Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 02.03.2009 wird zurückgewiesen. Die Klagen werden abgewiesen. Kosten des Klägers im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Seit dem 01.01.2005 bezieht der Kläger von der Beklagten durchgehend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Miete für die Wohnung G-straße 00, E betrug insgesamt 348,00 EUR (243,00 EUR Grundmiete + 40,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung + 65,00 EUR Heizkostenvorauszahlung).
Am 06.12.2006 übergab der Kläger der im Empfangsbereich der Beklagten tätigen Mitarbeiterin Frau G einen von ihm verfassten Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung vom 01.12.2006, den er auf der letzten Seite an der für den "Vertragsnehmern 01" vorgesehenen Stelle unterzeichnet hatte. § 2 Ziffer 3 sah vor, dass die anfallenden Nebenkosten bedingt durch die Erkrankung von 01 – z. B. Mehrkosten durch kostenaufwändigere Ernährung, Medikamente, Heilbehandlungen, Heilmittel, Krankenhausaufenthalte (1 Bettzimmer, inkl. Chefarztbehandlung und weitere privatärztliche Leistungen), etc. – vorbehaltlos und vollen Umfang zu übernehmen seien. In § 5 war u. a. vorgesehen, dass bei Vertragsverletzungen der Beklagten diese jeweils eine Konventionalstrafe von mindestens 25.000,00 EUR zuzüglich der daraus resultierenden Schäden des Klägers oder Dritter zu leisten habe. Dem Vertragsentwurf war ein Schreiben des Klägers vom 06.12.2006, adressiert an den Direktor der Beklagten, beigefügt, in dem es u. a. heißt:
"Als Resultat dieser Rechtsprüfung erlaube ich mir daher, Ihnen – wie von Ihnen verlangt – in Anlage eine von mir unterschriebene Eingliederungsvereinbarung, deren Eingang mir Ihre Mitarbeiter bei der Übergabe durch Unterschrift, Datum und Stempel unten links auf der letzten Seite der Eingliederungsvereinbarung bestätigen, zu überreichen."
Am 13.02.2007 hat der Kläger Klage, S 35 AS 35/07, mit dem Begehren erhoben, die Beklagte zu verurteilen, die in der Eingliederungsvereinbarung vom 06.12.2006 vertraglich festgelegten Leistungen und Pflichten ihm gegenüber zu erbringen. Durch Urteil vom 02.03.2009 hat das Sozialgericht Duisburg die Klage abgewiesen. Hiergegen legte der Kläger Berufung, L 19 (20) AS 49/09, ein.
Im Juni 2007 beantragte der Kläger die Bewilligung von Leistungen ab dem 01.10.2007. Im Antragsformular gab der Kläger an, dass bei den Kosten für Unterkunft und Heizung keine Änderung eingetreten sei. Durch Bescheid vom 31.08.2007 gewährte die Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 695,00 EUR mtl. (Regelleistung von 347,00 EUR + Kosten für Unterkunft und Heizung von 348,00 EUR) ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008.
Gegen die Höhe der bewilligten Leistungen erhob der Kläger Widerspruch und machte u. a. geltend, dass ihm ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 55,00 EUR mtl. zustehe. Die Leistungen nach dem SGB II seien verfassungswidrig. Ihm stünde ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe zu. Er forderte die Beklagte auf, eine Heizkostennachforderung von 990,65 EUR zu übernehmen und eine Konventionalstrafe in Höhe von 25.000,- EUR aus der Eingliederungsvereinbarung vom 01.12.2006 zu zahlen. Durch Widerspruchsbescheid vom 23.04.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 21.05.2008 Klage erhoben.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die beantragten Leistungen nach Maßgabe gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen.
Durch Urteil vom 02.03.2009 hat das Sozialgericht Duisburg die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 03.04.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.04.2009 Rechtsmittel eingelegt.
