Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.05.2016 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Honorarfestsetzung für die Abrechnungsquartale I/2009 und II/2009 sowie IV/2009 bis I/2010.
Die Klägerin ist als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in L niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie beschäftigt eine angestellte Gynäkologin.
Die Vergütung der "Sonstigen Hilfen" der Abschnitte 1.7.5 (Empfängnisregelung), 1.7.6 (Sterilisation) und 1.7.7 (Schwangerschaftsabbruch) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für Ärzte (EBM) erfolgte nur im Quartal III/2009 als dem Regelleistungsvolumen (RLV) unterliegende Leistungen.
Über die Zuweisung des RLV für die Quartale I/2009 und II/2009 entschied die Beklagte mit Korrekturbescheid vom 09.08.2010. Die Zuweisung des RLV für das Quartal IV/2009 erfolgte mit Bescheid vom 28.08.2009. Dieser Bescheid enthielt einen Hinweis folgenden Wortlauts:
"Sofern Sie gegen die Honorierung Ihrer Leistungen im Quartal IV/2009 vorgehen wollen, genügt ein Widerspruch gegen den Quartalsabrechnungsbescheid für IV/2009. Wir werden diesen Widerspruch auch als Widerspruch gegen die Festsetzung des RLV für IV/2009 verstehen. Eines gesonderten Widerspruchs gegen diesen RLV-Festsetzungsbescheid bedarf es daher nicht."
Für das Quartal I/2010 wies die Beklagte der Klägerin das RLV mit Bescheid vom 14.07.2010 zu. Auf den Inhalt dieser Bescheide wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 28.07.2009 stellte die Beklagte den Honoraranspruch der Klägerin für das Abrechnungsquartal I/2009 fest. Mit weiterem Bescheid vom 27.10.2009 regelte sie einen Honoraranspruch für das Quartal II/2009 in Höhe von 115.072,42 EUR; mit Bescheid vom 27.04.2010 stellte die Beklagte für das Quartal IV/2009 einen Gesamthonoraranspruch in Höhe von 109.304,51 EUR fest. Für das Quartal I/2010 bestimmte sie einen Honoraranspruch in Höhe von 115.096,50 EUR (Bescheid vom 27.07.2010).
Die gegen die Quartalsabrechnungen eingelegten Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.09.2011 zurück. Die Zuweisung des RLV entspreche den Beschlüssen des (Erweiterten) Bewertungsausschusses bzw. des Bewertungsausschusses unter Berücksichtigung der §§ 87 ff. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Sie habe die auf Bundesebene getroffenen Vorgaben umgesetzt. Eine Verwerfungskompetenz, die es ihr erlaube, von den Vorgaben abzuweichen, bestehe nicht. Das RLV umfasse nach dem jeweils geltenden Honorarverteilungsvertrag (HVV) auch Leistungen aus den Kapiteln 1.7.5 bis 1.7.7. Auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.
Gegen die Abrechnungsbescheide für die Quartale I/2009, II/2009, IV/2009 und I/2010 hat die Klägerin am 17.10.2011 Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Die von der Beklagten errechneten RLV seien rechtswidrig, weil sie gegen formale Vorgaben des Gesetzgebers verstießen und die Berechnung der Gesamtvergütung fehlerhaft sei. Zudem stünden die angewandten Berechnungsgrundlagen nach den Beschlüssen des (Erweiterten) Bewertungsausschusses und dem jeweils geltenden HVV der Beklagten nicht im Einklang mit den Vorgaben des Gesetzgebers. Daher seien die auf den RLV basierenden Honorarbescheide rechtswidrig. Überdies seien Leistungen der "Sonstigen Hilfen" von der Beklagten nicht in das RLV einzubeziehen oder zu quotieren, woraus sich ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide ergebe.
Ferner liege ein Verstoß gegen § 87b Abs. 1 SGB V vor, da die notwendigen gynäkologischen Grundleistungen einer Mengenausweitung nicht zugänglich und deshalb grundsätzlich mit dem vollen Punktwert der regionalen Euro-Gebührenordnung zu vergüten seien. Es sei nicht sichergestellt, dass die RLV-Leistungen zumindest am durchschnittlichen Behandlungsbedarf bemessen würden, und eine Vergütung der medizinisch notwendigen Leistungen – nämlich der Grundpauschalen – zum vollen Punktwert sei nicht vorgesehen. Der durchschnittliche RLV-Fallwert habe im streitgegenständlichen Zeitraum bei 14,11 EUR und damit – mit Ausnahme des Quartals I/2009 – stets unterhalb der Grundpauschalen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 08211 (Grundpauschale 6 bis 59 Jahre: 14,72 EUR) und 08212 EBM (ab 60 Jahre 16,65 EUR) gelegen. Nur durch die Abrechnung der Grundpauschalen überschreite sie also bereits das RLV. Die einfachgesetzliche Vorgabe, wonach Honorarbeschränkungen nur zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der ärztlichen Tätigkeit erfolgen dürften, sei missachtet worden.
Die Rechtswidrigkeit der Bestimmungen sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Schaffung von Ausgleichsregelungen während einer Erprobungs- und Anfangsphase zu rechtfertigen. Dieses gelte auch eingedenk der Maßnahmen, die durch den (Erweiterten) Bewertungsausschuss sowie durch die Partner der Gesamtverträge für den Versorgungsbereich Nordrhein zur Abmilderung etwaiger Honorarverluste getroffen worden seien. Der gerügte Verstoß sei daher von vorneherein erkennbar gewesen. Bei Erstellung der Berechnungsgrundlagen habe dem Bewertungsausschuss und den Partnern der Gesamtverträge in Nordrhein auffallen müssen, dass zumindest die Gynäkologen mit den ihnen zugewiesenen RLV-Fallwerten betragsmäßig nicht die Grundpauschalen abdecken könnten. Ferner mangele es an der erforderlichen Transparenz der Berechnungsgrundlagen, da nahezu sämtliche Grundlagen, aus denen die Berechnung des konkret zugewiesenen RLV resultiere, unbekannt seien.
Rechtswidrig sei ferner die Kontingentierung der "Sonstigen Hilfen" in den Quartalen IV/2009 und I/2010. Diese Steuerungsmaßnahme habe sie rechtswidrig beschwert. Bis einschließlich des Quartals III/2009 habe die Beklagte den Leistungsbereich der "Sonstigen Hilfen" außerhalb der RLV, jedoch innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zum vollen regionalen Punktwert vergütet. Beginnend mit dem Quartal IV/2009 habe die Beklagte diese Leistungen weiterhin innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung honoriert, wobei hierfür bis zum Quartal II/2010 ein eigenes Kontingent innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung geschaffen worden sei. Ab dem Quartal III/2010 seien die "Sonstigen Hilfen" innerhalb des RLV vergütet worden. In den Quartalen IV/2010 und I/2011 sei die Vergütung mit einem floatenden Punktwert ermittelt worden, während im Quartal II/2011 wiederum eine Einbeziehung in das RLV erfolgt sei. Der Kontingentierung in den Quartalen IV/2009 und I/2010 habe der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 20.04.2009 zugrunde gelegen, der mit Wirkung zum 01.07.2010 die Möglichkeit eröffnet habe, Leistungen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, die bis dahin außerhalb des RLV vergütet worden seien, einer Steuerung zu unterziehen, um nachteiligen Wirkungen (etwa durch Mengenentwicklung) zu Lasten anderer Ärzte oder Arztgruppen entgegenzuwirken. Die von der Beklagten auf dieser Grundlage in § 3 Abs. 3 HVV getroffene Vereinbarung habe in dem streitgegenständlichen Quartalen Verluste gegenüber einer Abrechnung zum Orientierungspunktwert von 3,5001 Cent bzw. 3,5408 Cent bewirkt.
