellung sind erfüllt. Ausgehend von der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin wäre § 6 Abs. 2 Nr. 2 einschlägig. Der Vorwurf der Antragstellerin, die Antragstellerin habe gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung verstoßen, weil sie "Fremdgutachter" mit Gutachten zur Beantragung einer Psychotherapie beauftragt habe, ist § 6 Abs. 2 Nr. 3 zuzuordnen.
(b) Die Antragsgegnerin hat die Abrechnung der Antragstellerin aufgrund einer Plausibilitätsprüfung richtig gestellt. Hierzu hat sie die Abrechnungsunterlagen durchgesehen und wegen bestehender "Zweifel" an der Richtigkeit der Honorarabrechnungen (Bescheid vom 07.02.2018, S. 1) das Plausibilitätsverfahren eingeleitet. Das entspricht insoweit den Vorgaben des § 5 Abs. 1 Satz 1 RiL. Ausgangspunkt der Prüfung sind Abrechnungsauffälligkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 RiL). Das sind im hier maßgeblichen Zusammenhang die Abrechnung nicht oder nicht vollständig erbrachter Leistungen und die Abrechnung von Leistungen, welche unter Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung erbracht worden sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 und 3 RiL). Die Antragsgegnerin hat zwar jeweils einen solchen Sachverhalt angenommen. Indessen ist die Abrechnungsauffälligkeit nicht nachgewiesen (hierzu Senat, Beschluss vom 20.03.2019 – L 11 KA 76/18 B ER -). Die Antragstellerin bestreitet substantiiert, einen Fremdgutachter eingeschaltet zu haben. Überdies ist der Verstoß gegen Dokumentationspflichten nur dann eine Abrechnungsauffälligkeit, wenn die obligate Leistungsbeschreibung der jeweiligen GOP sich hierzu ausdrücklich verhält. Das ist nicht der Fall (s. unten).
(c) Die Antragsgegnerin hat im angefochtenen Bescheid als Dokumentationspflichten begründende Regelungen nur § 57 BMV-Ä, § 11 Abs. 5 der Psychotherapie-Vereinbarung vom 09.05.2017 sowie § 9 Abs. 1 der Berufsordnung der Kammer für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Nordrhein-Westfalen vom 25.04.2018 aufgeführt. Hingegen hat sie nicht festgestellt, dass die Antragstellerin den durch den EBM definierten Leitungsinhalt der betreffenden GOP nicht erbracht hat.
(aa) Vertragsarztrechtlich ist zwischen allgemeinen und speziellen Dokumentationspflichten zu unterscheiden. Allgemeine Dokumentationspflichten begründen § 57 BMV-Ä, § 11 Abs. 5 der Psychotherapie-Vereinbarung vom 09.05.2017 sowie § 9 Abs. 1 der Berufsordnung. Spezielle Dokumentationspflichten sind solche, die der EBM in der Legende der jeweilige Leistungsziffer vorgibt. Eine Gebührenordnungsposition ist danach nur berechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden ist (EBM Stand II/2017 Präambel 2.1. Satz 1). Im Übrigen bestimmt EBM Präambel 2.1 weiter: "Die Vollständigkeit der Leistungserbringung ist gegeben, wenn die obligaten Leistungsinhalte erbracht worden sind und die in den Präambeln, Leistungslegenden und Anmerkungen aufgeführten Dokumentationspflichten – auch die der Patienten- bzw. Prozedurenklassifikation (z. B. OPS, ICD 10 GM) – erfüllt, sowie die erbrachten Leistungen dokumentiert sind. Die in der Überschrift zu einer Gebührenordnungsposition aufgeführten Leistungsinhalte sind immer Bestandteil der obligaten Leistungsinhalte."
