Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 28.12.2007 geändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 13.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2007 verurteilt, der Klägerin Insolvenzgeld unter Berücksichtigung von 2/12 des Urlaubsgeldes für 2006 und 1/12 des Urlaubsgeldes für 2007 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt 1/10 der Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von höherem Insolvenzgeld (InsG) unter Berücksichtigung einer vollen Jahressonderzahlung und 3/12 des Urlaubsgelds.
Die 1950 geborene Klägerin war bei der Fa. I AG, M, ( im Folgenden: Arbeitgeberin) als gewerbliche Arbeitnehmerin beschäftigt. Über das Vermögen der Arbeitgeberin wurde durch Beschluss vom 01.02.2007 des Amtsgerichts Bielefeld, 43 IN 1282/06, das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Klägerin und die Arbeitgeberin waren tarifgebunden. Im Tarifvertrag über Jahressonderzahlungen für die gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellten und Auszubildenden der Bekleidungsindustrie vom 23.09.2000, geschlossen zwischen der Bundesvereinigung der Arbeitgeber im Bundesverband Bekleidungsindustrie e.V. und der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), sind u.a. folgende Regelungen enthalten:
"§ 2 Voraussetzung und Höhe der Jahressonderzahlung
1)
Der Anspruch auf die Jahressonderzahlung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer bzw. Auszubildende am Auszahlungstag in einem ungekündigten Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis steht und dem Betrieb am 31. 0ktober des jeweiligen Kalenderjahres mindestens 3 Monate ununterbrochen angehört …
2)
Die Jahressonderzahlung beträgt 82,5 % eines Monatsverdienstes bzw. einer monatlichen Ausbildungsvergütung.
3)
Unter der Voraussetzung, dass die Wartezeit gemäß Ziff. 1 erfüllt ist, haben im Laufe des Kalenderjahres eintretende Arbeitnehmer und Auszubildende Anspruch auf ein Zwölftel der Jahressonderzahlung für jeden Kalendermonat, in dem das Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis mindestens 14 Kalendertage bestanden hat.
4)
Entsprechendes gilt
a)
für Arbeitnehmer, die im Laufe des Kalenderjahres aufgrund eigener Kündigung wegen Eintritts in den Ruhestand, Bezugs einer Erwerbsunfähigkeitsrente oder wegen Betriebsunfalls ausscheiden,
b)
für Arbeitnehmer, die nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 10 Jahren aufgrund eigener Kündigung aus gesundheitlichen Gründen ausscheiden,
c)
für Arbeitnehmerinnen, die aufgrund einer Kündigung i.S.d. § 10 Abs. 1 MuSchG nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens einem Jahr ausscheiden,
d)
für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens einem Jahr in der 2. Kalenderjahreshälfte, nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens zwei Jahren im zweiten Kalenderjahresquartal aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung endet
… 5)
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr ruht, haben keinen Anspruch auf Jahressonderzahlung. Ruht das Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis im Kalenderjahr teilweise, so haben Arbeitnehmer bzw. Auszubildende Anspruch auf ein Zwölftel der Jahressonderzahlung für jeden Kalendermonat, in dem mindestens 2 Wochen Anspruch auf Arbeitsentgelt bzw. Ausbildungsvergütung besteht. Gleiches gilt für Arbeitnehmer bzw. Auszubildende, die über den Entgeltfortzahlungszeitraum von 6 Wochen hinaus arbeitsunfähig sind oder die aus anderen Gründen keine bezahlte Arbeitsleistung erbringen …
6)
Die Jahressonderzahlung ist spätestens am 30. November (Auszahlungstag) auszuzahlen. Bei Beendigung des Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses ist die Jahressonderzahlung mit der Schlussabrechnung fällig. Etwaige vorherige Auszahlungen der Jahressonderzahlung gelten insoweit als Vorschuss.
§ 4 Anrechenbarkeit und Rückzahlung der Jahressonderzahlung
1)
Auf die Jahressonderzahlung können alle betrieblichen Leistungen wie Weihnachtsgratifikation, Jahresabschlussvergütungen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Tantiemen, dreizehnte Monatsengelte und dergleichen angerechnet werden.
