Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.10.2005 geändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob dem Kläger vom 01.07. bis 26.11.2003 Arbeitslosenhilfe (Alhi) zu gewähren ist.
Der am 00.00.1944 geborene Kläger war vom 01.09.1970 bis 30.11.2001 als Kfz-Elektriker beschäftigt. Vom 27.11.2000 bis zur Aussteuerung am 11.02.2001 bezog er Krankengeld. Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld in der Zeit vom 12.02.2001 bis 02.04.2003 beantragte der Kläger am 25.03.2003 die Bewilligung von Alhi. Er gab sein und das Vermögen seiner am 00.00.1952 geborenen Ehefrau wie folgt an: 2.693,98 EUR Girokonto, 1.462,13 EUR und 21.110,36 EUR auf Sparkonten, 36.455,79 EUR Wertpapiere und 539,00 EUR Wert eines Grundstückes (Grünland).
Mit Bescheid vom 11.04.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau über ein Vermögen in Höhe von 62.261,26 EUR verfüge, das verwertbar und dessen Verwertung zumutbar sei. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages von 30.160,00 EUR für ihn und für seine Ehefrau in Höhe von 10.000,00 EUR verblieben 22.101,26 EUR, die bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen seien. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf Alhi. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass nicht nur für ihn, sondern auch für seine Ehefrau ein Freibetrag von 520,00 EUR pro Lebensjahr, insgesamt somit 67.000,00 EUR anzusetzen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2003 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass der Freibetrag gem. § 1 Abs. 2 der Alhi-Verordnung (AlhiV) in der ab 01.01.2003 geltenden Fassung der Betrag von 200,00 EUR je vollendeten Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners sei; dieser dürfe für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 13.000,00 EUR nicht übersteigen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV sei abweichend hiervon der bis 31.12.2002 geltende Freibetrag für Personen maßgeblich, die bis 01.01.1948 geboren seien. Nach dieser Übergangsvorschrift sei entgegen der Auffassung des Klägers der Freibetrag in Höhe von 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr in der bis 31.12.2002 geltenden Fassung des § 1 Abs. 2 AlhiV nur für ihn und nicht für seine Ehefrau maßgeblich, da diese nach dem 01.01.1948 geboren sei. Der Kläger und seine Ehefrau verfügten über ein Vermögen von insgesamt 62.262,26 EUR. Unter Berücksichtigung der Freibeträge von 10.000,00 EUR für die Ehefrau (50 vollendete Lebensjahre x 200,00 EUR) und von 30.160,00 EUR für den Kläger (58 vollendete Lebensjahre x 520,00 EUR) verbleibe als verwertbares Vermögen ein Betrag in Höhe von 22.101,00 EUR. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen.
Am 25.06.2003 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben und ist bei seiner Auffassung verblieben, dass im Hinblick auf sein Alter gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 AlhiV auch für seine Ehefrau der bis 31.12.2002 geltende höhere Freibetrag einzuräumen sei. Ihr Vermögen habe den Freibetrag in Höhe von 56.160 EUR (30.160,00 EUR für ihn – 58 x 520,00 EUR – und 26.000,00 EUR für seine Ehefrau – 50 x 520,00 EUR -) spätestens am 01.07.2003 unterschritten. Nach der Bescheinigung seiner Bank vom 27.05.2005 habe ihr Vermögen zu diesem Zeitpunkt nämlich nur noch 55.486,97 EUR betragen. Die Differenz zu dem Wert des Vermögens am 11.04.2003 in Höhe von damals 62.261,26 EUR hätten sie für den Lebensunterhalt verwendet.
Mit Bescheid vom 02.12.2003 hat die Beklagte dem Kläger ab 26.11.2003, dem Tag der erneuten Antragstellung, Alhi bewilligt, weil sie ab diesem Zeitpunkt von Bedürftigkeit ausging. Es ergab sich ein Leistungsbetrag in Höhe von 235,48 EUR pro Woche.