(bb) Richtigerweise hat die Antragsgegnerin sich in den angefochtenen Bescheiden nicht auf einen Verstoß gegen spezielle Dokumentationspflichten bezogen. Die gestrichenen GOP 35200, 35201, 35401, 35402 und 35405 EBM weisen als obligaten Leistungsinhalt keine spezielle Dokumentationspflicht wie z.B. Leistungen nach GOP 03220 bis 03222 EBM (hierzu Abschnitt 3.2.2 EBM) oder nach Kapitel 25 EBM (hierzu Abschnitt 25.1 EBM) auf.
Soweit sich die Antragsgegnerin in der Beschwerdeschrift auf § 11 Abs. 5 Psychotherapie-Vereinbarung und § 9 Berufsordnung beruft, enthalten diese Regelungen zwar Dokumentationspflichten, indessen rechnen diese ersichtlich nicht zum obligaten Leistungsinhalt der GOP 35200, 35201, 35401, 35402 und 35405 EBM. Spezifische Dokumentationspflichten sind nicht in Bezug genommen. Im obligaten Leistungsinhalt verweisen allerdings GOP 35200, GOP 35401, GOP 35402 EBM auf § 28 Psychotherapie-Richtlinie sowie GOP 35201 und 35405 EBM auf § 29 dieser Richtlinie. Bezugspunkt der Bezugnahme ist indessen nicht die Dokumentationspflicht sondern jeweils der Behandlungsumfang (z.B. GOP 35401 EBM: " Kurzzeittherapie 1 im Behandlungsumfang gemäß § 28 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie, …").
Ob und inwieweit der fakultative Leistungsinhalt der betreffende GOP auf die Psychotherapie-Richtlinie und / oder die Psychotherapie-Vereinbarung verweist, ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin unerheblich. Maßgeblich ist allein der vom EBM definierte obligate Leistungsinhalt (Präambel 2.1 EBM).
Schließlich kann sich die Antragsgegnerin nicht auf die Überschrift des Kapitels 35 EBM berufen. Die Überschrift hat eine abgrenzende Funktion. Die Allgemeinen Bestimmungen des EBM ordnen unter 1.2 die Gebührenordnungspositionen in drei Bereiche. Das sind arztgruppenübergreifende allgemeine Gebührenordnungspositionen (II), arztgruppenspezifische Gebührenordnungspositionen (III) und arztgruppenübergreifende bei spezifischen Voraussetzungen berechnungsfähige Gebührenordnungspositionen (IV). Der IV. Teil listet Leistungen, die nur von entsprechend qualifizierten Vertragsärzten bzw. Psychotherapeuten erbracht werden dürfen. Kapitel 35 EBM definiert diese Leistungen abstrakt unter Bezugnahme auf den in der Psychotherapie-Richtlinie enthaltenen Katalog (dort insbesondere §§ 11 ff.). Ein wie auch immer geartetes Qualifikationserfordernis ist der Überschrift nicht zu entnehmen. Es geht nur darum, die nach Maßgabe des EBM erbringbaren psychotherapeutischen Leistungen zu definieren. Schon gar nicht lässt sich aus diesen systematischen Zusammenhängen herleiten, dass die im Kapitel 35 EBM gelisteten Leistungen nur dann als erbracht abgerechnet werden dürfen, wenn die in § 37 Psychotherapie-Richtlinie vorgeschriebene schriftliche Dokumentation erfolgt.
(cc) Ob und inwieweit die Antragstellerin gegen die Dokumentationspflichten aus § 37 i.V.m. § 11 Abs. 15 Psychotherapie-Richtlinie verstoßen hat, kann dahinstehen. § 37 Psychotherapie-Richtlinie bestimmt:
"Leistungen nach dieser Richtlinie erfordern für jede Patientin und jeden Patienten eine schriftliche Dokumentation des Datums der Leistungserbringung, der diagnostischen Erhebungen, der wesentlichen Inhalte der psychotherapeutischen Interventionen sowie der Ergebnisse in der Patientenakte. Die "Individuelle Patienteninformation" gemäß § 11 Absatz 15 ist ebenfalls Bestandteil der Patientenakte."
