Der Bescheid der Beklagten vom 07.03.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2009 und der Bescheid vom 13.09.2010 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Ringer und Werbepartner bei dem Kläger vom 01.08.2007 bis 31.12.2008 nicht auf Grund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig war. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Ringer und Werbepartner bei dem Kläger auf Grund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig war.
Der Beigeladene absolviert in xxx eine Ausbildung zum Feuerwehrmann. In einem Werbevertrag vom 24.05.2007 vereinbarten der Beigeladene und der Kläger die Teilnahme des Beigeladenen an Bundesliga-Ringkämpfen und Werbemaßnahmen. In einem Rahmenvertrag vom 15.05.2008 wurden die Übernahme von Einzelaufträgen für Bundesligakämpfe und Werbemaßnahmen geregelt.
Am 26.09.2007 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen. Der Beigeladene gab an, neben einer parallel betriebenen Online-Ausbildung zum Bürokaufmann seit dem 01.10.2007 die Ausbildung zum Feuerwehrmann zu absolvieren. Er trainiere regelmäßig im Olympiastützpunkt xxx und unterliege den Richtlinien des dortigen Trainers. Es bestehe keine Verpflichtung, an bestimmten Bundesligaspielen für den Kläger teilzunehmen. Der Trainer des Klägers erteile ihm keine Weisungen. Es obliege ihm selbst, wie er sich auf die Kämpfe vorbereite. Das Honorar sei frei verhandelt.
Mit Bescheid vom 07.03.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2009 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene bei dem Kläger seit dem 29.09.2007 abhängig beschäftigt sei. Der Beigeladene unterliege insbesondere im Rahmen der Werbeaktivitäten für den Kläger einer erheblichen Weisungsgebundenheit. Während der Wettkampftage sei er an die Weisungen des Trainers des Klägers gebunden, der über die Aufstellung der Mannschaften entscheide. Hinsichtlich des Trainings sei der Beigeladene indirekt verpflichtet, sich auf die Wettkämpfe intensiv vorzubereiten. Angesichts fester Honorare pro Kampfeinsatz trage der Beigeladene kein Unternehmerrisiko.
Hiergegen richtet sich die am 12.02.2009 erhobene Klage. Zur Begründung macht der Kläger geltend, dass der Beigeladene nur in einem Teilbereich seiner sportlichen Aktivitäten für ihn tätig geworden sei. So habe der Beigeladene auch an Einzelmeisterschaften teilgenommen, im nationalen und internationalen Bereich Prämien erzielt und zusätzliche Werbeverträge abschließen können. Eine persönliche Abhängigkeit zum Kläger habe nicht bestanden. Der Beigeladene habe nicht am Vereinstraining und an vorgegebenen Kämpfen teilnehmen müssen. Gezahlt worden seien Kampf- und Siegprämien nur im Rahmen tatsächlich absolvierter Kämpfe, so dass auch ein Unternehmerrisiko vorgelegen habe. Für Anfahrt und Auslagen während der Wettkämpfe habe der Beigeladene selbst aufkommen müssen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 07.03.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2009 und den Bescheid vom 13.09.2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene in seiner Tätigkeit als Ringer und Werbepartner bei dem Kläger vom 01.08.2007 bis 31.12.2008 nicht auf Grund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat mit dem gemäß § 96 Abs. 1 SGG zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheid vom 13.09.2010 den angefochtenen Ausgangsbescheid dahingehend abgeändert, dass der Beigeladene in der vom 01.08.2007 bis 28.02.2008 ausgeübten Beschäftigung als Ringer und Werbepartner bei dem Kläger der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlegen habe.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass sich der Beigeladene durch die Verpflichtung zur Teilnahme an Bundesligaringkämpfen für den Kläger in dessen Betrieb eingegliedert habe. Die Anordnungen des Vereinstrainers und das Tragen von Trikots und Trainingsanzügen mit Sponsorenausdrucken während der Wettkämpfe reichten aus, um von der Eingliederung in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation auszugehen. Darüber hinaus unterliege der Beigeladene den Vorgaben des Deutschen Ringerbundes für die Durchführung der Bundesliga-Wettkämpfe.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag. Er führt aus: Die Bundesligakämpfe hätten Samstags um 19.30 Uhr begonnen und 5 x 2 Minuten gedauert. Er habe sich auf die Kämpfe nicht gesondert vorbereitet. Sein Hauptaugenmerk habe auf der Vorbereitung der Olympischen Spiele gelegen. Er habe auch nicht in xxx, sondern an seinem Ausbildungsort in xxx trainiert. Es sei möglich gewesen, Bundesligakämpfe für den Verein zu absolvieren und gleichzeitig Einzelauftritte zu haben. So habe er neben seiner Tätigkeit für den Kläger auf eigene Rechnung Werbe- und Sponsorenauftritte gehabt. Die Sponsorenverträge habe er sich ohne Vermittlung des Klägers selbst besorgt, sie hätten sich auf seine gesamte sportlerische Betätigung bezogen. Die Bundesligatermine seien im Grunde vorgegeben gewesen. Er habe jedoch seine Teilnahme in Einzelfällen absagen können, z.B. am 11.10.2008 das Bundesligaspiel in xxx, weil er an diesem Tag an einer Olympia-Gala habe teilnehmen wollen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig und begründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind aufzuheben, weil sie rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen.
