Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.07.2006 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die 1941 geborene Antragstellerin (Ast.) bezog seit dem 01.01.2005 Leistungen nach § 19 2. Buch Sozialgesetzbuch ((SGB II) Arbeitslosengeld II-AlG II) und war deshalb bei der Antragsgegnerin (Ag) pflichtversichert. Mit Bescheid vom 14.11.2005 hob die ARGE Düsseldorf als zuständiger Träger nach dem SGB II die Bewilligung von Leistungen mit Wirkung vom 28.02.2006 auf, da die ärztliche Überprüfung ergeben habe, dass die Ast. nicht erwerbsfähig sei. Mit Bescheid vom 01.03.2006 hat die Beigeladene als Sozialhilfeträger der Ast. auf deren Antrag vom 03.02.2006 Sozialhilfe nach dem 3. Kapitel des 12. Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) ab dem 01.03.2006 bewilligt.
Die Ast. beantragte bei der Ag am 02.03.2006 die freiwillige Versicherung ab 01.03.2006. Mit Schreiben vom 09.05.2006 teilte die Ag der Ast. zunächst mit, sie prüfe noch die Voraussetzungen der freiwilligen Versicherung und habe die ARGE um Mitteilung gebeten, ab wann Leistungen tatsächlich zu Unrecht bezogen worden seien. Da noch keine Entscheidung über die freiwillige Versicherung ergehen könne, empfehle man, ein Betreuungsverhältnis nach § 264 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einrichten zu lassen. Nachdem die Ag eine Bescheinigung der ARGE vom 04.05.2006 erhalten hatte, wonach der Grund, der zur Einstellung der Leistung geführt habe, seit dem 18.08.2005 vorliege, lehnte die Ag mit Bescheid vom 17.05.2006 die Durchführung der freiwilligen Versicherung ab. Da die Ast. seit August 2005 Leistungen zu Unrecht erhalten habe, könne diese Zeit der Mitgliedschaft nicht als Vorversicherungszeit berücksichtigt werden. Den Widerspruch hat die Ag mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2006 zurückgewiesen.
Die Ast. hat am 09.06.2006 im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Gewährung von Krankenversicherungsschutz durch die Ag beantragt. Sie habe Anspruch auf Durchführung der freiwilligen Versicherung. Wie aus dem Entlassungsbericht der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums E ersichtlich, benötige sie dringend eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 01.07.2006 die Ag zur Durchführung der freiwilligen Versicherung und Gewährung von Krankenversicherungsschutz ab 09.06.2006 verpflichtet. Ein Anordnungsanspruch sei zu bejahen, denn die Voraussetzungen für eine freiwillige Versicherung lägen vor. Die Ast. sei bis zum 28.02.2006 wegen des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II pflichtversichertes Mitglied der Ag gewesen. Soweit nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 letzter Halbsatz SGB V Mitgliedschaftszeiten aufgrund eines rechtswidrigen Leistungsbezugs bei der Vorversicherungszeit nicht zu berücksichtigen seien, spreche mehr dafür, dass es insoweit nicht auf die materielle Rechtmäßigkeit des Bezugs, sondern nur auf dessen formelle Rechtmäßigkeit ankomme. Somit sei entscheidend, dass der Bewilligungsbescheid erst mit Wirkung vom 28.02.2006 zurückgenommen worden sei.
Die Ag hat am 03.07.2006 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Sie meint, es fehle schon an der Eilbedürftigkeit, da ein vorrangiger Rechtsanspruch auf Krankenversicherungsleistungen nach § 264 SGB V bestehe. Bei Durchsetzung ihrer Rechte gegen den Sozialhilfeträger, ggfs. im Rahmen einer einstweiligen Anordnung, könne die Ast. eine Notlage vermeiden. Unabhängig davon fehle es an einem Anordnungsanspruch. Mangels Erfüllung der Vorversicherungszeit scheide eine freiwillige Versicherung aus. Für die Berücksichtigung der Mitgliedschaft auf Grund des Leistungsbezugs sei auf die materiell-rechtliche Rechtmäßigkeit des Leistungsbezugs abzustellen. Da die ARGE vielfach Bewilligungen nicht rückwirkend zurücknehmen könne, liefe bei einer rein formell-rechtlichen Auslegung die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 letzter Halbsatz SGB V leer.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Ag zur Gewährung von Krankenversicherungsschutz ab Antragstellung verpflichtet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen (Anordnungsanspruch), wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Anordnungsgrund). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt.
