Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 6.6.2012 geändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in dem Zeitraum vom 8.6.2009 bis zum 16.6.2009 wegen dessen Tätigkeit als Krankenpfleger auf der "Interdisziplinären Intensivstation" der Beigeladenen zu 1).
Der Kläger ist ausgebildeter Krankenpfleger und absolvierte erfolgreich die berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme "Pflegemanagement/Pflegedienstleitung einer stationären oder ambulanten Akten- und Altenpflegeeinrichtung" an der Berufsakademie für Altenpflege und Krankenpflege E (Zertifikat vom 29.4.2002). Seit dem 1.4.2004 ist er berechtigt, die Weiterbildungsbezeichnung "Fachkrankenpfleger für Intensivpflege und Anästhesie" zu führen (Urkunde des Landrates des P Kreises vom 1.4.2004). Mit Zertifikat vom 17.3.2014 hat die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. dem Kläger die Weiterbildungsbezeichnung "Atmungstherapeut" verliehen.
Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um einen Träger verschiedener Gesundheitseinrichtungen im südwestlichen Raum des Bundesgebietes. Neben Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen unterhält sie am Standort S zur Sicherstellung der regionalen Versorgung der Bevölkerung das I-Klinikum S mit etwa 150 Betten, in dem u.a. eine Interdisziplinäre Intensivstation vorgehalten wird. Diese verfügt über sechs Betten, von denen im Regelfall vier von dem Fachbereich "Innere Medizin" der Klinik und zwei Betten von den operativen Fachbereichen genutzt werden. In dem Klinikalltag auf der interdisziplinären Intensivstation der Beigeladenen zu 1) ist gewährleistet, dass stets zwei Pflegekräfte anwesend sind, wobei eine dieser beiden Kräfte über ein Fachexamen oder eine mindestens langjährige Erfahrung verfügt. Im Falle eines auftretenden medizinischen Interventionserfordernisses rufen die Pflegekräfte einen Arzt herbei. Zudem erfolgen auf der Station zweimal täglich ärztliche Visiten, die gemeinsam mit dem dem jeweiligen Patienten zugewiesenen Intensivpfleger durchgeführt werden und bei denen die ärztlichen Behandlungs- und Therapieziele sowie pflegerischen Maßnahmen abgestimmt werden. Soweit es um nicht vorwiegend ärztliche Fragestellungen geht, erfolgen die Zielabstimmungen mit den Pflegekräften gemeinsam. Die Beigeladene zu 1) ist Mitglied des "QuMiK"-Klinikverbundes, dessen Aufgabe in der Weiterentwicklung der Qualität und des Managements in kommunalen Krankenhäusern liegt.
Der Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 12.3.2009 mit, er beabsichtige, ab Mai 2009 eine selbständige Tätigkeit als Krankenpfleger aufzunehmen. Er werde diese Tätigkeit hauptberuflich vorwiegend in stationären und ambulanten Einrichtungen ausüben. Mit bei der Beklagten am 20.4.2009 eingegangenem Schreiben vom 6.4.2009 beantragte er unter Vorlage eines Formularfragebogens die Freistellung von der Rentenversicherungspflicht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Formularantrages Bezug genommen.
Ab Juni 2009 nahm der Kläger als registrierter Nutzer die Leistungen der Pflegepersonalbörse "I Vermittlungsdienst" in Anspruch und stellte auf der seinerzeit von dem Vermittlungsdienst betriebenen Internetplattform (www.pflegepersonalboerse.de) ein Dienstleistungsangebot mit der Tätigkeitsbezeichnung "Intensivpflegepersonal mit Fachexamen" für "alle Dienste (8.0 Std./Tag)" ein.
Die Beigeladene zu 1) buchte sodann den Kläger für den Zeitraum vom 8.6.2009 bis zum 21.6.2009 für eine Tätigkeit auf ihrer Intensivstation. Im Anschluss an die Übermittlung der Buchungsbestätigung stimmte der Kläger mit der Pflegedienstleitung der Beigeladenen zu 1) Einzelheiten der konkreten Einsatzplanung ab. In diesen, seiner Tätigkeit für die Beigeladenen zu 1) vorangegangenen Gesprächen stand es dem Kläger offen, seine individuellen zeitlichen Vorstellungen betreffend die von ihm avisierten Einsatzzeiten zu formulieren; zugleich skizzierte die Pflegedienstleitung der Beigeladenen zu 1) hinsichtlich einzelner Einsatztage ihre Wunschvorstellungen. Nachdem der Kläger und die Pflegedienstleitung der Beigeladenen zu 1) die Einsatzplanung mündlich abgestimmt hatten, entwarf Letztere unter Einbeziehung und Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen und tariflichen Einsatzmöglichkeiten ihrer fest angestellten Pflegekräfte einen schriftlichen Dienstplan, der durch Aushang im Personalraum der Intensivstation bekannt gemacht und von dem Kläger – nach entsprechender Kenntnisnahme am ersten Einsatztag – als verbindliche Dienstplanung zugrunde gelegt wurde.
Zu Beginn des ersten Einsatztages des Klägers am 6.6.2009 erfolgte eine Einweisung und Übergabe auf der Station, in deren Rahmen dem Kläger ein Überblick über die auf der Station befindlichen Patienten vermittelt wurde. Anlässlich dieser Einweisung wurde über die Zuordnung der Pflegekräfte zu den Patienten entschieden, wobei es der Klinikpraxis der Beigeladenen zu 1) entspricht, dass eine – von ihr als selbständige Pflegekraft betrachtete – Einsatzkraft bei der Auswahl der zu betreuenden Patienten ein "erstes Zugriffrecht" geltend machen kann. Nach personeller Zuweisung der Patienten erfolgte sodann im Rahmen eines weiteren Übergabegesprächs zwischen der übergebenden und übernehmenden Pflegekraft ein Bericht über detaillierte Patienteninformationen.
