Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.11.2017 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Die Klägerin ist die Eigentümerin einer Stute. Am 06.11.2010 bat sie den Beigeladenen, das Pferd zu reiten und ihr Ratschläge zu geben, weil sie mit dessen Ausbildung nicht weiterkomme. Der Beigeladene war einverstanden und vereinbarte mit der Klägerin für den nächsten Tag um 18 Uhr einen Beritt in der Halle der Reitanlage T in B. Als der Beigeladene das Pferd absprachegemäß am 07.11.2010 ritt, buckelte es beim Galopp plötzlich, so dass der Beigeladene sich nicht mehr im Sattel halten konnte, stürzte und auf die linke Schulter fiel. Wegen dieses Vorfalls macht er gegenüber der Klägerin in einem Zivilverfahren vor dem Landgericht S Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld geltend.
Mit Schreiben vom 02.02.2012 teilte die Krankenkasse des Beigeladenen, die DAK, der Beklagten mit, der Beigeladene habe möglicherweise einen Arbeitsunfall erlitten. Er habe im Auftrag der Klägerin deren Pferd geritten. Die DAK meldete ihre Erstattungsansprüche nach § 105 SGB X an und bat die Beklagte um Prüfung, ob eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII vorliege.
In dem ihm von der Beklagten zugesandten Fragebogen gab der Beigeladene an, er sei mit der Klägerin bekannt und aufgrund des von ihr am 06.11.2010 erteilten Auftrages tätig geworden. Für die Tätigkeit habe er eine Vergütung von 30 EUR (Fahrtkosten) erhalten. Nach seinen Vorstellungen habe die unfallbringende Tätigkeit der Aus- und Fortbildung des Pferdes gedient.
Mit Schreiben vom 30.01.2014 beantragten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin bei der Beklagten die Anerkennung des Unfalls vom 07.11.2010 als Arbeitsunfall. Schon die Entgeltlichkeit des streitgegenständlichen Rittes führe zwingend zur Annahme eines Arbeitsunfalls. Der Beigeladene reite auch für andere Pferdebesitzer gegen Entgelt. Die Klägerin selbst gab an, in der Ausbildung ihres Pferdes seien Probleme aufgetreten und der Beigeladene, mit dem sie bekannt sei und der Mitglied im selben Reitverein sei, habe angeboten, einen Korrrekturberitt durchzuführen. Er habe die Rittigkeit des Pferdes verbessern und dessen Ausbildung fördern sollen. Weitere Ritte einmal wöchentlich gegen Entgelt seien geplant gewesen.
Mit Bescheid vom 09.04.2014 lehnte die Beklagte dem Beigeladenen gegenüber die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Beigeladene sei nicht Versicherter im Sinne des § 2 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches VII – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) gewesen. Auch habe kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII vorgelegen, denn der Beigeladene sei nicht wie ein Arbeitnehmer, sondern wie ein Unternehmer tätig geworden. Die Klägerin habe keine Vorgaben gemacht und der Beigeladene habe sich nicht in das "Unternehmen" der Klägerin eingegliedert.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und machte geltend, der Beigeladene sei wie ein Beschäftigter tätig geworden. Die Tätigkeit habe einen wirtschaftlichen Wert gehabt und ihrem "Unternehmen" gedient. Die Tätigkeit habe ihrem Willen entsprochen. Eine Weisung habe sie nicht geben können, da der Reiter jeweils mit dem Pferd zu Recht kommen müsse.
Der Beigeladene legte ebenfalls Widerspruch gegen den Bescheid ein. Der Widerspruch wurde nicht begründet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2015, der sowohl dem Beigeladenen als auch der Klägerin bekannt gegeben wurde und auf dessen Begründung Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin nahm anschließend ihren Widerspruch zurück.
