Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.05.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2004 zustehenden Arbeitslosengeldes.
Der 1954 geborene Kläger ist verheiratet und Vater von drei in den Jahren 1990, 1993 und 1996 geborenen Kindern. Bis zum 31.12.2003 war er als angestellter Redakteur beschäftigt. Am 19.12.2003 meldete sich der Kläger zum 01.01.2004 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Nach der hierbei vorgelegten Arbeitsbescheinigung hatte er im Jahre 2003 die Steuerklasse III bei drei eingetragenen Kinderfreibeträgen und erzielte im Zeitraum von Januar bis einschließlich Dezember 2003 beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von 33.405,- Euro.
Mit Bescheid vom 09.01.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 01.01.2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 303,66 Euro wöchentlich bzw. 43,38 Euro täglich unter Zugrundelegung eines wöchentlich Bemessungsentgeltes von 640,- Euro, der Leistungsgruppe C und des erhöhten Leistungssatzes. Seinen Widerspruch hiergegen begründete der Kläger unter Hinweis darauf, dass bei der Bestimmung des Leistungssatzes lediglich ein Kind berücksichtigt werde, obwohl er drei Kindern Unterhalt schulde. Im Öffentlichen Dienst werde im Unterschied hierzu für jedes Kind ein Ortszuschlag berücksichtigt. Die Berechnungsmethode beim Arbeitslosengeld verstoße gegen Art. 3 sowie 6 des Grundgesetzes (GG).
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit der am 06.08.2004 zum Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat der Kläger gerügt, sein familienbedingter Mehrbedarf werde bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes nicht ausreichend berücksichtigt. Er sei hierdurch in seinen Grundrechten aus Art. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 des GG iVm dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip verletzt. Bei der Berechnung des Leistungsentgeltes würden fiktiv auch Kirchensteuer und Solidarzuschlag vom Bemessungsentgelt in Abzug gebracht. Diese Abzüge habe er als Arbeitnehmer jedoch wegen der drei zustehenden Kinderfreibeträge nicht tragen müssen. Die Bemessung seines Arbeitslosengeldes setze die verfassungswidrig zu hohe Belegung seines Erwerbseinkommens mit Sozialabgaben in allen Sozialversicherungszweigen sowie mit Steuerlasten fort. Die Beiträge zu den Zweigen der Sozialversicherung berücksichtigten unzulänglich seine durch seine Kinder eingeschränkte finanzielle Leistungsfähigkeit. Er begehre daher die Zugrundelegung eines verfassungsgemäßen Nettolohnes bei der Bemessung seines Arbeitslosengeldes sowie die Gleichbehandlung mit verheirateten, insbesondere kinderlosen und besserverdienenden Doppelverdiener-Ehepaaren. Diese profitierten überproportional von der günstigeren Progression durch den Splitting-Vorteil in der Steuerklassen-Kombination III/V. Die Steuerfreistellung des Arbeitslosengeldes führe zusätzlich zu einer erheblichen Umverteilung zugunsten der Doppelverdiener.
Er beanspruche daher ein Arbeitslosengeld in Höhe des steuerrechtlich zustehenden Existenzminimums abzüglich des jährlich zustehenden Kindergeldes in Höhe von wöchentlich 529,- Euro (32.752,- Euro steuerliches Existenzminimum abzüglich 5.544,- Euro jährlich zustehendem Kindergeld bei drei Kindern = 27.208,- Euro: 12: 30 x 7 = 529,- Euro).
Die Beklagte hat vor dem Sozialgericht ihre Bindung an das geltende Recht hervorgehoben, mit Bescheid vom 02.01.2005 die zum 01.01.2005 in Kraft getretene Neuregelung des Arbeitslosengeldbemessungsrechts umgesetzt und mit Bescheid vom 18.10.2005 die Bewilligung von Arbeitslosengeld an den Kläger mit Wirkung vom 11.10.2005 wegen Abmeldung aus dem Leistungsbezug aufgehoben.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 10.05.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Orientierung des Arbeitslosengeldes an beitragspflichtigem Einkommen sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und der Gesetzgeber sei auch verfassungsrechtlich nicht verpflichtet gewesen, die Anzahl der Kinder bei der Höhe des Arbeitslosengeldes zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 27.06.1996 – 11 Rar 77/95 – liege es im Gestaltungsermessen des Gesetzgebers und sei nicht durch das Grundgesetz festgelegt, wo und wann der Gesetzgeber den Familienlastenausgleich vornehme. Die Orientierung der Höhe des Arbeitslosengeldes an einer Nettolohn-Ersatzquote verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Auch dies habe das Bundessozialgericht bereits geprüft und im Urteil vom 08.02.1996 – 11 Rar 63/95 – bestätigt. Es gebe verfassungsrechtlich keinen Anspruch auf eine bestimmte Höhe der Lohnersatzleistungen. Die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein hätten ggf. durch die zusätzliche Inanspruchnahme anderer Sozialleistungen geschaffen werden können.