Die Antragsgegnerin hat sich weder im Bescheid vom 07.02.2018 noch im Widerspruchsbescheid vom 18.04.2018 auf § 37 Psychotherapie-Richtlinie bezogen. Erstmals in der Beschwerdeschrift erwähnt sie die Vorschrift. Losgelöst davon, ob ein derartiges Nachschieben von Gründen zulässig ist, trägt der Hinweis auf § 37 Psychotherapie-Richtlinie auch nicht. Die darin formulierte Dokumentationspflicht ist nicht Teil der obligaten Leistungslegende der GOP 35200, 35201, 35401, 35402 und 35405 EBM geworden. Vielmehr gilt insoweit: Erbringt ein Psychotherapeut Leistungen nach Kapitel 35 EBM, sind diese abrechnungsfähig, wenn der dort definierte Leitungsinhalt erfüllt ist. Verstößt er dabei gegen die aus der Psychotherapie-Richtlinie folgenden Dokumentationspflichten, handelt er pflichtwidrig. In der Folge können Disziplinarmaßnahmen (§ 81 Abs. 5 SGB V) angezeigt sein und / oder die Zulassung ist wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten zu entziehen (§ 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V). Genau diesen Weg hat die Antragsgegnerin beschritten, denn auf ihren Antrag hat der Zulassungsausschuss der Antragstellerin die Zulassung mit Wirkung zu 16.07.2018 wegen Verletzung vertragspsychotherapeutischer Pflichten entzogen.
(dd) Soweit die Antragsgegnerin angenommen hat, dass die Antragstellerin gegen die aus § 11 Abs. 5 Psychotherapie-Vereinbarung folgenden Pflichten verstoßen hat, kann auch das offen bleiben. Die Vorschrift bestimmt als Anlage 1 zum BMV-Ä i.d.F. vom 09.05.2017:
"Einem Antrag auf Langzeittherapie und einem Umwandlungsantrag einer Kurzzeittherapie in eine Langzeittherapie ist neben dem Formblatt PTV 2 für die Krankenkasse ein verschlossener Briefumschlag für die Gutachterin oder den Gutachter (PTV 8) mit folgendem Inhalt beizufügen: Bericht für die Gutachterin oder den Gutachter gemäß Leitfaden PTV 3, Durchschrift des PTV 2, Durchschrift des Konsiliarberichts, sofern gemäß § 31 Psychotherapie-Richtlinie erforderlich, ergänzende Befundberichte, sofern erforderlich. Dies gilt auch für Anträge gemäß Abs. 4 Satz 7. Der Bericht an die Gutachterin oder den Gutachter ist von der Therapeutin oder vom Therapeuten vollständig persönlich zu verfassen."
Die Antragsgegnerin hat hierzu im Bescheid 07.02.2018 ausgeführt, ein Gutachter der Krankenkasse habe darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin Gutachten zur Beantragungen einer Psychotherapie einem "Fremdgutachter" in Auftrag gegeben habe, obwohl der Bericht nach den Bestimmungen der Psychotherapie-Vereinbarung vom Therapeuten vollständig persönlich zu verfassen sei. Die Antragsgegnerin hat im Bescheid zwar den Text des § 11 Abs. 5 Psychotherapie-Vereinbarung referiert. Soweit der Bescheid 16 Fälle listet, in denen die Antragstellerin gegen die ihr obliegenden Dokumentationspflichten verstoßen haben soll, führt das nicht weiter. Konkretisierende Ausführungen zum Verstoß gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung enthält der Bescheid nicht.
Ob dies ein Begründungsmangel i.S.d. § 35 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, bedarf keiner Prüfung. Der insoweit maßgebliche Satz ("Der Bericht an die Gutachterin oder den Gutachter ist von der Therapeutin oder vom Therapeuten vollständig persönlich zu verfassen.") war in der Psychotherapie-Vereinbarung i.d.F. vom 15.01.2015 noch nicht vorhanden. Streitbefangen sind die Quartale IV/2013 bis III/2017. Eine rückwirkende Geltung ordnet die Psychotherapie-Vereinbarung i.d.F. vom 09.05.2017 nicht an. Vielmehr bestimmt § 20, dass die Vereinbarung am 01.04.2017 in Kraft tritt. Ihr zeitlicher Geltungsbereich erstreckt sich im Streitfall daher nur auf die Quartale II und III/2017.
