Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16. September 1998 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1944 geborene Kläger begehrt Versorgung wegen Gesundheitsstörungen, die er ursächlich auf den Dienst in der polnischen Armee zurückführt.
Der Kläger ist anerkannter Vertriebener. Von 1962 bis 1983 diente er als Berufssoldat (Oberfähnrich) in der polnischen Armee, aus der er wegen gesundheitlicher Gründe ausschied. Ein neurasthenisches Syndrom und eine Gehörbeeinträchtigung wurden von der Militärischen Ärztlichen Bezirkskommission in P …/Polen als Folge des Militärdienstes bewertet. Dem Kläger wurden nach seinem Ausscheiden eine Militärrente und eine Militärinvalidenrente bewilligt, wobei die Militärrente wegen des Bezuges der höheren Militärinvalidenrente ruhte.
Nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1989 beantragte der Kläger im Mai 1992 die Leistung von Versorgung wegen der im polnischen Militärdienst zugezogenen Gesundheitsstörungen. Durch Bescheid vom 30.09.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.1995 lehnte der Beklagte den geltend gemachten Anspruch unter Berufung auf § 1 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Verbindung mit § 82 Abs. 2 Satz 1 BVG ab, weil sich der Kläger die Gesundheitsstörungen nicht als Wehrpflichtiger in Erfüllung seiner gesetzlichen Wehrpflicht im Vertreibungsgebiet, sondern als Berufssoldat, zugezogen habe. Das sich beim Sozialgericht (SG) Dortmund anschließende Klageverfahren (S 37 V 139/95) beendete der Kläger durch Klagerücknahme. Er focht die Klagerücknahme wegen Irrtums an. Das SG stellte mit Urteil vom 29.11.1996 (S 37 V 289/96) die Erledigung des Rechtsstreits S 37 V 139/95 durch Klagerücknahme fest. Die dagegen eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) mit Urteil vom 24.04.1997 zurück.
Durch weiteren Bescheid vom 29.01.1997 lehnte es der Beklagte ab, die früheren bindenden Bescheide gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen; als Berufssoldat in der polnischen Armee gehöre der Kläger nicht zu dem in § 1 Abs. 1 BVG in Verbindung mit § 82 Abs. 2 Satz 1 BVG geschützten Personenkreis. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 20.04.1998 als verspätet zurück.
Am 12.06.1997 beantragte der Kläger Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz. Durch Bescheid vom 14.07.1997 lehnte der Beklagte auch diesen Antrag mit der Begründung ab, das Soldatenversorgungsgesetz (SVG) gelte gemäß § 1 SVG für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und deren Hinterbliebenen. Als ehemaliger Berufssoldat der polnischen Armee gehöre er nicht zu dem durch das SVG geschützten Personenkreis. Zur Begründung seines am 14.08.1997 eingelegten Widerspruchs machte der Kläger geltend, er stütze seinen Versorgungsanspruch nicht nur auf das Soldatenversorgungsgesetz, sondern auch auf das Bundesversorgungsgesetz. Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 10.02.1998 im wesentlichen unter Wiederholung der Gründe des widersprochenen Bescheides zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 25.02.1998 beim SG Dortmund Klage er hoben. Er begehre Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG; er berufe sich auf die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des § 90 Buchstabe b Bundesvertriebenengesetz (BVFG) vom 19.04.1989, wonach Leistungen nach diesem Gesetz ausgeschlossen seien, soweit ein eigener Anspruch nach dem BVG oder SVG gegeben sei. Außerdem stütze er seinen Anspruch erneut auf §§ 82 Abs. 2 BVG und 80 SVG. Auf den Hinweis des SG, daß der während des Gerichtsverfahrens ergangene Widerspruchsbescheid vom 20.04.1998 Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens geworden sei, erklärte der Kläger, er akzeptiere, daß der Widerspruch wegen Verspätung als unzulässig zurückgewiesen worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 14.07.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.1998 zu verurteilen, ihm Versorgung nach § 80 des Soldatenversorgungsgesetzes und § 90 b des Bundesvertriebenengesetzes zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat mit Urteil vom 16.09.1998 die Klage abgewiesen, weil der geltend gemachte Anspruch weder nach den Vorschriften des SVG, des BVG noch nach denen des BVFG gegeben sei.