Die Klägerin hat am 20.04.2015 beim Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Sie hat weiterhin die Auffassung vertreten, dass der Beigeladene wie ein Arbeitnehmer tätig geworden sei. Er habe ein Arbeitsentgelt für seine Leistung (Korrekturberitt) erhalten. Der Beigeladene sei dabei in dem "Betrieb" der Klägerin integriert gewesen, und zwar nach Ort, Zeit, Arbeitsmethode und "Arbeitsgerät", nämlich der damals vierjährigen Stute der Klägerin.
Die Klägerin hat beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 09.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 die Beklagte zu verurteilen, den Unfall des Beigeladenen vom 07.11.2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Das Sozialgericht hat die Klägerin und den Beigeladenen im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.11.2017 angehört.
Mit Urteil vom 22.11.2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es v.a. ausgeführt, nach § 109 Satz 1 SGB VII könnten Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist und gegen die Versicherte Schadenersatzforderungen erheben, statt der Berechtigten die Feststellung nach § 108 SGB VII beantragen oder das entsprechende Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz betreiben. Dabei handele es sich um eine sogenannte Klage in Prozessstandschaft. Berechtigt seien Personen, die bei Vorliegen eines Versicherungsfalls eine Haftungsbeschränkung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII geltend machen können. Dabei genüge es, dass sie sich auf diese Haftungsbeschränkung berufen (BSG, 29.11.2011 – B 2 U 27/10 R -, JURIS). Erforderlich sei des Weiteren, dass der potenziell Haftungsbeschränkte tatsächlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen werde. Diese Voraussetzung liege hier vor, denn das Zivilverfahren sei unterbrochen worden, um die Prüfung vornehmen zu lassen, ob es sich um einen Arbeitsunfall handele.
Der Beigeladene sei nicht zum Unfallzeitpunkt Versicherter im Sinne der gesetzlichen Vorschriften des SGB VII, weil er weder Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII noch Wie-Beschäftigter gewesen sei. Es fehle an einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen die ihren Prozessbevollmächtigten am 14.12.2017 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 11.01.2018 Berufung eingelegt. Sie trägt vor: Sie habe dem Beigeladenen in einem Telefongespräch erklärt, dass sie mit ihrem Pferd Probleme im Rechtsgalopp, insbesondere beim Angaloppieren habe. Sie habe die generelle Meinung des Beigeladenen zu dem Pferd erfragt, und zwar insbesondere im Hinblick auf die angestrebte Dressurkarriere. Im Ergebnis hätten sie sich darauf geeinigt, dass der Beigeladene einen Korrekturberitt vornehmen und dafür ein Entgelt von 30 EUR erhalten solle. Diesen Betrag habe sie dem Beigeladenen nach dem Beritt, der durch den Unfall lediglich unterbrochen und nicht beendet worden sei, direkt übergeben. Der Beigeladene habe schon lange vor dem Unfall wiederholt entgeltlich Beritt durchgeführt, und zwar in anderen Ställen und auch auf seiner eigenen Anlage in A, dort habe der Beigeladene Berittpferde stehen. Sie selbst habe bei dem Beigeladenen lange Zeit dessen eigene Pferde geritten. Der Beigeladene übe den Beruf des nebenerwerblichen Reitlehrers aus. Er habe auch die Stute einer anderen Pferdebesitzerin regelmäßig auf Reitturnieren vorgestellt und dafür jedes Mal 50 EUR erhalten. Der Korrekturberitt bei Pferden falle in das Berufsbild des Bereiters/Pferdewirtes. Hierbei handele es sich um eine anspruchsvolle Tätigkeit mit hohen reiterlichen Anforderungen, die für den Bereiter mit erheblichen gesundheitlichen Risiken einhergehe. Korrekturberitt werde auf dem Markt von Unternehmern angeboten. Das Sozialgericht habe fehlerhaft angenommen, dass die Mitgliedschaft der Klägerin und des Beigeladenen im selben Reitverein eine das Kriterium der Wie-Beschäftigung ausschließende Sonderbeziehung darstelle. Die Kameradschaft im Reitverein implementiere allenfalls eine Nothilfe. Vorliegend sei es aber nicht um eine solche nach Raum und Zeit akut notwendige Hilfeleistung durch den Beigeladenen gegangen, sondern um eine systematische, vorher genau abgestimmte arbeitnehmerähnliche Leistung, nämlich den Korrekturberitt aufgrund höherer reiterlicher Sachkunde des Beigeladenen gegenüber der Klägerin. Bei der Abgrenzung komme dem Gesichtspunkt der objektiven Gefährlichkeit der Hilfeleistung besondere Bedeutung zu. Die besondere Gefährlichkeit des Beritts des jungen Pferdes sei für den Beigeladenen evident gewesen. Sie – die Klägerin – sei im Übrigen landwirtschaftliche Unternehmerin im Sinne von § 123 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII, so dass sich die Subsumtion des Unfalls unter den Begriff "Arbeitsunfall" ganz unabhängig von der Frage der Wie-Beschäftigung stelle.