Die Vergütung der "Sonstigen Hilfen" habe nicht nur unbudgetiert, sondern als "besonders förderungswürdige Leistungen" außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung erfolgen müssen (§ 87a Abs. 3 Satz 5, 2. Halbsatz SGB V). Bei sämtlichen Leistungen des Kapitels 1.7 handele es sich um Vorsorgeleistungen, die aufgrund ihrer besonderen Bedeutung Einzug in den Katalog der von der GKV zu erstattenden Leistungen erhalten hätten. Der Bereich der Kapitel 1.7.5 bis 1.7.7 sei demjenigen der 1.7.1 bis 1.7.4 vergleichbar. Letztere würden außerhalb der MGV vergütet. Die Ungleichbehandlung sei sachwidrig. Die "Sonstigen Hilfen" würden auch als sogenannte "versicherungsfremde Leistungen" durch Zahlungen des Bundes nach § 221 SGB V besonders bezuschusst. Dies müsse sich auch in der Vergütung der Ärzte widerspiegeln.
Selbst wenn die Vergütung innerhalb der MGV zulässig wäre, sei jedenfalls die Bildung von Kontingenten und damit die Vergütung mit einem Punktwert, der unterhalb des regional vereinbarten Punktwertes liege, rechtswidrig. Für mengenbegrenzende Maßnahmen außerhalb des RLV (§ 3 Abs. 3 des ab III/2010 gültigen Honorarverteilungsvertrags (HVV)) fehle eine gesetzliche Grundlage und für den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 20.04.2009 bestehe keine Ermächtigungsgrundlage. § 87b SGB V sei abschließend. Die Kontingentierung sei zudem in rechtswidriger Art und Weise erfolgt, da die vom Gesetzgeber verfolgte Privilegierung der besonders förderungswürdigen Leistungen nicht gewährleistet sei. Die Systematik könne sogar dazu führen, dass die kontingentierten freien Leistungen schlechter vergütet würden als die Leistungen innerhalb des RLV. Aufgrund der Kontingentierung bestehe keinerlei Kalkulationssicherheit, da sich der Punktwert erst im Nachhinein herausstelle. Es sei nicht einmal eine Mindestvergütung vorgesehen. Die Leistungen des Bereichs "Sonstige Hilfen" seien aber wegen der dezidierten Vorgaben in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses einer Mengensteuerung überhaupt nicht zugänglich.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die von der Beklagten erlassenen Honorarbescheide für die Quartale I/2009, II/2009, IV/2009 und I/2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2011 aufzuheben und diese zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die Widersprüche der Klägerin erneut zu bescheiden,
2. die Beklagte zu verpflichten, die von der Klägerin erbrachten Leistungen der Unterkapitel 1.7.5, 1.7.6 und 1.7.7 EBM, soweit diese seitens der Beklagten einer Mengenbegrenzung unterzogen worden sind, außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung unbudgetiert zum jeweils regional vereinbarten, vollen Punktwert zu vergüten,
3. hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die Leistungen unter Ziffer 2. zwar innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, aber außerhalb des Vergütungsvolumens (Honorartopfes) der Fachgruppe der Gynäkologen zum jeweils regional vereinbarten, vollen Punktwert zu vergüten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig erachtet. Die Bescheide stünden im Einklang mit den Beschlüssen des (Erweiterten) Bewertungsausschusses vom 27./28.08.2008 sowie der hierzu ergangenen Ergänzungen und/oder Änderungen, dem EBM sowie dem HVV in der jeweils gültigen Fassung. Mit Urteil vom 17.07.2013 – B 6 KA 45/12 R – habe das Bundessozialgericht (BSG) bestätigt, dass die "freien Leistungen" nicht vollständig von mengenbegrenzenden Regelungen freigestellt werden müssten. Eine Rechtsgrundlage für eine Vergütung der "Sonstigen Hilfen" außerhalb der MGV oder frei von jeglicher Mengenbegrenzung sei nicht erkennbar. Bereits durch die Herausnahme aus dem RLV würden die Leistungen gefördert, weil für den Arzt ein Anreiz gesetzt werde, diese Leistungen auch dann zu erbringen, wenn das RLV ausgeschöpft sei. Dieser Effekt werde auch erreicht, wenn die sog. freien Leistungen nicht zum vollen Punktwert sondern nur quotiert vergütet würden. Sie habe ihre Beobachtungs- und Reaktionspflicht ordnungsgemäß wahrgenommen.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 25.05.2016 abgewiesen. Die Klage sei zwar zulässig, aber unbegründet. Soweit hinsichtlich der die Zuweisung des RLV betreffenden Verwaltungsentscheidungen Bestandskraft eingetreten sein sollte, könne dies der Klägerin aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht entgegen gehalten werden (Verweis auf BSG, Urteil vom 15.08.2012 – B 6 KA 38/11 R -). So habe die Beklagte den Hinweis erteilt, dass es einer Anfechtung der Zuweisungsbescheide nicht bedürfe und ein Widerspruch gegen den Abrechnungsbescheid ausreichend sei. Die Klage sei indes unbegründet, da – so das SG im Wesentlichen zur Begründung – weder die Mengensteuerung der "Sonstigen Hilfen", noch die Honorarfestsetzung auf Grundlage der Bestimmungen über das RLV beanstandungswürdig sei. Die angefochtenen Abrechnungsbescheide seien zunächst nicht deshalb rechtswidrig, weil diese im Hinblick auf die HVV-Quote auf einer rechtswidrigen Beschlusslage des (Erweiterten) Bewertungsausschusses beruhten. Dies sei höchstrichterlich geklärt (Verweis auf BSG, Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 4/13 R -).
Zudem seien weder die Mengensteuerung der "Sonstigen Hilfen" rechtswidrig, noch sei die Honorarfestsetzung auf der Grundlage der Bestimmungen über das RLV zu beanstanden. Eine Rechtswidrigkeit folge auch insbesondere nicht daraus, dass die gynäkologischen Grundleistungen einer Mengenausweitung nicht zugänglich seien. Der in § 87b SGB V enthaltene Begriff der "übermäßigen Ausdehnung" sei nicht arztindividuell, sondern auch fachgruppenbezogen zu betrachten. Er erfasse alle Konstellationen, in denen – aus welchen Gründen auch immer – honorarbegrenzende Maßnahmen erforderlich würden. Dazu gehörten auch Maßnahmen, die Mengenausweitungen zu Lasten anderer Arztgruppen verhinderten. Nach der Rechtsprechung des BSG komme es durchaus in Betracht, dass auch notwendige Leistungen nicht mit dem Preis der Euro-Gebührenordnung vergütet werden könnten und müssten. Die wesentlichen Berechnungsfaktoren für die Zuweisung der RLV wie Fallwert der Arztgruppe, relevante Fallzahlen, Zuschlag für Berufsausbildungsgemeinschaften usw. seien Bestandteil der Zuweisungsbescheide. Einer eingehenderen Darlegung aller Berechnungsschritte und Ausgangswerte bedürfe es, jedenfalls solange – wie hier – keine substantiierten dahingehenden Einwände vorgetragen würden, nicht.