Er trägt vor, dass die Hartz IV-Gesetzgebung verfassungswidrig sei. In der Regelleistung seien Kosten für Strom, Gas, Telefon etc. nicht enthalten. Seit dem 01.01.2005 habe er lückenlos seine Erkrankungen nachgewiesen. Die lebenslang bestehenden Erkrankungen induzierten keine Besserung oder Heilung. Allein die Diagnose des Diabetes mellitus berechtige zu einem Mehrbedarfzuschlag von 55,00 EUR mtl … Die Kosten für die Unterkunft seien ohne plausible Begründung um 50,00 EUR gekürzt wurden. Die Beklagte habe die real anfallenden Heizungskosten seit 2004 trotz mehrmaliger Anmahnung und ohne jede Begründung nicht vollständig überwiesen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
1.das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 3 ZPO anzuordnen,
2.gemäß § 307 Abs. 2 ZPO gegen die Beklagte ohne mündliche Verhandlung das Anerkenntnis- oder Teilanerkenntnisurteil zu erlassen, sofern diese die Aufforderung nach § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Anspruch ganz oder teilweise anerkennt,
3.gemäß § 331 Abs. 3 ZPO gegenüber der Beklagten ohne mündliche Verhandlung das Säumnisurteil zu erlassen, falls diese nicht rechtzeitig anzeigt, dass sie sich gegen die Klage verteidigen will,
4.den Anträgen des Klägers, bzw. Beschwerdeführers in vollem Umfang zu entsprechen,
5.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 01.01.2005 5% über dem Normalzinssatz auf die Gesamtsumme Zins-Zahlungen zu leisten, da dem Kläger das Geld, das zu seiner Existenzsicherung dient, bis heute nicht zur Verfügung steht,
6.die Beklagte darüber hinaus zu verurteilen, an den Kläger eine Erstattung der Auslagen für dieses Verfahren in Höhe von 250,00 EUR zu zahlen,
7.die vollständige Kostenübernahme der Auslagen des Klägers bzw. des Beschwerdeführers verbindlich zu erklären und diese als vorläufig vollstreckbar zu erklären,
8.die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Aufwandsentschädigung und Schadensersatz in Höhe von 25.0000,00 EUR zu zahlen, da es dem Kläger aufgrund der unrechtmäßigen Verhängung dieser Leistungskürzung nicht möglich war, seinen Verpflichtungen nachzukommen; ihm wurde daraufhin die Wohnung und das Girokonto gekündigt, was zu existenzbedrohenden Situationen geführt hat. Ein Wohnungswechsel wird daher erforderlich, der einen erhöhten Kostenaufwand erforderlich gemacht hat, der ausschließlich durch das Fehlverhalten der Beklagten verursacht wurde,
9.die Beklagte zur Anerkennung der rechtskräftig gewordenen Eingliederungsvereinbarung vom 01.12.2006 und zu deren vollständigen Leistungserbringung zu verurteilen,
10. der Beklagten die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen,
11. das Urteil für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 02.03.2009 zurückzuweisen und die Klagen als unzulässig abzuweisen.
Sie nimmt auf die Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung sowie auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug.
Mit Schreiben vom 21.01.2010 ist der Kläger unter Fristsetzung bis zum 20.02.2010 und unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten zur Vorlage einer Schweigepflichtsentbindungserklärung und Vorlage von Unterlagen hinsichtlich des Anfalls einer Heizkostennachforderung von 990,65 EUR aufgefordert worden. Das Schreiben wurde dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 28.01.2010 zugestellt. Eine Vorlage der angeforderten Erklärung und Unterlagen durch den Kläger ist nicht erfolgt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden (§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126, 153 Abs. 1 SGG), da er mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Das persönliche Erscheinen des Klägers, der hinreichende Gelegenheit hatte, sich schriftsätzlich zu äußern, ist auch nicht zum Zweck der weiteren Sachverhaltsaufklärung angeordnet gewesen.
In Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes legt der Senat das Vorbringen des Klägers in dem Schreiben vom 29.04.2009 als Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 02.03.2009 aus.
Die zulässige Berufung ist unbegründet (I). Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen sind unzulässig (II).
Die Beklagte ist beteiligtenfähig. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Bildung von Arbeitsgemeinschaften nach § 44b SGB II als mit Art. 28 GG und Art. 83 GG unvereinbar erklärt, jedoch können die Arbeitsgemeinschaften für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2010 weiterhin auf der bisherigen Rechtsgrundlage tätig werden (BVerfG, Urteil vom 20.12.1007 – 2 BvR 2433/04 – und – 2 BvR 2434/04-; BSG, Urteil vom 27.02.2008 – B 14/7b AS 32/06 R).
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger ist durch den Bescheid vom 31.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2008 nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 SGB II beschwert. Ihm steht gegenüber der Beklagten für den Bewilligungszeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 kein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II zu. Ihm steht kein Anspruch auf eine höhere Regelleistung nach § 20 SGB II zu (1). Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II sind nicht gegeben (2). Ein Anspruch auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II ist nicht gegeben (3). Die Voraussetzungen für eine Härtefallregelung liegen nicht vor (4).
1. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf höhere Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II als von der Beklagten im angefochtenen Bescheid bewilligt für den Bewilligungszeitraum vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 zu.
Die Höhe der für den Kläger anzusetzende Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts ergibt sich aus den Bestimmungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II, wonach die Regelleistung für Alleinstehende 347,00 EUR beträgt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften über die Höhe der Regelleistung, u. a. § 20 Abs. 2 1 Halbsatz SGB II, mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt. Daraus folgt aber nicht, dass einem Hilfebedürftigen ein höherer Anspruch auf Leistungen für einen zurückliegenden Zeitraum – wie im vorliegenden Fall – zusteht, vielmehr gilt die Vorschrift des § 20 Abs. 2 1 Halbsatz SGB II in der jeweils anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2010 fort. Der Gesetzgeber ist nur verpflichtet, die Regelleistung für die Zukunft neu festzusetzen (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 = nach juris Rn 210 ff).
2. Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II ist nicht gegeben.
Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs die hierzu vom Deutschen Verein für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen (im Folgenden: Mehrbedarfsempfehlungen) herangezogen werden (BT-Drucks. 15/1516 S 57). Dies entspricht der generellen Anknüpfung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II an das Referenzsystem der Sozialhilfe (vgl. BT-Drucks. 15/1516 S 46,56). Bei der Erstellung dieser Mehrbedarfsempfehlungen, die schon im früheren Recht der Sozialhilfe nach § 23 Abs. 4 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Anwendung fanden (vgl. BSG, Urteil vom 27.02.2008 – B 14/7b AS 64/06 R = SozR 4-4200 § 21 Nr. 2 Rn 25), haben Wissenschaftler aus medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Fachbereichen zusammengearbeitet, die medizinisch notwendigen Ernährungsformen bei verschiedenen Krankheiten festgestellt und die Kostenunterschiede zur "Normalernährung" ermittelt. Die Pauschalbeträge für die krankheitsbedingten Mehrbedarfe wurden mit Hilfe der Deutschen Gesellschaft für Ernährung auf der Basis eines Schemas der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin entwickelt. Die Mehrbedarfsempfehlungen wurden erstmals 1974 und 1997 in überarbeiteter Form ausgegeben und liegen nunmehr in dritter, völlig neu bearbeiteter Auflage 2008 vor.