Die Klägerin beantragt,
das am 22.11.2017 verkündete Urteil der 36. Kammer des Sozialgerichts Dortmund (AZ: S 36 U 308/15) einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Dortmund zurückzuverweisen,
hilfsweise das am 22.11.2017 verkündete Urteil der 36. Kammer des Sozialgerichts Dortmund abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 09.04.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 den Unfall des Beigeladenen vom 07.11.2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen,
äußerst hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Er hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend und trägt vor: Es sei keine Vergütung, sondern eine Fahrtkostenpauschale vereinbart worden. Für eine Vergütung wären 30 EUR auch zu gering gewesen. Auch sei keine genaue Absprache erfolgt. Insbesondere habe die Klägerin ihm weder in dem Telefongespräch noch am Tag des Beritts erklärt, was genau zu unternehmen sei und wie der Korrekturberitt genau habe aussehen sollen. Insbesondere sei nicht erklärt worden, welche Probleme die Klägerin mit dem Pferd habe. Sie habe lediglich erklärt, dass es Probleme mit dem Pferd gebe. Er sei in seinem Handeln vollkommen frei gewesen. Er habe im Zeitpunkt des Vorfalls auch nicht als nebengewerblicher Reitlehrer gearbeitet. Später habe er auf der Reitanlage des Reitvereins O Unterricht gegeben. Die Reitanlage U habe er zu keinem Zeitpunkt betrieben. Diese sei vielmehr von seinem Vater betrieben worden. Für die Behauptung der Klägerin, dass sie im Unfallzeitpunkt landwirtschaftliche Unternehmerin gewesen sei, fehle es an einem entsprechenden Sachvortrag.
Der Beigeladene ist im Senatstermin am 17.12.2019 nochmals angehört worden. Wegen seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die zulässige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen, denn sie ist unbegründet. Die Beklagte hat mit dem in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 angefochtenen Bescheid vom 09.04.2014 zutreffend entschieden, dass der Beigeladene am 07.11.2010 keinen Arbeitsunfall erlitten hat. Die Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Verbandszuständigkeit der Beklagten ist gegeben. Für die Annahme, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Geschehens landwirtschaftliche Unternehmerin im Sinne von § 123 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII gewesen ist – wie die Klägerin erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht hat – gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich und insbesondere auch nicht durch einen Aufnahmebescheid des zuständigen Unfallversicherungsträger nachgewiesen, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Ereignisses vom 07.11.2010 ein landwirtschaftliches Unternehmen betrieben hat. Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Feststellungsbefugnis nach § 109 SGG, die das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat und auf dessen Ausführungen insoweit Bezug genommen wird (§153 Abs. 2 SGG), keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte das Sturzereignis vom 07.11.2010 als Arbeitsunfall des Beigeladenen anerkennt.
Ein Arbeitsunfall setzt nach § 8 Abs. 1 SGB VII voraus, dass infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit ein Unfall eingetreten ist. Das ist hier nicht der Fall.