Nicht zu beanstanden seien die Abrechnungsbescheide auch hinsichtlich der Vergütung der "Sonstigen Hilfen" der Kapitel 1.7.5 bis 1.7.7 EBM in den Quartalen ab IV/2009. Eine eindeutige gesetzliche Vorgabe für eine Vergütung außerhalb der MGV enthalte § 87a Abs. 3 SGB V allein für die Substitutionsbehandlung, während für andere Leistungen lediglich die Möglichkeit eröffnet werde, eine Vergütung außerhalb der MGV zu vereinbaren, wenn es sich um Leistungen handele, die besonders gefördert werden sollten oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich sei. Für "Sonstigen Hilfen" sei keine Vergütung außerhalb der MGV vereinbart worden und eine dahingehende Verpflichtung ergebe sich weder aus dem Standort im EBM, noch daraus, dass die "Sonstigen Hilfen" gemäß § 221 SGB V aus Bundesmitteln bezuschusst würden und besondere "Buchungsvorschriften" für die Krankenkassen bestünden. Hieraus folge allein, dass es sich um versicherungsfremde Leistungen handele, nicht aber, dass der Gesetzgeber diese Leistungen als besonders förderungswürdige Leistungen habe privilegieren wollen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin fehle es für eine mengenbegrenzende Maßnahme außerhalb von RLV durch eine Kontingentierung nicht an einer gesetzlichen Grundlage. Ebenso wenig trage die Annahme der Klägerin, wonach es für den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 20.04.2009 an einer Ermächtigungsgrundlage mangele und dieser Beschluss als Rechtsgrundlage ungeeignet sei. Dass vielmehr die eine Quotierung "freier Leistungen" auf regionaler Ebene erlaubenden Beschlüsse des Bewertungsausschusses mit höherrangigem Recht vereinbar seien, habe das BSG mehrfach bestätigt (Verweis auf BSG, Urteile vom 07.07.2013 – B 6 KA 45/12 R -, vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R – und vom 03.03.2016 – B 6 KA 33/15 R -).
Auch die Voraussetzungen, unter denen eine Verpflichtung der Beklagten zu einer Reaktion auf einen erheblichen und dauerhaften Punktwertverfall in Betracht kommen könne, seien nicht gegeben. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG könne – neben weiteren Voraussetzungen – erst ein sich auf das Honorar mindernd auswirkender dauerhafter Punktwertverfall von mehr als 15 % unter das sonstige Durchschnittsniveau eine Reaktionspflicht begründen. Eine solche setze ferner eine dauerhafte Entwicklung voraus, die frühestens nach Vorliegen von Daten aus mindestens zwei Quartalen angenommen werden könne. Vorliegend habe es sich dagegen um die ersten beiden Quartale gehandelt, in denen die streitigen Leistungen einer Quotierung unterworfen worden seien. Zudem habe die Reduzierung des Punktwertes im Quartal IV/2009 die Marke von 15% nicht erreicht. Auf die Entscheidungsgründe wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.
Gegen das ihr am 13.07.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 03.08.2016 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen eingelegt. Zur Begründung verweist sie auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und ergänzt: Die Benachteiligung der Gynäkologen durch Einbeziehung der "Sonstigen Hilfen" in das RLV lege den Schluss nahe, dass eine Umverteilung der "freigewordenen" Gelder zum Nachteil der Fachgruppe der Gynäkologen und zur Finanzierung anderer Fachgruppen erfolgt sei. Der durchschnittliche RLV-Fallwert der Fachgruppe der Gynäkologen habe im streitigen Zeitraum stets unterhalb der Grundpauschalen der GOP 08211 und 08212 EBM gelegen. Diese extrem niedrigen Fallwerte bildeten ein Indiz für dafür, dass selbst dann, wenn die Grundsystematik der RLV-Berechnung als rechtmäßig angenommen werden sollte, die konkrete Umsetzung offenbar fehlerhaft sei. Bei anderen Fachgruppen liege der durchschnittliche RLV-Fallwert deutlich über den Grund- oder Versichertenpauschalen des jeweiligen Fachkapitels. Dies indiziere, dass das zur Verfügung stehende Vergütungsvolumen zur Bildung der Regelleistungsvolumina für die Fachgruppe der Gynäkologen offensichtlich zu Gunsten anderer Fachgruppen zu niedrig bemessen sei. Dann liege ein Verstoß gegen die Honorarverteilungsgerechtigkeit nahe. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebiete, ebenso wie sämtliche Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Erwachsene, Mammographie-Screening, Mutterschaftsvorsorge und Hautkrebs-Screening auch die "Sonstigen Hilfen" außerhalb des RLV zu vergüten. Diese Leistungen wiesen auch einen präventiven Charakter (Vermeidung von Schwangerschaftsabbrüchen) auf und seien mit den übrigen Präventionsleistungen vergleichbar. Das ergebe sich auch aus dem Standort im EBM. Auch diese Leistungen unterlägen keiner Steuerungsmöglichkeit. Es lägen damit zwei im Wesentlichen gleich gelagerte Sachverhalte vor, so dass es der Darlegung rechtfertigender Gründe bedürfe, weshalb diese unterschiedlich behandelt würden. Vor diesem Hintergrund werde beantragt, von Amts wegen die Motive für die Einbeziehung bestimmter Leistungen in die RLV und die Vergütung bestimmter Leistungen außerhalb der RLV bzw. außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu ermitteln. Die Art und Weise der Vergütung der "Sonstigen Hilfen" habe sich seit 2009 von Quartal zu Quartal erheblich geändert. Sie sei teils innerhalb und teils außerhalb des RLV, teils mit und teils ohne Quotierung erfolgt. Bereits dieser ständige Wechsel indiziere eine Willkür.
Die Quotierung der "sonstigen Hilfen" sei in unzulässiger Weise erfolgt. Das BSG habe insbesondere in seiner Entscheidung vom 17.07.2013 – B 6 KA 45/12 R – die Anforderungen an die konkrete Ausgestaltung der mengenbegrenzenden Maßnahmen von Leistungen außerhalb des RLV offen gelassen. Anders als in dem vom BSG zu entscheidenden Fall habe der streitgegenständliche HVV der Beklagten keine Mindestvergütung der quotierten Leistungen vorgesehen. Dies habe zur Folge, dass die Höhe der Vergütung der "Sonstigen Hilfen" erst im Nachhinein bekannt geworden sei. Dem gesetzgeberischen Gedanken der Kalkulationssicherheit werde eine solche Ausgestaltung somit nicht gerecht. Sie widerspräche auch dem Steuerungsgedanken.
Die Klägerin beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.05.2016 abzuändern,
2. die von der Beklagten erlassenen Bescheide über die Zuweisung des Regelleistungsvolumens für die Quartale I/2009 und II/2009, als auch die Honorarbescheide für die Quartale I/2009, II/2009, IV/2009 und I/2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15.12.2009 sowie vom 21.09.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Widersprüche der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
3. die Beklagte zu verpflichten, die von ihr erbrachten Leistungen der Unterkapitel 1.7.5, 1.7.6 und 1.7.7 EBM, die einer Mengenbegrenzung unterzogen worden sind, außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung unbudgetiert zum jeweils regional vereinbarten, vollen Punktwert zu vergüten,
4. hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die Leistungen unter Ziffer 2 zwar innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, aber außerhalb des Vergütungsvolumens (Honorartopfes) der Fachgruppe der Gynäkologen zum jeweils regional vereinbarten, vollen Punktwert zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Weder gesetzlich noch vertraglich sei sie verpflichtet, Leistungen nach den Abschnitten 1.7.5 bis 1.7.7 EBM außerhalb der MGV oder außerhalb des RLV mit einem festen Punktwert zu vergüten. Es gelte der Grundsatz, dass die MGV für die Abgeltung der gesamten vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten diene. Eine Abweichung sei hier mangels einer Vereinbarung der Gesamtvertragspartner i.S.v. § 87a Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V nicht zulässig.
