Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.02.2005 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erhöhung des für den Kläger maximal abrechenbaren Punktzahlvolumens (Individualbudget).
Der Kläger ist als praktischer Arzt in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Bis zum Ende des Quartals III/01 bestand eine Gemeinschaftspraxis mit dem Beigeladenen. Seit dem Quartal IV/01 üben beide ihre Tätigkeit jeweils in einer Einzelpraxis aus, wobei der Kläger am früheren Praxisstandort geblieben ist, während der Beigeladene in einer etwa 400 m entfernten Praxis tätig ist. Nach der Auflösung der Gemeinschaftspraxis wurde das für die Gemeinschaftspraxis gemäß § 7 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (HVM) in der seit 01.07.1999 geltenden Fassung festgesetzte Punktzahlvolumen von 1.401.573 Punkten hälftig geteilt, so dass dem Kläger bei einem Fachgruppendurchschnitt von 612.066 Punkten ein Individualbudget von 700.785,8 Punkten zustand.
Mit Schreiben vom 18.07.2002 beantragte der Kläger eine Erhöhung des Individualbudgets mit Wirkung ab dem 01.10.2001 um 25 %. Zur Begründung gab er an, er betreue und behandle deutlich mehr als 50 % der Patienten der früheren Gemeinschaftspraxis weiter. Die Halbierung des Budgets der Gemeinschaftspraxis trage dieser Sachlage nicht Rechnung. Zur Sicherung des Versorgungsbedarfs in der Praxis sei daher eine Erhöhung des Individualbudgets um mindestens 25 % erforderlich. Mit Bescheid vom 04.12.2002 lehnte die Beklagte eine Erhöhung des Individualbudgets ab, da angesichts der Tatsache, dass sich die Einzelpraxen in einem Umkreis von maximal 1 km befänden, ein Sicherstellungsproblem bei der Patientenversorgung nicht erkennbar sei. Mit seinem Widerspruch wiederholte der Kläger seine Argumentation, er behandle den weitaus größeren Anteil der Patienten der früheren Gemeinschaftspraxis. Daher bestehe ein besonderer Versorgungsbedarf für seine Praxis. Eine Halbierung des Individualbudgets der früheren Gemeinschaftspraxis wäre nur dann gerechtfertigt, wenn er nur die Hälfte der Patienten übernommen hätte. Tatsächlich werde aber die Mehrzahl der Patienten von ihm betreut, so dass sich ein Sicherstellungsproblem ergebe. Ein Anspruch auf Erhöhung des Individualbudgets ergebe sich auch aus § 7 Abs. 6 Buchstabe c) HVM in der ab 01.01.2003 geltenden Fassung. Danach werde das Individualbudget einer aufgelösten Gemeinschaftspraxis entsprechend den Leistungsanteilen der früheren Praxispartner aufgeteilt. Dass ihm ein größerer Anteil des Individualbudgets der früheren Gemeinschaftspraxis zustehe, werde durch die Entwicklung der Anzahl der nach der Beendigung der Gemeinschaftspraxis von ihm behandelten Patienten nachgewiesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Zur Begründung der am 11.07.2003 erhobenen Klage hat der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren vor allem darauf abgestellt, dass wegen der Betreuung von mehr als der Hälfte der Patienten der früheren Gemeinschaftspraxis sich ein Sicherstellungsproblem ergebe. Zudem sei die Aufteilung des Individualbudgets der Gemeinschaftspraxis nach Köpfen unzutreffend, da durch die Entwicklung der Anzahl der nach Beendigung der Gemeinschaftspraxis in seiner Praxis behandelten Patienten der Nachweis erbracht sei, dass ihm ein höherer Anteil an dem früheren Budget der Gemeinschaftspraxis zustehe.