2)
Die Jahressonderzahlung ist, soweit sie DM 300,- übersteigt, zurückzuzahlen, wenn das Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres infolge fristloser Entlassung oder Arbeitsvertragsbruches endet.
3)
Die Jahressonderzahlung ist, soweit sie DM 500,-, übersteigt, zurückzuzahlen, wenn das Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis vor dem 31. Dezember des laufenden Kalenderjahres durch den Anspruchsberechtigten gekündigt wird …
§ 5 Wegfall der Jahressonderzahlung bei fehlender oder nicht nennenswerter Arbeitsleistung
Eine Jahressonderzahlung kann nicht geltend gemacht werden, wenn während des Kalenderjahres keine Arbeitsleistung oder nur Arbeitsleistung in nicht nennenswertem Umfang erbracht worden ist. Arbeitsleistung in nicht nennenswertem Umfang liegt dann vor, wenn weniger als 2 Wochen im Kalenderjahr gearbeitet worden ist …"
In dem Tarifvertrag über zusätzliches Urlaubsgeld für die gewerblichen Arbeitnehmer, einschließlich der Auszubildenden, der Bekleidungsindustrie in Westfalen vom 12. Mai 2006, der zwischen dem Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V., Münster, und der IG Metall, Bezirksleitung NRW, abgeschlossen worden ist, heißt es u.a.:
"§ 2
Gewerbliche Arbeitnehmer einschließlich der Auszubildenden haben in jedem Urlaubsjahr Anspruch auf Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes. Der volle Anspruch darauf ist erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben. Das zusätzliche Urlaubsgeld erhöht sich in jedem Urlaubsjahr um den gleichen Prozentsatz der tariflichen Erhöhung des Akkordrichtsatzes der Lohngruppe IV des Lohntarifvertrages …
Soweit Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Gewährung des zusätzlichen Arbeitsentgeltes in voller Höhe haben, erhalten sie für jeden vollen und für jeden angefangenen Monat der Beschäftigung ein Zwölftel des zusätzlichen Urlaubsgeldes. Sofern kein Anspruch auf Jahresurlaub besteht, entfällt der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld.
§3
Der Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld besteht nicht, soweit dem Arbeitnehmer für das laufende Urlaubsjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber zusätzliches Urlaubsgeld gezahlt worden ist.
§ 4
Das Urlaubsgeld ist zusammen mit der Urlaubsvergütung vor Antritt des Sommerurlaubs auszuzahlen.
§ 5
Arbeitnehmer, die nach Auszahlung des zusätzlichen Urlaubsgeldes durch eigene Kündigung aus ihrem Arbeitsverhältnis ausscheiden, haben von dem erhaltenen zusätzlichen Urlaubsgeld ein Zwölftel für jeden vollen Monat des Urlaubsjahres zurückzuerstatten, in dem das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht, soweit die Kündigung nicht
a) wegen Bezugs von Alters- oder Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Sozialversicherung oder Eintritts in den Vorruhestand,
b) wegen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis nach § 10 Abs. 1 MuSchG ausgesprochen wurde.
2)
Für Arbeitnehmer, die durch eigenes Verschulden aus einem Grunde entlassen worden sind, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt, und Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis im Einvernehmen mit ihrem Arbeitgeber beenden, gilt Abs. 1 entsprechend.
3)
Arbeitnehmer, die unter Arbeitsvertragsbruch ausgeschieden sind, haben bereits erhaltenes zusätzliches Urlaubsgeld voll zurückzuerstatten." Zumindest seit 2000 zahlte die Arbeitgeberin das zusätzliche Urlaubsgeld im Juni jedes Jahres an ihre Arbeitnehmer aus. Im Juni 2006 erfolgte keine Auszahlung des zusätzlichen Urlaubsgelds.