Substantiierte Einwände gegen die Berechnung mache die Klägerin weiterhin nicht geltend. Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Berechnungsfaktoren und des Divisors "Fallzahl" sei bereits rechnerisch naheliegend, dass sich eine Erhöhung des Verteilungsvolumens nur begrenzt auf die Höhe des RLV-Fallwerts auswirken könne. Der rechnerische Vergleich der RLV-Fallwerte mit der Euro-Gebührenordnung führe nicht weiter. Das BSG habe bereits in seinem Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 6/13 R – ausführlich begründet, dass für die Höhe der Gesamtvergütung nicht das Punktzahlvolumen der tatsächlich abgerechneten Leistung maßgeblich sei, sondern der vereinbarte Behandlungsbedarf. Leistungen könnten und müssten nicht mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden. Dies gelte auch dann, wenn sie aus ärztlicher Sicht "notwendig" seien. Angesichts begrenzter Gesamtvergütungen könne kein Leistungsbereich generell von Steuerungsmaßnahmen ausgeschlossen werden.
Es bestehe keine Verpflichtung, die "Sonstigen Hilfen" generell von Steuerungsmaßnahmen auszuschließen oder gar außerhalb der MGV zu vergüten. Zwar würden Gestaltungsspielräume der jeweiligen Normgeber grundsätzlich durch das Gleichbehandlungsgebot gemäß Art. 3 Abs. 1 GG begrenzt. Es gebe aber keine Besonderheit von so großem Gewicht, die eine Privilegierung der "Sonstigen Hilfen" zwingend erforderlich mache. Im Gegenteil: Obwohl versicherungsfremd, habe der Gesetzgeber diese ärztlichen Maßnahmen in das Leistungsrecht der GKV und damit in das allgemeine System gesetzlich begrenzter Gesamtvergütungen einbezogen. Zwar beteilige sich der Bund nach § 221 SGB V an den Aufwendungen der Krankenkassen für versicherungsfremde Leistungen, allerdings nur pauschal durch Zuschüsse, die gesetzlich bestimmt und begrenzt seien. Eine Abgeltung der tatsächlichen Aufwendungen 1:1 – etwa auf der Basis eines garantierten Punktwertes – finde gerade nicht statt.
Der Senat hat die Sach- und Rechtslage am 28.02.2018 mit den Beteiligten mündlich erörtert und anschließend eine Auskunft des GKV-Spitzenverbandes zu den tragenden Erwägungen des Bewertungsausschusses für die am 20.04.2009 und am 26.03.2010 getroffenen Beschlüsse eingeholt. Auf den Inhalt der Auskunft vom 15.05.2018 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Honorarbescheide für die Abrechnungsquartale I/2009 und II/2009 sowie IV/2009 bis I/2010 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.09.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
A. Die Klägerin hat in den streitigen Abrechnungsquartalen keinen Anspruch auf Vergütung der Leistungen nach den Abschnitten 1.7.5, 1.7.6 und 1.7.7 EBM mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung außerhalb der MGV.
I. Rechtsgrundlage der hier maßgebenden Regelungen zur Vergütung von Vertragsärzten ist § 87b Abs. 1 Satz 1 SGB V in der vom 1.7.2008 bis 22.9.2011 geltenden und deshalb im streitbefangenen Quartal anzuwendenden Fassung des GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.03.2007 (a.F.). Danach wurden die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 01.01.2009 von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V a.F. vergütet. Dieser Vergütung lag die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige KV zu zahlende MGV für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KV (§ 87a Abs. 3 Satz 1 SGB V) zugrunde. Zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis sind dabei nach § 87b Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. arzt- und praxisbezogene RLV festzulegen, innerhalb der die vertragsärztlichen Leistungen im Grundsatz mit den in der Euro-Gebührenordnung enthaltenen Preisen vergütet werden (§ 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V a.F.), während die das RLV überschreitende Leistungsmenge gemäß § 87b Abs. 2 Satz 3 SGB V a.F. mit abgestaffelten Preisen vergütet wird.
Grundsätzlich besteht demnach kein Anspruch auf eine unbudgetierte Vergütung außerhalb der MGV. Nach § 87a Abs. 3 Satz 1 SGB V gilt der Grundsatz, dass die Gesamtvergütung mit befreiender Wirkung von den Krankenkassen an die KV "für die gesamte vertragsärztliche Versorgung" der Versicherten gezahlt wird (BSG, Urteil vom 29.11.2017 – B 6 KA 41/16 R -). Eine Vergütung von Leistungen außerhalb der MGV ist nur zulässig, soweit dies das Gesetz ausdrücklich vorsieht (BSG, Urteil vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R -). Eine solche Ausnahme regelt in dem hier maßgebenden Zeitraum § 87a Abs. 3 Satz 5 SGB V. Danach sind vertragsärztliche Leistungen bei der Substitutionsbehandlung der Drogenabhängigkeit gemäß den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses von den Krankenkassen außerhalb der Gesamtvergütung mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten. In Vereinbarungen der Gesamtvertragspartner kann darüber hinaus geregelt werden, dass weitere vertragsärztliche Leistungen außerhalb der nach Satz 1 vereinbarten Gesamtvergütungen mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung nach Abs. 2 vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder aufgrund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist (§ 87a Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V). Nach Teil F Ziffer 2.2 des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28.8.2008 unterliegen die nach § 87a Abs. 3 Satz 5 SGB V außerhalb der MGV mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergüteten Leistungen auch nicht dem RLV.
Eine entsprechende Vereinbarung bezogen auf die "Sonstigen Hilfen" haben die – hierfür allein zuständigen (BSG, Urteile vom 29.11.2017 – B 6 KA 41/16 R – und vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R -) – Gesamtvertragspartner indes nicht getroffen. Die für den Bezirk der Beklagten für die streitigen Quartale geschlossenen HVV sehen jeweils in § 3 Abs. 4 i.V.m. der Anlage B 2 keine Vergütung außerhalb der MGV für Leistungen nach den Abschnitten 1.7.5 bis 1.7.7 EBM vor. Diesen Vorgaben folgend hat die Beklagte die "Sonstigen Hilfen" in den Quartalen I/2009 und II/2009 sowie vom IV/2009 bis I/2010 aus der Gesamtvergütung honoriert, die ihr für diese Quartale von den Krankenkassen gezahlt worden ist.