Dabei kann offenbleiben, ob das Sturzereignis bei dem Beigeladenen zu einem Körperschaden, insbesondere den danach festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt und damit ein Unfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII vorgelegen hat. Denn ein Arbeitsunfall scheidet schon deshalb aus, weil der Beigeladene bei der zum Sturz führenden Verrichtung – dem Reiten des Pferdes der Klägerin – nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Bei dem Beigeladenen lagen weder die Voraussetzungen einer Beschäftigung noch einer Wie-Beschäftigung vor. Andere Versicherungstatbestände kommen hier ohnehin nicht in Betracht.
Der Beigeladene erlitt den Sturz nicht als Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, weil keinerlei Hinweise für ein Beschäftigungsverhältnis und eine irgendwie geartete Eingliederung des Beigeladenen in den "Betrieb" der Klägerin vorliegen.
Der Beigeladene hat auch nicht als sogenannter "Wie-Beschäftigter" nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Voraussetzung einer Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ist, dass eine einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (zuletzt mit zahlreichen Nachweisen BSG vom 20.03.2018 – B 2 U 16/16 R; BSG vom 27.10 2009 – B 2 U 26/08 R – juris; BSG vom 13.09.2005 – B 2 U 6/05 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 7 m. w. N.).
Die zum Sturz des Klägers führende Verrichtung hatte zwar einen wirtschaftlichen Wert. Sie wurde auch – objektiv gesehen – für ein fremdes Unternehmen, nämlich die private Reittierhaltung der Klägerin erbracht. Die Tätigkeit entsprach auch dem Willen der Klägerin. Die Verrichtung wurde aber nicht arbeitnehmerähnlich erbracht.
Die Arbeitnehmerähnlichkeit einer Tätigkeit hängt entscheidend davon ab, ob das Gesamtbild des Vorhabens in einem größeren zeitlichen Zusammenhang eine beschäftigungsähnliche Tätigkeit ergibt (s BSG vom 20.3.2018 – B 2 U 16/16 R-: vom 13.8.2002 – B 2 U 33/01 R – HVBG-Info 2002, 2818). Ausschlaggebend ist, ob nach der erforderlichen Gesamtbetrachtung die Tätigkeit wie von einem Unternehmer (zu § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO – BSG vom 17.3.1992 – 2 RU 22/91 – SozR 3-2000 § 539 Nr 16 – Kfz-Mechaniker sowie BSG vom 31.5.2005 – B 2 U 35/04 R – SozR 4-2700 § 2 Nr 5 RdNr11;) erbracht wurde. Je mehr Gesichtspunkte der bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse für die Arbeitnehmerähnlichkeit sprechen, umso eher ist eine Wie-Beschäftigung iS des § 2 Abs 2 SGB VII zu bejahen.
Für die Arbeitnehmerähnlichkeit einer Tätigkeit spricht, wenn die in Betracht kommende Person nach Art der Tätigkeit auch als Arbeitnehmer hätte beschäftigt werden können (s BSG vom 5.7.1994 – 2 RU 24/93 – SozR 3-2200 § 548 Nr 20 = NZS 1995, 81). Des Weiteren spricht für das Vorliegen einer Wie-Beschäftigung iS des § 2 Abs 2 SGB VII die Fremdbestimmtheit der Tätigkeit im Hinblick auf Zeitpunkt und Art ihrer Ausführung in Anlehnung an für Beschäftigungsverhältnisse typische Weisungsrechte iS des § 106 GewO und damit eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts iS des § 315 BGB, ohne dass es einer Beschäftigung charakterisierenden Eingliederung in einen Betrieb bedarf (vgl BSG vom 17.12.2015 – B 2 U 1/14 R – SozR 4-2400 § 4 Nr 2 RdNr 22 f zur Eingliederung). Unschädlich ist, wenn es sich um eine geringfügige Tätigkeit handelt (vgl BSG vom 30.4.1979 – 8a RU 38/78 – BSG SozR 2200 § 539 Nr 57) oder dass der unterstützte Unternehmer eine solche Arbeitskraft nicht tatsächlich beschäftigt hatte (vgl BSG vom 5.3.2002 – B 2 U 9/01 R – Juris). Auch ist unerheblich, ob die in Betracht kommenden Personen von dem Unternehmen üblicherweise beschäftigt werden, sondern es genügt, dass sie nach Art der Tätigkeit beschäftigt werden könnten (s BSG vom 5.7.1994 – 2 RU 24/93 – SozR 3-2200 § 548 Nr 20 = NZS 1995, 81).
