Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 06.01.2012 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller ab dem 27.12.2011 bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens für sechs Monate, vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe des jeweiligen Regelbedarfs nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Instanzen zur Hälfte.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5,237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Dem Antragsteller steht der Regelbedarf nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) im tenorierten Umfang zu. Diesbezüglich hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht. Zur Begründung verweist der Senat insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angegriffenen Beschluss, die er sich nach Prüfung zu eigen macht (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).
Jedoch kommt die vom SG – ohne nähere Begründung – tenorierte "darlehensweise Gewährung" nicht in Betracht. Vielmehr folgt aus der Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen nach summarischer Prüfung die vorläufige Gewährung des Regelbedarfs und damit auch die Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes. Es ist jedoch nicht geboten, Leistungen nur als Darlehen oder dem Vorbehalt der Rückforderung zuzusprechen, da sich die Vorläufigkeit der Entscheidung bereits aus dem Wesen des einstweiligen Anordnungsverfahrens ergibt (Conradis in LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, Anhang Verfahren Rn. 130). Zudem weist der Senat darauf hin, dass das SGB II eine abschließende Normierung der Fälle enthält, in denen die Gewährung eines Darlehens in Betracht kommt (§§ 16c Abs. 2, 16g Abs. 1S. 2, 22 Abs. 2 S. 2, 22 Abs. 6 S. 3, 22 Abs. 8, 24 Abs. 1, § 24 Abs. 4, 24 Abs. 5 und 27 Abs. 4 SGB II). Der Antragsgegner erlässt dann in Umsetzung des Beschlusses einen Bescheid, mit dem der Regelbedarf vorläufig nach § 40 Abs. 2 S. 1 SGB II gewährt wird und nach Klärung der Sach- und Rechtslage im Hauptsacheverfahren ggf. die Leistungen nach § 328 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) zu erstatten sind (Conradis, a.a.O., § 40 Rn. 4, 7 f.).
Soweit der Antragsteller die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung begehrt, fehlt es in Übereinstimmung mit dem SG jedenfalls derzeit an einer Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes (Eilbedürftigkeit). Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, dass ihm ein Kündigungsschreiben oder gar eine Räumungsklage zugegangen ist. Er weist lediglich darauf hin, dass auf seinem Konto kein Guthaben mehr vorhanden ist, er die Miete für seine Wohnung nicht mehr zahlen kann und seine Wohnung bedingt dadurch voraussichtlich verlieren wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 13.03.2012
Zuletzt verändert am: 13.03.2012