Die nach Maßgabe der abgestimmten Personaleinsatzplanung erbrachten Dienste rechnete der Kläger unter dem 16.6.2009 sowie dem 18.6.2009 der Beigeladenen zu 1) gegenüber ab, wobei er bei der Ermittlung der abrechnungsfähigen Tagessumme entsprechend seiner zuvor auf der Internetplattform dargelegten Vergütungskonditionen pro Einsatztag jeweils eine nicht vergütungsfähige Pause von 30 min und für Tätigkeitszeiten nach 20.00 Uhr sowie für die Tätigkeit am 14.6.2009, einem Sonntag, einen Zuschlag von 10% des "Grundstundensatzes" von 30,00 EUR berücksichtigte. Für die Tätigkeit am 11.6.2009 (Fronleichnam) berechnete der Kläger einen Feiertagszuschlag von 20% des Grundstundensatzes.
Mit Abschluss des Dienstes am 16.6.2009 endete die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) aus persönlichen Gründen vorzeitig, weshalb eine Berechnung von Leistungen für die Zeit vom 17.6.2009 bis zum 21.6.2009 nicht erfolgte.
Mit bei der Beklagten am 28.7.2009 eingegangenem Antrag vom 24.7.2009 beantragte der Kläger die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status für die ab dem 8.6.2009 ausgeübte Tätigkeit. Er gab an, eine Tätigkeit als "freiberuflicher Krankenpfleger IPS" u.a. für die Auftraggeber "KH S" und "KH T" ausüben zu wollen. Die Tätigkeit werde nach der "Stellenbeschreibung Krankenpflege" des jeweiligen Krankenhauses wahrgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Formularantrages Bezug genommen.
Nach vorheriger schriftlicher Anhörung vom 23.9.2009 stellte die Beklagte mit – dem Kläger sowie der Beigeladenen zu 1) bekannt gegebenen – Bescheiden vom 7.12.2009 fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Krankenpfleger für die Beigeladene zu 1) ab dem 8.6.2006 "im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses" ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit Aufnahme der Beschäftigung.
Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche die Ausübung der Tätigkeit am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1), ohne dass inhaltliche Unterschiede zu der Ausgestaltung der Tätigkeit der festangestellten Mitarbeiter erkennbar seien. Zudem gebe die Beigeladene zu 1) den Tagesablauf vor und erteile dem Kläger verbindliche Anweisungen betreffend die Ausübung der Tätigkeit. Schließlich seien die Dienstzeiten durch die Beigeladene zu 1) vorgegeben. Während der Tätigkeit sei der Kläger in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert, was sich durch die Bereitstellung der Dienstkleidung durch den Auftraggeber ebenso nach außen dokumentiere wie durch den Umstand, dass der Kläger die Tätigkeit gemeinsam mit deren festangestellten Mitarbeitern ausübe. Ein wesentliches unternehmerisches Risiko des Klägers sei nicht ersichtlich, da die Vergütung nach festgelegten Stundensätzen erfolge, die ein eigenes Gewinn- und Verlustrisiko des Klägers nicht erkennen lasse. Einen höheren Gewinn könne der Kläger nur durch Mehrarbeit verwirklichen. Auftretende Schwankungen gezahlter Honorare seien mit dem Entgeltrisiko vergleichbar, das stundenweise beschäftigte Arbeitnehmer gleichfalls zu tragen hätten. Dass der Kläger zur Aufnahme der Tätigkeit ein eigenes Fahrzeug einsetze sowie auf eigene Rechnung Kraftstoff und Arbeitskleidung erwerbe, schließe das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses gleichfalls nicht aus, da ein Kostenaufwand in diesem Rahmen auch bei Arbeitsverhältnissen nicht unüblich sei.
Zwar spreche für eine selbständige Tätigkeit des Klägers dessen Befugnis, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden sowie das Fehlen von Regelungen hinsichtlich eines etwaigen Urlaubs- und Entgeltfortzahlungsanspruchs. Nach der gebotenen Gesamtabwägung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen jedoch die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale. Soweit der Kläger im Anhörungsverfahren vorgetragen habe, die Tätigkeit des Krankenpflegers sei dem Katalogberuf eines Krankengymnasten i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) "ähnlich", er sei nicht verpflichtet, bestimmte Arbeitszeiten einzuhalten, unterliege keinen Weisungen des Auftraggebers und im Fall der Schlechtleistung sei die Beendigung des Auftrags möglich, führten diese Umstände im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller abgrenzungsrelevanter Kriterien nicht zu einer anderen sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Bescheide der Beklagten vom 7.12.2009 Bezug genommen.
Gegen diese Bescheide erhoben der Kläger am 22.12.2009 und die Beigeladene zu 1) am 23.12.2009 Widerspruch. Der Kläger bekräftigte, die Tätigkeit als selbständiger Krankenpfleger werde seiner Ansicht nach einkommensteuerrechtlich als ein einem Katalogberuf i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG "ähnlicher Beruf" verstanden und seitens des Gesetzgebers als selbständige Tätigkeit qualifiziert. Ohnehin überwögen die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmale. So treffe ihn – entgegen der Annahme der Beklagten – ein unternehmerisches Risiko, da eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gewährt werde. Dies spreche nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) für Selbständigkeit.
Zur weiteren Darlegung der Rahmenumstände seiner Tätigkeit reichte der Kläger ergänzend eine Kopie eines – von seiner Bevollmächtigten allerdings erst im Anschluss an die streitige Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) entworfenen – "Dienstleistungsvertrages" zu den Verwaltungsakten.