Gegen das am 24.06.2006 seiner Prozessbevollmächtigten zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 24.07.2006, mit der er die Begründung des angefochtenen Urteils für unzureichend erachtet. Es sei eine Differenzierung nach der Anzahl der unterhaltsberechtigten Kinder geboten. Das geltende Bemessungssystem sei in sich unsystematisch, begünstige eine Umverteilung von unten nach oben sowie von Familien mit Kindern zu Familien ohne Kinder und verletzte den Kläger in seinen Rechten aus Art. 1, 2 Abs. 1, 3 und 6 Abs. 1 des Grundgesetzes.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.05.2006 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 09.01.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2004 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2004 höheres Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich des den Leistungszeitraum ab dem 01.01.2005 regelnden Bescheides vom 02.01.2005 haben die Beteiligen in der mündlichen Verhandlung des Senats einen Unterwerfungsvergleich geschlossen. Hierzu wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift, zu Einzelheiten im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakten unter Einschluss der beigezogenen Akten verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil den Bescheid der Beklagten vom 09.01.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.07.2004 bestätigt. Denn höheres als das hiermit bewilligte Arbeitslosengeld steht dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12.2004 weder nach dem geltenden Leistungsrecht noch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus zu. Die Höhe des ab dem 01.01.2004 dem Kläger bewilligten Arbeitslosengeldes entspricht den Vorgaben der für diesen Zeitraum anwendbaren Fassung des SGB III (zu diesem Zeitpunkt zuletzt geändert durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 – BGBl. I 2003, 2954 – und das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 – BGBl. I 2003, 3002 -).
Gemäß § 129 SGB III i.d.F. des 2. SGB III Änderungsgesetzes vom 21.07.1999 (BGBl. I S. 1648 a.F.) beträgt das Arbeitslosengeld
1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1,3 bis 5 des Einkommenssteeurgesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1,3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz),
2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Im 52 Wochen umfassenden Bemessungszeitraum vor Entstehung des Anspruches auf Arbeitslosengeld (§ 130 Abs. 1 SGB III a. F.) sind nach der Arbeitgeberbescheinigung vom 08.12.2003 33.405,- EUR beitragspflichtiges Arbeitsentgelt des Klägers abgerechnet worden. Für die Berechnung des Bemessungsentgeltes ist das Entgelt im Bemessungszeitraum durch die Zahl der Wochen zu teilen, für die es gezahlt worden ist (§ 132 Abs. 2 S. 1 SGB III). Die Beklagte hat das Bemessungsentgelt rechnerisch zutreffend in Höhe von 642,40 EUR (33.405,- EUR dividiert durch 52 Wochen) berechnet und nach Rundung auf den nächsten durch 5 teilbaren Eurobetrag (§ 132 Abs. 3 SGB III a.F.) von 640,- EUR der Leistungsbewilligung zugrunde gelegt. Schließlich hat die Beklagte auch das dem Kläger zustehende Leistungsentgelt korrekt ermittelt. Leistungsentgelt ist nach § 136 Abs. 1 SGB III a.F. das um die gesetzlichen Entgeltabzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt. Entgeltabzüge sind hierbei nach § 136 Abs. 2 S. 1 SGB III a.F. Steuern, die Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung sowie die sonstigen gewöhnlich anfallenden Abzüge, die zu Beginn des Kalenderjahres maßgeblich sind. Die zugrunde zu legenden Abzüge bestimmen sich nach § 136 Abs. 2 S. 2 SGB III a.F … Die Höhe der als gewöhnlicher Abzug zu Grunde zu legenden Steuer richtet sich gemäß § 137 Abs. 1 SGB III a.F. nach der Leistungsgruppe, der der Arbeitslose zuzuordnen ist. Entsprechend der für den Kläger geltenden Lohnsteuerklasse III hat die Beklagte den Kläger der Leistungsgruppe C zugeordnet (§ 137 Abs. 2 Nr. 3b SGB III a.F.) und den erhöhten Leistungssatz nach § 129 Nr. 1 SGB III a.F. zugrunde gelegt, da der Kläger und seine Ehefrau unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig waren, nicht dauernd getrennt lebten und der Kläger mindestens ein Kind im Sinne von § 32 Abs. 1, 3-5 des Einkommenssteuergesetzes hat.