Vor dem Sozialgericht hat der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 11.04.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2003 zur Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 01.07. – 25.11.2003 zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist bei ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung verblieben und hat darauf hingewiesen, dass es bei der Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 1 AlhiV auf das jeweilige Alter des Arbeitslosen/Partners ankomme, so dass es durchaus gewollt sei, dass einer den höheren und der andere den niedrigeren Freibetrag erhalten könne. Dies gehe zweifelsfrei aus der Systematik der Verordnung und der Wortwahl "Personen" hervor. Falls nur auf das Geburtsdatum des Arbeitslosen abzustellen sei, hätte sich der Verordnungsgeber dieses Begriffes bedient. Für die Ehefrau des Klägers sei daher nur ein Freibetrag in Höhe von 10.000,00 EUR einzuräumen. Der Verbrauch des danach berücksichtigungsfähigen Vermögens in Höhe von 22.101,00 EUR sei nicht nachgewiesen worden.
Mit Urteil vom 26.10.2005 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger Alhi für den Zeitraum vom 01.07. bis 26.11.2003 zu bewilligen. Das Sozialgericht hat sich der Rechtsauffassung des Klägers angeschlossen, dass auch seiner Ehefrau der erhöhte Freibetrag in Höhe von 520,00 EUR pro Lebensjahr einzuräumen sei. Es errechne sich somit ein Gesamtfreibetrag von 56.160,00 EUR. Das zu berücksichtigten Einkommen der Ehegatten in Höhe von 56.025,97 EUR erreiche zum 01.07.2003 diesen Freibetrag nicht mehr. Der Kläger sei daher jedenfalls ab 01.07.2003 als bedürftig im Sinne des Gesetzes anzusehen. Zur Begründung seiner Rechtsauffassung hat sich das Sozialgericht einer Auffassung des Sozialgerichts Berlin (Urteil vom 25.10.2004 – S 77 AL 1761/04 -) angeschlossen. Darin wird die Auffassung vertreten, dass für die Weitergeltung des bisherigen Rechts genüge, wenn ein Ehegatte bis 01.01.1948 geboren sei. Eine andere Auslegung verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz und dem Zweck der Vorschrift, bestehendes Vertrauen der rentennahen Jahrgänge zu schützen. Wegen des genauen Wortlauts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 08.11.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 01.12.2005 eingegangene Berufung der Beklagten. Sie hält das angefochtene Urteil und das dort zitierte Urteil des SG Berlin nicht für überzeugend. In der Verwaltungspraxis sei für den lebensjüngeren Ehegatten, der nach dem 01.01.1948 geboren sei, nur der Freibetrag von 200,00 EUR pro Lebensjahr eingeräumt worden. Dies entspreche dem Wortlaut der Regelung, aber auch dem Sinn und Zweck. Nach den Gesetzesmaterialien sollen für Personen, die bei Inkrafttreten des Gesetzes das 55. Lebensjahr vollendet haben, aus Gründen des Vertrauensschutzes die bisherigen Vermögensfreibeträge anwendbar bleiben. Es handele sich um eine personenbezogene Betrachtungsweise. Es seien Freibeträge pro Person anzusetzen. Dabei sei für die Höhe des Freibetrages das jeweilige Geburtsjahr maßgebend. Stichtag sei der 01.01.1948. Für Ehegatten, von denen einer vor, der andere nach dem Stichtag das 55. Lebensjahr vollende, seien unterschiedliche Freibeträge maßgebend.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.10.2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Kläger auf die Urteile des BSG vom 09.12.2004 und 17.05.2005 (B 7 AL 44/04 R und B 11a/11 AL 51/04 R) hingewiesen, wonach selbst dann, wenn man der Auffassung des Sozialgerichts nicht folgen sollte, ein weiterer Freibetrag von 200,00 EUR pro Lebensjahr für die Ehefrau einzuräumen sein könnte, wenn für bestimmte Vermögenswerte ein Alterssicherungszweck anzuerkennen sein sollte. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 13.01.2006 ausdrücklich mitgeteilt, dass substantiierter Vortrag im Sinne der Rechtsprechung des BSG zur Alterssicherung nicht erfolgen könne.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte mit der Kundennummer 000 Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie wurde fristgerecht eingelegt und auch der Berufungsstreitwert von 500,00 EUR wird bei einem Streitzeitraum von 21 Wochen und einem wöchentlichen Alhi-Anspruch von 235,48 EUR überschritten.
