Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.11.2007 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der als Chirurg in W niedergelassene Kläger wendet sich gegen die Festsetzung seines vertragsärztlichen Honorars für das Quartal 2/2002.
Seinen gegen den Quartalsabrechnungsbescheid vom 23.10.2002 eingelegten Widerspruch begründete er sinngemäß dahingehend, dass die Arzneimittelbonusregelung rechtswidrig sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2003 zurück; der angefochtene Bescheid stehe in Einklang mit den für die Abrechnung geltenden Regeln.
Mit Klage vom 30.04.2003 hat der Kläger vorgetragen, die Regelung des Arzneimittelbonus sei als Honorarverteilungsregelung nichtig. An andere Ärzte seien demzufolge in unrechtmäßiger Weise Geldbeträge gezahlt und ihm sei deshalb Honorar vorenthalten worden. Bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung stehe den Vertragsparteien – der Beklagten und den Krankenkassen (KKen) – ein Beurteilungsspielraum zu; begrenzt werde die Erhöhung der Gesamtvergütung durch den Grundsatz der Beitragsstabilität. Die Veränderungsrate werde durch den Gesetzgeber vorgegeben und habe für das Jahr 2002 1,84% betragen. Die Beklagte habe damit die gesetzlich erlaubte Verhandlungsoption einer Steigerung der Gesamtvergütung um 1,84 % gehabt, zumal die KKen bereit gewesen seien, die volle Grundlohnsummensteigerung zu zahlen. Völlig getrennt hiervon sei das Ausgabevolumen für Arznei- und Hilfsmittel zu vereinbaren, das nicht unter die Gesamtvergütung falle. Die von der Beklagten mit den KKen vereinbarte Arzneimittelbonusregelung stelle keinen nach § 84 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) grundsätzlich möglichen Bonus dar, weil dieser sowohl an die hier nicht betroffene Arzneimittelvereinbarung als auch an die Vereinbarung von Versorgungs- und Wirtschaftszielen, z.B. zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung im Rahmen der Dauerbehandlung chronisch Kranker oder bei schweren Erkrankungen, gebunden sei. Der Bonus werde jedoch nicht unter diesen Voraussetzungen, sondern schlicht bei Unterschreiten der Richtgrößen gezahlt und dürfe daher von den KKen nicht entrichtet werden. Es handele sich vielmehr um Honorar, das unter allen Vertragsärzten zu verteilen sei und nicht als Bonus für ein Absenken der Arzneimittelkosten zurückgehalten werden könne. Auch eine Verknüpfung von Honorar und Arznei dergestalt, dass sie die Beitragsstabilität und damit die Verhandlungsoption für das Honorar berühren würde, sei in den gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen. Vielmehr habe die Beklagte ihre Verhandlungsoption nicht genutzt und schlecht für ihre Mitglieder verhandelt. Bedenken bestünden ferner auch im Hinblick auf die Vorgaben des § 32 Berufsordnung, nach der es unzulässig sei, dass sich Ärzte Vorteile versprechen lassen oder annehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt werden könne, dass der Arzt in seiner ärztlichen Entscheidung beeinflusst sein könnte.