Der bewilligte Leistungssatz von wöchentlich 303,66 EUR entspricht dem bei diesen Verhältnissen maßgeblichen Wert der auf der Grundlage von § 151 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a.F. erlassenen SGB III – Leistungsentgeltverordnung 2004 (Verordnung über die Leistungsentgelte (u.a.) des Arbeitslosengeldes vom 22.12.2003, BGBl. I 2003, 3100). Hiernach entspricht einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 640,- EUR in der Leistungsgruppe C ein Betrag von 453,19 EUR, der unter Zugrundelegung des beim Kläger erhöhten Leistungssatzes von 67 % den bewilligten und ausgezahlten Leistungssatz von wöchentlich 303,66 EUR ergibt.
Ein höherer Anspruch steht dem Kläger nicht aufgrund verfassungsrechtlicher Erwägungen zu.
Das für den Anspruch des Klägers geltende Leistungsrecht verletzt weder spezielle Grundrechte aus Art. 3, 6 des GG noch das Auffanggrundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot und schließlich auch nicht Art. 1 GG.
Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, auch in Verbindung mit der aus Art. 6 GG zu entnehmenden Wertung, ist nicht verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln (u.a. Bundesverfassungsgerichtsentscheidung -BVerfGE- 98,365, 385). Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen (z.B. BVerfGE 79, 1, 17). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zur strengen Bindung an Verhältnissmäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfGE 112, 174 m.w.N.). Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall der allgemeine Gleichheitssatz verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (BVerfGE 75, 108, 157; 93, 319, 348 ff.; 93, 319, 348 ff.; 107, 27, 46).
Ausgeschlossen ist danach schon wegen der Unterschiedlichkeit der Regelungsgegen-stände eine Verletzung des Gleichheitssatzes unter dem Gesichtspunkt, dass innerhalb der Beamtenbesoldung nach der Anzahl der zu unterhaltenden Kinder differenziert wird, nicht hingegen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes danach, ob der Leistungsberechtigte ein Kind oder mehrere Kinder unterhält.
Die Beamtenbesoldung unterliegt dem Alimentationsprinzip aus Art. 33 Abs. 5 GG. Dieses verpflichtet den Dienstherrn, dem Beamten amtsangemessenen Unterhalt zu leisten und hierbei die ihm durch seine Familie entstehenden Unterhaltspflichten realitätsgerecht zu berücksichtigen (u.a. BVerfGE 99, 300, 332 m.w.N.). Dagegen ist Arbeitslosengeld eine beitragsfinanzierte, für den regelmäßig kurzzeitigen Bezug konzipierte Sozialleistung, die Beamten nicht zugute kommen kann und deren wesentliche Aufgabe darin besteht, ausgefallenes Arbeitsentgelt zumindest teilweise und zumindest im Grundsatz unter Orientierung an der Höhe der geleisteten Beiträge zu ersetzen. Damit fehlt es an jeglicher, einen Vergleich erst ermöglichender Gemeinsamkeit (tertium comparationis).
Gleichfalls bereits im Ansatz ausgeschlossen ist eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Regelungen des SGB III deshalb, weil der Kläger als Alleinverdienender mit mehreren unterhaltsberechtigten Kindern im Falle seiner Arbeitslosigkeit für sich und seine Familie eine niedrigere "Nettolohn-Ersatzquote" erzielt als steuerrechtlich zusammen veranlagte Doppelverdiener mit einem oder ohne Kind bei Arbeitslosigkeit des jeweils besser Verdienenden. Dieser Unterschied ergibt sich – wie die Prozessbevollmächtigte des Klägers selbst in ihrem Schriftsatz vom 15.11.2004 ausführlich und mit Berechnungsbeispielen dargestellt hat – ausschließlich aus dem Steuerrecht als Auswirkungen der Steuerfreiheit des Arbeitslosengeldes in Verbindung mit dem durch zweckmäßige Wahl der Steuerklassen wahrzunehmenden Splittingvorteil zusammen veranlagter Paare. Die vom Kläger angenommene Benachteiligung insoweit ergäbe sich demnach nicht aus der hier zu prüfenden Höhe des Arbeitslosengeldes, sondern aus dessen steuerrechtlicher Einordnung und Behandlung. Der angenommene Gleichheitsverstoß insoweit fände damit ausschließlich innerhalb des Steuerrechts statt und wäre dort ggf. zu rügen und zu prüfen.