Am 17.11.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von InsG. Durch Bescheid vom 13.02.2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin InsG für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 31.01.2007 in Höhe von insgesamt 3.033,27 EUR. In dem Betrag war u. a. 3/12 der jährlichen Jahressonderzahlung in Höhe von 400,22 EUR enthalten. Das Urlaubsgeld wurde bei der Berechnung des InsG nicht berücksichtigt.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2007 als unbegründet zurück. Sie führte u.a. aus, dass nur bei Jahressonderzahlungen mit reinem Entgeltcharakter eine Zwölftelung und damit anteilige Zuordnung zum InsG-Zeitraum in Betracht kämen. Aus den tarifvertraglichen Regelungen, insbesondere § 2 Ziffer 3 des Tarifvertrages, ergebe sich, dass es sich bei der Weihnachtsgratifikation um eine Jahressonderzahlung mit reinem Entgeltcharakter handele und eine Zwölftelung geboten sei. Das Urlaubsgeld könne nicht anteilig dem InsG-Zeitraum zugeordnet werden. Das Urlaubsgeld sei nicht insolvenzgeldfähig, da es nach den tarifvertraglichen Regelungen, eine Belohnung für die Betriebstreue darstelle und der Fälligkeitszeitraum außerhalb des Insolvenzgeldzeitraums gelegen habe.
Am 04.05.2007 hat die Klägerin Klage auf höheres InsG erhoben. Sie hat vorgetragen, dass bei der Berechnung der Höhe des InsG 3/12 des Urlaubsgeldes zu berücksichtigen seien, da das Urlaubsgeld aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen insolvenzgeldfähig sei. Ihr tarifvertraglicher Anspruch auf Jahressonderzahlung sei in voller Höhe über das InsG auszugleichen. Der einschlägige Tarifvertrag sehe vor, dass die Jahressonderzahlung spätestens am 30.11. auszuzahlen sei. Dieser Zeitpunkt liege im vorliegenden Fall im InsG-Zeitraum. Es handele sich insoweit um eine Stichtagsregelung.
Durch Gerichtsbescheid vom 28.12.2007 hat das Sozialgericht (SG) Detmold die Klage abgewiesen. Es hat u.a. ausgeführt, dass bei der Berechnung des InsG nur 3/12 der Jahressonderzahlung zu berücksichtigen seien. Der maßgebliche Tarifvertrag habe die Jahressonderzahlung als zeitanteiligen Anspruch geregelt, so dass die nach dem Tarifvertrag zu gewährende Sonderzuwendung einzelnen Monaten zuzurechnen sei. Die in § 2 Ziffer 6 des Tarifvertrages getroffene Auszahlungsregelung stelle eine bloße Fälligkeitsregelung dar. Ebenso stehe der Klägerin kein Anspruch auf 3/12 des Uhrlaubsgeldes zu. Nach dem maßgeblichen Tarifvertrag handele es sich bei dem Anspruch der Arbeitnehmer auf zusätzliches Urlaubsgeld nicht um eine urlaubsunabhängige Sonderzuwendung, sondern um eine akzessorische Arbeitgeberleistung für die Dauer des Sommerurlaubs, mit der urlaubsbedingte Mehraufwendungen ausgeglichen werden sollen. Sommerurlaubstage fielen nicht in den maßgeblichen InsG-Zeitraum vom 01.11.2006 bis zum 31.01.2007.