Mit an den Kläger und die Beigeladene zu 1) adressierten Bescheiden vom 17.3.2010, auf deren Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, änderte die Beklagte die Verwaltungsakte vom 7.12.2009 ab und stellte nunmehr fest, dass in der von dem Kläger für die Beigeladene zu 1) ausgeübten Beschäftigung als Krankenpfleger Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Versicherungspflicht des Klägers beginne am 8.6.2009.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.8.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Vertiefung der Ausführungen des Ausgangsbescheides zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Der Kläger übe keinen einem Katalogberuf i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG "ähnlichen Beruf" aus, da er weder Heilpraktiker noch Krankengymnast sei; vielmehr werde als Intensivpfleger in einem Krankenhaus tätig. An einer "Ähnlichkeit" des Berufes fehle es schon deshalb, weil der Kläger keine heilkundliche Tätigkeit, sondern eine pflegerische Leistung erbringe. Ohnehin sei die steuerrechtliche Bewertung für eine Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers nicht verbindlich und könne allenfalls als Indiz gewertet werden.
Mit der am 9.9.2010 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren unter Vertiefung seiner Ausführungen im Vorverfahren weiterverfolgt. Er hat ergänzend auf eine Statusbeurteilung der Beklagten betreffend eine Krankenschwester im Operationsdienst verwiesen, in der sie eine selbständige Tätigkeit angenommen habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.7.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2010 zu verurteilen, festzustellen, dass er bei der I Klinik nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist dem Vorbringen des Klägers entgegen getreten und hat zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide Bezug genommen. Der Kläger werde aushilfsweise auf einer Intensivstation in einem Krankenhaus tätig und verstärke dort den Personalstamm aus angestellten Krankenschwestern und -pflegern. Soweit die Beigeladene zu 1) betone, sie wolle nicht auf den Einsatz besonders qualifizierter Pflegekräfte verzichten, die sie nach eigener Bekundung nur als freie Mitarbeiter akquirieren könne, stehe es ihr frei, solche Kräfte einzusetzen. Aus diesem unternehmenspolitischen Motiv lasse sich jedoch keine selbständige Tätigkeit des Klägers ableiten. Maßgeblich sei, dass Letzterer die Mitarbeiter im Klinikalltag als Aushilfe unterstütze.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 1) hat sich dem Vorbringen des Klägers angeschlossen und gemeint, dass nach der Rechtsprechung für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung insbesondere die Souveränität des Klägers, über dessen Arbeitszeit entscheiden zu dürfen, maßgeblich sei. Dieser könne frei bestimmen, zu welchem Zeitpunkt er tätig zu werden beabsichtige. Die von ihr beauftragten freien Mitarbeiter seien nicht an feste Arbeitszeiten gebunden; vielmehr vereinbarten sie mit der Stationsleitung die Tätigkeitszeiträume einvernehmlich. Sie – die Beigeladene zu 1) – könne gerade wegen der spezifischen Besonderheiten des regionalen Arbeitsmarktes in der Grenznähe zur Schweiz, wo für beschäftigte Pflegekräfte ein wesentlich attraktiveres Lohnniveau vorherrsche, auf die besonders qualifizierten externen Pflegekräfte nicht verzichten.
Das SG hat die Beteiligten am 30.1.2012 im Rahmen eines Erörterungstermins angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der stellvertretenden Pflegedienstleiterin der Beigeladenen zu 1), Frau G. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 30.1.2012 Bezug genommen.
Mit Urteil vom 6.6.2012 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 24.7.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2010 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 8.6.2009 bis zum 16.6.2009 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 19.6.2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit dem bei dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen am 5.7.2012 eigegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Soweit das SG argumentiere, die Tätigkeit des Klägers sei in selbständiger Form ausgeübt worden, weil er von Fall zu Fall darüber habe entscheiden dürfen, ob und in welchem Umfang er tätig werden wolle, sei dem nicht zu folgen. Zwar könne die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, als Indiz auf eine selbständige Tätigkeit hindeuten, weil der Betroffene insoweit den Umfang seiner Tätigkeit bestimme; jedoch seien auch im Rahmen abhängiger Beschäftigung in der Praxis Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es einem Arbeitnehmer weitgehend überließen, ob er im Anforderungsfall tätig werde oder ein konkretes Arbeitsangebot ablehne. Auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder in Vertretungssituationen lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen werde, könne dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen. Nehme der Betroffene das ihm angetragene Angebot jedoch an und übe er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb aus, werde er nicht allein wegen der ihm grundsätzlich eingeräumten Ablehnungsmöglichkeit zu einem selbständig Tätigen.
Dem SG könne auch nicht gefolgt werden, soweit es gemeint habe, der Kläger sei nicht in die Betriebsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen, weil er nicht als deren Mitarbeiter aufgetreten sei und sich den Patienten als freier Mitarbeiter vorgestellt habe. Maßgeblich für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses sei der Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befinde. Beschäftigter im sozialversicherungsrechtlichen Sinne sei, wer eine vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von einem Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringe. Diese Eingliederung in eine fremde Organisation zeige sich u.a. darin, dass der Beschäftigte dem Weisungsrecht seines Vertragspartners unterliege, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffe. Gerade bei Diensten höherer Art könne die Weisungsgebundenheit zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Auf dieser Grundlage habe das BSG sogar die Tätigkeit eines Chefarztes einer gynäkologischen Abteilung eines Kreiskrankenhauses als Beschäftigung qualifiziert (BSG, Urteil v. 23.10.1970, 2 RU 6/69). Das LSG Hamburg habe gleichfalls mit Urteil vom 18.5.2004 (L 1 KR 80/04) die Tätigkeit einer Pflegekraft als abhängige Beschäftigung gewertet.