Als Unternehmer oder unternehmerähnlich wird eine Tätigkeit verrichtet, wenn die Handlungstendenz nicht auf die Belange eines fremden Unternehmens gerichtet ist, sondern der Verletzte in Wirklichkeit wesentlich allein eigenen Angelegenheiten dienen wollte und es somit an der fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung fehlt (vgl BSG vom 5.7.2005 – B 2 U 22/04 R – SozR 4-2700 § 2 Nr 6; BSG vom 28.5.1957 – 2 RU 150/55 – BSGE 5, 168, 174; BSG vom 20.1.1977 – 8 RU 38/76 – SozR2200 § 539 Nr 32 sowie BSG vom 13.9.1984 – 4 RJ 37/83 – BSGE 57, 146; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, § 2 RdNr 34.12). Unternehmer ist nach der gesetzlichen Definition in § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII derjenige, dem das Ergebnis seines Unternehmens unmittelbar zum Vor- und Nachteil gereicht. Für eine Unternehmerähnlichkeit ist hingegen kein Geschäftsbetrieb oder eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit erforderlich (BSG vom 10.3.1994 – 2 RU 20/93 – SozR 3-2200 § 539 Nr 28 – Amateurrennreiter). Für eine Unternehmerähnlichkeit spricht auch, wenn der Verletzte Tätigkeiten erbringt, die mit einem anderen Vertragstyp als mit einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis vergleichbar sind, zB mit einem Werkvertrag nach § 631 BGB oder bei Fehlen einer Vergütungsvereinbarung mit einem Auftrag mit Werkvertragscharakter (§ 662 BGB), weil dann dem Auftraggeber nicht die eigene Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, sondern ein Werk eigenverantwortlich hergestellt bzw ein konkreter Auftrag erledigt wird (s BSG vom 27.10.1987 – 2 RU 9/87 – HV-Info 3/1988, 213). Dasselbe gilt, wenn der jeweilige Verletzte die Ausführung des von ihm übernommenen im Wesentlichen frei planerisch gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen konnte (zuletzt BSG vom 19.06.2018 – B 2 U 32/17 R und vom 20.03.2018 – B 2 U 16/16 R).
Danach ist hier nicht von einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit des Beigeladenen auszugehen. Die Tätigkeit war im Hinblick auf die Zeit und die Art ihrer Ausführung nicht fremdbestimmt. Denn der Beigeladene unterlag bei dem Beritt des Pferdes der Klägerin keinen für Beschäftigungsverhältnisse typischen Weisungsrechten der Klägerin. Diese hatte den Zeitpunkt der Tätigkeit nicht einseitig bestimmt, sondern mit dem Beigeladenen einvernehmlich vereinbart. Unbeschadet dessen, ob sie dem Beigeladenen erklärt hat, welche konkreten Probleme sie mit ihrem Pferd hatte, oder ihm nur allgemein mitgeteilt hat, dass es Probleme gebe, hat die Klägerin dem Beigeladenen auch keine Weisungen im Hinblick auf die Art der Ausführung des Ritts erteilt. Sie hat den Beigeladenen – wie sie mehrfach betont hat – um Unterstützung bei der Ausbildung ihres Pferdes gebeten, weil dieser über höhere reiterliche Sachkunde als sie selbst verfügte, und ihm im Hinblick hierauf auch die Art der Ausführung des Ritts überlassen. Dass der Beigeladene dabei keinen Weisungen unterlag, wird auch dadurch deutlich, dass er zunächst die Empfehlung der Klägerin, aus Sicherheitsgründen ihren