Der Kläger hat beantragt,
den Quartalskonto/Abrechnungsbescheid der Beklagten für das Quartal 2/2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.04.2003 wegen der Anwendung der Arzneimittelbonusregelung aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das vertragsärztliche Honorar des Klägers unter Beachtung der Rechtsaufassung des Gerichts neu festzusetzen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Arzneimittelbonusregelung sei als Bestandteil der Gesamtverträge wirksam. Selbst aber wenn die gesamtvertraglichen Regelungen nichtig seien, könne daraus kein höherer Honoraranspruch des Klägers resultieren.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 21.11.2007 abgewiesen: Die Vereinbarung der Gesamtvergütung könne nicht inzidenter in einem Vergütungsstreit eines Vertragsarztes mit seiner Kassenärztlichen Vereinigung (KV) überprüft werden. Unabhängig davon sei die so genannte Arzneimittelbonusregelung rechtmäßig. Auch wenn es sich nicht um eine Zielvereinbarung im Sinne von § 84 Abs. 4 SGB V gehandelt habe, halte sich die Regelung gleichwohl im Rahmen des den Partnern der Gesamtverträge zustehenden Regelungsspielraums. Im Hinblick auf die vereinbarte Verringerung des Ausgabevolumens um 2,8 % sei der Gestaltungsspielraum der Vertragspartner nicht überschritten, wenn als flankierende Maßnahme ein Teil der vereinbarten Steigerung der Gesamtvergütung den Ärzten vorbehalten bleibe, die durch eine wirtschaftliche bzw. wirtschaftlichere Verordnungsweise zur Erreichung des vereinbarten Ausgabevolumens beitragen. Bedenken gegen berufsrechtliche Bestimmungen bestünden nicht. Das Bemühen um die Einhaltung der Richtgrößenvolumina bzw. die Reduzierung bisheriger Überschreitungen sei selbstverständlicher Bestandteil vertragsärztlicher Pflichten, ohne dass die Honorierung des mit ökonomisch sinnvollen Verordnungen verbundenen höheren Aufwands im Hinblick auf den zusätzlichen Beratungsaufwand sowie die Information über den Arzneimittelmarkt den Eindruck zu erwecken könne, die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung werde beeinflusst. Darüber hinaus sei nach § 1 Abs. 3 der Arzneimittelbonusregelung ein Bonus bei begründetem Verdacht, dass gebotene Arzneimittel verweigert werden, ausdrücklich ausgeschlossen. Selbst bei Unwirksamkeit der Arzneimittelbonusregelung könne der Kläger kein höheres Honorar beanspruchen, da der in der Regelung vereinbarte Betrag nicht ohne weiteres der im übrigen vereinbarten Steigerung der Gesamtvergütungen zugeschlagen werden könne. Die KKen hätten einer Steigerung der Gesamtvergütung in entsprechender Höhe ohne die betroffene Arzneimittelbonusregelung nämlich nicht zugestimmt.
Gegen das am 12.02.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.03.2008 Berufung eingelegt und u.a. vorgetragen, es komme nicht darauf an, dass die Bonusregelung Bestandteil des Gesamtvertrages sei und dieser nach der Rechtsprechung durch den Vertragsarzt nicht überprüft werden könne. Er mache nicht die Überprüfung des Gesamtvertrages geltend, sondern jene seines Honorars. Lediglich Mutmaßung sei, dass er ohne Arzneimittelbonusregelung kein höheres Honorar beanspruchen könne. Es werde daher ein Sachverständigengutachten zu der Frage beantragt, wie sein Honorar ohne die Bonusregelung ausgesehen hätte. Auch das SG räume ein, dass es sich bei der streitigen Regelung nicht um eine Zielvereinbarung im Sinne von § 84 Abs. 4 SGB V gehandelt habe. Die Bonusregelung sei auch nicht von § 72 Abs. 2 SGB V gedeckt. Im Übrigen würden die berufsrechtlichen Bedenken von der Ärztekammer Nordrhein geteilt; dies werde durch das Zeugnis des Dr. T unter Beweis gestellt.
Zur mündlichen Verhandlung ist für den Kläger niemand erscheinen.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.11.2007 abzuändern und den Quartalskonto/Abrechnungsbescheid der Beklagten für das Quartal 2/2002 vom 23.10.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2003 wegen der Anwendung der Arzneimittelbonusregelung aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sein vertragsärztliches Honorar unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die angefochtene Entscheidung.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Akte S 2 KA 199/06 SG Düsseldorf / L 10 KA 4/07 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl für den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist. Der Kläger ist in der Terminsladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die vom SG zugelassene Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; denn der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23.10.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.04.2003 ist rechtmäßig; der Kläger ist nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Auf die Entscheidungsgründe im erstinstanzlichen Urteil wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend führt der Senat aus:
Auf der Grundlage des § 85 Abs. 4 SGB V steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung seines vertragsärztlichen Honorars, d.h. ein Anspruch auf Teilhabe an der von den KKen entrichteten Gesamtvergütung entsprechend der Art und dem Umfang der von ihm erbrachten abrechnungsfähigen Leistungen nach Maßgabe der Verteilungsregelungen im jeweils anzuwenden Honorarverteilungsmaßstab bzw. Honorarverteilungsvertrag zu.