II. Die Entscheidung der Gesamtvertragspartner, im HVV eine extrabudgetäre Vergütung nicht auch für "Sonstige Hilfen" zu vereinbaren, kann gerichtlich nicht beanstandet werden. Dies folgt schon daraus, dass die inzidente Prüfung einer Gesamtvergütungsvereinbarung in einem Rechtsstreit über den Honoraranspruch eines Vertragsarztes grundsätzlich ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 27.04.2005 – B 6 KA 23/04 R -). Grund hierfür ist, dass es sich bei der Vereinbarung und Anpassung der Gesamtvergütung nicht um einen normativen, sondern um einen obligatorischen Teil des Gesamtvertrages handelt, der – abgesehen von einer Erstreckung auf die einzelnen Krankenkassen – lediglich Rechte und Pflichten zwischen den Vertragspartnern begründet und sich ansonsten für Dritte – also auch für Vertragsärzte – allenfalls mittelbar bzw. faktisch auswirkt. Die Überprüfung der Gesamtvergütungsvereinbarungen auf Rechtsverstöße erfolgt in einem objektivierten, nicht von der Geltendmachung subjektiver Rechtsverletzungen abhängigen Verfahren durch die zuständige Aufsichtsbehörde (BSG, Urteil vom 31.08.2005 – B 6 KA 6/04 R -; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018 – L 3 KA 32/16 -). Dies gilt zwar nur, soweit dem Vertragsabschluss ein Verhandlungsprozess zwischen den Vertragspartnern zugrunde liegt, der nicht rechtlich voll determiniert ist. Soweit die Gesamtverträge lediglich Normen vollziehen, kann der einzelne Vertragsarzt mit der Anfechtung des Honorarbescheids bzw. des Bescheids über das ihm zugewiesene RLV gerichtlich klären lassen, ob der zuständige Normgeber die ihn verpflichtenden höherrangigen Normen beachtet hat (BSG, Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 4/13 R -; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018 – L 3 KA 32/16 -). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Ob und ggf. welche vertragsärztlichen Leistungen besonders gefördert und daher außerhalb der MGV vergütet werden sollen, unterliegt nach § 87a Abs. 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V dem Verhandlungsprozess der Gesamtvertragspartner. Den Gesamtvertragsparteien steht hierbei ein weiter Gestaltungsspielraum zu (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018 – L 3 KA 32/16 -; Sproll in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand: Februar 2018, § 87a SGB V Rn. 24; Engelhart-Au in: Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch V, 5. Auflage, 2016, § 87a Rn. 17; vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 29.11.2017 – B 6 KA 41/16 R -).
III. Ob das Verhandlungsergebnis der Gesamtvertragsparteien in besonderen Ausnahmefällen im Hinblick auf einen Verstoß gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG zu überprüfen ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn ein solcher Verstoß liegt nicht vor.
1. Bei der Ausgestaltung der Gesamtverträge haben die Vertragspartner einen gerichtlich zu respektierenden Gestaltungsspielraum, der erst dann überschritten wird, wenn die jeweilige Gestaltung in Anbetracht des Zwecks der konkreten Ermächtigung unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (BSG, Urteil vom 28.01.2009 – B 6 KA 5/08 R -). Die Gestaltungsfreiheit wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn sich zweifelsfrei feststellen lässt, dass Entscheidungen von sachfremden Erwägungen getragen sind – etwa weil eine Gruppe von Leistungserbringern bei der Honorierung bewusst benachteiligt wird – oder dass es im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG keinerlei vernünftige Gründe für die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem bzw. für die ungleiche Behandlung von im Wesentlichen gleich gelagerten Sachverhalten gibt (BSG, Urteil vom 28.05.2008 – B 6 KA 49/07 R -). Die Regelung, die Leistungen nach den Abschnitten 1.7.5 bis 1.7.7 entsprechend dem Grundsatz von § 87a Abs. 3 Satz 1 SGB V innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung zu vergüten, steht nicht in einem "groben Missverhältnis" zu den mit ihr verfolgten legitimen Zwecken, sie ist nicht in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig. Sie entspricht vielmehr dem Gesetzeszweck, dass die Gesamtvergütung mit befreiender Wirkung von den Krankenkassen an die KV "für die gesamte vertragsärztliche Versorgung" der Versicherten gezahlt wird.
Die Tatsache, dass diese Leistungen wie fast alle vertragsärztlichen Leistungen innerhalb der MGV bezahlt werden, bietet auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Gruppe der Gynäkologen bewusst gegenüber anderen Leistungserbringern benachteiligt wurde. Das gilt umso mehr, als bspw. mit dem Mammographie-Screening und der Mutterschaftsvorsorge wichtige Bereiche des Leistungsspektrums der Gynäkologen bereits außerhalb der MGV vergütet werden. Andere Facharztgruppen haben weniger Möglichkeiten, Leistungen außerhalb der MGV vergütet zu erhalten. Vor diesem Hintergrund ist eine Benachteiligung der Gynäkologen nicht erkennbar.
2. Es besteht auch keine Vergleichbarkeit mit den Präventionsleistungen nach den Abschnitten 1.7.1 bis 1.7.4, die außerhalb der MGV honoriert werden, in dem Maße, dass nur eine gleiche Honorierung willkürfrei erfolgen könnte. Die Präventionsleistungen nach Abschnitt 1.7.1 sind durch eine enge Zeit- und Mengenbegrenzung einerseits und andererseits die Zielvorgabe einer möglichst vollständigen Mengenausschöpfung geprägt (BSG, Urteil vom 11.09.2002 – B 6 KA 30/01 R -). Ähnliches gilt für die Früherkennung von Krankheiten bei Erwachsenen (1.7.2): So kann z.B. die GOP 01730 nur einmal pro Jahr und Frau abgerechnet werden. Auch die Leistungen nach den Abschnitten 1.7.3 (Mammographie-Screening) und 1.7.4 (Mutterschaftsvorsorge) unterliegen strengen Zeit- und Mengenvorgaben. Solche Vorgaben gelten nicht für die "Sonstigen Hilfen", insbesondere für den Abschnitt 1.7.5.: Die GOP 01820 (Ausstellung von Wiederholungsrezepten), 01821 (Beratung im Rahmen der Empfängnisregelung), 01822 (Beratung ggf. einschließlich Untersuchung im Rahmen der Empfängnisregelung), unterliegen keinen derartigen engen Vorgaben. Sie könnten jedenfalls jedes Quartal wiederholt werden, ohne dass das zum Erreichen der von der Klägerin vorgetragenen Gesetzeszwecke erforderlich wäre. Damit fehlt es an vergleichbaren Sachverhalten. Eine Differenzierung ist zulässig. Eine unterschiedliche Behandlung beider Komplexe ist auch dadurch gerechtfertigt, dass die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern und Erwachsenen (einschließlich der Früherkennung von Brustkrebs) und der Mutterschaftsvorsorge einen engeren Bezug zum Kern der Aufgaben der GKV, der Behandlung von Krankheiten, aufweisen als die Vorsorgeleistungen nach § 25 SGB V, weil die normale Empfängnis und Schwangerschaft, auf die mit den Maßnahmen der §§ 24a, 24b SGB V eingewirkt wird, keine regelwidrigen Vorgänge im Leben einer gesunden Frau sind (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018 – L 3 KA 32/16 – m.w.N.).
3. Aus der Stellung im EBM lässt sich ebenfalls nichts im Sinne der Klägerin ableiten. Schon im Grundsatz gibt es keinen generellen Vorrang der Bestimmungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabs gegenüber den Regelungen der Honorarverteilung. Regelungen des Bewertungsmaßstabs über die Bewertung der vertragsärztlichen Leistungen bewirken keine generelle Bindung des Normgebers der Honorarverteilung. Art und Umfang der Leistungen, wie sie im einheitlichen Bewertungsmaßstab festgelegt sind, bilden nicht das alleinige Verteilungskriterium; vielmehr können die Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen ihrer Satzungsautonomie ebenso wie die Gesamtvertragspartner im Rahmen des ihnen vom Gesetz eingeräumten Handlungsspielraums daneben auch andere Gesichtspunkte berücksichtigen, auch wenn dadurch im Ergebnis von Bewertungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabs abgewichen wird (BSG, Urteile vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R – und vom 11.12.2013 – B 6 KA 6/13 R -). Dass allein aus der Zugehörigkeit zu den arztgruppenübergreifenden allgemeinen GOPen keine Schlüsse auf einen besonderen Förderungsbedarf gezogen werden können, ergibt sich im Übrigen daraus, dass zu diesem Abschnitt auch vertragsärztliche Standardleistungen wie Besuche, schriftliche Mitteilungen, Infusionen etc. gehören (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018 – L 3 KA 32/16 -).