Protektor anzulegen, ignoriert und später nach seinem Sturz den Ritt ohne Absprache mit der Klägerin fortgesetzt hat. Die Klägerin hat überdies selbst vorgetragen, dass Korrekturberitt auf dem Markt von Unternehmern angeboten wird. Der Beigeladene hat der Klägerin auch nicht in erster Linie die eigene Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, sondern die Verrichtung ähnelte eher der Erledigung eines konkreten Auftrags, ohne dabei hinsichtlich der Durchführung an Weisungen gebunden zu sein. Für eine arbeitnehmerähnliche Verrichtung spricht auch nicht die Tatsache, dass der Beigeladene den Ritt auf dem Pferd der Klägerin absolviert hat. Dies ergibt sich naturgemäß aus dem Bestreben, mit dem Beritt die Rittigkeit dieses Pferdes zu verbessern und ist keinerlei Indiz für eine Arbeitnehmerähnlichkeit. Dies gilt gleichermaßen für die Zahlung eines Betrages von 30 EUR an den Beigeladenen. Denn dieses Merkmal lässt keine Unterscheidung zwischen einem arbeitnehmerähnlichen und einem unternehmerähnlichen Tätigwerden zu. Nach dem Gesamtbild ist daher die Tätigkeit von dem Beigeladenen nicht arbeitnehmerähnlich sondern eindeutig unternehmerähnlich verrichtet worden.
Fehlt es demnach bereits wegen des unternehmerähnlichen Tätigwerdens des Beigeladenen an einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung, so ist diese auch noch aus einem anderen Grund zu verneinen. Bestimmend für die Tätigkeit des Beigeladenen war auch seine allgemeine Freude am Reitsport und die besondere Herausforderung, die sich ihm bei dem Beritt im Hinblick auf die damit bezweckte Verbesserung der Rittigkeit des Pferdes der Klägerin stellte. Denn nach seinen Angaben im Senatstermin am 17.12.2019 hat der Beigeladene damals gelegentlich für Freunde den Beritt von Pferden übernommen, weil er selbst sehr gut reiten und Pferde auch gut bereiten konnte und weil es ihm – wie er auf die Frage des Senats nach der den Beritten zugrunde liegenden Motivation ausdrücklich erklärt hat – Spaß gemacht hat. Die Tätigkeit des Beigeladenen diente damit auch eigenen Angelegenheiten, nämlich seinem Vergnügen an dem Beritt und der damit verbundenen sportlichen Herausforderung, seine Fähigkeiten in Bezug auf eine Verbesserung der Rittigkeit von Pferden zu beweisen.
Werden zugleich eigenwirtschaftliche und fremdnützige Zwecke verfolgt (sog. Tätigkeit mit gemischter Motivationslage bzw. gespaltener Handlungstendenz) , muss abgewogen werden, welcher dieser Zwecke vorrangig ("wesentlich") ist (BSG SozR 4-2700 § Nr. 39 u. 48). Eine Verrichtung mit gemischter Motivationslage erfüllt dann den Tatbestand der versicherten Tätigkeit, wenn das konkrete Geschehen hypothetisch auch ohne die private Motivation vorgenommen worden wäre. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt (BSG v. 09.11.2010 – B 2 U 14/10 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 39 m. w. N.). Das ist hier nicht der Fall. Denn es ist nicht erkennbar, dass die Verrichtung in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung auch ohne die private Motivation des Handelns vorgenommen worden wäre.