Nichts anderes könne für die Tätigkeit eines Intensivkrankenpflegers gelten. Die dieser Berufsgruppe zugewiesenen Aufgaben schlössen eine freie Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie eine im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit schlechthin aus. Diese Tätigkeit lasse sich allein im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringen, wobei bereits der Art der Tätigkeit enge Weisungen betreffend Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Ausführung wesensimmanent seien. Dementsprechend habe der Kläger selbst erklärt, sein Tätigkeitsfeld sei genauso gestaltet und strukturiert wie das eines fest angestellten Krankenpflegers einer Intensivstation. Auch die Tagesabläufe und internen Weisungen würden in gleicher Weise abgearbeitet, wie es auch bei fest angestellten Krankenpflegern der Fall sei.
Für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses spreche zudem, dass der Behandlungsvertrag ausschließlich zwischen der Beigeladenen zu 1) und ihren Patienten zustande komme. Eine gesonderte Abrechnung der von dem Kläger erbrachten Leistungen gegenüber den Patienten sei rechtlich ohnehin nicht zulässig, weil Vertragspartner ausschließlich Krankenhäuser oder Vertragsärzte seien. Folglich hafte auch im Außenverhältnis bei etwaigen Behandlungsfehlern des Klägers allein die Beigeladene zu 1). Letztere sei als Leistungserbringer schließlich für die Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsmanagements verantwortlich (§ 135a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]).
Da die Beigeladene zu 1) verpflichtet sei, für ihre Mitarbeiter Fortbildungen sicherzustellen, sei nicht nachvollziehbar, wie der Kläger – ohne seinerseits zur Teilnahme an den Fortbildungen verpflichtet zu sein – für die Umsetzung und Durchführung des Qualitätsmanagements zuständig sein könne. Sowohl bei der Haftungsfrage als auch beim Qualitätsmanagement handele es sich um hoch sensible Bereiche, die nicht nur für das Image einer Intensivklinik relevant, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht von erheblicher Bedeutung seien. Ihre Aufgaben könne die Beigeladene zu 1) nur erfüllen, wenn sie die jeweiligen Handlungsprozesse verantwortlich steuere, was jedoch die Möglichkeit der Erteilung von Weisungen gegenüber den Pflegekräften unabdingbar einschließe.
Schließlich werde ihre, der Beklagten, statusrechtliche Beurteilung zugunsten eines Beschäftigungsverhältnis von den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger geteilt; insoweit verweist sie auf das Besprechungsergebnis des GKV-Spitzenverbandes, der DRV Bund sowie der Bundesagentur für Arbeit vom 8./9.5.2012 über die versicherungsrechtliche Beurteilung von zeitlich begrenzt eingesetzten Pflegepersonen in Krankenhäusern, Alten- oder Pflegeheimen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 6.6.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er tritt dem Berufungsvorbringen entgegen und verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen und dessen Vertiefung. Seine Rechtsauffassung werde auch durch eine Entscheidung des SG München vom 4.9.2012 bestätigt.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Der Senat hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 23.7.2014 erörtert und Beweis erhoben durch erneute Vernehmung der Zeugin G. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Zudem hat der Senat die Dienstpläne der Beigeladenen zu 1) für den Monat Juni 2009 beigezogen und deren Inhalt zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung, zu dem trotz ordnungsgemäßer Terminsnachricht Vertreter der Beigeladenen zu 2) bis 4) nicht erschienen sind, hat der Senat den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch zeugenschaftliche Vernehmung des Facharztes für Innere Medizin, Dr. K sowie der Leiterin der Intensivstation der Beigeladenen zu 1), Frau N. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit ordnungsgemäßen Terminsmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie am 5.7.2012 form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1, Abs. 3, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 19.6.2012 zugestellte Urteil des SG Köln vom 6.6.2012 ist begründet.
In der Fassung, wie diese sie durch den Bescheid vom 17.3.2010 erlangt haben, beschweren die angefochtenen Bescheide den Kläger nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil sie nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat im Rahmen des keiner Sperrwirkung unterworfenen Statusfeststellungsverfahrens weder unzulässig isoliert eine regelnde Entscheidung über das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnis des Klägers getroffen (dazu 1.), noch ist die Feststellung der Beklagten, wonach der Kläger in der ab dem 8.6.2009 ausgeübten Tätigkeit als Krankenpfleger bei der Beigeladenen zu 1) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag, zu beanstanden (dazu 2.).
1. Gem. § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.
a) Die Beklagte war zunächst nicht gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 a.E. SGB IV an der Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens gehindert, obgleich der Kläger vor dessen formaler Einleitung (Antrag vom 28.7.2009) bereits mit bei der Beklagten am 20.4.2009 eingegangenem Schreiben beantragt hatte, ihn als Existenzgründer von der Rentenversicherungspflicht freizustellen. Das durch den Antrag des Klägers vom 20.4.2009 eingeleitete Verfahren ist nicht von der Einzugsstelle oder einem anderen Versicherungsträger mit dem Ziel der Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet worden. Zudem konnte der Antrag vom 20.4.2009 eine Sperrwirkung für die Durchführung eines Verfahrens nach § 7a Abs. 1 SGB IV auch deshalb nicht auslösen, weil ein durch Auftragnehmer und Auftraggeber gekennzeichnetes und einer Statusfeststellungsentscheidung nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV zugängliches Auftragsverhältnis erst mit bei der Beklagten am 28.7.2009 eingegangenem Antrag konkretisiert worden ist.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R; Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R) ist innerhalb eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eine isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV nicht zulässig, da das Tatbestandsmerkmal des (Nicht-) Vorliegens einer Beschäftigung einer isolierten Bestätigung durch einen – feststellenden – Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch) grundsätzlich nicht zugänglich ist.