4. Selbst wenn die "Sonstigen Hilfen", wie die Klägerin vorträgt, keiner Mengenausweitung zugänglich sein sollten, führt das nicht dazu, dass sie nicht innerhalb der MGV mit der Folge von Quotierungen zu vergüten wären (vgl. BSG, Urteil vom 28.01.2009 – B 6 KA 5/08 R -). Angesichts der vorgegebenen Größe der Gesamtvergütung zielen die Instrumente der Mengensteuerung nicht nur auf das Verhalten des einzelnen Arztes, sondern dienen auch dem Zweck, die Folgen einer Mengenausweitung auf die jeweilige Arztgruppe zu beschränken und Honorarminderungen für solche Arztgruppen zu verhindern, die zu einer Leistungsausweitung nichts beigetragen haben (BSG, Urteile vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R – und vom 11.12.2013 – B 6 KA 6/13 R -).
5. Ebenso wenig können Vorschriften für die Verbuchung einzelner Bestandteile der Gesamtvergütung und die Gewährung eines Zuschusses durch den Bund gemäß § 221 SGB V die Annahme eines gesteigerten Förderungsbedarfs der streitbefangenen Leistungen stützen. Insoweit ist zwar die Annahme der Klägerin zutreffend, dass die Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b SGB V einen Sonderstatus innerhalb des SGB V einnehmen. Dies ist aber darin begründet, dass diese Leistungen nicht der Aufgabe der Solidargemeinschaft der GKV dienen, die Gesundheit ihrer Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu verbessern (§ 1 Abs. 1 SGB V), sondern als versicherungsfremd angesehen werden (Mack/Hesral in: jurisPK-SGB V, 3. Auflage, 2016, § 221 Rn. 7 2), was mit der Gewährung der Zuschüsse nach § 221 SGB V berücksichtigt wird. Dies spricht eher für eine geringere Förderungswürdigkeit als für eine gesteigerte (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018 – L 3 KA 32/16 -).
6. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich auch nicht daraus, dass der Bewertungsausschuss (BewA) vorgegeben hat, dass die zum 01.07.2010 neu in den EBM aufgenommene GOP 01833 außerhalb der MGV vergütet werden soll. Unabhängig davon, dass aufgrund der Alleinzuständigkeit der Gesamtvertragspartner (s.o.) hierfür im Jahr 2010 keine Rechtsgrundlage bestanden haben dürfte, ist der Grund für die extrabudgetäre Vergütung dieser GOP allein darin zu sehen, dass neu in den EBM aufgenommene Leistungen üblicherweise einer zweijährigen Erprobung unterworfen werden, während der sie (noch) nicht aus der MGV vergütet werden. Dies steht in keinem Zusammenhang mit der vorliegenden Problematik eines eventuell bestehenden besonderen Förderungsbedarfs etablierter Leistungen des EBM (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018 – L 3 KA 32/16 -).
7. Kein zwingender Grund dafür, die "Sonstigen Hilfen" außerhalb der MGV zu vergüten, ist der von der Klägerin hervorgehobene Umstand, dass die in den §§ 24a (Empfängnisverhütung) und 24b SGB V (Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation) gesetzlich geregelten Maßnahmen Bestandteil eines auf Beratung und Aufklärung der betroffenen Frauen gerichteten Schutzkonzepts ist, das vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 28.5.1993 – 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92 und 2 BvF 5/92 – entwickelt worden ist. Zutreffend ist insoweit, dass das BVerfG das ungeborene Leben unter den Schutz der Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 2 GG gestellt und deshalb den Staat dazu verpflichtet hat, eine Pflichtberatung der Frau vorzusehen, die darauf gerichtet ist, zum Austragen des Kindes zu ermutigen. Dabei muss die Beratung nach Inhalt, Durchführung und Organisation geeignet sein, der Frau die Einsichten und Informationen zu vermitteln, derer sie für eine verantwortliche Entscheidung über die Fortsetzung oder den Abbruch der Schwangerschaft bedarf. Zur organisatorischen Umsetzung des Beratungskonzepts hat das BVerfG den Staat zwar verpflichtet, ein angemessenes Beratungsangebot sicherzustellen. Anhaltspunkte dafür, dass hierzu auch ein bestimmtes Honorarniveau in den Beratungsprozess einbezogener (Vertrags)ärzte erforderlich sein soll, sind der Entscheidung aber nicht zu entnehmen (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018 – L 3 KA 32/16 -).
8. Schließlich ist dadurch, dass die "Sonstigen Hilfen" budgetiert innerhalb der MGV vergütet werden, auch nicht der Grundsatz der Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütung verletzt. Ein subjektives Recht auf höheres Honorar aus § 72 Abs. 2 SGB V i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG kommt erst dann in Betracht, wenn in einem fachlichen und/oder örtlichen Teilbereich kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und deshalb in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist (BSG, Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 6/13 R -; Beschluss vom 11.03.2009 – B 6 KA 31/08 B -; Senat, Beschluss vom 21.03.2012 – L 11 KA 83/11 B ER -, jew. m.w.N.). Dafür, dass durch eine zu niedrige Honorierung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem zumindest hinsichtlich des Teilgebiets der Gynäkologie und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem beteiligten ärztlichen Leistungserbringer gefährdet wäre, oder dafür, dass im Bereich der Gynäkologie kein ausreichender finanzieller Anreiz mehr besteht, vertragsärztlich tätig zu werden, und dadurch in diesem Bereich die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährdet ist, hat die Klägerin nichts vorgetragen. Dergleichen ist auch nicht ersichtlich. Da dem Zuschnitt der vertragsärztlichen Vergütung insgesamt eine Mischkalkulation zugrunde liegt (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2001 – B 6 KA 54/00 R -, Beschluss vom 11.03.2009 – B 6 KA 31/08 B -), kommt es auf die Höhe der Vergütung speziell für die Abschnitte 1.7.5 bis 1.7.7 EBM nicht an.
B. Die Quotierung der "Sonstigen Hilfen" als außerhalb des RLV, aber innerhalb der MGV zu vergütenden Leistungen ist nicht zu beanstanden.