Gegen den am 14.01.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 07.02.2008 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, dass sich die Jahressonderzahlung nicht einzelnen Monaten zuordnen lasse, vielmehr handele es sich bei § 2 des einschlägigen Tarifvertrages um eine Stichtagsregelung. § 2 sehe für den Regelfall des Ausscheidens eines Arbeitnehmers vor dem Auszahlungstag (30.11. des Kalenderjahres) eine Aufteilung und Zuordnung zu einzelnen Monaten nicht vor. Grundsätzlich entstehe der Anspruch vielmehr erst mit dem Fälligkeitstag. Soweit § 2 des Tarifvertrages eine anteilige Leistung der Jahressonderzahlung für anspruchsberechtigte Arbeitnehmer vorsehe, deren Arbeitsverhältnis im Laufe des Kalenderjahres aufgrund Kündigung, des Eintritts in den Ruhestand, Rentenbezugs, Betriebsunfalls u.a. insbesondere aus gesundheitlichen Gründen ende, handele es sich um eine Ausnahmeregelung. Insoweit verweise sie auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18.01.1990, 10 RAr 10/89. Das zusätzliche Urlaubsgeld sei anteilig als InsG zu zahlen, da es sich nicht um eine über das Urlaubsentgelt hinausgehende akzessorische Arbeitgeberleistung für die Dauer des Urlaubs handele. Entgegen der Auffassung des SG könne aus der Fälligkeitsregelung des § 4 des Tarifvertrages nicht der Schluss gezogen werden, dass das zusätzliche Urlaubsgeld dem einzelnen Arbeitgeber regelmäßig zum jeweiligen Urlaubsantritt als Teil seines Urlaubsentgeltes gezahlt werde. § 4 des Tarifvertrages ordne an, dass das Urlaubsgeld, unabhängig vom Urlaubsantritt des Einzelnen, an alle Arbeitnehmer zu demselben Zeitpunkt erbracht werde. Dem stehe nicht entgegen, dass die Regelung des § 4 des Tarifvertrages anscheinend davon ausgehe, dass der einzelne Arbeitnehmer hinsichtlich des Urlaubsantritts keine Wahlmöglichkeit habe. Denn nur, wenn der Betrieb insgesamt geschlossen werde, erscheine auch ein bestimmter Zahlungstermin "vor Antritt des Sommerurlaubs" überhaupt noch praktikabel. § 4 des Tarifvertrages stelle eine Fälligkeitsregelung dar, nach der das zusätzliche Urlaubsgeld entgegen dem Wortlaut unabhängig vom Urlaubsantritt des einzelnen Arbeitnehmers und seiner Urlaubsentgeltzahlung allen Arbeitnehmern zu demselben Zeitpunkt zu zahlen sei. Aufgrund dieser sowie der weiteren Tatsache, dass das zusätzliche Urlaubsgeld entsprechend den tariflichen Regelungen mit einem Rückforderungsvorbehalt belastet sei, werde es entsprechend dem Tarifvertrag über zusätzliches Urlaubsgeld rechtlich getrennt vom Urlaubsentgelt behandelt. Deshalb handele es sich um eine Urlaubsgratifikation. Insoweit nehme sie Bezug auf die Entscheidung des Landessozialgerichts NRW vom 27.09.1990, L 9 Ar 204/88.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 28.12.2007 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2007 zu verurteilen, ihr höheres InsG unter Berücksichtigung von 3/12 des tariflichen zusätzlichen Urlaubsgeldes sowie der vollen Jahressonderzahlung aus dem Kalenderjahr 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtskate und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf höheres InsG insoweit zu, als bei der Berechnung des InsG 2/12 des Urlaubsgelds für das Jahr 2006 und 1/12 des Urlaubsgelds für das Jahr 2007 zu berücksichtigen sind. Im übrigen ist die Berufung unbegründet.
Anspruch auf InsG haben nach § 183 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) Arbeitnehmer, wenn sie bei Eröffnung des InsG-Verfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitentgelt haben. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören nach § 183 Abs 1 S. 3 SGB III alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sie sich den dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monaten des Arbeitsverhältnisses zuordnen lassen. Der InsG-Zeitraum umfasst vorliegend die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 31.01.2007. Bei der tarifvertraglichen Jahrssonderzahlung wie auch dem zusätzlichen Urlaubsgeld handelt es sich um Arbeitsentgelt i.S.v. § 183 Abs.1 S. 3 SGB III (zum Charakter des zusätzlichen Urlaubsgeldes als Arbeitsentgelt siehe BSG, Urteil vom 23.03.2006, B 11a AL 65/05 R m.w.N.). Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Berücksichtigung der vollen Jahressonderzahlung für das Jahr 2006 bei der Berechnung des InsG zu, da die tarifvertragliche Jahressonderzahlung nicht dem ganzen Jahr 2006, sondern anteilig den einzelnen Monaten im Jahr 2006 bzw. 2007 zuordnen ist (siehe Punkt I). Die Beklagte ist verpflichtet, bei der Berechnung des InsG 2/12 des Urlaubsgelds für das Jahr 2006 und 1/12 des Urlaubsgelds für das Jahr 2007 zu berücksichtigen. Denn bei dem tarifvertraglichen zusätzlichen Urlaubsgeld handelt es sich um eine urlaubsunabhängige Jahressonderzahlung, die sich anteilig den einzelnen Monaten des Jahre zuordnen lässt (siehe Punkt II).