Obgleich der erkennende Senat dieser – auf den Wortlaut des § 7a Abs. 1 SGB IV, dessen Sinn und Zweck, seiner systematischen Stellung und seiner Entstehungsgeschichte gestützten – Auslegung bereits gefolgt ist (u.a. Urteil v. 18.12.2013, L 8 R 683/13; Urteil v. 21.5.2014, L 8 R 665/14), bedurfte es vorliegend insoweit keiner Aufhebung durch eine gerichtliche Sachentscheidung. Die Beklagte hat die in dem Verfügungssatz ihres Bescheides vom 7.12.2009 noch enthaltene unzulässige Feststellung, der Kläger übe die Tätigkeit als Krankenpfleger bei der Beigeladenen zu 1) "im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses" aus, durch den nach § 86 SGG bereits zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gewordenen Bescheid vom 17.3.2010 wirksam zugunsten der Feststellung einer Versicherungspflicht in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung abgeändert.
2. Die Feststellung der Beklagten, dass der Kläger in der ab dem 8.6.2009 für die Beigeladene zu 1) ausgeübten Tätigkeit als Krankenpfleger der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag, ist nicht zu beanstanden.
Personen die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI] bzw. § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr.; vgl. zum Ganzen, z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11 [juris]; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Bei der Feststellung des Gesamtbildes kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R [juris]; BSG SozR 4-2400, § 7 Nr. 7 Rn. 17; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild der bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R = SozR 3-2004 § 7 Nr. 19; Urteil v. 24.1.2007, B 12 KR 31/06 R = SozR 4-2004 § 7 Nr. 7; jüngst: BSG, Urteile v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R und B 12 KR 25/10 R).
Diese Grundsätze sind auch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der im vorliegenden Rechtsstreit zu beurteilenden Tätigkeit als Krankenpfleger in der Intensivmedizin maßgeblich. Dass nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI – allerdings vorwiegend aufgrund einer Anordnung bzw. Verordnung eines Heilkundigen (Arzt, Heilpraktiker) tätig werdende – Pflegepersonen selbständig sein können, führt nicht dazu, die Grundsätze zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit für die Beurteilung der Tätigkeit in der Krankenpflege zu suspendieren (so auch LSG Hamburg, Urteil v. 10.12.2012, L 2 R 13/09, juris, Rn. 35).
Ebenso wenig wird die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung durch die steuerrechtliche Bewertung determiniert, da zwischen arbeits- und sozialrechtlicher Einordnung einerseits und ihrer steuerrechtlichen Behandlung andererseits keine wechselseitige Bindungswirkung besteht (etwa BSG, Urteil v. 28.8.1961, 3 RK 57/57; BFH, Beschluss v. 17.10.2003, V B 80/03). Daher kann der Senat im Ergebnis offen lassen, ob die Tätigkeit eines Krankenpflegers auf der Intensivmedizin eines Krankenhauses – wie der Kläger meint – einkommensteuerrechtlich nach § 18 Abs. 1 Satz 2 EStG als freiberufliche Tätigkeit zu qualifizieren ist.
Unter Zugrundelegung der dargestellten maßgebenden Kriterien für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit hat der Senat nach Auswertung und Abwägung sämtlicher abgrenzungsrelevanter Indizien die Überzeugung gewonnen, dass die für die Beigeladene zu 1) ausgeübte Tätigkeit des Klägers in dem Zeitraum vom 8.6.2009 bis zum 16.6.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden ist. Der Kläger hat bei Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) deren Weisungen unterlegen. Demgegenüber treten die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Indizien im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung zurück.
a) Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ist das praktizierte Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es sich aus den getroffenen Vereinbarungen ergibt und/oder der gelebten Beziehung erschließen lässt.
Die Grundlage der Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 8.6.2009 bis zum 16.6.2009 bildete – was der Kläger ausdrücklich bekundet hat – nicht der von seiner Bevollmächtigten entworfene und zu den Akten gereichte "Dienstleistungsvertrag", sondern die Buchung seines auf der Internetplattform der Vermittlungsbörse für Pflegekräfte eingestellten Dienstleistungsangebotes durch die Beigeladene zu 1).
Hiernach sind die Beigeladene zu 1) und der Kläger übereingekommen, dass Letzterer in dem Zeitraum vom 8.6.2009 bis zum 21.6.2009 als "Intensivpflegepersonal mit Fachexamen" für die Beigeladene zu 1) tätig werden sollte. Grundlage der Vereinbarung war eine von dem Kläger angebotene Einsatzmöglichkeit für "alle Dienste" im Umfang von acht Stunden täglich. Hinsichtlich der Vergütung bestand Einvernehmen, dass der Kläger eine Vergütung in Höhe von 33,00 EUR pro Stunde einschließlich einer Vermittlungsprovision für den Vermittlungsdienst (3,00 EUR) beanspruchen kann. Als Zuschläge sind für Samstage, Sonntage sowie für Nachtarbeit 3,00 EUR, für Feiertage 6,00 EUR pro Stunde vereinbart worden, für Spesen 15,00 EUR, alternativ freie Unterkunft und Verpflegung.
b) Auf dieser Grundlage ist der Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum in einem fremden Betrieb, nämlich dem der Beigeladenen zu 1) tatsächlich tätig geworden. Nach Annahme des Auftrags der Beigeladenen zu 1) unterlag er einem zumindest die Art der Ausführung der Tätigkeit umfassenden Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1). Hinsichtlich Ort und Zeit der Tätigkeit liegen jedenfalls keine Umstände vor, die entscheidend für eine Weisungsfreiheit des Klägers sprechen würden.
aa) Was den Ort der Tätigkeit des Klägers angeht, so war diese kraft Natur der Pflegetätigkeit auf der interdisziplinären Intensivstation der Beigeladenen zu 1) zu verrichten. Dies spricht zwar noch nicht zwingend für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Andererseits fehlte es aber am für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Vorliegen einer eigenen Betriebsstätte [dazu unter d) aa)].
