Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.10.2014 geändert. Der Klägerin wird für den Rechtsstreit S 35 AS 3154/14 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwältin N aus S beigeordnet.
Gründe:
I.
Die unter Betreuung stehende Klägerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ihre Klage auf Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung für die Monate August und September 2014.
Der Klägerin waren für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis zum 30.09.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt worden. Nachdem die Betreuerin dem Beklagten mit Schriftsatz vom 17.06.2014 mitgeteilt hatte, dass die Klägerin voraussichtlich zum 04.07.2014 in eine Mutter-Kind-Einrichtung nach M zu Lasten des Jugendamtes untergebracht werde, hob der Beklagte die Leistungsbewilligung unter Hinweis darauf, dass die Klägerin Leistungen des Jugendamtes erhalte, mit Wirkung ab dem 04.07.2014 zunächst vollumfänglich auf.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin, der seitens ihrer Vermieterin mitgeteilt worden war, dass die Kündigung zum 30.09.2014 angenommen werde, geltend, dass der Umzug vom Jugendamt angeordnet worden sei. Es habe eine Inobhutnahme ihres Kindes gedroht, wenn sie nicht zu dem vom Jugendamt festgelegten Termin in die Mutter-Kind-Einrichtung umgezogen wäre. Das Jugendamt übernehme lediglich die Kosten des laufenden Lebensunterhaltes.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 14.08.2014 und vom 15.08.2014 wurden sodann die Kosten von Unterkunft und Heizung für den gesamten Monat Juli 2014 berücksichtigt und der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 28.08.2014 Klage erhoben und Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Beschluss vom 15.10.2014 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Es fehle an der hinreichenden Erfolgsaussicht, denn die Klägerin sei mit der Übernahme in die Mutter-Kind-Einrichtung aus dem Leistungskatalog des SGB II ausgeschieden.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 21.10.2014 zugestellten Beschluss am 21.11.2014 Beschwerde eingelegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Das Sozialgericht hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht abgelehnt. Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Beteiligte, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten für die Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig. Eine hinreichende Aussicht auf Erfolg ist bereits dann anzunehmen, wenn nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine Beweiserhebung von Amts wegen erforderlich ist und diese Ermittlungen eine reale Möglichkeit eröffnen, dass sich die rechtserheblichen Tatsachen, auf die die Klägerin ihr Begehren stützt, nachweisen lassen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage erfüllt die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum vom 01.08. bis zum 30.09.2014 die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Sie hat das 15. Lebensjahr vollendet, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik und ist hilfebedürftig. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 8 SGB II nicht erwerbsfähig gewesen ist, sind nicht ersichtlich. Ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 S. 1 SGB II zu Lasten der Klägerin eingreift, weil sie seit der Aufnahme in die Mutter-Kind-Einrichtung M – wofür allerdings einiges spricht – in einer stationären Einrichtung untergebracht ist (vgl. zum Begriff der stationären Einrichtung i.S.v. § 7 Abs. 4 SGB II BSG, Urteil vom 05.06.2014 – B 4 AS 32/13 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 36), ist bislang nicht hinreichend geklärt, weil es insoweit an jeglichen Ermittlungen fehlt.
Sofern der Leistungsausschluss zu Lasten der Klägerin nicht eingreift, kommt ein Anspruch auf Übernahme der Miete für die Wohnung in der Ewaldstraße 19 in 42859 S für die Zeit vom 01.08. bis zum 30.09.2014 nach § 22 Abs. 6 S. 1 SGB II in Betracht. Zu den Kosten i.S.v. § 22 Abs. 6 S. 1 SGB II zählen auch unvermeidbare doppelte Mietaufwendungen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23.09.2009 – L 19 B 39/09 AS und vom 21.01.2009 – L 19 B 243/08 AS; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.2014 – L 12 AS 290/14; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 22 Rn. 202; Berlit in Münder, SGB II, 5. Aufl., § 22 Rn. 174; Piepenstock in juris PK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 22 Rn. 181; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.01.2013 – L 34 AS 721/11: Anspruchsgrundlage sei insoweit § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II). Nach Aktenlage dürfte überdies davon auszugehen sein, dass der kurzfristige Auszug aus der bisherigen Wohnung ohne Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist für die Klägerin "aus anderen Gründen" i.S.v. § 22 Abs. 6 S. 2 SGB II notwendig gewesen ist. Es lag ein aus objektiven Gründen erforderlicher Umzug der Klägerin in die Mutter-Kind-Einrichtung auf Betreiben des Jugendamtes vor, weil anderenfalls die Gefahr der Inobhutnahme ihres Kindes bestand.
Selbst wenn ein Anspruch der Klägerin wegen des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 4 S. 1 SGB II gegen den Beklagten ausgeschlossen ist und die Klägerin damit nicht mehr dem Leistungsregime des SGB II unterfallen sollte (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 04.03.2010 – L 1 B 34/09 AS), ist zu prüfen, ob sie nunmehr demjenigen des SGB XII unterfällt. Diese Leistungssysteme stehen – grundsätzlich – zueinander im Verhältnis der Exklusivität (und damit der Alternativität), vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 SGB II, § 21 S. 1 SGB XII. Erwerbsfähige Hilfebedürftige, bei denen ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II vorliegt, können deshalb Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 8 SO 24/12 R – SozR 4-3500 § 67 Nr. 1 (zum Anspruch auf Übernahme von Mietkosten während einer Inhaftierung)). Das SGG sieht bei derartigen Fallgestaltungen vor, dass Ansprüche gegen den Träger der Sozialhilfe im gleichen Klageverfahren zu klären sind. Das folgt aus § 75 Abs. 2 SGG, der für solche Fälle (zwingend) eine notwendige Beiladung vorschreibt und vorsieht, dass der beigeladene Träger der Sozialhilfe – insoweit ohne vorangehendes Verwaltungsverfahren – auch verurteilt werden kann, § 75 Abs. 5 SGG.
Sofern aufgrund der Unterbringung der Klägerin in einer Mutter-Kind-Einrichtung auch ein Anspruch nach dem SGB XII ausscheiden sollte, weil nach § 10 Abs. 4 S. 1 SGB VIII die Leistungen nach dem SGB VIII den Leistungen nach dem SGB XII grundsätzlich vorgehen, ist schließlich zu prüfen, ob eine Übernahme der streitgegenständlichen Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB VIII – in Betracht kommt insoweit § 19 Abs. 3 SGB VIII – zu erfolgen hat. Es liegt jedenfalls auf der Hand, dass der offenkundig nicht aus freien Stücken erfolgte Auszug der Klägerin aus ihrer bisherigen Wohnung nicht dazu führen kann, dass sie trotz Hilfebedürftigkeit die Unterkunftskosten für die Monate August und September 2014 letztlich selber zu tragen hat.
Mit der Klärung der zentralen Vorfrage nach dem zuständigen Leistungsträger geht die Entscheidung über die Anspruchsgrundlage und nachfolgend die Prüfung der tatsächlichen Voraussetzungen einher, deren Ergebnis hier zumindest offen ist.
Die Klägerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zudem außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, so dass die Prozesskostenhilfe – ratenfrei – zu bewilligen ist.
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind gem. §§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG, 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattungsfähig.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 29.01.2015
Zuletzt verändert am: 29.01.2015