Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 17.09.2009 geändert. Der Antragstellerin wird für die Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Sozialgericht Dortmund Prozesskostenhilfe ab Antragstellung bewilligt und Rechtsanwalt Q aus I beigeordnet. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 17.09.2009 ist begründet. Das SG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu Unrecht abgelehnt. Denn die Rechtsverfolgung hatte hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Nach § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Antragstellerin ist nach ihren wirtschatlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kostend der Rechtsverfolgung aufzubringen. Die Rechtsverfolgung bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn ihrer Rechtsverfolgung fehlt es nicht von vorneherein an jeglicher Erfolgsaussicht.
Soweit die Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren beantragte, "die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 27.07.2009 gegen den Bescheid vom 14.07.1009 anzuordnen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, Leistungen in bisheriger Höhe zu zahlen", ist dieses Begehren – wie das SG zu Recht ausgeführt hat – als Antrag nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG auszulegen. Ergänzend ist klarstellend zum einen darauf hinzuweisen, dass es daneben eines Antrages nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG nicht mehr bedurfte. Denn mit Bescheid vom 30.06.2009 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom August 2009 bis Januar 2010 in Höhe von 551,11 EUR monatlich und erließ im Anschluss daran am 14.07.2009 den Sanktionsbescheid, so dass der Rechtsschutz im Fall des Obsiegens die Gewährung der ungekürzten Regelleistung aus dem Bewilligungsbescheid vom 30.06.2009 zur Folge hätte. Zum anderen ist der Antrag der Klägerin sinngemäß dahingehend zu konkretisieren, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Sanktionsbescheid vom 14.07.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2009 begehrt. Denn die Antragstellerin hat insoweit bereits am 03.09.2009 Klage beim SG Dortmund erhoben (S 35 AS 341/09) und die Entscheidung des SG im einstweiligen Rechtsschutzverfahren datiert vom 17.09.2009. Nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Mit Sanktionsbescheid vom 14.07.2009 senkte die Antragsgegnerin die Regelleistung der Antragstellerin um 30 v.H. für den Zeitraum von August bis Oktober 2009 ab. Widerspruch und Anfechtungsklage haben hiergegen nach § 39 Nr. 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes vom 21.12.2008, BGBl I S. 2917, mit Wirkung vom 01.01.2009) keine aufschiebende Wirkung. Denn der Sanktionsbescheid setzt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende herab gemäß § 39 Nr. 1 SGB II.
Die Erfolgsaussicht des Antrages nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen, beurteilt sich nach dem Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Abwägung der Folgen bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache von Bedeutung (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 86b Rn. 12a ff.). Im Rahmen dieser Abwägung ist darauf abzustellen, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder ob seine Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegend öffentliches Interesse gebotene Härte zur Folge hätte. Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides in der Regel Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einen Aufschub der Vollziehung einräumt (LSG NRW, Beschluss vom 26.11.2007 – L 7 B 258/07 AS ER -; LSG NRW, Beschluss vom 03.12.2007 – L 7 B 269/07 AS ER -).
Bei der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung war es nicht von vorneherein auszuschließen, dass die Antragstellerin mit ihrem Antrag nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG möglicherweise Erfolg haben konnte. Denn es war nach dem sich aus der Akte ergebenden Sachverhalt und den Einlassungen der Antragstellerin nicht ohne weitere Ermittlungen überwiegend wahrscheinlich, dass die Voraussetzungen für eine Sanktion, die die Antragsgegnerin nach den Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 18.08.2009 auf § 31 Abs. 4 Nr. 3b SGB II gestützt hat, vorlagen.
Danach wird das Arbeitslosengeld II ( …) in einer ersten Stufe um 30 v.H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgeblichen Regelleistung abgesenkt bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der die in dem Dritten Buch genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen. Das gilt nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist (§ 31 Abs. 1 S. 2 SGB II in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III -). Nach § 144 Abs. 1 SGB III ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch sein Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.
Entgegen der Einschätzung der Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 18.08.2009 ist es nicht erwiesen bzw. überwiegend wahrscheinlich, dass das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung der Antragstellerin beendet wurde und diese zudem grob fahrlässig gehandelt hat. Zwar mag auf den ersten Blick der Eindruck entstehen, dass die Antragstellerin das Arbeitsverhältnis auf 400,- EUR-Basis in der Spielhalle gelöst hat. Denn auf Nachfrage der Antragsgegnerin erklärte der Inhaber der Spielhalle, Herr H, dass die Antragstellerin ihm im Mai 2009 mündlich mitgeteilt habe, dass sich "die Beschäftigung für sie nicht lohne" und daher diese zum Ende Mai 2009 aufgebe. Jedoch hat die Antragstellerin wiederholt darauf hingewiesen und zudem eidesstattlich versichert, dass sie selbst nicht gekündigt und die Kündigung seitens des Arbeitgebers auf einem Missverständnis beruht habe, nachdem ihr vom Arbeitgeber, und zwar von Frau C im Mai 2009 mitgeteilt worden sei, dass noch ein weiterer Mitarbeiter eingestellt werde und sie daher über die Folgen einer Halbierung des Lohnes und der Anrechnung nachgedacht habe. Da dieses Gespräch mit Frau C für die Frage des versicherungswidrigen Verhaltens bedeutsam ist, kann die von der Antragsgegnerin vorgenommene Abwägung zugunsten der Aussage des Herrn H ohne weitere Ermittlungen nicht bejaht werden. Es war bei summarischer Prüfung nicht vor vorneherein auszuschließen, dass die Antragstellerin im einstweiligen Verfahren möglicherweise Erfolg haben würde. Daher bestanden und bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung, deren Aufklärung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren durch eine Anfrage bei Frau C möglich gewesen wäre (im Hauptsacheverfahren sind wohl Ermittlungen beabsichtigt, nachdem das SG mit Beschluss vom 18.09.2009 Prozesskostenhilfe bewilligt hat).
Eine Kostenerstattung findet im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahrens nicht statt (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 SGG).
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 14.12.2009
Zuletzt verändert am: 14.12.2009