Das ihm auf dieser Grundlage für das Quartal 2/2002 gezahlte Honorar sieht der Kläger allein als deshalb rechtswidrig zu niedrig an, weil er den zwischen der Beklagten und den Landesverbänden der KKen und den Verbänden der Ersatzkassen (EKen) geschlossenen Vertrag über eine Arzneimittelbonusregelung (Anlage zum Gesamtvertrag gemäß § 84 SGB V in Verbindung mit der Arznei- und Verbandsmittelvereinbarung sowie der Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2002) für rechtswidrig erachtet und damit die zur Verteilung anstehende Gesamtvergütung als mit der Folge zu Unrecht verringert ansieht, dass dadurch auch sein Honorar gemindert wird.
Mit diesem Vorbringen hat der Kläger schon deshalb keinen Erfolg, weil die von den Vertragsparteien getroffenen Vereinbarungen über die Gesamtvergütung einschließlich der Arzneimittelbonusregelung, die ebenfalls Gegenstand des Gesamtvertrages ist, weder unmittelbar noch mittelbar auf Veranlassung eines einzelnen Vertragsarzt überprüft werden können.
Nach § 82 Abs. 2 Satz 1 SGB V (im Folgenden in der ab 31.12.2001 geltenden Fassung vom 19.12.2001) werden die Vergütungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen von den Landesverbänden der KKen und den Verbänden der EKen mit den KVen durch Gesamtverträge geregelt. Nach § 83 Abs. 1 SGB V schließen die KVen mit den für ihren Bezirk zuständigen Landesverbänden der Kken und den Verbänden der EKen Gesamtverträge mit Wirkung für die Kken der jeweiligen Kassenart über die vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort in ihrem Bezirk einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen. Nach § 85 Abs. 3 SGB V haben die Vertragsparteien des Gesamtvertrages unter im Einzelnen zu berücksichtigenden Vorgaben die Veränderungen der Gesamtvergütungen zu vereinbaren. Des Weiteren bestimmt § 84 SGB V, dass die Landesverbände der Kken und die Verbände der EKen gemeinsam und einheitlich und die KV zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln bis zum 30. November für das jeweils folgende Kalenderjahr eine Arzneimittelvereinbarung zu treffen haben (Abs. 1 Satz 1). Die Vereinbarung umfasst ein Ausgabenvolumen für die insgesamt von den Vertragsärzten nach § 31 SGB V veranlassten Leistungen (Arznei- und Verbandsmittel), Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsetzung dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen (Zielvereinbarungen), insbesondere zur Information und Beratung, und Kriterien für Sofortmaßnahmen zur Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens innerhalb des laufenden Kalenderjahres (Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 – 3). § 84 Abs. 3 sieht vor, dass dann, wenn das tatsächliche, nach Absatz 5 Satz 1 bis 3 festgestellte Ausgabenvolumen für Arznei- und Verbandmittel das nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarte Ausgabenvolumen überschreitet, diese Überschreitung Gegenstand der Gesamtverträge ist. Die Vertragsparteien haben dabei die Ursachen der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 zu berücksichtigen. Bei Unterschreitung des nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarten Ausgabenvolumens kann diese Unterschreitung Gegenstand der Gesamtverträge werden. Werden die Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 erfüllt, können die beteiligten KKen auf Grund einer Regelung der Parteien der Gesamtverträge auch unabhängig von der Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 einen Bonus an die KV entrichten (Abs. 4).