Der Beigeladene war in seiner Tätigkeit als Ringer und Werbepartner bei dem Kläger vom 01.08.2007 bis 31.12.2008 nicht auf Grund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig.
Nach § 7a Abs. 2 SGB IV entscheidet die Beklagte im Rahmen des Anfrageverfahrens auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 11.03.2009, Az.: B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2) findet hierbei keine isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung, sondern zugleich eine Entscheidung über die Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung statt.
Gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte sind versicherungspflichtig in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III.
Dabei ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV unter Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind die Tätigkeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Die Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber persönlich abhängig ist, in den Betrieb eingegliedert wird und einem – ggfs. nach den Erfordernissen des konkreten Tätigkeitsfeldes eingeschränkten – umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, das eigene Unternehmerrisiko und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG SozR 3 – 2400 § 7 Nr. 13 m.w.Nw.).
Nach diesen Maßstäben lag bei dem Beigeladenen in seiner Tätigkeit für den Kläger keine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor. Vielmehr erfolgten die Bundesligakämpfe und begleitende Werbemaßnahmen im Rahmen einer Tätigkeit als freiberufliche Honorarkraft für den Kläger.
Die Kammer wertet es als maßgebliches Indiz für eine Selbständigkeit, dass der Beigeladene – abgesehen von seiner vollzeitigen Berufsausbildung an einem vom Sitz des Klägers weit entfernten Ort – in seiner sportlichen Betätigung nicht nur für den Kläger, sondern auch für andere Auftraggeber tätig seien konnte. Die Möglichkeit, trotz der vertraglichen Bindung an den Kläger weitere, von diesem unabhängige Wettkämpfe, Werbe- und Sponsorenauftritte zu absolvieren, spricht gegen eine Eingliederung in den klägerischen Verein und für eine Selbstbestimmtheit der sportlichen Betätigung des Beigeladenen. Eine Pflicht zur Annahme einzelner Aufträge bestand nicht.
Gegen die für eine Beschäftigung erforderliche Eingliederung in den (Vereins-) Betrieb des Klägers spricht darüber hinaus die Ausgestaltung des Trainings. So hatte der Beigeladene eigenverantwortlich dafür zu sorgen, dass durch geeignete Gesundheitsvorsorge und Trainingsmaßnahmen die Voraussetzungen für den jeweiligen Bundesligaeinsatz hergestellt wurden. Ein Weisungsrecht des Vereinstrainers bestand insoweit gerade nicht. Konkret erfolgte das für die Vertragserfüllung elementare Training außerhalb des Einflussbereichs des Klägers in einem entfernten Olympiastützpunkt. Damit konnte der Beigeladene einen auch quantitativ wesentlichen Teil der Vertragserfüllung nach Inhalt, Umfang und zeitlicher Lage frei gestalten.
Die von der Beklagten zur Begründung einer betrieblichen Eingliederung angeführten Vorgaben in der Gestaltung der einzelnen Wettkämpfe treten in ihrer Bedeutung demgegenüber zurück. So erscheint es für die Statusbeurteilung als unerheblich, dass wie bei jedem Sportturnier Spielzeiten, Trikots und Trainerweisungen vorgegeben worden sind. Auch die Bindung der Teilnehmer an organisatorische Vorgaben des Veranstalters von Sportturnieren, hier des Deutschen Ringerbundes, erscheint als Selbstverständlichkeit, die keinen Anhaltspunkt für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung bietet.
Als weiteres Indiz für die Selbständigkeit ist das unternehmerische Handeln des Beigeladenen anzusehen. So hat er seine sportlerischen Fähigkeiten umfassend vermarktet. Ein unternehmerisches Risiko für den Beigeladenen lag darin, dass sich der Kläger nicht verpflichtete, den Beigeladenen auch tatsächlich in einem bestimmten Umfang einzusetzen und das Honorar in Gestalt einer neben der Kampfprämie gezahlten Siegprämie zum Teil erfolgsabhängig war.
Nach alledem ergibt sich in der Gesamtwürdigung aller Umstände, dass vorliegend die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit überwiegen. Von daher kann offenbleiben, ob der Bescheid der Beklagten vom 13.09.2010 den Anforderungen des BSG im Urteil vom 11.03.2009 (a.a.O.) an die versicherungsrechtliche Konkretisierung der Statusentscheidung Rechnung trägt und ob diese im laufenden Verfahren unter den Voraussetzungen des § 96 SGG nachgeschoben werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG.
Erstellt am: 04.10.2010
Zuletzt verändert am: 04.10.2010