Gegen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit spricht im Rahmen der Gesamtbetrachtung ergänzend auch der Gesichtspunkt, dass der Beigeladene die Verrichtung im Rahmen einer Sonderbeziehung zu der Klägerin erbracht hat. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung das Vorliegen einer Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs 2 SGB VII (bzw zuvor nach § 539 Abs 2 RVO) verneint, wenn die konkrete Tätigkeit ihr Gepräge durch eine Sonderbeziehung des Handelnden zu dem Unternehmer geprägt war (vgl hierzu auch zuletzt BSG vom 20.3.2018 – B 2 U 16/16 R mwN). Eine solche Sonderbeziehung, die eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit iS des § 2 Abs 2 SGB VII ausschließt, liegt bei Erfüllung gesellschaftlicher, insbesondere familiärer, freundschaftlicher, nachbarschaftlicher, mitgliedschaftlicher, gesellschaftsrechtlicher oder körperschaftlicher Art vor (vgl BSG vom 24.3.1998 – B 2 U 13/97 R – SozR 3-2200 § 539 Nr 41; BSG vom 20.4.1993 – 2 RU 38/92 – SozR 3-2200 § 539 Nr 25; BSG vom 25.10.1989 – 2 RU 4/89 – SozR 2200 § 539 Nr 134; BSG vom 5.8.1987 – 9b RU 18/86 – SozR 2200 § 539 Nr 123; BSG vom 29.1.1986 – 9b RU 68/84 – BSGE 59, 284, 287 = SozR 1500 § 45 Nr 2 = SGb 1986, 376, BSG vom 12.5.1981 – 2 RU 40/79 – BSGE 52, 11 = SozR 2200 § 539 Nr 81; BSG vom 26.10.1978 – 8 RU 14/78 – SozR 2200 § 539 Nr 49; BSG vom 31.7.1962 – 2 RU 110/58 – BSGE 17, 211, 216; BSG vom 31.1.1961 – 2 RU 173/58 – BSGE 14, 1, 3). Auch bei einer solchen "Sonderbeziehung" sind allerdings alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen, sodass die konkrete Verrichtung auch außerhalb dessen liegen kann, was im Rahmen enger Verwandtschafts- oder Freundschaftsbeziehungen selbstverständlich getan oder erwartet wird (BSG vom 27.3.2012 – B 2 U 5/11 R – Juris RdNr 57; vgl BSG vom 30.11.1962 – 2 RU 174/60 – BSGE 18, 143 = SozR Nr 33 zu § 537 RVO).
Die Klägerin und der Beigeladene kannten sich im Zeitpunkt des Geschehens seit vielen Jahren, beide gehörten auch demselben Reitverein an. Wie die Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht erklärt hat, war sie damals mit dem Kläger befreundet. Sie wusste auch, dass der Beigeladene ein sehr geübter und erfahrener Reiter war und gelegentlich für Freunde den Beritt von Pferden übernahm. Die Klägerin konnte daher erwarten, dass der Beigeladene ihrer Bitte um Unterstützung bei der Ausbildung ihres Pferdes nachkommen würde. Für den Beigeladenen wiederum stellte sich der gegen Zahlung eines geringen Betrages von 30 EUR übernommene Beritt, den er nach seinen Angaben im Senatstermin am 17.12.2019 nicht als gefährlich einschätzte, aufgrund seiner sehr guten Reitkenntnisse und seines Fachwissens hinsichtlich des Beritts von Pferden als übliche Hilfeleistung unter Reiterfreunden dar. Dass diese Tätigkeit das in der Beziehung der Klägerin zu dem Beigeladenen Erwartbare überschritten hat, ist daher nicht anzunehmen. Danach ist hier auch bei einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Aspekte eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII nicht gegeben.
Die Berufung ist demnach unbegründet, so dass sie zurückzuweisen ist. Demzufolge ist auch der Antrag der Klägerin auf Zurückverweisung der Streitsache an das Sozialgericht gegenstandslos.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht ersichtlich. Es handelt sich um einen Einzelfall, der auf der Grundlage der durch das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung geklärten Grundsätze zu lösen ist. Ob und wann eine Wie-Beschäftigung bei Reiterunfällen oder im Pferdesport vorliegt, ist stets im Einzelfall auf der Grundlage der höchstrichterlich entwickelten Grundsätze zu beantworten. Besondere klärungsfähige und -bedürftige Rechtsfragen im Grundsätzlichen stellen sich hier nicht.
Erstellt am: 16.06.2020
Zuletzt verändert am: 16.06.2020