bb) Hinsichtlich der Arbeitszeit hatte der Kläger zwar bei der Einstellung seines Dienstleistungsangebotes in der Pflegepersonalbörse eine Dispositionsfreiheit bei der Frage, in welchen Tätigkeitszeiträumen er seine Dienste anbietet. Diese grundsätzliche Freiheit haben jedoch – worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat – auch Arbeitnehmer, die entscheiden können, wann sie ihre Tätigkeit anbieten möchten. Jedenfalls als Ergebnis der zwischen dem Kläger und der Pflegedienstleitung der Beigeladenen zu 1) geführten Gespräche bestanden festgelegte Dienstzeiten, die in einen seitens der Pflegedienstleitung entworfenen und auch vom Kläger als verbindlich anerkannten Dienstplan einflossen. Hierzu hat der Kläger selbst erklärt, er habe zu Beginn seiner Tätigkeit auf dem Dienstplan nachgeschaut, für welche Schichten er eingeplant worden ist. Welche genauen Dienstzeiten sich hinter den jeweiligen Schichten verbargen, hat er mit der Pflegedienstleitung besprochen. Die Annahme, nach der Vereinbarung konkreter Dienstschichten sei die Tätigkeitszeit für den Kläger disponibel gewesen, ist angesichts der Notwendigkeit einer kontinuierlichen Pflege der Patienten aus Sicht des Senats geradezu lebensfremd.
Dass bei der zeitlichen Planung der Dienste besondere Rücksicht auf die Interessen des Klägers genommen wurde, spricht gleichfalls nicht entscheidend gegen die Annahme einer Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht. Eine dahingehende Rücksichtnahme auf individuelle Wünsche zur zeitlichen Einsatzplanung ist auch bei (sonstigen) beschäftigten Pflegekräfte in der modernen Arbeitswelt ohne weiteres vorstellbar. Auch bei der Einsatzplanung dieses Personenkreises werden regelmäßig in vertretbarem Umfang individuelle Interessen der Pflegekräfte, z.B. aus familiären Gründen (etwa dem Erfordernis der Kinderbetreuung), berücksichtigt.
cc) Vor allem aber hat der Kläger einem umfassenden Weisungsrecht in inhaltlicher Hinsicht unterlegen. So hat der Zeuge Dr. K zunächst ausgeführt, dass die auch vom Pflegepersonal und damit vom Kläger zu beachtenden Therapieziele vom ärztlichen Personal festgelegt würden. Dies gelte beispielsweise für die Festlegung der Medikamentierung und ihre Dosierung, des Zeitpunkts von In- oder Extubierung, die Frage der parenteralen oder enteralen Ernährung, im Wesentlichen auch für die Entscheidung über das Ob der Mobilisation. Soweit der Zeuge Dr. K Räume geringerem Weisungsumfangs im Verhältnis zu angestellten Pflegekräften beschrieben hat, beruhte dies zum einen auf deren geringerer Erfahrung. Dies spricht jedoch nicht entscheidend für Weisungsfreiheit, da auch bei angestellten Pflegekräften mit einer Erfahrung, die derjenigen des Klägers entspricht, weniger detaillierte Weisungen ausgesprochen werden müssen als bei noch unerfahrenen Pflegekräften. Entscheidend ist demgegenüber, dass der Zeuge Dr. K die Frage, ob er hinsichtlich des Umfangs seiner Intervention bei Feststellung eines pflegerischen Defizits einen Unterschied danach machen würde, ob es sich um eine selbständige oder abhängige Pflegekraft handele, mit den Worten "auf keinen Fall" verneint hat. Die von dem Zeugen Dr. K beschriebenen etwas größeren Spielräume der sog. "selbständigen" Pflegekräfte rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, Denn der Zeuge Dr. K hat auch ausgeführt, dass "selbständige" Pflegekräfte, die über mehrere Tage im Haus der Beigeladenen zu 1) tätig seien, die Abläufe kennen lernten und daraus die Erfahrung gewönnen, zu welchen Zeitpunkten welche pflegerischen Handlungen am günstigsten vorgenommen würden. Schließlich hat der Zeuge Dr. K auch dargelegt, dass sich die Dokumentationspflichten der als selbständige behandelnden Pflegekräfte von den unzweifelhaft angestellten Kräften nicht unterschieden. Auch die von dem Senat gehörte Zeugin N hat als Leiterin der Intensivstation der Beigeladenen zu 1) glaubhaft bekundet, dass sie sich, falls sie mit der Tätigkeit der "selbständigen Pflegekraft" unzufrieden sei, mit der Bitte an die Pflegedienstleitung wende, die entsprechende Pflegekraft nicht mehr zu buchen. Dies sei in der Vergangenheit auch durchaus praktiziert worden. Hieraus ergibt sich aus Sicht des Senats ohne Weiteres, dass der Kläger in einem solchen Maße einer Kontrolle durch die Stationsleitung unterworfen war, das die Annahme einer Weisungsgebundenheit rechtfertigt.
c) Zudem war der Kläger nach Annahme eines Auftrags der Beigeladenen zu 1) aber umfassend in deren Betrieb und damit eine ihm vom Weisungsgeber vorgegebene Ordnung eingegliedert (vgl. zu diesem Kriterium BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Rdnr. 17 m.w.N.).