Ob die Mehrbedarfsempfehlungen, die keine Rechtsnormen sind (BSG, Urteil vom 27.02.2008 – B 14/7b AS 64/06 R – Rn 26), in ihrer nunmehr vorliegenden Form die Bedeutung eines antizipierten Sachverständigengutachtens haben, kann dahinstehen. Für die 1997 in überarbeiteter Form herausgegebenen Mehrbedarfsempfehlungen hat die Rechtsprechung dies abgelehnt, weil seit 1996 erfolgte Entwicklungen nicht berücksichtigt und abweichende Auffassungen, die ebenfalls von Ärzten begründet worden waren und daher auf medizinischer Sachkunde beruhten, nicht berücksichtigt worden seien (BSG, Urteile vom 27.02.2008 – B 14/7b AS 64/06 R – Rn 26; vom 27.02.2008 – B 14 / 7b AS 32/06 R – und vom 15.04.2008 – B 14 / 11 AS 3/07 R). Für die nunmehr vorliegende dritte, völlig neu bearbeitete Fassung der Mehrbedarfsempfehlungen gelten diese Vorbehalte nicht mehr, weil sie in Zusammenarbeit mit den Ärzten der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen, die den Begutachtungsleitfaden (Herausgeber Landschaftsverband Westfalen Lippe, Stand Januar 2002) erstellt haben, und unter Zugrundelegung des "Rationalisierungsschemas 2004" des Bundesverbandes deutscher Ernährungsmediziner und anderer Fachverbände (www.daem.de/docs/rationalisierungsschema2004.pdf) sowie einer wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu den Lebensmittelkosten bei einer vollwertigen Ernährung vom April 2008 (www.dge.de/pdf/ws/lebensmittelkosten-vollwertige-ernaehrung.pdf) entwickelt worden sind (vgl. Mehrbedarfsempfehlungen unter II. 1. und 2.). Für die nunmehr geltenden Empfehlungen wird daher die Annahme eines antizipierten Sachverständigengutachtens befürwortet (vgl. LSG Sachsen, Urteile vom 27.08.2009 – L 3 AS 245/08 – und vom 22.06.2009 – L 7 AS 250/08 -; LSG Bayern, Urteil vom 23.04.2009 – L 11 AS 124/08 -; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 09.03.2009 – L 8 AS 68/08).
Aber auch wenn ihnen diese Bedeutung nicht zukommt, ist auch für die früheren Mehrbedarfsempfehlungen anerkannt gewesen, dass sie als Orientierungshilfe dienen können und weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich waren, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Mehrbedarfsempfehlungen abweichende Bedarfe geltend gemacht wurden (BSG, Urteil vom 27.02.2008 – B 14/7b AS 64/06 R – Rn 28). Dies muss für die nunmehr vorliegende Fassung erst recht gelten, weil sie die einheitliche Auffassung der medizinischen Wissenschaft in diesen Fragen wiedergibt und die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt hat.
Nach dieser Fassung der Mehrbedarfsempfehlungen erfordern aber die beim Kläger nach Aktenlage bestehenden drei Erkrankungen – Hyperlipidämie, Hypertonie und Diabetes mellitus – lediglich eine Vollkost, deren Beschaffung keine erhöhten Kosten verursacht. Da die drei Erkrankungen dieselbe Ernährungsart – Vollkost – erforderlich machen, kann auch aus der Kumulierung dieser Krankheiten nicht die Notwendigkeit einer Krankenkostzulage resultieren. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine Hinweise auf Besonderheiten, die die Notwendigkeit einer weiteren, insbesondere medizinischen Klärung des Sachverhalts hinsichtlich der erforderlichen Krankenkost der drei Erkrankungen – Hyperlipidämie, Hypertonie und Diabetes mellitus – begründen könnten.
