Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 19.02.2009 werden zurückgewiesen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens unter Beiordnung von Rechtsanwalt O aus P wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerden des Antragstellers sind zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
1. Soweit sich die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung seines Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz richtet, ist sie unbegründet.
Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
a) Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist als solcher Antrag zu qualifizieren. Denn mit Verwaltungsakt (Bescheid) vom 28.07.2008 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.08.2008 bis zum 31.01.2009.
Mit Verwaltungsakt vom 29.10.2008 hob der Antragsgegner diesen Bescheid vom 28.07.2008 gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 40 SGB II mit Wirkung vom 01.11.2008 auf. Der Widerspruch des Antragstellers hiergegen hatte keine aufschiebende Wirkung gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II. Nach der Regelung des § 39 Nr. 1 SGB II (geändert durch Gesetz vom 21.12.2008 [BGBl. I S. 2917] mit Wirkung vom 01.01.2009) haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft oder herabsetzt, keine aufschiebende Wirkung. Mit Bescheid vom 29.10.2008 hob der Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf.
b) Bei der Entscheidung gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86 b Rdnr. 12 und 12c). Dabei ist den Fällen des § 86 a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 SGG dem Gesetz ein Regel-Ausnahmeverhältnis zu Gunsten des Suspensiveffektes zu entnehmen, weil der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung zunächst angeordnet hat (Keller a.a.O., Rdnr. 12c). Davon abzuweichen besteht nur dann Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss daher eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben bzw. ist nur dann gerechtfertigt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (vgl. Keller a.a.O.).
aa) Das SG hat in seinem angefochtenen Beschluss vom 19.02.2009 zu Recht ausgeführt und ausführlich begründet, dass nach summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheides vom 29.10.2009 bestehen bzw. keine Gesichtspunkte ersichtlich sind, die ein hinreichendes Gewicht haben, um ein Abweichen von dem gesetzlich angeordneten Suspensiveffekt zu rechtfertigen.
Das SG hat zu Recht ausgeführt, dass Rechtsgrundlage für die vollständige Aufhebung der Leistungen für die Zeit ab dem 01.11.2008 die Regelung § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X (i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II, § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)) ist, und dass dessen Tatbestandsvoraussetzungen verwirklicht sind. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des SG Bezug und macht sich diese nach Prüfung zu eigen (entsprechend § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
bb) Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.
Denn maßgeblich ist zu berücksichtigen, dass sich der Antragsteller und Frau Q an den in ihrem Eigentum stehenden Häusern gegenseitig ein Wohnrecht eingeräumt haben. Es kann dabei dahinstehen, ob durch diese wechselseitige Einräumung eines Wohnrechtes bereits eine Verfügung über das Vermögen eines anderen gemäß § 7 Abs. 3 a Nr. 4 SGB II vorliegt mit der Folge, dass bereits eine gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II sprechen würde. Die wechselseitige Einräumung eines Wohnrechtes ist jedenfalls ein gewichtiges Indiz, das es rechtfertigt, einstweilen von dem Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau Q auszugehen. Für das Bestehen einer derartigen Bedarfsgemeinschaft sprechen im Übrigen die weiteren Umstände, die das SG in seinem angefochtenen Beschluss vom 29.02.2009 ausführlich und überzeugend gewürdigt hat. Bei einer derart engen persönlichen und auch räumlichen Verpflechtung – überdies über einen längeren Zeitraum – wäre die Annahme einer reinen Zweckgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und Frau Q lebensfremd.
cc) Ob die Einkommen von Frau Q und dem Antragsteller ausreichen, ihren Gesamtbedarf zu decken, wird im sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren zu klären sein. Einstweilen ist hiervon auszugehen. Denn der Antragsteller selbst hat mit seiner Beschwerdeschrift vom 27.03.2009 vorgetragen, dass er über monatliches Einkommen in Höhe von insgesamt 502,86 Euro verfügt (Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 257,86 Euro, Einnahme aus einer "geringfügigen Beschäftigung" von monatlich 120,00 Euro sowie Einnahmen aus der Vermietung des Büros in Höhe von monatlich 125,00 Euro).
Nach Angaben des Antragstellers verfügt Frau Q aus dem von ihr betriebenen Internethandel über monatliche Einkünfte in Höhe von 463,90 Euro. Nach der von dem Antragsteller vorgelegten Übersicht von Frau Q über ihre Einnahmen und Ausgaben für das Jahr 2009 (auf den Monat umgerechnet) resultiert dieser Betrag aus der Differenz zwischen monatlichen Einnahmen in Höhe von 3.215,90 Euro sowie monatlichen Ausgaben in Höhe von 2.752,00 Euro. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Frau Q nicht angegeben hat, ob es sich insoweit um betriebsbedingte Aufwendungen handelt. Sie hat ausschließlich pauschal auf "Darlehensaufwendungen" in Höhe von monatlich 1.530,00 Euro sowie auf nicht näher spezifizierte "allgemeine Aufwendungen" in Höhe von 1.222,00 Euro verwiesen. Ob die derart hohen Ausgaben im Zusammenhang mit der Ausübung ihres Gewerbebetriebes stehen bzw. als tatsächlich geleistete notwendige Ausgaben von dem Einkommen abzusetzen sind (gemäß § 3 Abs. 2 und 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V – vom 17.12.2007), ist im sozialgerichtlichen Hauptsacheverfahren zu klären. Gemäß § 3 Abs. 2 Alg II-V finden steuerliche Regelungen, wie z. B. Abschreibungen oder pauschalierte Abzüge, keine Berücksichtigung bei der Feststellung der notwendigen Ausgaben, also der Betriebsausgaben.
Nach dem von dem Antragsteller vorgelegten Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 05.11.2008 ist Frau Q überdies die Sozialleistung des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis zum 30.09.2010 in Höhe von 12,33 Euro täglich bewilligt worden.
dd) Da der anwaltlich vertretene Antragsteller sowohl im Ausgangs- als auch im Beschwerdeverfahren ausdrücklich beantragt und begehrt hat, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 29.10.2008 anzuordnen, hatte der Senat nicht zu entscheiden, ob der Antragsteller von der Antragsgegnerin für die Zeit ab dem 01.02.2009 (der Bewilligungsbescheid vom 28.07.2008 umfasste den Leistungszeitraum bis zum 31.01.2009) einstweilen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II beanspruchen kann. Hierzu wird der Antragsteller – soweit dies nicht bereits geschehen ist – einen neuen Leistungsantrag stellen müssen (§ 37 Abs. 1 SGB II).
2. Soweit sich die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Ausgangsverfahrens vor dem SG richtet, ist sie ebenfalls unbegründet. Denn die dortige Rechtsverfolgung bot aus den zuvor dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gem. § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO).
3. Da die Rechtsverfolgung des Antragstellers im Beschwerdeverfahren keine Aussicht auf Erfolg bot, war sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens ebenfalls abzulehnen (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGB i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 1, § 114 ZPO).
4. Soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerde die Ablehnung seines Antrages auf Erlass einer vorläufigen Regelung durch das SG angegriffen hat, folgt die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Soweit sich seine Beschwerde gegen die Ablehnung seines Antrages auf Prozesskostenhilfe richtet, werden Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
5. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 24.06.2009
Zuletzt verändert am: 24.06.2009