1. Der Antrag ist nicht schon deshalb unbegründet, weil der Bescheid vom 17.05.2006 bestandskräftig geworden wäre. Die Ast. hat nämlich am 28.06.2006 Klage erhoben. Mit Schriftsatz vom 24.06.2006 hat sie dem Sozialgericht den Widerspruchsbescheid übersandt und in dem Schreiben ausdrücklich erklärt, dass sie mit der Entscheidung des Widerspruchsausschusses nicht einverstanden sei und um Hilfe und Unterstützung bitte. Sie hat damit deutlich gemacht, dass sie eine Überprüfung durch das Gericht wünscht, so dass eine wirksame Klageerhebung (§ 90 SGG) vorliegt. Da die Ast. in dem Schreiben zugleich das Aktenzeichen des vorliegenden Verfahrens angegeben hat, ist das Schreiben vom Sozialgericht irrtümlich nicht als Klage eingetragen, sondern zur Akte dieses Verfahrens genommen worden (Bl. 62 GA).
2. Ein Anordnungsanspruch ist zu bejahen. Die Ast. hat auf Grund eines wirksamen Beitritts zur Krankenversicherung Anspruch auf Krankenversicherungsschutz. Zur Klarstellung ist anzumerken, dass die Ast damit gleichzeitig auch zur Beitragsleistung verpflichtet ist.
Sie hat ihren Beitritt zum 01.03.2006 mit dem am 02.03.2006 bei der Ag eingegangenen Antrag schriftlich erklärt (§ 188 Abs. 3 SGB V). Die Voraussetzungen für die freiwillige Versicherung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V ab dem 01.03.2006 liegen vor, denn die Ast. war vom 01.01.2005 bis 28.02.2006 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V aufgrund des Bezugs von Alg II Mitglied der Beklagten, so dass sie vor dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht nach § 190 Abs. 12 SGB V länger als 12 Monate versichert war. Der Senat folgt nicht der Ansicht der Ag, die Mitgliedschaft seit dem 18.08.2005 dürfe gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 letzter Halbsatz SGB V (in der seit 01.01.2006 geltenden Fassung durch Art. 2 a des Fünften Gesetzes zur Änderung des 3. Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2005, BGBl. I, 3676) nicht berücksichtigt werden, da seit diesem Zeitpunkt feststehe, dass die Ast. nicht erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II sei, so dass sie seither AlG II zu Unrecht bezogen habe. Er neigt der Auffassung zu, dass im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 letzter Halbsatz SGB V grundsätzlich die Krankenkasse an die Entscheidung des Klägers nach dem SGB II gebunden, also nicht auf die materielle Rechtmäßigkeit des Leistungsbezuges abzustellen ist (ebenso der 5. Senat des LSG NRW, Beschluss vom 17.8.2006 – L 5 B 41/06 KR ER; Hessisches LSG, Beschluss vom 07.07.2006 – L 8 KR 109/06 ER; vgl. aber auch unten II.4).