Die Berufung ist auch begründet, denn das SG hat die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung von Alhi für die Zeit vom 01.07. bis 26.11.2003 verurteilt, denn der Kläger ist entgegen der Ansicht des SG nicht bedürftig, weil seiner Ehefrau nur ein Freibetrag von 200,00 EUR einzuräumen ist und ein weiterer Freibetrag zur Alterssicherung nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht in Betracht kommt.
Anspruch auf Alhi hat bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen nach §§ 190 Abs. 1 Nr. 5, 193 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), wer bedürftig ist. Nicht bedürftig ist gemäß § 193 Abs. 2 SGB III in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen eine Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Mit dieser Vorschrift bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass der Arbeitslose grundsätzlich auch die Substanz seines Vermögens für seinen Lebensunterhalt zu verwerten hat, bevor er Leistungen der Alhi in Anspruch nehmen kann. Unter welchen Voraussetzungen mit Rücksicht auf ein Vermögen die Gewährung von Alhi nicht gerechtfertigt ist, konkretisiert § 1 der AlhiV vom 13.12.2001 – AlhiV 2002 – (BGBl 3734) in der Fassung des Artikel 11 des 1. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl 4607). Gemäß § 1 Abs. 1 der AlhiV in dieser Fassung ist zu berücksichtigen das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (Partner), soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt.
Der Kläger und seine Ehefrau verfügten nach den von keiner Seite beanstandeten Feststellungen des SG, denen sich der Senat anschließt, zum 01.07.2003 über ein zu berücksichtigendes Vermögen von insgesamt 56.025,97 EUR. Nach der Bescheinigung der VR-Bank Nordeifel e.G. vom 27.05.2005 setzte sich dies wie folgt zusammen: 557,22 EUR Girokonto, 483,91 EUR und 17.116,36 EUR Spareinlagen und 37.329,48 EUR Wertpapiere. Hinzuzurechnen ist der Wert des Grundstückes (Grünland) in Höhe von 539 EUR.
Die dem Kläger und seiner Ehefrau einzuräumenden Freibeträge in Höhe von nur 40.160,00 EUR und nicht wie von SG angenommen von insgesamt 56.160,00 EUR übersteigen dieses Vermögen nicht. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 AlhiV 2002 ist Freibetrag ein Betrag in Höhe von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners; dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 13.000,00 EUR nicht übersteigen. Nach der AlhiV vom 13.12.2001 (BGBl I 3737) hatte dieser Freibetrag gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung vom 01.01.2002 bis 31.12.2002 520,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners betragen, höchstens jeweils 33.800,00 EUR. Durch Artikel 11 des 1. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 wurde mit Wirkung vom 01.01.2003 der Freibetrag von 520,00 EUR je Lebensjahr auf 200,00 EUR vermindert und die jeweiligen Höchstfreibeträge pro Person auf 13.000,00 EUR reduziert. Nach der Übergangsvorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 AlhiV in der Fassung des Gesetzes vom 23.12.2002 ist allerdings § 1 Abs. 2 AlhiV in der bis 31.12.2002 geltenden Fassung für Personen weiterhin anzuwenden, die bis 01.01.1948 geboren sind. Diese Vorschrift ist nach Auffassung des SG so auszulegen, dass für die Weitergeltung des bisherigen Rechts genüge, wenn ein Ehegatte bis 01.01.1948 geboren wurde mit der Folge, dass beiden Ehegatten, also auch dem nach dem 01.01.1948 geborenen, jeweils ein Freibetrag von 520,00 EUR pro vollendeten Lebensjahr einzuräumen sei. Diese Auffassung teilt der erkennende Senat nicht. Für die 1952 geborene Ehefrau des Klägers kommt vielmehr nur ein Freibetrag von 200,00 EUR pro Lebensjahr in Betracht.