Auch unter dem verbleibenden Gesichtspunkt einer fehlenden Differenzierung der Höhe des zustehenden Leistungssatzes nach der Anzahl der zu unterhaltenden Kinder innerhalb von § 129 Nr. 1 SGB III a.F. lässt sich ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht feststellen. Wie bereits das Sozialgericht , schließt sich auch der Senat dem Urteil des BSG vom 27.06.1996 – 11 Rar 77/95 – (SozR 3 4100 § 111 Nr. 14 = BSGE 79,14-23) zu den inhaltsgleichen Regelungen des Arbeitsförderungsgesetzes – AFG – an. Hiernach ist eine Differenzierung zwischen Arbeitslosen mit einem Kind und solchen mit mehreren Kindern bei der Bemessung des Leistungssatzes verfassungsrechtlich nicht geboten. Unter Darlegung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass der Gesetzgeber weder verpflichtet ist, lohnsteuerrechtliche Begünstigungen im Rahmen der Bemessung von Lohnersatzleistungen wirksam werden zu lassen, noch ist er im Sinne eines strengen Nettolohn-Ersatzprinzipes verpflichtet, Lohnersatzleistungen strikt am individuellen früheren Nettolohn auszurichten. Vielmehr besteht entsprechend der Zweckbestimmung der Lohnersatzleistungen, ausfallendes Arbeitseinkommen auszugleichen, die Notwendigkeit, diese Leistungen schnell zu berechnen und auszuzahlen. Für die praktische Handhabung bietet sich daher eine Kategorisierung der zustehenden Leistungen in Leistungssätze unter Inkaufnahme von Differenzierungsverlusten im einzelnen Bewilligungsfall an. Das praktische Erfordernis bietet damit einen sachlich einleuchtenden Grund für die pauschalierende bzw. typisierende Regelung innerhalb des Leistungsrechts. Auch die noch im Klageverfahren der Begründung des gestellten Antrages zugrunde gelegte Überlegung, dem Kläger stünden Leistungen zumindest in Höhe der steuerlich relevanten Kinderfreibeträge zu, findet in dieser Entscheidung keine Stütze. Vielmehr ist dort entschieden, eine noch stärker auf den Einzelfall abstellende Berechnung widerspräche dem System einer insgesamt von dem individuellen Bedarf und der individuellen steuerlichen Situation des Arbeitslosen losgelösten Berechnung der beitragsfinanzierten Lohnersatzleistungen und damit der "Eigenart des zu regelnden Sachbereichs" im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BSGE a.a.O. S. 21). Ob die getroffene gesetzliche Regelung die denkbar zweckmäßigste oder gerechteste Lösung ist, ist dabei nicht zu prüfen.
Zur Überzeugung des Senats sind diese Überlegungen weder durch die Argumentation des Klägers noch durch nachfolgende Rechtsprechung in Frage gestellt. Entgegen der Argumentation des Klägers ist die pauschalierende und typisierende Leistungsbemessung nicht durch die fortgeschrittenen Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung, die eine zeitnahe und vollständige Erfassung der Leistungsdaten erlaube, überholt. Eine präzisere Ausrichtung der konkret zustehenden Lohnersatzleistungen am zuletzt erzielten bzw. im Leistungszeitraum fiktiv erzielbaren Nettoentgelt wird sich vielmehr regelmäßig auch heute zeitnah nicht erreichen lassen. Denn welches konkrete Nettoentgelt zustand, lässt sich ganz regelmäßig erst rückwirkend, nämlich nach Ablauf des steuerrechtlichen Veranlagungszeitraumes, also des Kalenderjahres (§ 25 Abs. 1 EStG), feststellen. Erst dann steht fest, welche Einkünfte die zusammen veranlagten Eheleute im abgelaufenen Jahr insgesamt erzielt haben, welche Anteile des Einkommens steuerfrei waren und wie sich insbesondere die kindbezogenen Steuervorteile auswirken. Dies gilt nicht nur für die steuerlichen Kinderfreibeträge, sondern auch für die anderen kinder-bedingten Erleichterungen wie die Möglichkeit, höhere Sonderausgaben für Vorsorge-aufwendungen geltend machen zu können, eine höhere Vorsorgepauschale, höhere Freibeträge bei der Kirchensteuer, die Erhöhung von Höchstgrenzen bei der Sparför-derung und Vermögensbildung sowie die Minderung der zumutbaren Eigenbelastung bei außergewöhnlichen Belastungen und den Freibetrag bei auswärtiger Unterbringung von Kindern in Ausbildung wahrzunehmen. Die Berücksichtigung solcher Begünstigungen bei der Berechnung der Lohnersatzleistung wäre in der Regel nicht möglich und würde – abgesehen von dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand – auch deutlich der Zweckbestimmung des Arbeitslosengeldes widersprechen. Angesichts der zahlreichen Besonderheiten, unter denen für unterhaltsberechtigte Kinder steuerliche Vergünstigungen gewährt werden, ist auch nicht ersichtlich, nach welchen Anhaltspunkten eine pauschale Berücksichtigung bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes erfolgen könnte (BVerfGE 63, 255 ff.). Aus dem Charakter des Arbeitslosengeldes als einer kurzfristig zu berechnenden und schnell zur Verfügung zu stellenden Lohnersatzleistung ergibt sich daher auch unter Berücksichtigung der verbesserten Möglichkeiten elektronischer Datenverarbeitung zur Überzeugung des Senats weiterhin die Notwendigkeit der vom Gesetz vorgesehenen Pauschalierung und Typisierung.