Der Wortlaut der Vorschrift lässt allerdings eine Auslegung im Sinne der Ag zu, denn die Formulierung "zu Unrecht bezogen" lässt offen, ob die Bewilligung von AlG II gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 330 3. Buch Sozialgesetzbuch und den §§ 45, 48 SGB X aufgehoben worden sein, also förmlich festgestellt worden sein muss, dass Leistungen nicht zugestanden haben oder ob unabhängig davon die materiellen Voraussetzungen des Leistungsbezugs überprüft werden können. Auch die Gesetzesbegründung gibt keinen eindeutigen Hinweis. Danach sollte die Nichtberücksichtigung von Zeiten einer Versicherung auf Grund des rechtswidrigen Bezugs von AlG II "insbesondere" verhindern, dass ein wegen Fehlens der Erwerbsfähigkeit rechtswidriger Bezug von AlG II dazu führt, dass nach dem Ende des unrechtmäßigen Leistungsbezuges eine dauerhafte freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung begründet werden kann (BT-Drucksache 16/245, 9). Da nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V die Versicherungspflicht allein an den tatsächlichen Leistungsbezug anknüpft und nach dem letzten Halbsatz der Vorschrift auch durch eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht berührt wird, müsste ohne die zum 01.01.2006 vorgenommene Ergänzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V die Versicherungszeit auf Grund des Leistungsbezugs immer berücksichtigt werden, auch wenn rückwirkend die Rechtswidrigkeit dieses Bezugs festgestellt worden wäre. Von daher geben entgegen der Ansicht des SG Lübeck (Beschluss vom 10.04.2006 – S 5 KR 37/06 ER) weder die Gesetzesbegründung noch der Anlass der Gesetzesänderung etwas dafür her, dass der Krankenkasse ein eigenes Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Bezuges zusteht. Ebenso unbehelflich sind allerdings auch die Erwägungen des Hessischen LSG (a.a.O), dass die Versicherungspflicht während der tatsächlichen Bezugsdauer von AlG II bestehe, da § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 letzter Halbsatz SGB V ja ausdrücklich die Berücksichtigung tatsächlicher Mitgliedschaftszeiten ausschließt und sich somit in diesem Zusammenhang nur die Frage stellt, ob bei der Prüfung der Vorversicherungszeit die Krankenkasse eigenständig die Rechtmäßigkeit des Leistungsbezuges als Voraussetzungen der Versicherungspflicht überprüfen darf.
Gegen eine solche Befugnis sprechen aber folgende Erwägungen: Gemäß § 44 a Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006, BGBl. I, 1706, gleichlautend § 44a S. 1 SGB II a.F.) stellt der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende fest, ob der Hilfesuchende erwerbsfähig ist. Mit der Bewilligung von Leistungen bejaht er das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II. Ob insoweit von einer Tatbestandswirkung der Bewilligung ausgegangen werden muss (so das Hessische LSG a. a. O. unter Bezugnahme auf die Begründung des SG Wiesbaden, Beschluss vom 19.05.2006 – L 17 KR 115/06 ER) kann dahinstehen (vgl. zu Zweifeln an einer Tatbestandswirkung BSG SozR 3-1300 § 104 Nr. 15). Grundsätzlich gilt aber, dass innerhalb eines gegliederten Sozialleistungssystems die anderen Träger die Regelungsbefugnis des zuständigen Träger zu akzeptieren haben. Soweit das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes anordnet, muss jeder Träger die Entscheidung der anderen Träger respektieren und inhaltlich seinen Entscheidungen zu Grunde legen (vgl. BSG SozR 1300 § 103 Nr. 2; SozR 3-2200 § 183 Nr. 6; SozR 3-1300 § 86 Nr. 3). Die zitierte Gesetzesbegründung gibt keinen Hinweis, dass im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V von diesen Grundsätzen abgewichen werden sollte. Im Gegenteil deutet die durch das Gesetz vom 20.07.2006 vorgenommene Änderung des § 44 a SGB II darauf hin, dass die Krankenkassen nicht eigenständig die Erwerbsfähigkeit als Leistungsvoraussetzung überprüfen dürfen. Sie haben nunmehr nach § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II ebenfalls die Möglichkeit, der Feststellung der Erwerbsfähigkeit durch den zuständigen Träger zu widersprechen und so eine Entscheidung der Gemeinsamen Einigungsstelle (§ 45 SGB II) herbeizuführen. Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung berücksichtigt, dass von den finanziellen Folgen eines rechtswidrigen Bezugs von AlG II auf Grund fehlender Erwerbsfähigkeit auch die Krankenkassen betroffen sind (BT-Drucksache 16/1410, 27). Er hat die Krankenkassen aber nur in das Einigungsstellenverfahren einbezogen, so dass die Einigungsstelle abschließend über die Erwerbsfähigkeit entscheidet. Mit dieser verfahrensrechtlichen Lösung wäre ein eigenes materielles Prüfungsrecht der Krankenkassen im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V nicht vereinbar.