Gegen das ihm am 20.10.1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.11.1998 Berufung eingelegt und zu deren Begründung ausgeführt, er stütze sich auf § 90 BVFG und die dazu ergangene Verwaltungsvorschrift. Er gehöre auch zu dem in §§ 80 SVG und 82 Abs. 2 BVG genannten Personenkreis. Als Berufssoldat sei er einem Wehrpflichtigen gleichzusetzen. Er habe sich lediglich freiwillig in die Berufsunteroffiziersschule beworben. Nach bestandener Prüfung sei er zu einem dreijährigen Dienst als Kadett einberufen und nach bestandener Prüfung zum Berufsoffizier befördert worden. Anschließend habe er berufsmäßigen Wehrdienst geleistet. Diesem habe er sich nicht entziehen können. Er habe diesen Beruf nur freiwillig gewählt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16.09.1998 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 14.07.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.1998 Versorgung nach den Vorschriften des sozialen Entschädigungsrechtes zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 08.03.1999 ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung, gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen worden.
Diese hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der §§ 5 ff Fremdrentengesetz (FRG) für einen Anspruch des Klägers aus der gesetzlichen Unfallversicherung seien zu verneinen. Denn hätte er die Gesundheitsstörungen in der Bundesrepublik erlitten, wäre er nicht gegen Arbeitsunfälle bzw. Berufskrankheiten versichert gewesen. Als Soldat in der Bundesrepublik hätte nämlich für ihn Versicherungsfreiheit bestanden, da er nach dem SVG anspruchsberechtigt gewesen sei. Fraglich sei auch, in welchem Versicherungssystem der Kläger in Polen eingegliedert gewesen sei und wie er nach Anwendung des Eingliederungsprinzips des Polenabkommens von 1975 in das Sozialversicherungssystem der Bundesrepublik einzuordnen sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakten des Beklagten und die Vorprozeßakten S 37 V 139/95 – S 37 V 289/96 Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger ist durch den Bescheid vom 14.07.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.1998 nicht beschwert. Er hat keinen Anspruch nach dem sozialen Entschädigungsrecht (SVG/BVG).
Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im angefochtenen Urteil des SG vom 16.09.1998 Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG) und bemerkt ergänzend:
Es konnte dahingestellt bleiben, ob der Bescheid vom 29.01.1997, mit dem der Beklagte die Neufeststellung des nach dem BVG geltend gemachten Versorgungsanspruchs gemäß § 44 SGB X abgelehnt und den Widerspruch als verspätet zurückgewiesen hat (Widerspruchsbescheid vom 20.04.1998), gemäß § 96 SGG Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden ist. Denn der Kläger hat die Überprüfung dieser Entscheidung ausdrücklich nicht mehr begehrt. Sofern der Kläger den Anspruch auf Versorgung auf das BVFG gestützt und dessen Vorschriften nicht nur zur Begründung seines Anspruchs nach dem SVG bzw. BVG herangezogen hat, ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht gegeben. Nach § 40 Abs. 1 VwGO wären nämlich die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig. Eine ausdrückliche Zuweisung enthält das BVFG nur für Leistungen bei Krankenversorgung, um die es vorliegend jedoch nicht geht (§§ 90 Abs. 8 BVFG in der bis zum 31.12.1992 geltenden Fassung bzw. 11 Abs. 8 BVFG in der ab 01.01.1993 geltenden Fassung).
Ergänzend ist zu dem geltend gemachten Anspruch auf Versorgung nach dem BVG im Wege des Härteausgleichs gemäß § 89 BVG, den das SG ebenfalls zu Recht verneint hat, noch folgendes auszuführen: Ein Härteausgleich setzt vom Gesetzgeber nicht bedachte Umstände des Einzelfalles voraus, deretwegen die Auswirkung der Gesetzesanwendung dem Zweck der begehrten, aber als Regelleistung ausgeschlossenen und deshalb abgelehnten Versorgung mit dem Ergebnis widerspricht, daß dies besonders unbillig ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 03.02.1999 – Az.: B 9 VJ 1/97 R -; Urteil vom 18.06.1996 – Az.: 9 RV 6/94 – in: BSGE 78, 265 ff). So verhält es sich hier nicht. Der Ausschluß von Versorgung wegen im Dienst als Berufssoldat in Polen zugezogenen Erkrankungen ist keine besondere Härte, die sich im Einzelfall aus der Anwendung des § 82 Abs. 2 BVG ergibt. Dem Ausschluß liegt vielmehr der gesetzgeberische Gedanke zugrunde, daß das BVG nur planmäßig den Betroffenen entschädigen will, denen der Wehrdienst im Vertreibungsgebiet als gesetzlich begründete Pflicht abgefordert worden ist. Auch ohne gesetzliche Dienstpflicht durch gesellschaftlichen Druck oder mittelbaren Zwang abverlangter Dienst – der im übrigen vorliegend nicht gegeben war – kann dem nicht gleichgestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.1996 a.a.O.).
Ob dem Kläger ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht, war nicht mehr zu prüfen, weil der Kläger insoweit trotz Belehrung durch das Gericht ausdrücklich keinen Antrag gestellt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen.
Erstellt am: 15.08.2003
Zuletzt verändert am: 15.08.2003