Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.04.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin über den 31.12.2001 hinaus freiwilliges Mitglied der Beklagten geblieben ist.
Die 1948 geborene Klägerin bezog seit dem 26. Juli 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31.12.2001. Mangels Erfüllung der Vorversicherungszeit für die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) war sie in dieser Zeit freiwilliges Mitglied der Beklagten.
Der zuständige Rentenversicherungsträger lehnte die Weitergewährung der Rente für die Zeit ab 01.01.2002 zunächst ab. Die Klägerin meldete sich daraufhin arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 25.06.2003 wurde ihr vom Rentenversicherungsträger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Dauer ab dem 01.01.2002 weiter gewährt. Die (frühere) Bundesanstalt für Arbeit hat daraufhin mit Bescheid vom 08.07.2003 die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.08.2003 aufgehoben; das gezahlte Arbeitslosengeld ist ihr vom Rentenversicherungsträger erstattet worden.
Die Beklagte hatte der Klägerin mit Schreiben vom 22.01.2002 mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für eine Versicherung in der KVdR in der Fassung des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) erfüllt seien und daher die KVdR ab dem 01.04.2002 durchgeführt werde, sobald die Vorrangversicherung der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) ende. Die Klägerin legte dagegen Widerspruch ein und machte geltend, sie habe das Recht, weiterhin freiwillig versichert zu sein. Nach der Weiterbewilligung der Rente beantragte sie mit Schreiben vom 10.07.2003 die weitere Durchführung der freiwilligen Versicherung als Rentnerin. Mit Bescheid vom 25.07.2003 stellte die Beklagte fest, dass eine freiwillige Versicherung nicht möglich sei, da auf Grund der gesetzlichen Änderung zum 01.04.2002 eine Pflichtmitgliedschaft durchgeführt werde. Ein Wahlrecht für die freiwillige Versicherung habe für die Klägerin nicht bestanden, da sie in der KVdA pflichtversichert gewesen sei. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie geltend machte, es könne ihr nicht zum Nachteil gereichen, dass ihr die Erwerbsunfähigkeitsrente erst verspätet rückwirkend bewilligt worden sei und dass sie Arbeitslosengeld nur bis zu endgültigen Klärung ihrer Erwerbsfähigkeit bezogen habe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2003 zurück.
Die Klägerin hat am 13.11.2003 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, da erst mit Bescheid vom 26.06.2003 über die Gewährung der Dauerrente entschieden worden sei, habe sie übergangsweise Arbeitslosengeld bezogen, ohne tatsächlich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stehen. Die gezahlten Leistungen seien vom Rentenversicherungsträger erstattet worden, so dass sie tatsächlich nie "richtiges" Arbeitslosengeld bezogen habe. Daher müsse ihr rückwirkend ab 01.01.2002 die freiwillige Versicherung ermöglicht werden. Ihr Wahlrecht habe sie rechtzeitig am 13.02.2002 ausgeübt.
Mit Urteil vom 13.04.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei auf Grund des Bezugs von Arbeitslosengeld bzw. von Erwerbsunfähigkeitsrente pflichtversichertes Mitglied der Beklagten geworden. Sie habe keinen Anspruch auf Fortsetzung ihrer freiwilligen Mitgliedschaft, weil das Wahlrecht nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) voraussetze, dass der Betreffende am 31.03.2002 auf Grund des Rentenbezugs freiwilliges Mitglied gewesen sei. Dies treffe für die Klägerin nicht zu.