Für eine Bindung der Krankenkassen an die Entscheidung des Trägers nach dem SGB II (bzw. der Einigungsstelle) spricht auch, dass damit bei der Entscheidung über die freiwillige Versicherung Auseinandersetzungen über die Richtigkeit der Entscheidungen des Trägers nach dem SGB II vermieden werden (vgl. insoweit BSG SozR 3-2200 § 183 Nr. 6). Es wäre – wie gerade der vorliegende Fall zeigt – für die Betroffenen unzumutbar, wenn über längere Zeit der Krankenversicherungsschutz ungeklärt bliebe.
So lange der Arbeitssuchende auf der Grundlage einer Bewilligung des zuständigen Trägers AlG II erhalten hat, ist somit im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V unbeschadet der Regelung des letzten Halbsatzes davon auszugehen, dass die Leistungen nicht "zu Unrecht" bezogen worden sind. Allerdings dürfte auch dann die Rechtswidrigkeit des Leistungsbezugs anzunehmen sein, wenn der Träger nach dem SGB II bei dem Leistungsträger nach dem SGB XII einen Erstattungsanspruch angemeldet hat. In diesem Fall bekundet der Träger nach dem SGB II, dass die Leistungen zu Unrecht erbracht worden sind und die Zuständigkeit des anderen Trägers gegeben war. Da bei Bestehen eines Erstattungsanspruchs gemäß § 107 SGB X die Leistung des unzuständigen Trägers als Leistung des zuständigen Trägers gilt, steht diese Erfüllungsfiktion einem Rückgriff bei dem Leistungsempfänger nach §§ 45, 48, 50 SGB X entgegen (vgl. von Wulffen in: von Wulffen, SGB X, 5. Aufl., § 107 Randnr. 2 mit Nachweisen der Rechtsprechung). In diesem Fall kommt die Aufhebung der Bewilligung durch den Träger nach dem SGB II gegenüber dem Leistungsempfänger nicht mehr in Betracht. Gleichwohl steht bei dieser Konstellation aber jedenfalls mit der Bejahung eines Erstattungsanspruchs fest, dass der Leistungsbezug nach dem SGB II "zu Unrecht" erfolgt ist, so dass ebenso wie bei einer förmlichen Aufhebung der Bewilligung im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V von einer rechtswidrigen Leistungsgewährung ausgegangen werden kann.
Freilich ist in diesem Zusammenhang einzuräumen, dass zu § 44 a SGB II die Rechtslage bezüglich der Reichweite der Leistungspflicht des Trägers nach dem SGB II bei umstrittener Erwerbsfähigkeit und dem Bestehen von Erstattungsansprüchen derzeit noch ungeklärt ist. Zu der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung des § 44 a Satz 3 SGB II war umstritten, ob nur eine vorläufige Leistungspflicht geregelt werde (so Berlit in: LPK – SGB II, § 44 a Randnr. 20; Hoehl in: juris-PK-SGB II, § 44 a Randnr. 21) oder das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit bis zur Entscheidung der Einigungsstelle unterstellt werde (so Blüggel in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 44 a) Randnr. 24). Nach der ersten Ansicht soll ein Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X in Betracht kommen (Hoehl, a. a. O., Randnr. 39; Berlitt, a. a. O., Randnr. 24: "nach §§ 102 ff. SGB X"), während Blüggel (a. a. O. Randnr. 57) die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs verneint. Mit Wirkung vom 01.08.2006 ist nun in § 44 a Abs. 2 SGB II bei einer Entscheidung der Einigungsstelle dem Träger nach dem SGB II ein Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB II SGB X eingeräumt worden (was in der Gesetzesbegründung als "Klarstellung" bezeichnet wird, BT-Drucksache 16/1410, 27). Eine § 44 a Satz 3 SGB II a. F. entsprechende Regelung fehlt nunmehr zwar, aus der Einräumung eines Erstattungsanspruchs ist aber zu folgern, dass der Träger nach dem SGB II die Leistung (weiter) zu gewähren hat. Angesichts der Tatsache, dass nach § 44 a Abs. 2 Satz 2 SGB II als Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Vorliegen seiner Leistungspflicht im Sinne des § 103 Abs. 3 SGB X der Tag des Widerspruchs des Sozialhilfeträgers gegen die Feststellung der Agentur für Arbeit gilt, ist weiter davon auszugehen, dass bis zu diesem Zeitpunkt der Träger nach dem SGB II auch materiell zur Leistung verpflichtet ist. Vor dem Hintergrund der unklaren Rechtslage kann daher im Rahmen des Verfahrens um den vorläufigen Rechtsschutz dem Umstand, dass die ARGE Düsseldorf bei der Beigeladenen einen Erstattungsanspruch angemeldet hat (nach tel. Auskunft der Beigeladenen sogar ab 01.01.2005) noch nicht die Wirkung einer "faktischen" Rücknahme der Bewilligung im obigen Sinne beigemessen werden, zumal noch nicht feststeht, ob tatsächlich ein Erstattungsanspruch besteht und anerkannt wird. Die abschließende rechtliche Würdigung muss daher im Hauptsacheverfahren erfolgen.