I. Die Beklagte hat in die Berechnung des InsG zu Recht nicht die volle, sondern nur 3/12 der tarifvertraglichen Jahressonderzahlung in Höhe von 400,22 EUR einbezogen.
Jährliche Sonderzuwendungen außerhalb des laufenden Arbeitsentgelts sind bei der Berechnung des InsG nach § 183 SGB III nur dann berücksichtigungsfähig, wenn sie sich ganz oder anteilig den dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monaten zuordnen lassen. Bei der zeitlichen Zuordnung einer Jahressonderzahlung sind der arbeitsrechtliche Entstehungsgrund und die Zweckbestimmung der Leistung ausschlaggebend (BSG, Urteil vom 23.03.2006, B 11a AL 65/05 R, Rdz. 14, 16 m.w.N.). Arbeitsvertragliche Vereinbarungen bzw. Regelungen, die bei vorherigem Ausscheiden des Arbeitnehmers einen zeitanteiligen Anspruch vorsehen, begründen einen Insolvenzgeld-Anspruch in Höhe des auf den Insolvenzgeld-Zeitraum entfallenden Anteils. Lässt sich die Sonderzuwendung nicht in dieser Weise einzelnen Monaten zuordnen, ist sie in voller Höhe bei dem InsG zu berücksichtigen, wenn sie im InsG-Zeitraum zu einem Stichtag im Arbeitsverhältnis stehenden Arbeitnehmern hätte ausgezahlt werden müssen. Ist dies nicht der Fall, findet sie überhaupt keine Berücksichtigung (BSG, Urteil vom 23.03.2006, B 11a AL 65/05 R, m.w.N.; Urteil vom 02.11.2000, B 11 AL 87/99 R). Eine Jahressonderzahlung, die grundsätzlich allen Arbeitnehmern bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen im jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt ungekürzt und unabhängig von der Betriebszugehörigkeit im Laufe des Jahres auszuzahlen ist, wird nicht zeitanteilig erarbeitet und lässt sich deshalb nicht einzelnen Monaten des Jahres zuordnen (BSG, Urteil vom 21.07.2005, B 11a/11 AL 53/04 R m.w.N.).
Nach Auffassung des Senats ergeben die Einzelregelungen des hier maßgeblichen Tarifvertrages vom 23.09.2000 in ihrer Gesamtschau, dass die Jahressonderzahlung im vorliegenden Fall Entgelt für die während des ganzen Jahres erbrachte Arbeitsleistung ist und einzelnen Monaten zugeordnet werden kann. Dies ergibt sich aus § 2 (Mindestbetriebszugehörigkeit von drei Monaten), §3 (Berechnung aus dem Durchschnittsverdienst Januar bis September), § 2 Abs. 3 (anteiliger Anspruch bei einer Betriebszugehörigkeit von weniger als 12 Monaten), § 2 Abs. 5 (Ausschluss beim Ruhen des Arbeitsverhältnisses, jedoch nur anteilig , wenn das Arbeitsverhältnis während des Kalenderjahres nur anteilig ruht), § 2 Abs. 4 (anteilige Leistung, wenn das Arbeitsverhältnis durch Bezug einer Rente, Ausscheiden durch Betriebsunfall, arbeitnehmerseitige Kündigung aus Gesundheitsgründen nach einer Mindestbetriebszugehörigkeit, arbeitgeberseitiger betriebsbedingter Kündigung nach einer Mindestbetriebszugehörigkeit beendet wurde), § 4 (fakultative Anrechnung von Leistungen, die typischerweise kein Arbeitsentgelt sind – Weihnachtsgratifikation, Jahresabschlussvergütungen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Tantiemen -) (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1997, 10 RAr 5/97). Den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern hat die Jahressonderzahlung bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages – Bestehen eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses und ununterbrochene dreimonatige Betriebszugehörigkeit – nicht uneingeschränkt zugestanden, vielmehr ist dem Tarifvertrag der Grundgedanke zu entnehmen, dass der Anspruch auf die Jahressonderzahlung von der Dauer der im Kalenderjahr erbrachten Arbeitsleistung abhängig ist. Der Tarifvertrag sieht nämlich eine Staffelung der Höhe der Jahressonderzahlung entsprechend der Anzahl der