Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgestellt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Dipl-Sozialpädagogin und Heilpädagogin bei der Klägerin aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig gewesen ist.
Die Beigeladene zu 1) war vom 15.09.2011 bis 31.10.2012 in der Frühförderstelle der Klägerin im Kreis Unna tätig. Sie führte Fördereinheiten für behinderte Kinder durch und beriet deren Eltern. Sie legte der Klägerin wöchentliche Arbeitsnachweise vor, aus denen die Stundenzahl und die Namen der betreuten Personen hervorgingen. Sie nahm an wöchentlichen Teambesprechungen bei der Klägerin für ca. zwei Stunden teil. Weitere Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeit bestanden nicht. Die Beigeladene zu 1) verrichtete ihre Arbeit in der Frühförderstelle, in Kindergärten und in privaten Haushalten. Ausweislich eines Vertrages über eine freie Mitarbeit zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) vom 31.08.2011 verpflichtete sich die Beigeladene, die Förderung der ihr vermittelten behinderten oder von Behinderung bedrohten Kindern, eltern- und familienbezogene Hilfen und die entsprechenden Dokumentationen zu übernehmen. Sie hatte das Recht, Einzelaufträge abzulehnen. Pro Fördereinheit wurde ein Betrag in Höhe von 58,60 EUR vereinbart, weitere Leistungen wie z.B. Projekt- und Konzeptionsarbeit sollten mit einem Stundensatz von 29,30 EUR vergütet werden. Darüber hinaus wurde eine Fahrtkostenvergütung in Höhe von 0,30 EUR pro Kilometer vereinbart. Ausgeschlossen waren die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, bei Urlaub oder Fortbildungen. Die Beigeladene zu 1) verpflichtete sich, die Arbeitsleistung persönlich zu erbringen. Zu Beginn des Einzelauftrages war der Inhalt des Auftrages mit dem Auftraggeber abzustimmen. Die Beigeladene zu 1) war verpflichtet, ihre Tätigkeit in Anwendung der inhaltlichen Konzeption und der organisatorischen Vorgaben der Frühförderstelle (insbesondere Inhalte der Handbücher) zu verrichten. Im Übrigen war sie in der Gestaltung ihrer Tätigkeit frei. Die Beigeladene nutzte Arbeitsmittel der Frühförderstelle sowie auch eigene Materialien, die ihren eigenen Vorlieben und Arbeitsschwerpunkten Rechnung trugen. Sie hatte keine weiteren Auftraggeber. Neben der Beigeladenen zu 1) waren in der Frühförderstelle 33 Mitarbeiter, viele davon in Teilzeit, beschäftigt. Weder die Beigeladene noch die festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden während der Urlaubszeiten vertreten. In einem Fall übernahm die Beigeladene die Vertretung für eine länger erkrankte festangestellte Kollegin. Während ihrer Tätigkeit für die Klägerin entfaltete die Beigeladene zu 1) weder Eigenwerbung noch sonstige unternehmerische Aktivitäten. Sie war vor und nach der Tätigkeit für die Klägerin abhängig beschäftigt bei anderen Arbeitgebern.
Mit Bescheid vom 17.04.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2012 stellte die Beklagte auf den Statusfeststellungsantrag der Klägerin und der Beigeladenen vom 19.10.2011 fest, dass die Beigeladene zu 1) seit dem 15.09.2011 abhängig beschäftigt und in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig sei.
Zur Begründung der am 29.11.2012 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) spreche, dass sie nicht stundenweise, sondern pro Auftrag bezahlt worden sei. Sie habe ein Unternehmerrisiko getragen und sei nicht verpflichtet gewesen, die Aufträge der Klägerin anzunehmen. Die Klägerin habe gegenüber der Beigeladenen kein ins Einzelne gehendes Weisungsrecht gehabt. Die Beigeladene sei nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Ihre freiwillige Teilnahme an den Teamsitzungen sei nicht vergütet worden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17.04.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit als Sozial- und Heilpädagogin bei der Klägerin vom 15.09.2011 bis 31.10.2012 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig gewesen ist.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) sind der Auffassung, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung gehandelt hat.
Die übrigen Beigeladenen stellen keinen Klageantrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig, aber unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten erweisen sich als rechtmäßig. Die Beigeladene zu 1) war in ihrer heilpädagogischen Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 15.09.2011 bis 31.10.2012 aufgrund einer abhängigen Beschäftigung versicherungspflichtig in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung.
Nach § 7a Abs. 2 SGB IV entscheidet die Beklagte im Rahmen eines Anfrageverfahrens aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 11.03.2009, Az.: B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2) findet hierbei keine isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung, sondern zugleich eine Entscheidung über die Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung statt.
Gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte sind versicherungspflichtig in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III.
Dabei ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV unter Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Die Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber persönlich abhängig ist, in den Betrieb eingegliedert wird und einem – ggfls. nach den Erfordernissen des konkreten Tätigkeitsfeldes eingeschränkten – umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, das eigene Unternehmerrisiko und die wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 m.w.Nw.).
Nach diesen Maßstäben liegt bei der Beigeladenen zu 1) in ihrer heilpädagogischen Tätigkeit für die Klägerin eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor.
Die Kammer wertet es als maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit in der Frühförderstelle Unna nach Maßgabe der inhaltlichen Konzeption der Einrichtung zu verrichten hatte. Nach § 3 des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrages hatte die Beigeladene zu 1) sowohl die inhaltliche Konzeption wie die organisatorischen Vorgaben der Frühförderstelle zu beachten. Zu Beginn eines jeden Auftrages fand eine Fallbesprechung statt. Die Arbeitsleistung war von der Beigeladenen zu 1) persönlich zu erbringen. Damit kann von einer im Wesentlichen frei gestalteten Tätigkeit der Beigeladenen nicht die Rede sein. Die Beigeladene trat den behinderten Kindern und ihren Eltern auch wie eine Bedienstete der Klägerin gegenüber. Es war für die Eltern und die Kinder nicht erkennbar, dass die Beigeladene zu 1) nicht als Angestellte der Klägerin tätig werden sollte. Wesentliche Arbeitsmittel und Räumlichkeiten wurden von der Klägerin gestellt. Die Beigeladene nahm an Teambesprechungen der Einrichtung teil und musste ihre Tätigkeit in den Räumen der Klägerin nach den Vorgaben eines Raumbelegungsplanes ausrichten. Die Beigeladene war damit eng in die Arbeitsorganisation der Klägerin in der Frühförderstelle Unna eingebunden.
Fehlende Einzelweisungen und die Möglichkeit, die Arbeitszeit frei zu gestalten, soweit die Erfordernisse der Einrichtung und der zu fördernden Klienten dies zuließen, führen zu keinem anderen Ergebnis. Vielmehr ist die innerhalb eines vorgegebenen Rahmens frei gestaltete Arbeitsleistung bei höher qualifizierten Tätigkeiten üblich, ohne Anhaltspunkt für eine Selbstständigkeit zu sein. Von daher tritt in der Gesamtwürdigung für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung die Eingebundenheit der Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin und ihre "dienende Teilhabe" am Arbeitsprozess der Klägerin in den Vordergrund.
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung der Kammer auch nicht plausibel darlegen können, worin die statusbegründenen Unterschiede der Tätigkeit der festangestellten pädagogischen Mitarbeiter gegenüber derjenigen der Beigeladenen lagen. Allein der Abschluss des Vertrages über eine freie Mitarbeit mit der Beigeladenen rechtfertigt es nicht, sie dem Schutz des Sozialversicherungsrechts zu entziehen, weil es insoweit nicht auf die Vertragsgestaltung, sondern die tatsächlichen Verhältnisse ankommt. Im Falle der Beigeladenen ist zu berücksichtigen, dass sie im Übrigen abhängig beschäftigt war und nach ihrem Gesamtbild mangels eigenem Betriebssitz, Eigenwerbung, Internetpräsenz, weiteren Auftraggebern etc. nicht als selbstständige Unternehmerin auftrat. Das bisherige Berufsleben der Beigeladenen ist dementsprechend von abhängigen Beschäftigungen geprägt.
Schließlich trug die Beigeladene zu 1) in ihrer Tätigkeit für die Klägerin kein größeres unternehmerisches Risiko, weil erhebliche Investitionen nicht erforderlich wurden und der Tätigkeitsumfang sowie ein festes Fall- bzw. Stundenhonorar vereinbart waren. Der vertragliche Ausschluss einer Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall deutet auf den Willen der Vertragspartner hin, kein Arbeitsverhältnis zu begründen. Auf die getroffene Vereinbarung kann es vorliegend jedoch nicht ankommen, weil sie in Folge entsprechender Arbeitnehmerrechte den tatsächlichen Verhältnissen und dem Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) nicht entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG. Der Streitwert entspricht dem Regelstreitwert, da sich der wirtschaftliche Wert der Feststellung der Versicherungspflicht im Rahmen des Rechtsstreits um den sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7a SGB IV für das Gericht nicht beziffern lässt (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.07.2015, Az.: L 6 R 23/14, Juris). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nur begrenzter Zeitraum streitgegenständlich ist.
Erstellt am: 02.05.2016
Zuletzt verändert am: 02.05.2016