3. Entgegen der Ansicht der Ag ist auch ein Anordnungsgrund gegeben. Der Senat folgt nicht der Argumentation der Ag, die Dringlichkeit entfalle schon deshalb, weil die Ast. einen Anspruch nach § 264 SGB V habe, den sie gegebenenfalls im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchsetzen könne. Davon abgesehen, dass im Verfahren gegen den Sozialhilfeträger mit gleicher Argumentation die Dringlichkeit verneint werden könnte, weil die Ast. ja ihren Anspruch auf freiwillige Versicherung verfolgen könne, übersieht die Ag die grundsätzliche Subsidiarität der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII). § 264 Abs. 2 SGB V greift nur ein für Personen, die nicht versichert sind, so dass es angesichts des Streits um die Wirksamkeit des Beitritts zur freiwilligen Versicherung unschlüssig ist, einerseits die freiwillige Versicherung zu verneinen, andererseits "zweifelsfrei" den Anspruch nach § 264 Abs. 2 SGB V zu bejahen. In einer solchen Situation ist es ausgeschlossen, den Antragsteller auf einen angeblichen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger zu verweisen und damit die Gefahr negativer Kompetenzkonflikte zu Lasten des Antragstellers herbeizuführen (s. LSG NRW, Beschluss vom 25.02.2002 – L 5 B 3/02 KR ER = NZS 2002, 498, 499; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. § 86 b Randnr. 29 b).
Dass die Ast dringend Krankenversicherungsleistungen benötigt, ergibt sich aus dem Entlassungsbericht der neurologischen Klinik vom 29.05.2006, wonach ein stationäre Rehabilitationsmaßnahme zur Wiedererlangung der Selbständigkeit der Ast. indiziert ist. Der Senat sieht sich angesichts der Aussage in dem Bericht, dass es während der stationären Behandlung vom 10.05. bis 29.05.2006 leider nicht möglich gewesen sei, einen Kostenträger für eine solche Maßnahme zu finden, in dem Verhalten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen grobe Verstöße gegen die Vorgaben des § 43 SGB X mit der Folge, dass die Ag und die Beigeladene ihren Streit um die Zuständigkeit für den Krankenversicherungsschutz auf dem Rücken der Ast. ausgetragen haben und sich nicht einer der beiden Träger – bei gleichzeitiger Anmeldung eines Erstattungsanspruchs – bereit erklärt hat, angesichts des wohl kaum anzuzweifelnden Rehabilitationsbedarf der Ast. vorläufige Leistungen zu erbringen. Er geht davon aus, dass nunmehr die Ag unverzüglich über die Gewährung der im Entlassungsbericht für erforderlich gehaltenenen Rehabilitationsmaßnahme entscheiden wird.