Ein anderes Ergebnis rechtfertigt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die nunmehr zu Grunde gelegten Mehrbedarfsempfehlungen im hier streitigen Leistungszeitraum noch nicht veröffentlicht waren. Zum einen beruhen diese auf Erkenntnissen, die bereits seit 2005 Gültigkeit hatten. So sahen sowohl der Begutachtungsleitfaden von 2002 als auch das 2004 veröffentlichte Rationalisierungsschema für die beim Kläger bestehenden Erkrankungen lediglich das Erfordernis einer Vollkost vor. Die Erkenntnis, dass diese ohne zusätzliche Kosten zu realisieren ist, wie es auch schon dem Begutachtungsleitfaden entsprach, ist durch das Gutachten über Lebensmittelkosten im Rahmen einer vollwertigen Ernährung von April 2008 unter Zugrundelegung der Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2003 bestätigt worden. Zum anderen sind auch die Mehrbedarfsempfehlungen, Stand 1997, nicht einheitlich für die Beurteilung des Mehrbedarfs von den Leistungsträgern der Grundsicherung und Sozialhilfe zugrunde gelegt worden. Vielmehr haben sich diese in der Vergangenheit teilweise an dem Begutachtungsleitfaden bei ihrer Entscheidung orientiert (vgl. Mehrbedarfsempfehlungen, 3. Aufl., unter III. 1.), der für die Bedarfsgruppe A, zu der die Erkrankungen des Klägers gehören, einen Mehrbedarf verneinte (vgl. Begutachtungsleitfaden S 10 ff). Da die Mehrbedarfsempfehlungen mangels Rechtsnormqualität die Leistungsträger ohnehin nicht binden konnten, führt die Nichtberücksichtigung ihrer früheren Fassung daher auch nicht zu einer rechtswidrigen Ungleichbehandlung des Klägers (vgl. LSG NW, Beschluss vom 22.07.2009 – L 19 AS 41/08 -; LSG Bayern, Urteil vom 23.04.2009 – L 11 AS 124/08 -; LSG Sachsen, Urteil vom 27.08.2009 – L 3 AS 245/08).
Zur Überzeugung des Senats ist auch nicht erwiesen, dass die vom Kläger gegenüber der Beklagten im Verwaltungsverfahren geltend gemachte Nahrungsmittelallergie eine kostenaufwändigere Ernährung i. S.v. § 21 Abs.5 SGB II bedingt. Zwar kann nach den Mehrbedarfsempfehlungen bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten eventuell ein abweichender Bedarf bestehen. Die pauschale Behauptung des Klägers gegenüber der Beklagten, dass bei ihm wegen der Lebensmittelallergie mit dem Erfordernis einer speziellen Diätkost ein besonderer Ernährungsbedarf bestehe, dessen Kosten nicht durch Regelleistung gedeckt sei, genügt nicht zum Nachweis der Voraussetzungen eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II. Der Kläger hat weder im erst- noch im zweitinstanzlichen Verfahren konkretisiert, gegen welche Nahrungsmittel er allergisch ist noch welcher besonderer Ernährungsbedarf, der im Rahmen einer Vollkost nicht abgedeckt ist, bei ihm anfällt. Eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes von Amts wegen ist nicht möglich, da der Kläger trotz des Hinweises auf seine Mitwirkungspflicht eine Schweigepflichtsentbindungserklärung hinsichtlich seiner ihn wegen Nahrungsmittelallergie behandelnden Ärzte im Gerichtsverfahren nicht erteilt hat. Der Kläger trägt die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II.
3. Des weiteren stehen dem Kläger keine höheren Kosten für Unterkunft und Heizung als die von der Beklagten festgesetzten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu. Die monatlich tatsächlich anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 348,00 EUR hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 übernommen. Eine Absenkung der Kosten der Unterkunft auf die nach Auffassung der Beklagten angemessenen Kosten der Unterkunft ist in dem hier streitigen Bewilligungszeitraum nicht erfolgt. Soweit der Kläger die Übernahme einer Heizkostennachforderung in Höhe von 990,65 EUR begehrt, hat er – wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – weder im Verwaltungsverfahren noch im Gerichtsverfahren den Anfall dieser Kosten belegt. In der Verwaltungsakte befindet sich lediglich eine Heizkostenabrechnung der Firma Techem vom 18.05.2006 für den Abrechnungszeitraum vom 01.04.2005 bis zum 31.03.2006 über eine Nachforderung von 745,58 EUR. Davon übernahm die Beklagte auf Antrag des Klägers durch bestandskräftigen Bescheid vom 14.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.2006 einen Teilbetrag von 256,55 EUR, wobei sie als angemessene Heizkosten eine Betrag von 664,55 EUR zugrundelegte, von dem sie die geleisteten Heizkostenabschläge von insgesamt 408,00 EUR abzog. Dieser Bescheid ist für Beteiligten nach § 77 SGG bindend.