Kalendermonate vor, in denen das Arbeitsverhältnis mindestens 14 Kalendertage bestanden hat (1/12 der Jahressonderzahlung pro Kalendermonat). Diese Staffelung der Jahressonderzahlung gilt auch bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses, einer über den Entgeltfortzahlungszeitraum von 6 Wochen hinausgehenden Arbeitsunfähigkeit sowie aus anderen Gründen nicht erbrachter Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers. Auch im Fall des vorzeitigen Ausscheidens eines Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis während des Kalenderjahres regelt der Tarifvertrag unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch der Arbeitnehmer auf eine anteilige Zahlung. Insoweit unterscheiden sich die im vorliegenden Fall maßgeblichen tarifvertraglichen Regelungen von denen, die der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BSG vom 18.01.1990, 10 RAr 10/89, zugrundegelegen haben. Denn die tarifvertraglichen Regelungen dort sahen eine anteilige Leistung der Jahressonderzahlung nur für anspruchsberechtigte Arbeitnehmer vor, deren Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr kraft Gesetzes oder Vereinbarung teilweise geruht hatte. In den Fällen einer nicht im ganzen Kalenderjahr voll erbrachten Arbeitsleistung (z. B. bei Ausscheiden eines Arbeitnehmers vor dem Auszahlungstag) regelten sie aber keine Staffelung der Jahressonderzahlung (vgl. BSG, Urteil vom 18.01.1990, 10 RAr 10/89 juris Rdz. 18). Die hier in § 2 Ziffer 6 des Tarifvertrages vorgesehenen Auszahlungsbestimmung – Auszahlung spätestens am 30.11 des Kalenderjahres – stellt keine Stichtagsregelung, sondern eine Fälligkeitsregelung dar. Dies ergibt sich insbesondere aus § 2 Ziffer 6 Satz 2, wonach die Jahressonderzahlung bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Schlussabrechnung fällig wird, also die tarifvertragliche Leistung zu einem anderen Zeitpunkten als dem 30.11. fällig wird.
Anhaltspunkte, dass die Beklagte den zu berücksichtigenden Anteil des Jahressonderzahlung von 3/12 unzutreffend ermittelt hat, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht von der Klägerin vorgetragen.
II. Die Beklagte ist verpflichtet, bei der Berechnung des InsG 2/12 des tarifvertraglichen zusätzlichen Urlaubsgelds für das Jahr 2006 und 1/12 des Urlaubsgelds für das Jahr 2007 zu berücksichtigen.
Entscheidend für die Zuordnung des Urlaubsgelds zum InsG-Zeitraum ist, ob es sich bei dem zusätzlichen Urlaubsgeld um eine über das Urlaubsentgelt i.S.d. §§ 1,11 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hinausgehende akzessorische Arbeitgeberleistung für die Dauer des Urlaubs handelt, mit der urlaubsbedingte Mehraufwendungen ausgeglichen werden sollen oder um eine urlaubsunabhängige Leistung (siehe BSG, Urteil vom 23.03.2006, B 11a AL 65/05 R). Bei einer akzessorischen Arbeitgeberleistung zum Urlaubsentgelt ist das Urlaubsgeld zu berücksichtigen, wenn im InsG-Zeitraum tatsächlich Urlaub gewährt wird und ein Anspruch auf Urlaubsvergütung besteht. Ein urlaubsunabhängiges Urlaubsgeld ist – wie jede andere jährliche Sonderzuwendung – außerhalb des laufenden Arbeitsentgelts nur dann berücksichtigungsfähig, wenn es sich ganz oder anteilig den dem Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monaten zuordnen lässt (siehe BSG, Urteil vom 23.03.2006, B 11a AL 65/05 R, Rdz. 15,16). Ob das Urlaubsgeld streng akzessorisch oder unabhängig vom Urlaubs geregelt worden ist, kann nicht auf Grund eines aus der Lebenserfahrung abgeleiteten Regel-Ausnahmeverhältnisses bestimmt werden, sondern ist jeweils anhand des einzelnen Tarifvertrages zu beurteilen (BAG, Urteil vom 15.04.2003, 9 AZR 137/02).