Gegen das ihr am 22.04.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.05.2006 Berufung eingelegt. Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass ihr das Wahlrecht zustehe, da ihr rückwirkend Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.01.2002 auf Dauer zugebilligt worden sei. Bei einem durchgehenden Rentenbezug hätte sie unstreitig für die freiwillige Versicherung optieren können. Es leuchte nicht ein, dass dieses Wahlrecht deshalb nicht zustehen solle, weil bei Auslaufen der Zeitrente noch keine Entscheidung über die weitere Gewährung der Rente vorgelegen habe. Sie sei "tatsächlich" nicht arbeitslos gewesen, da sie Arbeitslosengeld nur deshalb erhalten habe, um sie vor finanzieller Not zu beschützen.Die Klägerin meint, durch die Pflichtversicherung sei sie hinsichtlich ihres Gestaltungsrechts bei der Wahl des Krankenversicherungsschutzes eingeschränkt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.04.2006 abzuändern und unter Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 25.07.2003 und 21.10.2003 festzustellen, dass sie über den 31.12.2001 hinaus freiwillig krankenversichert ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und weist darauf hin, die Anwendung der "Besitzstandsregelung" des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V scheitere daran, dass die Klägerin am Stichtag nicht freiwillig versichert, sondern pflichtversichert in der KVdR gewesen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten geworden. Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass die Klägerin vom 01.01.2002 bis 31.07.2003 auf Grund des Bezugs von Arbeitslosengeld pflichtversichert in der KVdR gewesen ist und seit dem 01.08.2002 pflichtversichert in der KVdR ist. Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Unstreitig erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen für die Versicherung in der KVdR in der Fassung des GRG, die auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15.03.2000 (SozR 3-2500 § 5 Nr. 42) ab dem 01.04.2000 galt. Das Optionsrecht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V galt für die Klägerin nicht. Zwar hätte sie die Wahlmöglichkeit gehabt, wenn die Rente durchgehend bewilligt gewesen wäre. Das Gesetz stellt jedoch ausdrücklich darauf ab, dass am 31.03.2002 die KVdR nur wegen der Bestimmung des § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der Fassung des GSG (also der Regelung, dass die Vorversicherungszeit nur mit Zeiten der Pflichtversicherung erfüllt werden konnte) nicht zustandegekommen war. Im Gesetzgebungsverfahren ist zudem das Beitrittsrecht ausdrücklich auf Rentner beschränkt worden, die am Stichtag nicht auf Grund einer Vorrangversicherung versicherungspflichtig waren (vgl. BT-Drucksache 14/8384, S. 8). Die Klägerin war am Stichtag nicht wegen Rentenbezugs freiwillig versichert, da sie bis zum 31.07.2003 tatsächlich Arbeitslosengeld bezogen hat und deswegen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V versicherungspflichtig war. Diese Versicherung in der KVdA geht nach § 5 Abs. 8 SGB V der KVdR vor so dass selbst die rückwirkende Rentengewährung nicht zur Anwendung des Wahlrechts führen kann, weil unabhängig von den Anforderungen an die Vorversicherungszeit eine Versicherung in der KvdR wegen der Vorrangversicherung der KVdA ohnehin ausschied. In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass die Klägerin nur nach § 125 3. Buch Sozialgesetzbuch Arbeitslosengeld erhalten und die (frühere) Bundesanstalt für Arbeit einen Erstattungsanspruch bei dem Rentenversicherungsträger für die Zeit ab 01.01.2002 angemeldet hat (der auch tatsächlich erfüllt worden ist). Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V knüpft allein an den tatsächlichen Bezug der Leistung an und wird selbst durch eine (hier nicht erfolgte) rückwirkende Aufhebung der Bewilligung nicht berührt, erst recht nicht durch die Anmeldung und Erfüllung eines Erstattungsanspruchs. Die Voraussetzung des Wahlrechts, dass eine freiwillige Versicherung am 31.03.2002 nur wegen der durch das GSG verschärften Zugangsvoraussetzung zur KVdR bestanden hat, liegt somit nicht vor.
Dieses Ergebnis ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Klägerin muss nicht aus Vertrauensschutzgründen wenigstens ab dem 01.08.2002 die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung eingeräumt werden. Zwar hatte die Klägerin als freiwillig Versicherte bis zum 31.12.2001 Beiträge nur nach dem ermäßigten Beitragssatz (§ 243 Abs. 1 SGB V) zu leisten, da § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung nicht auf § 247 verwiesen hat. Unter der Voraussetzung, dass die Klägerin nur Einkünfte aus Rente hatte und nicht über weitere beitragspflichtige Einnahmen nach § 240 Abs. 1 SGB V verfügte, führte zwar die Pflichtversicherung ab dem 01.08.2003 zu einer (geringfügig) höheren Beitragsbelastung gegenüber einer freiwilligen Versicherung. Ab dem 01.01.2004 galt jedoch durch die Ergänzung des § 240 Abs. 2 SGB V durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl I, 2190) die Verweisung auf § 247 SGB V. Damit wird jetzt ausdrücklich festgelegt, dass für freiwillig versicherte Rentner keine günstigeren Beitragssätze Anwendung finden als für Pflichtversicherte (vgl. BT-Drucksache 15/1525, S. 139). Die Klägerin hat somit allenfalls für die Zeit vom 01.08. bis 31.12.2003 geringfügig höhere Beiträge zu leisten als ein freiwillig versicherter Rentner. Diese Benachteiligung wiegt nicht so schwer, als das von Verfassung wegen eine Auslegung des Optionsrechts im Sinne der Klägerin geboten wäre. Mit einer Stichtagsregelung sind notwendig Härten verbunden, die hinzunehmen sind, wenn – wie hier – ein atypischer Fall vorliegt. Dass die Klägerin in ihrer Gestaltungsmöglichkeit bei der Wahl des Krankenversicherungsschutzes eingeschränkt ist, weil sie im Gegensatz zu einer freiwilligen Versicherung eine Pflichtversicherung nicht "kündigen" kann, kann nicht als ernsthafter Nachteil angesehen werden, da angesichts ihres Alters und der Tatsache, dass sie Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht, eine private Krankenversicherung für sie offensichtlich nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, insbesondere hat der Fall keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 12.12.2006
Zuletzt verändert am: 12.12.2006