Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.05.2014 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren noch über die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung und über die Frage, ob auch ohne Räumungsklage ein Anordnungsgrund gegeben ist.
Die Antragstellerin ist bulgarische Staatsangehörige. Der Antragsgegner hat in der Vergangenheit wiederholt die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Hinweis auf die Ausschlussgründe nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. Nr. 1 u. 2 SGB II abgelehnt. Nachdem das Sozialgericht (SG) Dortmund mit Beschluss vom 15.11.2013 der Antragstellerin den Regelbedarf bis 31.03.2014 zuerkannt hat und dass Landessozialgericht (LSG) NRW mit Beschluss vom 27.12.2013 bis zum 31.03.2014 auch den Kranken- und Pflegeversicherungsschutz der Antragstellerin sichergestellt hat, lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen zuletzt mit Bescheid vom 19.02.2014 ab. Die Antragstellerin hat mit Antrag vom 15.04.2014 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beim SG geltend gemacht. Der Vermieter der Antragstellerin hat mit Schreiben vom 24.04.2014 wegen Zahlungsrückständen in Höhe von insgesamt 2.332,50 EUR bei einer monatlichen Warmendmiete in Höhe von 467,50 EUR die fristlose Kündigung ausgesprochen, hilfsweise fristgerecht nach § 573 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Das SG hat mit Beschluss vom 12.05.2014 im Hinblick auf den Regelbedarf im Rahmen der Folgenabwägung dem Antrag stattgegeben. Im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung hingegen hat das SG den Antrag abgelehnt und sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zum Anordnungsgrund berufen. Ein Anordnungsgrund sei danach erst ab Zustellung der Räumungsklage durch den Vermieter anzunehmen. Die Belange des Mieters würden gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB hinreichend geschützt.
Gegen den am 14.05.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 12.06.2014 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Sie ist der Ansicht, dass Zuwarten auf die Räumungsklage schütze den Wohnungsbestand nicht ausreichend. Betroffene warteten unter Umständen die Räumungsklage nicht ab. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB sei nicht anwendbar auf die ordentliche Kündigung. Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Erwiderungsfrist im Räumungsverfahren gemäß § 276 Zivilprozessordnung (ZPO) von zwei Wochen versäumt würde; insbesondere aufgrund der Sprachbarriere. Bei einer verspäteten Übernahmeerklärung durch den Leistungsträger käme es dann nur noch auf die Kulanz des Vermieters an, ob das Mietverhältnis fortgesetzt werden würde. Auf die Rechtzeitigkeit der Erklärung des Antragsgegners habe ein Antragsteller keinen Einfluss. Deshalb müsse zur Wahrung des effektiven Rechtsschutzes bereits bei Ausspruch der fristlosen Kündigung auch Unterkunftskosten zur Vermeidung unzumutbarer und irreparabler Nachteile übernommen werden. Andernfalls wäre das soziokulturelle Existenzminimum, das auch die Kosten der Unterkunft erfasse, verletzt. Die bisherige Spruchpraxis zum Anordnungsgrund dürfe nicht länger aufrechterhalten bleiben.
Die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Dortmund vom 12.05.2014 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für die Zeit vom 16.04.2014 bis 30.09.2014 längstens bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 19.02.2014 auch die Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 467,50 EUR für die Wohnung, Mieternummer: 000, B-straße 00 in C zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Das SG hat zu Recht mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 12.05.2014 weitergehender Ansprüche auf Übernahme der Kosten für die Unterkunft und Heizung abgelehnt.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 -1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5,237 = NVwZ 2005, Seite 927¸ Keller in: Meyer-Ladewig u.a., Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012 zu § 86 b Rn. 29 a).
Die Entscheidung des SG vom 12.05.2014, nach der Leistungen für die Unterkunft und Heizung mangels Anordnungsgrund im Eilverfahren nicht zu gewähren sind, ist nicht zu beanstanden. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angegriffenen Beschluss verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Der Senat hält an der bisherigen Spruchpraxis aller Fachsenate des LSG NRW fest, dass die erforderliche Eilbedürftigkeit erst bei einer aktuellen Gefährdung der Unterkunft vorliegt, die regelmäßig frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen ist (LSG NRW, Beschluss vom 13.06.2013 – L 7 AS 1450/12 B; LSG NRW, Beschluss vom 10.05.2013 – L 7 AS 295/13 B ER; LSG NRW, Beschluss vom 14.01.2013 – L 2 AS 2189/12 B ER; LSG NRW, Beschluss vom 19.12.2013 – L 2 AS 2210/13 B ER; LSG NRW, Beschluss vom 10.09.2013 – L 2 AS 1541/13 B ER; LSG NRW, Beschluss vom 29.05.2012 – L 19 AS 957/12 B ER; LSG NRW, Beschluss vom 16.05.2012 – L 6 AS 725/12 B ER; LSG NRW, Beschluss vom 13.01.2012 – L 12 AS 2084/11 B ER). Die Rechte eines Antragstellers sind auch nach Zustellung der Räumungsklage durch § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB hinreichend geschützt. Denn selbst für den Fall einer fristlosen Kündigung und einer sich anschließenden Räumungsklage kann die Kündigung noch abgewendet werden. Für den Fall der Räumungsklage enthält § 22 Abs. 9 SGB II Regelungen zur Sicherung der Unterkunft. So ist das Amtsgericht nach dieser Vorschrift verpflichtet, dem Grundsicherungsträger unverzüglich Tatsachen und näher bezeichnete Einzelheiten einer Räumungsklage nach der Kündigung von Wohnraum wegen Zahlungsverzuges mitzuteilen. Dies dient der Prävention von Obdachlosigkeit und soll es den Leistungsträgern ermöglichen, auch unabhängig von einem Antrag zu prüfen, ob die Kündigung durch Übernahme der Mietrückstände abzuwenden ist. Denn gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB wird eine Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (LSG NRW, Beschluss vom 13.06.2013 – L 7 AS 1450/12 B).
Die Notwendigkeit zur Abweichung im Einzelfall ist nicht ersichtlich. Der Senat lässt offen, ob es auf die individuellen Fähigkeiten des Einzelnen ankommt bzw. ankommen kann. Bei der Antragstellerin kann nach summarischer Prüfung mangelnde Sprachkenntnis jedenfalls nicht erkannt werden. Die Antragstellerin hat bereits zwei Deutschkurse (Niveaustufe A1.1 und Niveaustufe A1.2) absolviert. Auch das Recht zur Inanspruchnahme anwaltlichen Beistands ist der Antragstellerin offensichtlich hinreichend bekannt.
Die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe beruht auf §§ 73a SGG, 114 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 05.08.2014
Zuletzt verändert am: 05.08.2014