aa) Der Kläger hat die vom Krankenhaus der Beigeladenen zu 1) in S bereitgestellte Infrastruktur nicht etwa zur Erbringung eigener Leistungen im eigenen Namen genutzt. Vielmehr ist der von der Beigeladenen zu 1) zur Erfüllung deren Verbindlichkeiten gegenüber ihren Patienten im Sinne funktionsgerecht dienender Teilhabe am therapeutischen Prozess eingesetzt worden. Dies ergibt sich für den Senat zum einen aus der vom Zeugen Dr. K beschriebenen Bindung des Pflegepersonals an ärztliche Weisungen, entspricht aber auch dem Selbstverständnis des Pflege- und Funktionsdienstes der Beigeladenen zu 1), das sich deren Webauftritt (www.xxx.de) nach in der Betreuung der Patienten als kompetenter Partner im therapeutischen Team versteht und mit allen Berufsgruppen und beteiligten Einrichtungen im Interesse der Patienten kooperiert. Das Erfordernis einer umfassenden Integration des gesamten Pflegepersonals in den organisatorischen Gesamtapparat ist dabei nicht nur, aber insbesondere dann unabdingbar, wenn – wie im vorliegenden Fall durch das schon der äußeren Bezeichnung nach dokumentierte Verständnis einer "interdisziplinären" Intensivstation – auf der Station verschiedene Akteure auf ärztlichem, pflegerischen und therapeutischem Gebiet personell zusammenwirken. Die umfassende und systematische Integration auch kurzzeitig eingesetzter Pflegekräfte in ihre personelle und organisatorische Klinikstruktur der Beigeladenen zu 1) ist zudem dann unverzichtbar, wenn durch einen Wissenstransfer aller für die Pflege Verantwortlichen eine Qualitätssicherung in der Pflege angestrebt wird, wozu sich die Beigeladene zu 1) als Verbundklinik des QuMik-Verbundes (Qualität und Management im Krankenhaus) gerade verpflichtet hat.
bb) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der Kläger auch in das Personaltableau der Beigeladenen zu 1) integriert. So hat die Zeugin G glaubhaft bekundet, dass die Beigeladene zu 1) "freie Mitarbeiter" beauftragt, sobald eine zuvor definierte feste "Mitarbeitermenge" unterschritten wird. Diese Praxis der Personalgewinnung der Beigeladenen zu 1) zeigt, dass der Kläger gezielt zur aushilfsweisen Übernahme solcher Tätigkeiten akquiriert wurde, die im Fall einer Nichtunterschreitung der "Mitarbeitermenge" regelhaft die festangestellten Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) übernommen hätten.
cc) Die Eingliederung des Klägers in den betrieblichen Organisationsablauf wird des Weiteren durch den von dem Senat beigezogenen Dienstplan der Beigeladenen zu 1) für den Juni 2009 offenkundig. Danach ist der Kläger in dem streitigen Zeitraum vom 8.6.2009 bis zum 16.6.2009 neben einer Mehrzahl festangestellter Pflegekräfte der Beigeladenen zu 1) auf der Intensivstation eingesetzt und mithin in die personelle Klinikstruktur und -organisation der Beigeladenen zu 1) eingeplant worden (zur Bedeutung eines "Nachtwachenplans" als Ausdruck einer Eingliederung vgl. auch LSG Hamburg, Urteil v. 10.12.2012, L 2 R 13/09 Rdnr. 36, juris).
dd) Für eine umfassende Eingliederung des Klägers spricht überdies, dass er an den regelmäßig stattfindenden Visiten mit dem ärztlichen und pflegerischen Apparat der Klinik mitgewirkt hat. So hat der Zeuge Dr. K anlässlich seiner Befragung durch den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass auf der Intensivstation der Beigeladenen zu 1) zweimal täglich eine gemeinsame Visite stattfindet, jeweils wenn die Übergabe vom Tag- an den Nachtdienst ärztlicherseits erfolgt. An diesen Visiten nehmen ein Mitglied des ärztlichen Teams und jeweils der Intensivpfleger teil, der für den jeweiligen Patienten zuständig ist. Hierbei spielt es auch keine Rolle, ob der Intensivpfleger bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines längerfristig angelegten Beschäftigungsverhältnisses tätig wird oder – wie der Kläger im streitbefangenen Zeitraum – nur kurzzeitig beschäftigt ist. Im Rahmen dieser Visiten werden die Therapieziele festgelegt, wobei der Zeuge auch betont hat, dass z.B. die Entscheidung über eine Mobilisation eines Patienten als gemeinsame Entscheidung der ärztlichen und pflegerischen Handlungsakteure getroffen wird. Diese interdisziplinäre Entscheidungsfindung und Aufgabenwahrnehmung zeigt, dass der Kläger als Intensivpfleger systematisch in den der Klinik obliegenden Handlungsauftrages eingekleidet war.
ee) Die Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation wird schließlich dadurch sichtbar, dass der Kläger verpflichtet war, die Pflegedokumentationen der Beigeladenen zu 1) zu nutzen und aus Gründen der Qualitätssicherung nicht auf eigene Dokumentationsbögen zurückgreifen durfte. Wesentliche Unterschiede von Art und Gewicht hinsichtlich der von den Pflegekräften geforderten Dokumentationsdichte bestanden nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls nicht. So hat der Zeuge Dr. K etwa bekundet, dass die Anforderungen an die Genauigkeit der Dokumentation vom Patientenwohl abhängig sind. Sichtbar werdende Dokumentationsdefizite würden mit den Pflegekräften erörtert, gleichgültig, ob abhängig beschäftigt oder selbständig.
ff) Die umfassende Eingliederung des Klägers in den betrieblichen Gesamtablauf wird auch nicht dadurch maßgeblich entkräftet, dass der Kläger – wie die Zeugin G bekundet hat – nicht den nicht den für die (übrigen) beschäftigen Pfleger der Beigeladenen zu 1) geltenden Funktionsbeschreibungen (Tätigkeitsbeschreibungen) unterworfen war. Wesentliche Unterschiede von Art und Gewicht hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit zwischen den festangestellten Kräften einerseits und den von der Beigeladenen als "freiberufliche Pflegekräfte" eingesetzten Personen andererseits folgen hieraus nicht.
d) Für eine selbständige Tätigkeit des Klägers sprechende Gesichtspunkte sind nicht in einem Maße gegeben, dass diese im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit relevanten Umstände die für ein Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale überwögen.