Vertragsärzte haben bezogen auf Leistungen, die innerhalb der MGV, aber außerhalb der RLV vergütet werden, keinen Anspruch darauf, von jeder Budgetierung freigestellt zu werden (BSG, Urteile vom 29.11.2017 – B 6 KA 41/16 R -, vom 23.3.2016 – B 6 KA 33/15 R und vom 17.7.2013 – B 6 KA 45/12 R -). Die typischen und speziellen Leistungen einer Arztgruppe werden im RLV honoriert. Angesichts der begrenzten Gesamtvergütung ginge jede Ausweitung der Vergütung der "freien Leistungen" zu Lasten des für die RLV-Leistungen zur Verfügung stehenden Vergütungsvolumens. Würden die freien Leistungen vorab unbegrenzt vergütet, wäre eine angemessene Honorierung der in das RLV fallenden (arztgruppentypischen) Leistungen nicht mehr gewährleistet. Dies würde im Extremfall auch für eine Vergütung der freien Leistungen zu einem garantierten Mindestwert gelten. Das Ziel der Kalkulationssicherheit (das vorwiegend über die, die typischen Leistungen abdeckenden RLV gewährleistet werden soll und nicht über die freien Leistungen) muss angesichts dessen wegen der Begrenztheit des zur Verteilung zur Verfügung stehenden Gesamtvergütungsvolumens zurücktreten. Denn die Gewährleistung einer Kalkulationssicherheit stellt unter Geltung einer begrenzten Gesamtvergütung nur ein "relatives" Ziel dar, welches im Übrigen nicht "isoliert" und zu Lasten anderer Arztgruppen verwirklicht werden darf. Da in einem System begrenzter Gesamtvergütungen die einer Arztgruppe zugesagte Garantie fester Preise ohne flankierende Steuerungsmaßnahmen regelhaft dazu führt, dass andere Arztgruppen diese Garantie mit finanzieren, indem sie für ihre Leistungen geringere Vergütungen erhalten, kann diese im Prinzip nur Leistungen betreffen, die außerhalb der MGV vergütet werden (BSG, Urteil vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R -); hierzu gehören die streitgegenständlichen Leistungen jedoch nicht (s.o. A.).
Bei begrenzter Gesamtvergütung verbietet sich eine isolierte Betrachtung der Honorierung der freien Leistungen. Eine vom Bewertungsausschuss den Gesamtvertragspartnern ermöglichte Mengensteuerung der nicht vom RLV erfassten Leistungen dient der Sicherung einer insgesamt "angemessenen" Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen. Denn eine feste, begrenzte Gesamtvergütung schließt die Vergütung aller vertragsärztlichen Leistungen mit einem garantierten Punktwert aus. Mengenbegrenzungen oder Quotierungen sind unvermeidlich, und jeder Garantiepreis für bestimmte, mengenmäßig nicht begrenzte Leistungen führt bei entsprechender Mengenentwicklung zwangsläufig zu einer Absenkung der Vergütung anderer Leistungen (BSG, Urteile vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R – und vom 17.7.2013 – B 6 KA 45/12 R -).
Erst recht ergibt sich die Notwendigkeit, alle innerhalb der MGV zu vergütenden "freien" Leistungen (ggf.) einer Steuerung zu unterziehen, mit Blick auf das System der RLV. Ein RLV soll nach seiner gesetzlichen Definition einer bestimmten Leistungsmenge entsprechen, die mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet wird (§ 87b Abs. 2 Satz 2 SGB V a.F.). Innerhalb eines RLV werden die typischen und speziellen Leistungen einer Arztgruppe honoriert (BSG, Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 6/13 R -). Das System der RLV beeinflusst auch die Vergütung solcher Leistungen, die nicht Bestandteil der RLV sind, wie die sogenannten "freien" Leistungen. Wenn diese ohne Steuerungs- oder Begrenzungsmöglichkeiten vergütet werden müssten, hätte das erhebliche Auswirkungen auf die Vergütung der in das RLV der jeweiligen Arztgruppen fallenden und gleichermaßen aus der MGV zu vergütenden Leistungen (BSG, Urteil vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R – m.w.N.).
Diese unmittelbare Konsequenz der verbindlichen Einführung eines Systems von RLV zum 01.01.2009 durch den Gesetzgeber des GKV-WSG erfasst auch die innerhalb der MGV zu honorierenden "Sonstigen Hilfen". Je höher der Anteil der darauf entfallenden Vergütungen ist, desto niedriger fallen die RLV aus. Angesichts begrenzter Gesamtvergütung setzt das System der RLV daher eine Quotierung voraus. Würden die "freien Leistungen" ohne Quotierung vergütet, hätte dies zur Folge, dass der auf diesen Teil der Leistungen entfallende Anteil der Gesamtvergütung für die innerhalb des RLV zu vergütenden Leistungen nicht mehr zur Verfügung stünde. Weder eine angemessene Honorierung dieser in das RLV fallenden Leistungen noch eine gewisse Kalkulationssicherheit wären gewährleistet, wenn die freien Leistungen vorab unbegrenzt vergütet würden, sodass im Extremfall, also bei zu geringen RLV auch die Funktionsfähigkeit des Systems der RLV insgesamt beeinträchtigt sein könnte (BSG, Urteile vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R – und vom 17.07.2013 – B 6 KA 45/12 R -).
Von der Ermächtigung, außerhalb der RLV zu vergütende Leistungen betreffende Vorgaben zu erlassen, ist auch die Befugnis des Bewertungsausschuss umfasst, für einzelne – definierte – Regelungsbereiche von detaillierten Vorgaben abzusehen und die regionalen Vertragspartner zur näheren Ausgestaltung und Umsetzung zu ermächtigen. Ohnehin gilt, dass der Begriff der "Vorgaben" verlassen wird, wenn der Bewertungsausschuss Regelungen erlässt, die für die regionalen Vertragspartner verbindlich sein sollen. Die Regelung, dass sich die regionalen Vertragspartner über das Verfahren bei einer Überschreitung einigen sollen, hält sich daher gerade im Rahmen von "Vorgaben", weil diese zwar einen Regelungsauftrag erhalten, ihnen jedoch nicht verbindlich vorgegeben wird, in welcher Form diese "Einigung" bei einer Überschreitung des Vergütungsvolumens zu erfolgen hat. Die regionalen Vertragspartner sind auch zutreffender Adressat der Ermächtigung, da sie (im maßgeblichen Zeitraum) ungeachtet bundeseinheitlicher Vorgaben weiterhin zum Erlass normativer Vorgaben für die Honorarverteilung ermächtigt und verpflichtet waren (BSG, Urteile vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R -).
Die Quotierung der "Sonstigen Hilfen" ist auch im Übrigen rechtmäßig. Zwar trifft es zu, dass bei einer Quotierung die Kalkulationssicherheit nicht mehr in vollem Umfang gegeben ist, weil die – quotierte – Höhe der Erstattungen erst im Nachhinein feststeht. Allerdings hat innerhalb einer begrenzten Gesamtvergütung das Ziel der Kalkulationssicherheit nur "relative" Bedeutung: Die Maßnahmen sind darauf auszurichten, dieses Ziel zu erreichen, sofern dem die Begrenztheit des zur Verteilung zur Verfügung stehenden Vergütungsvolumens nicht entgegensteht (BSG, Urteil vom 19.08.2015 – B 6 KA 34/14 R -).
Eine Rechtswidrigkeit der Quotierung folgt auch nicht daraus, dass nicht sichergestellt gewesen wäre, dass die freien Leistungen mit einer Mindestquote honoriert werden (dies offen lassend: BSG im Urteil vom 17.07.2013 – B 6 KA 45/12 R -). Die "Sonstigen Hilfen" fallen unter Anlage B 4 Schritt 2 Abs. 2b) Nr. (8) HVV. Hierfür wurde gemäß Anlage B4 Schritt 2 Abs. 2b) der Leistungsbedarf des entsprechenden Quartals des Jahres 2008 mit dem Punktwert von 3,5048 Cent bewertet und als jeweils eigenständiges Kontingent geführt. Damit war sichergestellt, dass zumindest insgesamt das gleiche Vergütungsvolumen zur Verfügung stand wie zwei Jahre zuvor. Auch die Berechnung des RLV-Vergütungsvolumens knüpfte (mit weiteren Anpassungsfaktoren) an das Jahr 2008 an. Daher war – mit Ausnahme eines exorbitanten, für die "Sonstigen Hilfen" nicht zu erwartenden Wachstums – ein hohes Vergütungsniveau, das über der abgestaffelten Honorierung für über das RLV hinausgehende Leistungen liegen dürfte, sichergestellt. Über das RLV hinausgehende Leistungen wurde im Quartal I/2010 mit 0,3278 Cent, also nur zu 9,35 % vergütet. Das Honorarniveau für die freien Leistungen liegt weit darüber bei 2,9052 Cent (82,89%). So hat das BSG auch die Rechtmäßigkeit der identischen Regelung zur Quotierung der pathologischen Gebührenordungspositionen (Kap. 19 EBM) im Bereich der Beklagten bestätigt (BSG, Urteil vom 23.03.2016 – B 6 KA 33/15 R -). Im Gegensatz zu den Gynäkologen profitieren dabei die Pathologen nicht einmal von einer über das RLV gesicherten Kalkulationssicherheit.