4. Der Senat kann angesichts der Gesamtumstände des Falles den Unmut der Ag über ihre Verpflichtung zur Durchführung der freiwilligen Versicherung nachvollziehen. Es ist schon kaum verständlich, weshalb die ARGE Düsseldorf erst mit Bescheid vom 14.11.2005 die Bewilligung von AlG II aufgehoben hat, obwohl schon am 18.08.2005 die fehlende Erwerbsfähigkeit festgestellt worden war. Völlig unverständlich ist, warum diese Aufhebung erst mit Wirkung vom 28.02.2006 verfügt worden ist, während gleichzeitig die ARGE einen Erstattungsanspruch sogar ab dem 01.01.2005 angemeldet haben soll. Sofern es hierfür keine plausible Begründung gibt, drängt sich der Verdacht auf, dass der Leistungsbezug zur Erfüllung der für die freiwillige Versicherung erforderlichen Vorversicherungszeit fortgeführt worden ist.
In diesem Fall könnte sich allerdings die Frage stellen, ob nicht ein Schadenersatzansprüche der Ag gegen die ARGE Düsseldorf in Betracht kommt. Aus der aus § 86 SGB X folgenden Pflicht zur engen Zusammenarbeit der Kläger folgt zwar einerseits, dass die anderen Sozialleistungsträger die Bescheide des zuständigen Trägers akzeptieren müssen (s. oben II.2), auf der anderen Seite nimmt die Rechtsprechung aber an, dass im Rahmen eines Erstattungsanspruchs das Beharren auf einer offensichtlich rechtswidrigen Entscheidung diese Pflicht zur Zusammenarbeit verletzt und rechtsmissbräuchlich ist und somit der erstattungspflichtige Träger seine Entscheidung unabhängig von der Bindungswirkung überprüfen muss (BSG USK 8582; BS, SozR 3-1300 § 104 Nr. 15; s. auch Pilz in Gagel, SGB III, § 125 Randnr. 52). Da hier anders als in den vom BSG entschiedenen Fällen nicht der Ausgleich erbrachter Leistungen durch einen Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X in Frage steht, sondern der Ersatz für die durch eine freiwillige Versicherung entstehenden Aufwendungen, die (nur) durch eine offensichtlich rechtswidrige Leistungsgewährung begründet worden ist, wäre zu erwägen, ob nicht in Anlehnung an die genannte Rechtsprechung eine auf § 86 SGB X gestützte Schadensersatzpflicht in Betracht kommt. Soweit bislang Schadenersatzansprüche zwischen Sozialleistungsträgern abgelehnt worden sind, beruhte dies auf dem Argument, dass §§ 102 ff. SGB X abschließend alle Ausgleichsansprüche zwischen den Trägern regeln (BSG SozR 3-1300 § 111 Nr. 8). Dieses Argument greift nicht ein, wenn wegen des in Frage stehenden Verhaltens überhaupt kein Erstattungsanspruch in Betracht kommt, mit anderen Worten, die Zubilligung eines Schadenersatzanspruches das "geschlossene Regelungssystem" der §§ 102 ff. SGB X nicht in Frage stellen würde. Die Verneinung eines Schadenersatzanspruchs wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens einer Kasse stützte sich auf die Überlegung, dass die Übertragung eines Schadenersatzanspruches aus dem zivilrechtlichen Wettbewerbsrecht zum Einen wegen der anderen Natur des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung, zum Anderen angesichts der Tatsache, dass ein gewisser Ausgleich des Verlustes "guter Risiken" durch den Risikostrukturausgleich erfolge, nicht in Betracht komme (BSG SozR 3-2500 § 4 Nr. 1). Vergleichbare Gesichtspunkte stehen hier einem Schadenersatzanspruch nicht entgegen. Vielmehr liegt bei einer Fallkonstellation, bei der ein Träger durch eine offensichtlich rechtswidrige Entscheidung eines anderen Trägers einen Nachteil erleidet, es eher nahe, einen Schadensersatzanspruch des betroffenen Trägers wegen einer Verletzung des § 86 SGB X zu bejahen (vgl. auch Eichenhofer in: Wannagat, SGB X, § 86 Randnr. 8; dagegen dürfte ein Amtshaftungsanspruch ausscheiden, vgl. BGHZ 116, 312). Der Begründung einer freiwilligen Versicherung stünde allerdings ein Schadensersatzanspruch nicht entgegen, so dass der Status der Ast hiervon nicht berührt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 27.07.2007
Zuletzt verändert am: 27.07.2007