Aus diesen Regelungen ergibt sich, dass die Beklagte zusammen mit den Kken /Eken die Vergütung allgemein (§§ 82 SGB Abs. 2 und 83 Abs. 1 SGB V), Veränderungen der Gesamtvergütung (§ 85 Abs. 3 SBV) und Überschreitungen des Ausgabenvolumens für Arznei- und Verbandmittel durch Gesamtverträge regeln müssen, Unterschreitungen des Ausgabenvolumens für Arznei- und Verbandmittel und die Erfüllung von Zielvorgaben i.S.d. § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V durch Gesamtverträge regeln können (§ 84 Abs. 3 und 4 SGB V). Von dieser Ermächtigung haben die Vertragspartner u.a. in dem zum Gesamtvertrag gehörigen Vertrag über eine Arzneimittelbonusregelung Gebrauch gemacht und geregelt: "Überschreitet das tatsächliche Ausgabenvolumen 2002 für Arznei- und Verbandmittel das vereinbarte Ausgabenvolumen nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, verständigen sich die Vertragspartner darüber, die Ursachen der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen, zu analysieren. Die Krankenkassen zahlen, unabhängig von einer Über- oder Unterschreitung des Ausgabenvolumens 2002, an die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein im Februar 2003 für das Jahr 2002 einen Betrag in Höhe von 0,92 % der budgetierten Gesamtvergütung je Mitglied als Bezugsgröße. Basis ist die budgetierte Gesamtvergütung des Jahres 2001 sowie die Mitgliederentwicklung des Jahres 2002" (§ 1 Abs. 1 des Vertrag über eine Arzneimittelbonusregelung).
Diese auf den o.a. maßgeblichen Bestimmungen der §§ 82 ff SGB V beruhenden Regelungen über die Vereinbarung und Anpassung der Gesamtvergütung berechtigen und verpflichten ausschließlich die Vertragspartner der vertragsärztlichen Versorgung sowie die beteiligten KKen und nicht – auch nicht mittelbar – den einzelnen Vertragsarzt. Dies führt dazu, dass die Vereinbarung der Gesamtvergütung vom Vertragsarzt nicht inzidenter in einem Vergütungsstreit mit seiner KV überprüft werden kann (BSG, Urteil vom 31.08.2005 – B 6 KA 6/04 R -; vgl. auch BSG, Urteil vom 28.09.2005 – B 6 KA 71/04 R – bezogen auf KKen; Urteil des SG Düsseldorf vom 20.12.2006 – S 2 KA 199/06 -). Für eine Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Verteilungsregelungen besteht daher vorliegend kein Raum.
Ungeachtet dessen sieht auch der Senat keinen Anhaltspunkt, der für eine Rechtswidrigkeit insbesondere der Arzneimittelbonusregelungen i.S.d. Vertrages über eine Arzneimittelbonusregelung sprechen könnte. Der Einwand des Klägers, dass die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V deshalb nicht erfüllt seien, weil keine auf die Umsetzung von Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitszielen ausgerichteten Maßnahmen vereinbart worden seien, greift nicht.
Die nach § 83 Abs. 1 Satz 1 SGB V über die vertragsärztliche Versorgung zu schließenden Gesamtverträge sind nach § 72 Abs. 2 SGB V im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses so zu gestalten, das eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Zu einer ausreichenden, wirtschaftlichen und zweckmäßigen vertragsärztlichen Versorgung gehört auch die Einhaltung der gem. § 84 SGB V vereinbarten Ausgaben- und Richtgrößenvolumina. Konkret regelt § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass die dort genannten Krankenkassenverbände und die KV eine Arzneimittelvereinbarung treffen, deren Inhalt durch die nachfolgenden Nrn. 1 bis 3 legal-abstrahierend vorgegeben wird. Hierzu gehören die unter Nr. 2 genannten Vertragsgegenstände, nämlich Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele sowie konkrete, auf die Umsetzung dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere zur Information und Beratung.
Diese Regelungen an sich sind unbedenklich; denn Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit i.S.d. Artikel (Art.) 12 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) sind durch das gesetzlich vielfach verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot als Mittel zur Sicherung der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Krankenversicherung als einem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut gerechtfertigt (vgl. auch LSG NRW vom 25.09.1996 – L 11 Ka 156/94 – sowie vom 26.06.1996 – L 11 Ka 168/94 – und 18.12.1996 – L 11 Ka 10/96 -).