C. Schließlich folgt eine Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide auch nicht daraus, dass der Fallwert der Gynäkologen nicht ausgereicht hätte, um die gynäkologischen Grundpauschalen GOP 08211 und 08212 nach den Preisen der "Euro-Gebührenordnung" zu vergüten. Die Klägerin geht davon aus, dass ihr RLV so hoch sein muss, dass die wesentlichen Leistungen ihres Fachgebietes rechnerisch in jedem Behandlungsfall mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung zu vergüten sind. Das mag der Idealkonzeption des Gesetzes entsprechen, ist jedoch nicht durchweg realisierbar, wenn die tatsächlich gezahlten Gesamtvergütungen Grundlage der Berechnung der RLV sind. Das Grundsystem der Vergütung der Gesamtheit der vertragsärztlichen Leistungen durch die Krankenkassen mit einem – steigenden, aber grundsätzlich festen – Betrag ist nicht durchweg kompatibel mit der Vorstellung, eine bestimmte, den Großteil der vertragsärztlichen Leistungen auf einem bestimmten Fachgebiet umfassende Leistungsmenge je Fall mit festen Preisen zu vergüten (BSG, Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 6/13 R -).
Das Gesetz gibt nicht vor, dass ein RLV anhand der mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung bewerteten Leistungsmenge zu berechnen ist. Nach § 87b Abs. 3 SGB V a.F. sind die Werte für die RLV vielmehr zum einen morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen (Satz 1), zum anderen sind insbesondere die dort aufgeführten Zahlungen sowie Zahl und Tätigkeitsumfang der der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Ärzte zu berücksichtigen (Satz 2). Nach Satz 2 Nr. 1 wird ausdrücklich die Berücksichtigung der "Summe der für einen Bezirk der KV nach § 87a Abs. 3 insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen" vorgegeben. Maßgeblicher Faktor für die Höhe des RLV sind somit nicht die Preise der Euro-Gebührenordnung, sondern die tatsächlich gezahlten Gesamtvergütungen. Somit stellt das RLV nur im "Idealfall" sicher, dass die von ihm erfasste Leistungsmenge in vollem Umfang mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet wird: Dies ist nämlich nur dann der Fall, wenn die Höhe der gezahlten Gesamtvergütungen – bzw der auf die in das RLV fallende Leistungsmenge bezogene Anteil hieran – mit dem Geldbetrag übereinstimmt, der für die in das RLV fallenden Leistungen nach den Preisen der Euro-Gebührenordnung insgesamt zu zahlen wäre. Es ist aber keineswegs ausgeschlossen, dass der für die Vergütung der in das RLV fallenden Leistungen zur Verfügung stehende Gesamtvergütungsanteil hierfür nicht ausreicht (BSG, Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 6/13 R -). Das beruht darauf, dass für die Höhe der Gesamtvergütungen maßgeblich der vereinbarte Behandlungsbedarf und nicht das Punktzahlvolumen der tatsächlich abgerechneten Leistungen ist. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung sind mit "Behandlungsbedarf" i.S. des § 87a Abs. 3 Satz 3 SGB V nicht die durch die Grundpauschalen abgegoltenen Leistungen oder das faktische Behandlungsaufkommen gemeint, sondern allein der durch Vereinbarung festgelegte Bedarf. Damit ist es durchaus denkbar, dass auch Leistungen, die nach Ansicht der Klägerin "notwendig" sind, nicht mit den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden können und müssen (BSG, Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 6/13 R -).
Allerdings kann nach ständiger Rechtsprechung (BSG, Urteile vom 23.03.2016 – B 6 KA 33/15 R – und vom 11.12.2013 – B 6 KA 6/13 R -) eine Reaktionspflicht des Normgebers in Fällen eines sich auf das Honorar einer Arztgruppe mindernd auswirkenden gravierenden Punktwertverfalls bestehen. Die Voraussetzungen einer solchen Reaktionspflicht liegen hier jedoch nicht vor. Eine Reaktionspflicht kann – neben weiteren Voraussetzungen – erst ein sich auf das Honorar mindernd auswirkender dauerhafter Punktwertabfall von mehr als 15 % unter das sonstige Durchschnittsniveau begründen. Eine Reaktionspflicht setzt ferner eine dauerhafte Entwicklung voraus. Dies kann im Regelfall frühestens nach Vorliegen von Daten aus mindestens zwei Quartalen angenommen werden (BSG, Urteile vom 23.03.2016 – B 6 KA 33/15 R -). Sofern diese Grundsätze in Bezug auf die Festsetzung von RLV überhaupt anwendbar sind (zweifelnd bereits BSG, Urteil vom 23.03.2016 – B 6 KA 33/15 R -) kann unter Maßgabe fester Punktwerte innerhalb eines RLV ein "Punktwertverfall" jedenfalls nur noch indirekt eintreten, wenn der Umfang des Regelleistungsvolumens nicht mehr die erforderliche Leistungserbringung abdeckt und damit faktisch zu einer tatsächlichen Leistungsabwertung führt, da ein Großteil der Leistungen nur noch zum sog. unteren Punktwert bzw. einer Restvergütungsquote vergütet werden kann. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn die Grundpauschale, die fast in jedem Behandlungsfall anfällt, unterhalb des für das RLV maßgebenden Fallwerts liegt (SG Marburg, Urteil vom 16.11.2011 – S 12 KA 614/10 -). Diese Voraussetzungen liegen in den im vorliegenden Verfahren streitigen Quartalen nicht vor. Der Fallwert der Arztgruppe der Gynäkologen betrug im Quartal I/2009 15,96 EUR; im Quartal II/2009 13,81 EUR, im Quartal IV/2009 14,08 EUR und I/2010 13,37 EUR. Die GOP 0811 wurde im Jahr 2009 mit 420 Punkten bzw. 14,70 EUR; im Jahr 2010 mit 420 Punkten bzw. 14,72 EUR vergütet. Die Vergütung der GOP 08212 erfolgte im Jahr 2009 mit 475 Punkten (16,63 EUR) sowie im Jahr 2010 mit 475 Punkten (16,65 EUR). Selbst wenn es in den im vorliegenden Verfahren streitigen Quartalen zu einer Unterschreitung gekommen sein sollte, hätte sich bis einschließlich des Quartals I/2010 eine Reaktionspflicht der Beklagten noch nicht ergeben. Vielmehr hätte sich eine solche Verpflichtung der Beklagten unter Zugrundelegung der Daten für die Quartale I/2010 bis II/2010 erst in einem späteren, hier allerdings nicht mehr streitbefangenen, Quartal ergeben.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 27.02.2020
Zuletzt verändert am: 27.02.2020