aa) Zugunsten einer selbständigen Tätigkeit spricht zunächst das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte. Eine eigene Betriebsstätte, die auf eine eigene unternehmerische Tätigkeit des Klägers hindeuten würde, ist nach den getroffenen Feststellungen jedoch nicht ersichtlich. Der Kläger verfügt nach eigenem Bekunden in seiner Privatwohnung (lediglich) über einen Büroraum, von welchem aus er seine berufliche Tätigkeit koordiniert. In diesem Raum sind nach den glaubhaften Bekundungen des Klägers ein Computer nebst Drucker, ein Telefon auch seine Akten untergebracht. Dem Telefon seines Büros ist nach den Erklärungen des Klägers zwar eine eigene Telefonnummer zugewiesen; diese Zweitnummer ist jedoch weder in den "Gelben Seiten", noch in einem regulären Telefonbuch mit einem auf eine selbständige Tätigkeit hindeutenden Eintrag vermerkt. Die von dem Kläger in diesem Sinne beschriebene Räumlichkeit geht nicht über das hinaus, was in der modernen Lebenswirklichkeit auch in vielen privaten Haushalten beschäftigter Arbeitnehmer vorzufinden ist und lässt sich nach dem so skizzierten Erscheinungsbild nicht qualitativ mit einer festen Geschäftseinrichtung oder Anlage vergleichen, die dem Betrieb eines Unternehmens dient (vgl. § 12 Satz 1 Abgabenordnung [AO]).
bb) Der Senat vermochte auch nicht festzustellen, dass den Kläger ein solches eigenes Unternehmerrisiko trifft, das die Gesamtabwägung maßgeblich beeinflussen konnte. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, a.a.O., m.w.N.) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Dies ist jedoch nur dann ein Hinweis auf eine Selbständigkeit, wenn dem unternehmerischen Risiko größere Freiheiten in der Gestaltung und Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen.
(1) Die eigene Arbeitskraft setzt der Kläger nicht mit ungewissem Erfolg ein. Er erhält nach der mit der Beigeladenen zu 1) getroffenen Vereinbarung eine Vergütung pro tatsächlich geleisteter Einsatzstunde von regulär 30,00 EUR, wobei für Tätigkeitszeiträume an Samstagen, Sonntagen sowie zur Nachtzeit ebenso wie für Tätigkeiten an Feiertagen Zuschläge vereinbart und von der Beigeladenen zu 1) ausweislich der aktenkundigen Abrechnungen tatsächlich geleistet worden sind.
Der Kläger trägt danach nur das Risiko, im laufenden Vertragsverhältnis bei plötzlicher Erkrankung keine Entgeltfortzahlung zu erhalten. Diesem gegenüber als Arbeitnehmer beschäftigten Pflegern erhöhten Risiko stehen jedoch (für den Fall der Arbeitsunfähigkeit) keine größeren Gestaltungsfreiheiten beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüber. Die insofern bloße Überwälzung sozialer Risiken auf den Auftragnehmer abweichend vom Arbeitnehmerschutzrecht ist kein Indiz für Selbständigkeit.
(2) Dass der Kläger eigenes Vermögen mit der Gefahr des Verlustes in einem ein unternehmerisches Risiko begründenden Umfang einsetzen musste, ist gleichfalls nicht ersichtlich.
Das gilt namentlich für den Einsatz eigener Betriebsmittel. Das wesentliche Equipment, insbesondere die behandlungsrelevanten medizintechnischen Instrumente und Geräte, das Verbrauchsmaterial sowie die erforderlichen Medikamente sind dem Kläger von der Beigeladenen zu 1) bereitgestellt worden. Die wenigen von ihm selbst beschafften bzw. ihm von dritter Seite zugewandten Arbeitsmittel (Stethoskop, Arbeitsschuhe sowie Schreibutensilien) rechtfertigen nicht die Annahme eines Unternehmerrisikos von wesentlichem Gewicht.
e) In der Gesamtabwägung sprechen wesentliche Gesichtspunkte für eine Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen zu 1). Darüber hinaus spricht viel für eine Weisungsgebundenheit jedenfalls hinsichtlich Art und Zeit der Arbeit. Anhaltspunkte für eine selbständige Tätigkeit sind nur in geringem Maße vorhanden. Nach allem überwiegen die Aspekte einer abhängigen Beschäftigung deutlich.
3. Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit des Klägers in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung begründen könnten, sind nicht gegeben.
Eine Versicherungsfreiheit nach dem Recht der Arbeitsförderung gem. § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III scheidet aus. Hiernach sind Personen in einer unständigen Beschäftigung versicherungsfrei, die sie berufsmäßig ausüben. Unständig ist eine Beschäftigung jedoch nur, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 SGB III).
Die Tätigkeit des Klägers war nach der von der Beigeladenen zu 1) vorgenommenen Buchung auf den Zeitraum vom 8.6.2009 bis zum 21.6.2009 angelegt und damit nicht auf weniger als eine Woche zeitlich beschränkt. Sie hat trotz der vorzeitigen Beendigung am 16.6.2009 nicht weniger als eine Woche gedauert.
4. Die Beklagte hat den Beginn der Versicherungspflicht in dem Bescheid vom 17.3.2010 zutreffend auf den 8.6.2009, den Tag der Aufnahme der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1), festgesetzt.
Ein späterer Eintritt der Versicherungspflicht in Anwendung des § 7a Abs. 6 Satz 1 SGB IV scheidet aus. Hiernach tritt die Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung über das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ein, wenn der Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 SGB IV innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt wird, der Beschäftigte der Verlegung des Eintritts der Versicherungspflicht zustimmt und er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung über den Statusfeststellungsantrag eine Absicherung gegen das Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach Leistungen der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung entspricht. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Der Antrag zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status betreffend die am 8.6.2009 bei der Beigeladenen zu 1) aufgenommenen Tätigkeit ist nicht innerhalb eines Monats, sondern erst am 28.7.2009 gestellt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Erstellt am: 29.06.2015
Zuletzt verändert am: 29.06.2015