Ungeachtet dessen kann die Antragsgegnerin ihre Beschwerde nicht auf § 11 Abs. 5 Psychotherapie-Vereinbarung stützen. Die Leistungslegenden der GOP 35200, 35201, 35401, 35402 und 35405 EBM nehmen hierauf nicht Bezug. Die Vorgaben des § 11 Abs. 5 Psychotherapie-Vereinbarung sind nicht Teil des obligaten Leistungsinhalts geworden. Ein Verstoß gegen § 11 Abs. 5 Psychotherapie-Vereinbarung ist disziplinar- oder zulassungsrechtlich zu verfolgen.
Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang darlegt, § 11 Abs. 8 Psychotherapie-Vereinbarung i.d.F. vom 15.01.2015 beachtet zu haben, braucht dem nicht nachgegangen zu werden, denn die Antragsgegnerin hat sich hierzu weder in den angefochtenen Bescheiden noch im Gerichtsverfahren geäußert.
(ee) Auch der von Antragsgegnerin erkannte Verstoß gegen § 57 BMV-Ä trägt nicht. Die Norm bestimmt:
"(1) Der Vertragsarzt hat die Befunde, die Behandlungsmaßnahmen sowie die veranlassten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung in geeigneter Weise zu dokumentieren. (2) Die ärztlichen Aufzeichnungen sind vom Vertragsarzt mindestens 10 Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht andere Vorschriften – z. B. die Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen (Röntgenverordnung – RöV) – eine abweichende Aufbewahrungszeit vorschreiben. Sofern die Aufzeichnungen elektronisch dokumentiert worden sind, hat der Vertragsarzt dafür Sorge zu tragen, dass sie innerhalb der Aufbewahrungszeit verfügbar gemacht werden können."
Die hierin formulierten Dokumentationspflichten sind allgemeiner Art. Sie treffen jeden Vertragsarzt / Vertragspsychotherapeuten und sind weder ausdrücklich noch durch Inbezugnahme in die obligate Leistungsbeschreibung der GOP 35200, 35201, 35401, 35402 und 35405 EBM eingegliedert worden. Verstöße hiergegen sind disziplinar- oder zulassungsrechtlich zu verfolgen.
(ff) Schließlich vermag auch ein etwaiger Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Berufsordnung die Honorarkürzung nicht zu rechtfertigen. Die Vorschrift lautet:
"(1) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind verpflichtet, in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Behandlung oder Beratung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen."
Die Berufsordnung legt fest, was der Arzt im einzelnen bei der Ausübung seines Berufs zu beachten und unter Vermeidung berufsgerichtlicher Sanktionen zu unterlassen hat (Laufs in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage, 2002, § 5 Rn. 4; hierzu auch Frehse/Weimar, Heidelberger Kommentar – Arztrecht Krankenhausrecht Medizinrecht, 49. AL, September 2013, Stichwort: Die Berufsgerichtsbarkeit, Rn. 1). Vertragsarztrechtliche Sanktionen lassen sich auf die jeweilige Kammerberufsordnung grundsätzlich nicht stützen. Schon gar nicht befugt ein etwaiger Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Berufsordnung dazu, die Honorarabrechnung sachlich-rechnerisch zu berichtigen. Die Dokumentationspflichten des § 9 Abs. 1 Berufsordnung sind ersichtlich nicht in den obligaten Teil der Leistungslegenden der GOP 35200, 35201, 35401, 35402 und 35405 EBM übernommen worden.
cc) Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben. Die angefochtene Entscheidung des SG war im Ergebnis zu bestätigen. III.
Die Entscheidung über den Streitwert ergeht gesondert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 01.08.2019
Zuletzt verändert am: 01.08.2019