Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 01.09.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Der Klägerin ist für ihre am 16.12.2004 erhobenen Klage auf Gewährung von Arbeitslosengeld durch das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen mit Beschluss vom 17.05.2005 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Am 19.01.2006 hat die Beklagte den Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld ab dem 10.11.2004 für 297 Kalendertage anerkannt.
Im August 2009 hat der Beschwerdeführer förmlich beim SG beantragt, der Klägerin eine gerichtliche Frist zur Abgabe einer Erklärung, ob eine Änderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten sei, zu setzen. Am 01.09.2009 hat das SG den Antrag zurückgewiesen, weil dieser nicht statthaft und damit unzulässig sei.
Die dagegen gerichtete Beschwerde ist zulässig.
Das Begehren des Beschwerdeführers ist nicht allein auf den Erlass einer prozessleitenden Verfügung/Fristbestimmung durch das SG gerichtet, deren Ablehnung mit der Beschwerde nicht angreifbar ist (§ 172 Abs. 2 SGG). Vielmehr begehrt er die Einleitung des Verfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO, welches gemäß § 73a Abs. 1 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren stattfindet und das mit der Aufforderung an die Partei beginnt, innerhalb einer bestimmten Frist zu erklären, wieweit sich ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seit der Prozesskostenhilfebewilligung geändert haben (vgl. Geimer in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 120 Rn 28).
In entsprechender Anwendung des § 127 Abs. 3 ZPO steht der Staatskasse gegen die Beschlüsse im Überprüfungsverfahren gemäß § 120 Abs. 4 ZPO das Beschwerderecht zu (vgl. Thüringer LSG, Beschl. v. 02.07.2003 – L 6 SF 270/03; Beschl. v. 08.07.1999 – L 6 B 32/99 RJ = E – LSG B – 141; Hessisches LSG Beschl. v. 16.11.1998 – L 2 B 43/98 RJ = Breithaupt 1999, 997, 998; OLG Nürnberg, Beschl. v. 06.04.1995 – 11 WF 193/95 = Rpfleger 1995, 465; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 73a Rn 12d; Geimer a.a.O. § 127 Rn 24; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 127 Rn 7; a.A. OLG Frankfurt, FamRZ 1991, 1326, 1327). Zwar regelt § 127 Abs. 3 ZPO ausdrücklich nur das Beschwerderecht der Staatskasse gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen. Da mit der Einführung dieser Bestimmung der Gesetzgeber aber sicherstellen wollte, dass die entsprechenden Haushaltsmittel nur zu Gunsten der wirklich bedürftigen Rechtssuchenden eingesetzt werden sollen (BT-Drucks. 10/3054 S. 50; 10/6400 S. 63), ist kein Grund ersichtlich, das Beschwerderecht nicht auch auf die nachträgliche Überprüfung der Bedürftigkeit zu erstrecken.
Schließlich ist die Beschwerde nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG unstatthaft, wonach die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen ist, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist nämlich nicht die Ablehnung der Prozesskostenhilfe in diesem Sinne, sondern die Einleitung des Überprüfungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO, welches auch mit der nachträglichen Aufhebung der Prozesskostenhilfe enden kann (§ 124 Nr. 2 ZPO).
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Dies folgt allerdings entgegen der Auffassung des SG weder daraus, dass dem Beschwerdeführer kein Antragsrecht zusteht, noch aus dem Umstand, dass die ursprüngliche Prozesskostenhilfebewilligung ratenfrei erfolgt ist. Auch letztere Entscheidung stellt eine solche über die zu leistenden Zahlungen – nämlich dergestalt, dass null Zahlungen zu erbringen sind – im Sinne des § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO dar (bis auf die Gegenmeinung einzelner Kammern des SG Gelsenkirchen wohl einhellige Meinung, vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG Beschl. v. 12.11.2008 – L 5 B 209/08 KR PKH = www.juris.de Rn 10; Geimer a.a.O., § 120 Rn 20; Musielak, ZPO, 7. Aufl., § 120 V Rn 1 jeweils mit weiteren Nachweisen).
Die Staatskasse hat auch das Recht, die Einleitung des Verfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO bei Gericht zu beantragen (ebenfalls h.M., vgl. Thüringer LSG Beschl. v. 02.07.2003 – L 6 SF 270/03 = www.juris.de Rn 7; OLG Nürnberg a.a.O.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl., § 120 Rn 23; Kalthoehner/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rn 399; in dieselbe Richtung, im Ergebnis aber offengelassen OLG Köln Beschl. v. 07.04.2000 – 27 WF 43/00 = Rpfleger 2000, 398). Steht ihr nämlich ein entsprechendes Beschwerderecht nach § 127 Abs. 3 ZPO zu, muss ihr auch das Recht zugebilligt werden, auf die Eröffnung des Verfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO Einfluss zu nehmen (vgl. Thüringer LSG a.a.O.). Dabei kann dahinstehen, ob insoweit nur ein Anspruch auf ermessensgerechte Bescheidung besteht oder ob über den Antrag eine gebundene Entscheidung des Gerichts zu ergehen hat, weil die Beschwerde ohnehin nicht begründet ist.
Das SG hat im Ergebnis zu Recht die Einleitung des Verfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO abgelehnt, weil dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Nach § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Auf Verlangen des Gerichts hat sich die Partei darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist (§ 120 Abs. 4 S. 2 ZPO). Das Gesetz sieht damit keine uneingeschränkte Pflicht des Gerichts vor, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmenden Partei innerhalb der Vierjahresfrist des § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO zu überprüfen, wovon offensichtlich der Beschwerdeführer, wie Anweisungen und Mitteilungen des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts Arnsberg und des Landesrechnungshofes Nordrhein-Westfalen an den Bezirksrevisor zeigen, ausgeht. Das Verfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO ist durch das Gericht vielmehr erst dann einzuleiten, wenn Anhaltspunkte für eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei, die Prozesskostenhilfe erhalten hat, dem Gericht bekannt geworden sind (vgl. Hessischer VGH Beschl. v. 16.08.2005 – 10 TP 1538/05 = www.juris.de Rn 3; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann a.a.O., § 120 Rn 30, die das Verfahren daher auch als rechtspolitisch unbefriedigend bezeichnen a.a.O. Rn 25; Pukall in HK-ZPO, 3. Aufl., § 120 Rn. 11). Weder der Wortlaut des § 120 Abs. 4 ZPO noch die Begründung des Gesetzesentwurfs enthalten einen Hinweis dafür, dass unabhängig von entsprechenden Verdachtsmomenten eine routinemäßige Überprüfung durch das Gericht vorzunehmen ist. Vielmehr ist darauf verwiesen worden, dass vor allem die Fälle als unbefriedigt empfunden worden seien, in denen das Gericht während des Verfahrens Kenntnis davon erhält, dass sich die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgebenden Verhältnisse verbessert haben (BT-Drucks. 10/3054 S. 18). Bei gegenteiliger Auffassung wäre auch unklar, wann und wie oft innerhalb des Vierjahreszeitraums des § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO eine solche Prüfung erfolgen müsste. Anhaltspunkte für eine Verbesserung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin liegen jedoch nicht vor. Sie ergeben sich weder aus dem Streitgegenstand des Verfahrens noch den Ausführungen der Beteiligten noch aus dem sonstigen Akteninhalt. Unter diesen Umständen besteht aber für das SG kein Anlass, das Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO einzuleiten.
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
Die Nichterstattungsfähigkeit der Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 16.12.2009
Zuletzt verändert am: 16.12.2009