Die von den Vertragspartner getroffenen Regelungen entsprechen auch den gesetzlichen Vorgaben; insbesondere sind Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele definiert; die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln ist umfasst. Ziel der im Vertrag über eine Arzneimittelbonusregelung in Bezug genommenen Arznei- und Verbandmittelvereinbarung 2002 (Rheinisches Ärzteblatt 6/2002, S. 73 ff) ist vorrangig (§ 3 der Arznei- und Verbandmittelvereinbarung für das Jahr 2002, s. auch KVNo-Aktuell 4/02, S. 9 f, 5/02, S. 3 f) die Steigerung des Umsatzanteils von Generika, das Sinken des Anteils von Me-too-Präperaten (= Analog-Präparten) und das Sinken des Anteils von kontrovers diskutierten Arzneimitteln. Das dahinter stehende Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziel ist damit vorgegeben; es soll der fortlaufenden Steigerung von Arzneimittelkosten unter Berücksichtigung des Anspruchs des gesetzlich Krankenversicherten auf vertragsärztliche Versorgung entgegengewirkt werden. Das Ziel soll u.a. durch gemeinsam abgestimmte Maßnahmen wie Qualitätszirkel, Pharmakotherapieberatung, Transparenzmaßnahmen etc. (§ 1 Abs. 2 des Vertrages über eine Arzneimittelbonusregelung) bzw. Information und Beratung (§ 4 der Arznei- und Verbandmittelvereinbarung für das Jahr 2002 – Maßnahmen zur Zielerreichung) erreicht werden. Begleitend sind sog. Bonuszahlungen für Ärzte vorgesehen, die durch eine wirtschaftliche Verordnungsweise zur Erreichung des vereinbarten Ausgabevolumens beitragen. Dass damit ein unzulässiges, insbesondere von § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V nicht abgedecktes Ziel angestrebt werden könnte, erschließt sich ebenso wenig, wie dass dadurch die Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln unzulässig eingeschränkt, also eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gefährdet sein könnte. Das Gegenteil ist, wie sich aus dem von den Vertragspartnern in der Präambel zur Arznei- und Verbandsmittelvereinbarung für das Jahr 2002 formulierten Ziel ergibt, der Fall: "Ziel dieser Vereinbarung ist es, durch gemeinsames ergebnisorientiertes Handeln der Kassenärztlichen Vereinbarung Nordrhein und der nordrheinischen Landessverbände der Krankenkassen auf eine sowohl bedarfsgerechte und wirtschaftliche als auch qualitätsgesicherte Arzneimittelversorgung hinzuwirken, die sich an medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen und an den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen orientiert.".