Bei einer Gesamtschau des hier maßgeblichen Tarifvertrages vom 12.05.2006 ist das zusätzlichen Urlaubsgeld nicht mit der tatsächlichen Inanspruchnahme von Urlaub und der Gewährung einer Urlaubsvergütung verknüpft, sondern als urlaubsneutrale Leistung ausgestaltet (vgl. LSG NRW, Urteil vom 27.09.1990, L 9 Ar 204/88 zum Tarifvertrag über zusätzliches Urlaubsgeld für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie vom 17.06.1986). Aus der tarifvertraglichen Bezeichnung als "Urlaubsgeld" allein kann nicht auf eine Akzessorität zum Erholungsurlaub geschlossen werden (BAG, Urteil vom 15.04.2003, 9 AZR 137/02). Für den Charakter dieser Arbeitgeberleistung als saisonale Sonderzahlung spricht zum einen, dass sich nach § 2 des Tarifvertrages das zusätzliche Urlaubsgeld nicht nach der Höhe des Urlaubsentgeltes bemisst. Die Höhe bestimmt sich vielmehr nach einem Festbetrag, der sich in jedem Urlaubsjahr um den gleichen Prozentsatz wie der Akkordrichtsatz der Lohngruppe IV des Lohntarifvertrages erhöht. Des weiteren ist die Zahlung der tarifvertraglichen Leistung nicht nur von dem Bestehen eines Urlaubsanspruchs, sondern auch von der Zurücklegung einer sechsmonatigen Wartezeit abhängig bzw. wird das Urlaubsgeld bei Nichterfüllung der Wartezeit anteilig gekürzt. Die Höhe des tariflichen Urlaubsgeldes hängt damit nicht von der Dauer des tatsächlich genommenen Urlaubs ab. Dies spricht gegen die Annahme, dass durch das Urlaubsgeld der Ausgleich von Mehraufwendungen des tatsächlich genommenen Urlaubs bezweckt ist. Auch die Regelungen über den Entfall der Leistung, wenn der Arbeitnehmer im laufenden Urlaubsjahr von einem früheren Arbeitgeber zusätzliches Urlaubsgeld erhalten hat (§ 3) sowie die über eine anteilige Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers bei einer nach der Auszahlung des Urlaubsgelds erfolgten Kündigung des Arbeitsverhältnisses im Urlaubsjahr (§ 5) sprechen für eine urlaubsunabhängige Sonderzuwendung. Die Regelung, dass der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld bei Nichtbestehen eines Urlaubsanspruches entfällt (§ 2), schließt den Charakter des Urlaubsgelds als urlaubsunabhängigen Sonderzuwendung nicht aus. Hieraus folgt nur, dass der Anspruch auf den Kreis der Arbeitnehmer beschränkt ist, für die ein Urlaubsanspruch im Urlaubsjahr überhaupt besteht. Der tarifvertragliche Anspruch setzt aber nicht voraus, dass der Urlaub tatsächlich angetreten wird. Auch aus der Regelung über den Auszahlungszeitpunkt des Urlaubsgelds – Auszahlung vor Antritt des Sommerurlaubs zusammen mit der Urlaubsvergütung (§ 4) – folgt nicht zwingend, dass es sich bei dem Urlaubsgeld um eine über das Urlaubsentgelt i.S.d. §§ 1,11 BUrlG hinausgehende akzessorische Arbeitgeberleistung für die Dauer des Urlaubs handelt. Vielmehr ist in § 4 des Tarifvertrages ein saisonaler Auszahlungstermin bestimmt, der durch betriebliche Übung auf Juni des jeweiligen Urlaubsjahres konkretisiert wurde. Der Senat folgt nach eigener Prüfung der Auffassung des 9. Senats des