4. Ein Anspruch des Klägers auf Leistungen aus Art 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zur Deckung eines laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs, der zur Gewährleistung des Existenzminimums zwingend zu decken ist (vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 = nach juris Rn 208, 220 f), liegt nicht vor. Weder aus den Akten noch aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger im Bewilligungszeitraum eine atypische Bedarfslage bestanden hat.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Leistungen in Höhe der bis zum 31.12.2004 bezogenen Arbeitslosenhilfe zu. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, ist die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und ihre Ersetzung durch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach § 19 ff SGB II nicht verfassungswidrig und verletzt nicht die Grundrechte bisheriger Bezieher von Arbeitslosenhilfe (BSG, Urteil vom 21.12.2009 – B 14 AS 46/08 R – mit weiteren Rechtsprechungshinweisen).
II. Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen sind unzulässig.
Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren sein Begehren dahingehend erweitert hat, die Beklagte zur Leistungserbringung aus der Eingliederungsvereinbarung vom 01.12.2006, zur Zahlung einer Aufwandsentschädigung und Schadensersatzes von 25.000,00 EUR sowie zur Zinszahlung zu verurteilen, handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne von §§ 153 Abs. 1, 99 Abs. 1 SGG. Es handelt sich um neue Klagebegehren, die weder im Verwaltungsverfahren noch im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen waren. Die Klageänderung ist nicht zulässig, da die Beklagte in die Klageänderung nicht eingewilligt hat und der Senat die Änderung nicht für sachdienlich hält. Die Klage des Klägers auf Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung der "rechtskräftig gewordenen" Eingliederungsvereinbarung vom 01.12.2006 und zu deren vollständigen Leistungserbringung in Form einer Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann sachlich nicht entschieden werden. Die Klage ist wegen anderweitiger Rechtshängigkeit nach § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) unzulässig (vgl. zu den prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 94 Rn 7). Der Kläger hat am 13.02.2007 in dem Verfahren S 35 AS 35/07 Klage mit dem Begehren erhoben, die Beklagte zu verurteilen, die in der Eingliederungsvereinbarung vom 01.12.2006 vertraglich festgelegten Leistungen und Pflichten ihm gegenüber zu erbringen. Das durch die Klageerhebung am 13.02.2007 eingeleitete Verfahren, S 35 AS 35/07, ist weder durch ein rechtskräftiges Urteil noch durch eine anderweitige Erledigung zum Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung beendet gewesen, so dass die durch die Klageerhebung am 13.02.2007 begründete Rechtshängigkeit noch nicht entfallen ist (siehe zum Ende der Rechtshängigkeit: Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 94 Rn 4). Hinsichtlich der Begehren zur Zahlung einer Aufwandsentschädigung und Schadensersatzes von 25.000,00 EUR und zur Zinszahlung wird der Rechtstreit auf neue Rechtsgrundlagen gestellt, die noch nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und erstinstanzlichen Verfahrens gewesen sind.
Bei den Berufungsanträgen zu 1) bis zu 3) sowie zu 11), die der Kläger auch schon im erstinstanzlichen Verfahren gestellt hat, handelt es sich nicht um Sachanträge, sondern um Verfahrensanträge.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens nach den Berufungsanträgen des Klägers zu 6), zu 7) und zu 10) beruht auf § 193 SGG und trägt dem Unterliegen des Klägers Rechnung.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Erstellt am: 10.06.2010
Zuletzt verändert am: 10.06.2010