Dadurch wird der Vertragsarzt auch nicht in seiner Therapieverantwortung tangiert. Der teilweise als "Therapiefreiheit" postulierte Grundsatz (vgl. BSG vom 28.6.2000 – B 6 KA 26/99 R -) existiert in dieser Allgemeinheit allerdings nicht. Maßgebend ist das Bestimmungsrecht des Patienten. Dieses geht grundsätzlich jeglicher Entscheidung des Arztes, welche Therapie anzuwenden ist, vor. Der Arzt hat dem Patienten gegenüber eine dienende Funktion. Demgemäß kann allenfalls von der Therapieverantwortung des Arztes gesprochen werden (LSG NRW vom 03.12.1997 – L 11 Ka 145/96 – sowie Beschluss vom 30.10.1998 – L 11 B 30/98 KA NZB -). Hierzu hat der 10. Senat des LSG NRW im Urteil vom 20.07.2005 – L 10 KA 38/03 – in Anlehnung an die Entscheidung des BSG vom 25.09.2000 – B 1 KR 24/99 R – ausgeführt: "Demgegenüber kann sich die Klägerin nicht auf eine sog. Therapiefreiheit des Arztes berufen. Die Erforderlichkeit von therapeutischen Leistungen kann nicht deshalb ohne nähere Prüfung unterstellt werden, weil Behandlungsentscheidungen in den Verantwortungsbereich des Arztes fallen und wegen dessen "Therapiefreiheit" grundsätzlich hinzunehmen wären. Eine Therapiefreiheit in dem Sinne, dass Untersuchungs- oder Behandlungsmaßnahmen beliebig eingesetzt werden könnten, kennt weder das einfache Recht noch das Verfassungsrecht. Zwar hat jeder Arzt / Vertragsarzt bei der Wahl der ihm geeignet erscheinenden Behandlungsmethoden einen Ermessensspielraum, so dass ihm in Fällen einer medizinisch vertretbaren Therapieentscheidung regelmäßig nicht entgegenhalten werden kann, dass eine andere Vorgehensweise zweckmäßiger gewesen wäre. Seine Entscheidungsfreiheit erfährt jedoch Einschränkungen, die sich aus den Erfordernissen einer beitragsfinanzierten, solidarischen Krankenversicherung und aus dem sie beherrschenden Wirtschaftlichkeitsgebot ergeben (vgl. BVerfG NZS 2000, 454 = ArztR 2000, 168 m.w.N)."
Die Therapieverantwortung versteht der Senat also in dem Sinn, dass der Arzt dem Patienten auf der Basis einer umfassenden Erörterung die Vor- und Nachteile bestimmter Behandlungs- oder Verordnungsalternativen darlegt, um dann in Abstimmung mit dem Patienten eine Therapieentscheidung zu treffen. Die hieraus resultierende Therapieverantwortung sowie der gemeinsame Weg von Arzt und Patient zur vorgelagerten Therapieentscheidung ist der aus Art. 12 GG folgenden Berufsausübungsfreiheit zuzuordnen (vgl. auch LSG NRW vom 25.09.1996 – L 11 Ka 156/94 -). Die Freiheit der Berufsausübung kann indessen in zulässiger Weise durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt und damit eingeschränkt werden (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG). Im Übrigen wird dem Vertragsarzt weder auferlegt, ein bestimmtes Präparat in einem bestimmten Fall zu benutzen, noch wird ihm die Nutzung eines solchen Präparates untersagt. Ihm wird lediglich vorgegeben, unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten fixierten Quoten, losgelöst von konkreten Behandlungssituationen, zu erreichen.
Wenn die Vertragspartner somit letztendlich den Vorgaben des § 84 Abs. 4 SGB V entsprechend u.a. eine Bonuszahlung für die Vertragsärzte vorsehen, die bei Überschreitung des Richtgrößenvolumens ihre Verordnungskosten gegenüber dem Vorjahreswert reduzieren oder bei Unterschreitung des Richtgrößenvolumens ihre Verordnungskosten nicht wesentlich gesteigert haben, ist dadurch der Gestaltungsspielraum der Vertragspartner nicht überschritten. Ihnen steht es frei, durch gesamtvertragliche Regelung denjenigen Ärzten, die durch eine wirtschaftliche bzw. wirtschaftlichere Verordnungsweise zur Erreichung des vereinbarten Ausgabevolumens beitragen, einen Bonus zu gewähren.
Keiner Erörterung bedarf angesichts dessen die Auffassung des Klägers, die Beklagte habe ihre Verhandlungsoption nicht genutzt und schlecht verhandelt. Aus gleichen – und im Übrigen vom SG im Einzelnen zutreffend weiter dargelegten – Gründen greifen auch die von dem Kläger geltend gemachten Bedenken gegen berufsrechtliche Regelungen nicht. Diese rechtliche Wertung ist auch dem von dem Kläger angebotenen Zeugenbeweis nicht zugänglich. Ebenso ist seinem Antrag, ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, wie sein Honorar "ohne die Bonusregelung ausgesehen hätte", nicht nachzugehen. Darauf kommt es nämlich nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 08.04.2009
Zuletzt verändert am: 08.04.2009