Der Ansatz, das zustehende Arbeitslosengeld einfach in Höhe der steuerrechtlichen Kinderfreibeträge zu bemessen, verkennt sowohl die Unterschiedlichkeit der Regelungszusammenhänge als auch den beitragsfinanzierten Charakter des Arbeitslosengeldes.
Innerhalb des Steuerrechts gebietet Art. 6 Abs. 1 GG, bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei zu belassen. Dabei bildet das sozialhilferechtlich definierte Existenzminimum die Grenze für das einkommens-steuerrechtliche Existenzminimum, die über- aber nicht unterschritten werden darf. Im Ergebnis ist daher – nur – im Steuerrecht das einkommenssteuerrechtliche Existenzminimum für alle Steuerpflichtigen unabhängig von ihrem individuellen Grenzsteuersatz in voller Höhe von der Einkommenssteuer freizustellen (BVerfGE 99, 246). Auch innerhalb des steuerrechtlichen Familienlastenausgleiches begrenzen die Kinderfreibeträge aber lediglich den staatlichen Eingriff in Form der Besteuerung, verpflichten ihn jedoch nicht zur Leistungsgewährung. Verfassungsrechtlich geboten ist lediglich die Steuerfreistellung des Existenzminimums der Kinder, nicht die Gewährung von Steuerminderung oder Kindergeld in Höhe des Existenzminimums oder der Ausgleich jeglicher die Familie betreffender Belastungen (BFHE 198, 201; zuletzt Beschluss des BFH vom 21.02.2007 – IIIb 35/05 -). Erst recht können daher die steuerrechtlichen Kinderfreibeträge nicht als Bemessungsmaßstab außerhalb des Steuerrechts für beitragsfinanzierte Ersatzleistungen wie das Arbeitslosengeld herangezogen werden.
Eine Bemessung des Arbeitslosengeldes nach steuerrechtlichen Freibeträgen verbietet auch der Umstand, dass es sich bei dem Arbeitslosengeld um eine beitragsfinanzierte Sozialleistung handelt. Denn aus dem beitragsfinanzierten Charakter der Leistung ergibt sich im Grundsatz, dass Versicherte mit einem gleich hohen beitragspflichtigen Arbeitsentgelt auch mit einer gleich hohen Lohnersatzleistung rechnen können müssen (BVerfGE 102, 127 = SozR 3 2400 § 23a Nr. 1). Das geltende Recht begünstigt den Kläger und seine Familie insoweit, als es ihm nach § 129 SGB III 67% des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt) zubilligt, während einem Arbeitslosen ohne steuerlich berücksichtigungsfähige Kinder – bei gleicher Beitragsleistung – nur 60% dieses Entgelts zustünden. Der Klägerseite ist zuzugeben, dass die Regeln der Arbeitslosengeldbemessung nicht völlig systematisch sind und teilweise dem Versicherungsprinzip, teilweise dem Entgeltausfallprinzip folgen, dessen Anknüpfungspunkt nicht das Versicherungsverhältnis und die entrichteten Beiträge sondern das erzielbare Entgelt ist (Pawlak in: Eicher/Schlegel, SGB III Stand Juni 2007, § 129, Rn 38). Damit erscheint die Existenz unterschiedlicher Leistungssätze für Arbeitslose mit und ohne Kinder zunächst als systemfremd. Sie widerspricht sowohl dem Versicherungsprinzip als auch dem Entgeltausfallprinzip. Die Differenzierung ist gesetzeshistorisch dadurch erklärbar, dass der Gesetzgeber sie herbeigeführt hat, indem er im Rahmen einer Absenkung des ursprünglich für Arbeitslose mit und ohne Kinder einheitlichen Leistungssatzes durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22.12.1983 (BGBl. I 1532) Arbeitslose mit Kindern aus sozialen Erwägungen von der Absenkung ausgenommen hat (BTDrs. 10/335, S. 85; BSG im bereits erwähnten Urteil vom 25.06.1996 a.a.O. mit ausführlicher Darstellung).
Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG auch unter Berücksichtigung der sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ergebenden Bewertungen ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum "generativen Beitrag" durch Erziehung und Unterhalt eigener Kinder im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung nach dem SGB XI (BVerfGE 103, 242 ff. = SozR 3 3300 § 54 Nr. 2). Zur Überzeugung des Senats besteht insoweit allerdings nur äußerst bedingt überhaupt eine Vergleichbarkeit des Beitrages durch die Erziehung eigener Kinder in der Pflegeversicherung einerseits und in der Arbeitslosenversicherung andererseits. Im Aufgabenbereich der Pflegeversicherung lässt das Vorhandensein eigener Kinder typisierend die Erwartung zu, dass diese durch Beitragsleistung und Betreuung ihrer altersgeschwächten Eltern das soziale Leistungssystem Pflegeversicherung entlasten bzw. stützen werden. Diese Überlegung gilt für die Arbeitslosenversicherung nach dem SGB III dem Sicherungsziel dieser Sozialversicherung nach nicht und hinsichtlich eines eigenen finanziellen Beitrages der Kinder nur dann, wenn sie eine zur Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtige abhängige Beschäftigung aufnehmen.
Selbst auf dem Hintergrund der wie dargestellt in der Pflegeversicherung größeren Bedeutung des "generativen Beitrages "durch eigene Kinder hat das Bundesverfassungsgericht es als mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes in Art. 3 Abs. 1 auch in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar angesehen, wenn der Gesetzgeber, der bei der Gestaltung sozialer Sicherungssysteme einen weiten Gestaltungsspielraum habe, die Erziehungsleistung von Eltern auf der Leistungsseite nicht berücksichtigt, obwohl sie langfristig Einfluss auf die Höhe der Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung habe (Bundesverfassungsgericht a.a.O. C III 3). Erst recht fernliegend erscheint eine Verpflichtung des Gesetzgebers, dem in der Arbeitslosenversicherung weniger bedeutsamen generativen Beitrag durch Kindererziehung wie vom Kläger gefordert, durch Leistungsgewährung über das Maß der schon jetzt durch § 129 Abs. 1 SGB III durchbrochenen Beitragsäquivalenz hinaus Rechnung zu tragen.
Verstöße gegen die Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des GG sowie Art. 1 des GG hat der Kläger mehrfach behauptet, eine Begründung hierzu jedoch unterlassen. Seinem Sachvortrag kann entnommen werden, dass er eine Verletzung beider Grundrechte darin sieht, dass ihm die zur Existenzsicherung sowie zur Führung eines Lebens unter angemessen erscheinenden materiellen Bedingungen notwendigen Mittel nicht (alleine) als Arbeitslosengeld zur Verfügung gestellt werden. Der Gesetzgeber ist jedoch von Verfassung wegen nicht gehalten, das Lebensstandardprinzip bei der Ausgestaltung der Arbeitslosenversicherung zu beachten und dem Arbeitslosen durch eine entsprechende Bemessung des Arbeitslosengeldes die Aufrechterhaltung seines bisherigen Lebensstandards voll zu ermöglichen (Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 90, 226 = SozR 3 2400 § 111 Nr. 6). Die Lohnersatzleistung muss auch nicht so gestaltet sein, dass in jedem Fall allein aus ihr das Existenzminimum des Versicherten gesichert ist. Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft. Hierzu ist auf subsidiäre Leistungssysteme wie die Grundsicherung nach dem SGB II und die Sozialhilfe nach dem SGB XII zu verweisen (vgl. BSG im Urteil vom 25.06.1996 – 11 Rar 77/95 – a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Erstellt am: 21.08.2007
Zuletzt verändert am: 21.08.2007