Landessozialgericht zu der gleichlautenden Vorgängerregelung des § 4 in dem Tarifvertrag über das zusätzliche Urlaubsgeld vom 17.06.1986 (Urteil vom 27.09.1990, L 9 Ar 204/88), wonach § 4 des Tarifvertrages eine saisonale Fälligkeitsregelung darstellt, nach der das Urlaubsgeld entgegen seinem Wortlaut – unabhängig vom Urlaubsantritt des einzelnen Arbeitnehmers und einer Urlaubsentgeltzahlung – allen Arbeitnehmern zu dem selben Zeitpunkt im Sommer zu zahlen ist. Der im Tarifvertrag genannte Auszahlungstermin knüpft nicht an den tatsächlichen Antritt eines Urlaubs durch einen Arbeitnehmer an, sondern stellt auf einen Zeitpunkt "vor Antritt des Sommerurlaubs" ab, wobei der Begriff "Sommerurlaub" unbestimmt ist. Den tarifvertraglichen Regelungen kann aber nicht der Wille der Tarifvertragsparteien entnommen werden, dass ein Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld nicht besteht, wenn ein Arbeitnehmer keinen Urlaub im Sommer nimmt, sondern seinen Urlaubsanspruch voll in einer anderen Jahreszeit ausschöpft. Vielmehr soll allen Arbeitnehmern, die einen Urlaubsanspruch haben und die Wartezeit erfüllen, ein Anspruch auf ungekürztes Urlaubsgeld zustehen. Bei der Auslegung der Auszahlungsregelung in § 4 des Tarifvertrages sind die Regelungen des Urlaubstarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Bekleidungsindustrie in Westfalen heranzuziehen, wonach der Urlaub für alle Arbeitnehmer je nach den betrieblichen Belangen gleichzeitig oder einzeln gewährt werden kann und in Betrieben, die geschlossenen Urlaub nehmen (Betriebsferien), Sonderwünsche bezüglich einer anderweitigen Urlaubsgewährung nicht berücksichtigt werden (§ 4). Die Fälligkeitsregelung – vor Antritt des Sommerurlaubs – ist im Hinblick auf die Möglichkeit der Anordnung von Betriebsferien, die typischerweise im Sommer anfallen, verständlich und konkret. Für die Auslegung der Auszahlungsbestimmung in § 4 des Tarifvertrages als saisonale Fälligkeitsregelung spricht schließlich auch die betriebliche Übung der Arbeitgeberin zumindest ab dem Jahr 2000, das zusätzliche Urlaubsgeld für alle Arbeitnehmer im Juni des jeweiligen Urlaubsjahres auszuzahlen. Das Urlaubsgeld als Jahressonderzahlung ist anteilig in Höhe von 3/12 bei der Berechnung des InsG zu berücksichtigen, da es sich nicht um eine jahresbezogene, sondern um eine monatsbezogene Leistung handelt. Der Tarifvertrag sieht eine Staffelung des Urlaubsgeldes vor, wenn ein Arbeitnehmer während des Urlaubsjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet bzw. noch keinen vollen Anspruch auf das Urlaubsgeld erworben hat (LSG NRW, Urteil vom 7.09.1990, L 9 Ar 204/88). Da die Höhe des Urlaubsgeldes im Jahr 2006 und 2007nach dem Tarifvertrag vom 12.05.2006 unterschiedlich hoch ist, ist unter Beachtung des maßgeblichen InsG-Zeitraums bei der Berechnung des InsG 2/12 des Urlaubsgelds für 2006 und 1/12 des Urlaubsgelds für 2007 zu berücksichtgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Erstellt am: 15.10.2008
Zuletzt verändert am: 15.10.2008