Das vorhandene Vermögen der Eheleute in Höhe von 56.025,97 EUR ist in vollem Umfang verwertbar. Für den vor dem 01.01.1948, nämlich am 16.07.1944 geborenen Kläger, ergibt sich somit unstreitig ein Freibetrag von 58 x 520,00 EUR = 30.160,00 EUR. Dies hat die Beklagte auch zutreffend ihrer Berechnung zu Grunde gelegt.
Soweit das SG unter Hinweis auf ein Urteil des SG Berlin vom 25.10.2004 (a.a.O.) die Auffassung vertritt, auch zugunsten seiner am 27.12.1952 geborenen Ehefrau sei dieser erhöhte Freibetrag zugrundezulegen, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Die Tatsache, dass die Alhi-VO von Personen und nicht etwa vom Arbeitslosen bzw. Berechtigten spricht, ist – wie die Beklagte im Schriftsatz vom 29.11.2005 zutreffend dargelegt hat – lediglich als Klarstellung zu verstehen, dass die Voraussetzung nicht gerade beim Arbeitslosen erfüllt sein muss. Vielmehr kann auch bzw. ausschließlich der Ehepartner etc. den erhöhten Vermögensfreibetrag geltend machen, wenn er vor dem 01.01.1948 geboren wurde. Eine besondere Schutzbedürftigkeit der gelebten Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG hat der Gesetzgeber nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht zum Ausdruck gebracht. Die AlhiV konkretisiert im Übrigen den generalklauselartig geregelten Grundsatz der Berücksichtigung von Vermögen in § 193 Abs. 2 SGB III in der Fassung bis 31.12.2004, dem eine Privilegierung der gelebten Ehe ebenfalls nicht zu entnehmen ist. Auch gebietet der Sinn und Zweck der Vorschrift keine andere Sichtweise. Die Regelung stellt vielmehr sicher, dass die bis 01.01.1948 geborenen Personen, bei denen der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber eine Erhöhung der Rentenansprüche durch eigene Erwerbstätigkeit nicht mehr als realisierbar ansah, von der auch in § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB II übernommenen deutlichen Absenkung des Grundfreibetrages aus Gründen des Vertrauensschutzes ausgenommen bleiben (vgl. BT-Drs. 15/25 S. 41 zu Art. 11; Hauck/Noftz, SGB III, Kommentar K § 193 Rdn. 311p).
Bieten danach weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Vorschrift Anhaltspunkte, Eheleute im Verhältnis zu den sonstigen genannten Personengemeinschaften zu privilegieren, ist auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten den Urteilen des SG und des SG Berlin nicht beizupflichten. Die vom SG unterstellten Erkenntnisse, wonach typischerweise Frauen in den Ehen der fraglichen Generation jünger sind als die Ehemänner und zudem in besonderem Maße von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, liegen dem Senat nicht vor. Zwar mag diese Sichtweise auf den vom SG Berlin entschiedenen Fall ebenso zutreffen wie auf den vorliegenden. Die vom SG Berlin gewählte Lösung führt aber in einer Reihe anderer Fallkonstellationen zu problematischen Lösungen. Bei Ehen zwischen älteren Arbeitnehmern und deutlich jüngeren Frauen (bzw. umgekehrt) käme der aus Vertrauensschutzgründen gewährte höhere Freibetrag auch dem noch jungen Ehepartner zugute, obwohl dieser ohne Weiteres noch in der Lage wäre, durch eigene Erwerbstätigkeit zur Erhöhung der Rentenansprüche beizutragen. Auch könnte sich die angesprochene besondere Schutzbedürftigkeit der gelebten Ehe gleichermaßen stellen in den Fällen, in denen beide Ehepartner kurz nach dem 01.01.1948 geboren sind. Schließlich darf der Gesetzgeber im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung typisierend unterstellen, dass die Ehegatten ihrer bürgerlich-rechtlichen Unterhaltspflicht gemäß § 1360 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nachkommen (grundlegend BVerfGE 75, 382, 392 ff.; 87, 234, 255 ff.).