Mit Urteil vom 16.02.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Regelungen in §§ 7, 7 a) HVM über das Individualbudget seien grundsätzlich unbedenklich. Die Erforderlichkeit einer Ausnahmeregelung nach § 7 Abs. 4 Buchst. b) Satz 1 HVM oder nach § 7 a) Abs. 5 HVM sei nicht ersichtlich. Eine Änderung der Bedarfssituation bzw. der Versorgungsstruktur in dem Sinne, dass das Punktzahlvolumen aus dem Bemessungszeitraum der nachträglich geänderten Leistungsmenge nicht mehr angemessen wäre, liege nicht vor. Der Umstand, dass der Kläger nach seiner Behauptung mehr als 50 % der Patienten der ehemaligen Gemeinschaftspraxis weiter betreue, sei dem nicht gleichzusetzen. Ferner habe sich der Leistungsbedarf pro Arzt gegenüber dem Bemessungszeitraum nicht in einem Ausmaß erhöht, dass davon gesprochen werden könne, dass das Punktzahlvolumen aus dem Bemessungszeitraum einer nachträglich geänderten Leistungsmenge nicht mehr angemessen wäre. Der Kläger könne sich auch nicht auf die Bestimmung des § 7 Abs. 6 Buchstabe c) HVM in der seit 01.01.2003 geltenden Fassung berufen. Die Bestimmung setze voraus, dass einem der Partner nachweislich ein höherer Anteil an dem Budget der Gemeinschaftspraxis zustehe. Der Kläger habe jedoch nicht vorgetragen, dass ihm nach dem Gemeinschaftspraxisvertrag ein höherer Anteil zugestanden hätte. Allein der Umstand, dass ein Partner einer ehemaligen Gemeinschaftspraxis nunmehr Fallzahlen aufweise, die über dem nach Köpfen bemessenen arithmetischen Durchschnittswert liege, bedeute nicht, dass ihm ein höherer Anteil des Punktzahlvolumens der Gemeinschaftspraxis zugestanden hätte.
Gegen das ihm 06.04.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.05.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag und legt nochmals dar, dass seine Fallzahl stets oberhalb der 50 %-Quote der Fallzahlen der früheren Gemeinschaftspraxis liege. Der Beigeladene habe aus dem Patientenbestand der Gemeinschaftspraxis von etwa 12.000 Patienten nur Karteikarten für insgesamt 621 Patienten mitgenommen und später nochmal ca. 150 Karteikarten angefordert. Dies beweise, dass der Beigeladene sein Patientenklientel nicht aus dem früheren Patientenstamm der Gemeinschaftspraxis rekrutiere.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.02.2005 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2003 zu verurteilen, über den Antrag auf Erhöhung des maximal abrechenbaren Punktzahlvolumens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und die Berufung unter Berücksichtigung der Versorgungsstruktur in L für unbegründet.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er hat vorgetragen, bei der Trennung seien die auf der Festplatte des Computers enthaltenen Patientendaten kopiert und beiden Partnern zur Verfügung gestellt worden. Bei der Auflösung der Gemeinschaftspraxis habe er nur die Karteikarten von Patienten mitgenommen, die im letzten Quartal der Behandlung eindeutig zu erkennen gegeben hätten, weiter von ihm behandelt werden zu wollen. Die Auflösung der Gemeinschaftspraxis sei erst kurz vor der Trennung durch einen Aushang bekanntgegeben worden. Ein Teil der Patienten habe deshalb zunächst nicht realisiert, dass die Gemeinschaftspraxis nicht mehr bestehe und habe daher aus Gewohnheit die bisherige Praxis aufgesucht. Ab dem Quartal II/02 hätten aber alle Patienten gewusst, wo er praktiziere und hätten sich dann bewusst für eine Behandlung bei einem der früheren Partner entschieden. Er habe nur in Ausnahmefällen auf die früheren Karteikarten zurückgreifen müssen, da die Patientendaten im PC enthalten gewesen seien, so dass sich daraus die geringe Zahl der angeforderten Karteikarten erkläre. Zu Unrecht gehe der Kläger somit davon aus, die geringe Zahl der von mitgenommenen Karteikarten belege, dass er seine Patienten nicht aus dem früheren Patientenstamm der Gemeinschaftspraxis rekrutiere. Naturgemäß habe der Kläger einen Standortvorteil gehabt, weil die Patienten zunächst aus Gewohnheit in die alte Praxis gekommen seien. Inzwischen liege aber seine Fallzahl in einem ähnlichen Bereich wie bei dem Kläger.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Erhöhung des für seine Praxis maßgeblichen maximal abrechenbaren Punktzahlvolumens.
Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger weder ein höherer Anteil aus dem Individualbudget der früheren Gemeinschaftspraxis zusteht, noch eine Erhöhung seines Individualbudgets aus Sicherstellungsgründen oder als Ausnahmeregelung beanspruchen kann. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Das Berufungsvorbringen des Klägers kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Wie auch der Kläger nicht bezweifelt, entspricht die hälftige Aufteilung des Individualbudgets der Gemeinschaftspraxis § 7 a) Abs. 4 Buchst. c) HVM in der damaligen Fassung. Auch die Anwendung des § 7 Abs. 6 Buchstabe c) HVM in der ab 01.01.2003 geltenden Fassung führt zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Danach erhält bei Ausscheiden eines Partners aus einer Gemeinschaftspraxis der Ausscheidende dasjenige als Individualbudget, welches er in die Gemeinschaftspraxis eingebracht, bzw. während der Zusammensetzung realisiert hat. Lässt sich ein maximal abrechenbares Punktzahlvolumens nicht einem der Partner konkret zuordnen, wird der arithmetische Durchschnittswert angesetzt. Der Vorstand kann eine abweichende Festsetzung vornehmen, wenn dargelegt wird, dass nachweislich ein höherer Anteil zusteht, wobei dieser Nachweis in der Regel durch den Gemeinschaftsvertrag in seiner gegenüber dem Zulassungsausschuss vorgelegten Fassung bzw. die Gewinnverteilung geführt werden kann. Der Kläger hat nichts dazu vorgetragen, welchen Anteil er konkret am Umsatz der früheren Gemeinschaftspraxis erwirtschaftet hatte. Für eine von einer gleichmäßigen Aufteilung des Budgets abweichenden Regelung ist nach der genannten Bestimmung der Nachweis erforderlich, dass während des Bestandes der Gemeinschaftspraxis einem der Partner mehr als der Pro-Kopf-Anteil am Leistungsvolumen zugestanden hat, was sich aus dem Gemeinschaftspraxisvertrag oder der Gewinnverteilung ergeben kann. Auch dazu hat der Kläger nichts vorgetragen. Aus der Entwicklung der Fallzahlen nach Auflösung der Gemeinschaftspraxis können keine Schlüsse gezogen werden. Zu Recht weist der Beigeladene darauf hin, dass der bleibende Partner einer Gemeinschaftspraxis naturgemäß einen Standortvorteil hat, weil Patienten aus Gewohnheit die "alte" Praxis aufsuchen. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass schon vor der Trennung dem bleibenden Partner ein höherer Anteil am Leistungsvolumen der Gemeinschaftspraxis zugestanden hätte. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Fallzahlen sowohl des Klägers wie des Beigeladenen über der rechnerischen Hälfte der Fallzahl der früheren Gemeinschaftspraxis liegen. Die durchschnittlicher Fallzahl der Gemeinschaftspraxis betrug in den den Quartalen III/1999 bis III/2001 1.876. Die Fallzahlen des Klägers in den ersten vier Quartalen nach der Trennung lagen bei durchschnittlich 1200, beim Beigeladenen bei 1053. Schon dieser geringfügige Unterschied zeigt, dass die Entwicklung der Fallzahlen keineswegs belegt, dass dem Kläger ein höherer Anteil am Leistungsvolumen der Gemeinschaftspraxis zugestanden hätte.
Auch aus Sicherstellungsgründen ist eine Ausnahmeregelung nach § 7 a) Abs. 4 Buchst. d) HVM nicht geboten. Eine solche Ausnahmeregelung setzt voraus, dass besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen, die in Sicherstellungsgründen ihre Ursache haben. Diese Umstände müssen gegenüber dem Bemessungszeitraum zu einer nachweislich veränderten Leistungsmenge geführt haben, so dass das Verhältnis zwischen dieser Leistungsmenge und dem Leistungsvolumen aus dem Bemessungszeitraum nicht mehr angemessen ist (s. insoweit etwa Senat, Urteil vom 20.11.2002 – L 11 KA 17/02). Dass die Fallzahl des Klägers höher liegt als das arithmetische Mittel der Fallzahl der Gemeinschaftspraxis ist kein besonderer Umstand in diesem Sinne, zumal auch die Fallzahl des Beigeladenen über diesem arithmetischen Mittel liegt. Ausweislich des in der mündlichen Verhandlung erörterten Leistungsbedarfs der Gemeinschaftspraxis und der Einzelpraxen ist festzustellen, dass der Gesamtleistungsbedarf der Ärzte in der Gemeinschaftspraxis etwa dem entspricht, den der Kläger nunmehr in seiner Einzelpraxis abrechnet. Selbst wenn er somit mehr als 50 % der Patienten der früheren Gemeinschaftspraxis weiter behandeln sollte, führt dies offenkundig nicht dazu, dass dieser Umstand zu einer veränderten Leistungsmenge geführt hat. Soweit der Kläger darauf verweist, dass infolge der Erschließung eines Neubaugebietes in der Nähe seiner Praxis mit einem erhöhten Zustrom von Patienten zu rechnen ist, ist dies ein Gesichtspunkt, der allenfalls für die Zukunft zu berücksichtigen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 31.10.2006
Zuletzt verändert am: 31.10.2006