Ist nach alledem der Kreis der Begünstigen in der genannten Vorschrift bestimmt, kann er auch nicht über § 2 Abs. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB I), wonach die sozialen Rechte bei der Auslegung der Vorschriften dieses Gesetzbuches und bei der Ausübung von Ermessen zu berücksichtigen sind und sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden, erweitert werden (vgl. KassKomm.-Seewald, § 2 SGB I Rdn. 18). Nach alledem kann vorliegend der höhere Freibetrag nur bezogen auf den Kläger berücksichtigt werden, für die Ehefrau gilt der Grundfreibetrag in Höhe von 200,00 Euro je vollendetem Lebensjahr nach neuem Recht (so auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 206 Rdn. 39h; Winkler, info also 2003, S. 7; vgl. auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 24.02.2006 – L 3 AL 18/05 -; und zuletzt LSG Essen, Urteil vom 22.08.2006 – L 1 AS 5/06 -).
Ein weiterer Freibetrag für die Ehefrau in Höhe von nochmals 200,00 EUR pro Lebensjahr war auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG zur Alterssicherung und Härtefallprüfung nicht einzuräumen (vgl. Urteile vom 09.12.2004 – B 7 AL 30/04 R -; vom 17.03.2005 – B 7a/7 AL 68/04 R – und vom 25.05.2005 – B 11a/11 AL 51/04 R -). In diesen Entscheidungen hatte das BSG für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2004 bei Vermögensanlagen zur Alterssicherung (insbesondere bei Lebensversicherungen) einen zusätzlichen Freibetrag von 200,00 EUR anerkannt. Hier besteht der überwiegende Teil des Vermögens aus jeder Zeit verfügbaren Spareinlagen und aus Wertpapieren. Auch auf konkrete Nachfrage des Senats hat selbst der Kläger nicht behauptet, dass seine Vermögenswerte zu Alterssicherungszwecken angelegt worden sind.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung ist mithin vom einzusetzenden Vermögen in Höhe von 56.025,97 EUR zum einen der Vermögensfreibetrag des Klägers in Höhe von 30.160,00 EUR (58 Jahre x 520,00 EUR) und ein Freibetrag der Ehefrau in Höhe von 10.000,00 EUR (50 Jahre x 200,00 EUR) in Abzug zu bringen. Aus dem Differenzbetrag in Höhe von 15.865,97 EUR konnten der Kläger und seine Ehefrau ihren Lebensunterhalt im streitigen Zeitraum sichern. Dies haben die Eheleute wohl auch getan, bis sie zum Zeitpunkt der erneuten Antragstellung am 26.11.2003 die Freibetragsgrenze von nunmehr 40.680,00 EUR (59 x 520 = 30.680 + 50 x 200 = 10000) knapp unterschritten. Es ist nicht ersichtlich, dass das noch vorhandene Vermögen die Freibetragsgrenze früher unterschritten haben könnte.
Dabei unterstellt der Senat, dass der Wert des Grünlandes tatsächlich so niedrig anzusetzen ist, wie vom Kläger angegeben. Da aber die Beklagte ab 26.11.2003 Alhi bewilligt hat, war diesem Punkt nicht weiter nachzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Senat hat die Revision im Hinblick auf die Entscheidung des 1. Senates des LSG vom 22.08.2006 – L 1 AS 5/06 – gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Gerade diese Entscheidung macht deutlich, dass es sich nicht um einen Fall auslaufenden Rechts handelt, sondern dass die vorliegende Problematik auch unter Geltung des SGB II von Bedeutung ist.
Erstellt am: 19.10.2006
Zuletzt verändert am: 19.10.2006